Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche
Verhandlung vom 18. März 2010 durch den Vorsitzenden Richter
Prof. Dr. Bornkamm und die Richter Pokrant, Prof. Dr. Büscher,
Dr. Kirchhoff und Dr. Koch für Recht erkannt:
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 11.
Zivilsenats des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 1. Juli 2008
unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels im
Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als das Berufungsgericht die Klage
mit dem Unterlassungsantrag und mit dem Antrag auf Erstattung der
Abmahnkosten (325, 90 € zuzüglich Zinsen) abgewiesen
hat.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung und
Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das
Berufungsgericht zurückverwiesen.
Tatbestand:
Die Klägerin vermarktet den Tonträger "Sommer unseres
Lebens" mit einer Aufnahme des Künstlers Sebastian
Hämer. Sie beauftragte die L. AG mit der Überwachung
des Titels im Internet. Am 8. September 2006 um 18. 32 Uhr erfasste
dieses Unternehmen einen Nutzer mit einer bestimmten IP-Adresse, der zu
diesem Zeitpunkt den Tonträger "Sommer unseres Lebens" anderen
Teilnehmern der Tauschbörse "eMule" zum Herunterladen anbot.
Nach der im Rahmen der daraufhin eingeleiteten staatsanwaltschaftlichen
Ermittlungen eingeholten Auskunft der Deutschen Telekom AG war die
IP-Adresse zum fraglichen Zeitpunkt dem Internetanschluss des Beklagten
zugeordnet.
Die Klägerin hat beantragt, dem Beklagten zu verbieten, die
Tonträgerproduktion "Sommer unseres Lebens" mit Darbietungen
des Künstlers Sebastian Hämer im Internet in
sogenannten Tauschbörsen über Peer-to-Peer-Netzwerke
bereitzustellen oder auf sonstige Weise der Öffentlichkeit
zugänglich zu machen.
Ferner hat sie den Beklagten auf Schadensersatz (150 €) sowie
auf Erstattung von Abmahnkosten (325, 90 €) zuzüglich
Zinsen in Anspruch genommen.
Das Landgericht hat den Beklagten bis auf einen Teil der Zinsforderung
antragsgemäß verurteilt. Die Berufung des Beklagten
hat zur Abweisung der Klage geführt (OLG Frankfurt GRUR-RR
2008, 279). Mit ihrer vom Berufungsgericht zugelassenen Revision
verfolgt die Klägerin ihre Klageanträge weiter.
Der Beklagte beantragt, das Rechtsmittel zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe:
I. Das Berufungsgericht hat Ansprüche der Klägerin
gegen den Beklagten aus § 97 Abs. 1 Satz 1 UrhG verneint.
Hierzu hat es ausgeführt:
Der Beklagte habe die Rechtsverletzung nicht selbst begangen, da er zum
fraglichen Zeitpunkt urlaubsabwesend gewesen sei und sich sein PC in
einem abgeschlossenen Büroraum befunden habe, der keinem
Dritten zugänglich gewesen sei. Die Rechtsverletzung
könne daher nur von einem Dritten begangen worden sein, der
die WLAN-Verbindung des Beklagten von außerhalb genutzt habe,
um sich Zugang zu dessen Internetanschluss zu verschaffen. Für
diese - wie zu unterstellen sei - vorsätzliche rechtswidrige
Urheberrechtsverletzung eines Dritten hafte der Beklagte nicht als
Störer. Der WLAN-Anschlussinhaber dürfe nicht
für das vorsätzliche Verhalten beliebiger Dritter,
die mit ihm in keinerlei Verbindung stünden, verantwortlich
gemacht werden. Ein WLAN-Anschlussinhaber hafte im privaten Bereich
deshalb nicht generell wegen der abstrakten Gefahr eines Missbrauchs
seines Anschlusses von außen, sondern erst, wenn konkrete
Anhaltspunkte hierfür bestünden. Daran fehle es im
Streitfall.
Störer könne zwar auch sein, wer die
Möglichkeit einer Rechtsverletzung, zu der er einen
adäquat-kausalen Beitrag geleistet habe, nicht erkannt habe,
sie aber hätte erkennen und mit zumutbaren Mitteln verhindern
können.
Es erscheine aber fraglich, ob die Unterhaltung eines WLAN-Anschlusses
als adäquater Beitrag zu einer Urheberrechtsverletzung
angesehen werden könne, die ein vorsätzlich
handelnder Dritter mit Hilfe dieses Anschlusses begehe. Jedenfalls sei
dem Anschlussinhaber nicht zuzumuten, seinen Computer stets auf seine
Kosten mit der neuesten Schutztechnik zu versehen. Solange keine
konkreten Anhaltspunkte für eine Rechtsverletzung
bestünden, sei es dem Anschlussinhaber unzumutbar, Mittel
aufzuwenden, um einen vorsätzlich rechtswidrigen Eingriff
eines Dritten zu vermeiden, dessen Handeln dem Beklagten unter keinem
Gesichtspunkt zuzurechnen sei. Das erschwere die Rechtsdurchsetzung
nicht unzumutbar, weil immer dann, wenn der Anschlussinhaber von
konkreten Rechtsverletzungen erfahre, seine Prüfungs- und
Überwachungspflicht einsetze.
Schadens- und Aufwendungsersatzansprüche kämen erst
recht nicht in Betracht. Ein Verschuldensvorwurf gegenüber dem
Beklagten scheide aus.
Nach Erhebungen aus der Praxis seien die Sicherheitsprobleme von
WLAN-Anschlüssen weithin unbekannt oder würden als
nicht erheblich bewertet.
II. Die Revision hat im Wesentlichen Erfolg. Sie führt
hinsichtlich des Unterlassungsantrags sowie des Antrags auf Erstattung
der Abmahnkosten zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur
Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
1. Das Berufungsgericht ist allerdings ohne Rechtsfehler davon
ausgegangen, dass der Beklagte nicht als Täter oder Teilnehmer
einer Urheberrechtsverletzung nach §§ 19a, 97 UrhG
haftet. Die dagegen gerichteten Angriffe der Revision bleiben ohne
Erfolg.
a) Das Berufungsgericht hat festgestellt, dass der Beklagte im
Zeitpunkt der Rechtsverletzung urlaubsabwesend war und sich sein PC in
einem abgeschlossenen Büroraum befand. Es besteht kein
Anhaltspunkt dafür, dass der Computer des Beklagten
während seines Urlaubs mit dem Internet verbunden war. Die
Klägerin hat dies in den Vorinstanzen auch nicht geltend
gemacht. Die von der Revision aufgeworfene Frage, ob der Beklagte das
fragliche Werk öffentlich zugänglich gemacht
hätte, wenn sein Rechner, ausgestattet mit den
maßgeblichen Daten und einer Tauschbörsensoftware,
während seiner Abwesenheit eingeschaltet und mit dem Internet
verbunden gewesen wäre, stellt sich daher im Streitfall nicht.
Wird ein geschütztes Werk der Öffentlichkeit von
einer IP-Adresse aus zugänglich gemacht, die zum fraglichen
Zeitpunkt einer bestimmten Person zugeteilt ist, so spricht zwar eine
tatsächliche Vermutung dafür, dass diese Person
für die Rechtsverletzung verantwortlich ist. Daraus ergibt
sich eine sekundäre Darlegungslast des Anschlussinhabers, der
geltend macht, eine andere Person habe die Rechtsverletzung begangen
(vgl. OLG Köln MMR 2010, 44, 45; GRUR-RR 2010, 173, 174).
Dieser sekundären Darlegungslast ist der Beklagte jedoch
nachgekommen, indem er - von der Klägerin unbestritten -
vorgetragen hat, zum fraglichen Zeitpunkt im Urlaub gewesen zu sein,
während sich seine PC-Anlage in einem für Dritte
nicht zugänglichen, abgeschlossenen Büroraum befunden
habe. Die Vorlage eines Routerprotokolls hat die Klägerin von
dem Beklagten in den Vorinstanzen nicht verlangt. Unabhängig
von der Frage, ob überhaupt ein solches Protokoll mit
entscheidungserheblichem Inhalt hätte vorgelegt werden
können, war der computertechnisch nicht versierte Beklagte
jedenfalls nicht verpflichtet, von sich aus ein Routerprotokoll
vorzulegen. Das Berufungsgericht konnte deshalb ohne Rechtsfehler
annehmen, dass die unmittelbar urheberrechtsverletzende Handlung nur
von einem Dritten begangen worden sein konnte, der die WLAN-Verbindung
des Beklagten von außerhalb nutzte, um sich Zugang zu dessen
Internetanschluss zu verschaffen.
b) Es kommt auch keine täterschaftliche Haftung des Beklagten
unter dem Aspekt der Verletzung einer wettbewerbsrechtlichen
Verkehrspflicht (vgl. BGHZ 173, 188 Tz. 22 - Jugendgefährdende
Schriften bei eBay) in Betracht.
Diese für das Wettbewerbsrecht entwickelte Haftungsgrundlage
setzt voraus, dass die Merkmale einer täterschaftlichen
Haftung nach dem jeweiligen Haftungsregime erfüllt sein
müssen. Während im Lauterkeitsrecht das in Rede
stehende Verhalten - die Eröffnung einer nicht hinreichend
begrenzten Gefahr für die geschützten Interessen
anderer Marktteilnehmer - ohne weiteres als eine unlautere
geschäftliche Handlung eingeordnet werden kann,
müssen für eine täterschaftlich begangene
Urheberrechtsverletzung die Merkmale eines der handlungsbezogenen
Verletzungstatbestände des Urheberrechts erfüllt
sein. Im Streitfall müsste das Verhalten des Beklagten - also
die Unterhaltung eines nicht ausreichend gesicherten privaten
WLAN-Anschlusses - den Tatbestand: der öffentlichen
Zugänglichmachung des in Rede stehenden urheberrechtlichen
Werkes (§ 19a UrhG) erfüllen (vgl. zum Merkmal des
Anbietens im Markenrecht BGHZ 158, 236, 250 - Internet-Versteigerung
I). Dies ist indessen - wie dargelegt - nicht der Fall. Hinzu kommt,
dass die Haftung für die Verletzung einer
wettbewerbsrechtlichen Verkehrspflicht in dem vom Senat entschiedenen
Fall nicht zuletzt mit dem eigenen geschäftlichen Interesse
begründet worden ist, das der Betreiber der Handelsplattform
verfolgt und das es rechtfertigt, von ihm eine besondere
Rücksichtnahme auf Rechtsgüter zu verlangen, die
durch sein Verhalten gefährdet werden.
c) Allerdings hat der Bundesgerichtshof nach Verkündung des
Berufungsurteils entschieden, dass der private Inhaber eines
Mitgliedskontos bei eBay sich so behandeln lassen muss, als habe er
selbst gehandelt, wenn er das Konto nicht hinreichend vor dem Zugriff
Dritter gesichert hat und es von einem Dritten benutzt wird, ohne dass
der Kontoinhaber dies veranlasst oder geduldet hat (BGHZ 180, 134 Tz.
16 - Halzband). Die bei der Verwahrung der Zugangsdaten für
das Mitgliedskonto gegebene Pflichtverletzung stellt danach einen
eigenen, selbständigen Zurechnungsgrund dar. Diese
Entscheidung ist indes nicht auf den Fall der Nutzung eines
ungesicherten WLAN-Anschlusses durch außenstehende Dritte
übertragbar.
Der IP-Adresse kommt keine mit einem eBay-Konto vergleichbare
Identifikationsfunktion zu. Anders als letzteres ist sie keinem
konkreten Nutzer zugeordnet, sondern nur einem Anschlussinhaber, der
grundsätzlich dazu berechtigt ist, beliebigen Dritten Zugriff
auf seinen Internetanschluss zu gestatten. Die IP-Adresse gibt deshalb
bestimmungsgemäß keine zuverlässige
Auskunft über die Person, die zu einem konkreten Zeitpunkt
einen bestimmten Internetanschluss nutzt. Damit fehlt die Grundlage
dafür, den Inhaber eines WLAN-Anschlusses im Wege einer
unwiderleglichen Vermutung so zu behandeln, als habe er selbst
gehandelt (vgl. BGHZ 180, 134 Tz. 16 - Halzband). Es ginge deshalb zu
weit, die nicht ausreichende Sicherung eines WLAN-Anschlusses mit der
unsorgfältigen Verwahrung der Zugangsdaten für ein
eBay-Konto gleichzusetzen. Dies würde die WLAN-Nutzung im
Privatbereich auch mit unangemessenen Haftungsrisiken belasten, weil
der Anschlussinhaber bei Annahme einer täterschaftlichen
Verantwortung unbegrenzt auf Schadensersatz haften würde, wenn
außenstehende Dritte seinen Anschluss in für ihn
nicht vorhersehbarer Weise für Rechtsverletzungen im Internet
nutzen.
d) Der Beklagte ist auch nicht Teilnehmer der durch den unbekannten
Dritten begangenen Urheberrechtsverletzung. Ihm fehlt jedenfalls der
dafür erforderliche Vorsatz (vgl. zum Markenrecht BGHZ 158,
236, 250 - Internet-Versteigerung I).
e) Haftet der Beklagte nicht als Täter oder Teilnehmer einer
Urheberrechtsverletzung, scheidet ein Schadensersatzanspruch der
Klägerin aus. Nicht zu beanstanden ist daher die Abweisung des
Zahlungsantrags, soweit die Klägerin Schadensersatz begehrt
hat.
2. Soweit das Berufungsgericht die Klage mit dem Unterlassungsantrag
abgewiesen hat, kommt eine Bestätigung dagegen nicht in
Betracht. Denn entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts kann die
Klägerin den Beklagten als Störer auf Unterlassung in
Anspruch nehmen. Das Berufungsgericht meint zwar, der Betreiber eines
privaten WLAN-Anschlusses hafte nicht generell wegen der abstrakten
Gefahr eines Missbrauchs seines Anschlusses durch einen
Außenstehenden, sondern erst wenn konkrete Anhaltspunkte
für einen solchen Missbrauch bestünden. Dem kann aber
für den hier vorliegenden Fall nicht beigetreten werden, dass
der WLAN-Anschluss ohne die auch im privaten Gebrauch
verkehrsüblichen und zumutbaren Zugangssicherungen betrieben
wird.
a) Als Störer kann bei der Verletzung absoluter Rechte auf
Unterlassung in Anspruch genommen werden, wer - ohne Täter
oder Teilnehmer zu sein - in irgendeiner Weise willentlich und
adäquat kausal zur Verletzung des geschützten Rechts
beiträgt (BGH, Urt. v. 18. 10. 2001 - I ZR 22/ 99, GRUR 2002,
618, 619 = WRP 2002, 532 - Meißner Dekor I; BGH, Urt. v. 30.
4. 2008 - I ZR 73/ 05, GRUR 2008, 702 Tz. 50 = WRP 2008, 1104 -
Internet-Versteigerung III). Da die Störerhaftung nicht
über Gebühr auf Dritte erstreckt werden darf, die
nicht selbst die rechtswidrige Beeinträchtigung vorgenommen
haben, setzt die Haftung des Störers nach der Rechtsprechung
des Senats die Verletzung von Prüfpflichten voraus. Deren
Umfang bestimmt sich danach, ob und inwieweit dem als Störer
in Anspruch Genommenen nach den Umständen eine
Prüfung zuzumuten ist (BGH, Urt. v. 15. 10. 1998 - I ZR 120/
96, GRUR 1999, 418, 419 f. = WRP 1999, 211 - Möbelklassiker;
BGHZ 158, 343, 350 - Schöner Wetten; BGH, Urt. v. 9. 2. 2006 -
I ZR 124/ 03, GRUR 2006, 875 Tz. 32 = WRP 2006, 1109 -
Rechtsanwalts-Ranglisten).
b) Der Betrieb eines nicht ausreichend gesicherten WLAN-Anschlusses ist
adäquat kausal für Urheberrechtsverletzungen, die
unbekannte Dritte unter Einsatz dieses Anschlusses begehen. Auch
privaten Anschlussinhabern obliegen insoweit
Prüfungspflichten, deren Verletzung zu einer
Störerhaftung führt.
aa) Es ist nicht gänzlich unwahrscheinlich, dass unberechtigte
Dritte einen unzureichend gesicherten WLAN-Anschluss dazu benutzen,
urheberrechtlich geschützte Musiktitel im Internet in
Tauschbörsen einzustellen. Die Unterlassung ausreichender
Sicherungsmaßnahmen beruht auch auf dem Willen des
Anschlussinhabers.
bb) Auch Privatpersonen, die einen WLAN-Anschluss in Betrieb nehmen,
ist es zuzumuten zu prüfen, ob dieser Anschluss durch
angemessene Sicherungsmaßnahmen hinreichend dagegen
geschützt ist, von außenstehenden Dritten
für die Begehung von Rechtsverletzungen missbraucht zu werden.
Die Zumutbarkeit folgt schon daraus, dass es
regelmäßig im wohlverstandenen eigenen Interesse des
Anschlussinhabers liegt, seine Daten vor unberechtigtem Eingriff von
außen zu schützen. Zur Vermeidung von
Urheberrechtsverletzungen durch unberechtigte Dritte ergriffene
Sicherungsmaßnahmen am WLAN-Zugang dienen zugleich diesem
Eigeninteresse des Anschlussinhabers. Die Prüfpflicht ist mit
der Folge der Störerhaftung verletzt, wenn die gebotenen
Sicherungsmaßnahmen unterbleiben.
cc) Welche konkreten Maßnahmen zumutbar sind, bestimmt sich
auch für eine Privatperson zunächst nach den
jeweiligen technischen Möglichkeiten (vgl. BGHZ 172, 119 Tz.
47 - Internet-Versteigerung II). Es würde die privaten
Verwender der WLAN-Technologie allerdings unzumutbar belasten und
wäre damit unverhältnismäßig, wenn
ihnen zur Pflicht gemacht würde, die Netzwerksicherheit
fortlaufend dem neuesten Stand der Technik anzupassen und
dafür entsprechende finanzielle Mittel aufzuwenden. Die
Prüfungspflicht im Hinblick auf die unbefugte Nutzung eines
WLAN-Routers konkretisiert sich vielmehr dahin, dass jedenfalls die im
Kaufzeitpunkt des Routers für den privaten Bereich
marktüblichen Sicherungen ihrem Zweck entsprechend wirksam
einzusetzen sind (vgl. dazu für den Bereich der
Verkehrssicherungspflichten BGH, Urt. v. 31. 10. 2006 - VI ZR 223/ 05,
NJW 2007, 762 Tz. 11; Urt. v. 2. 3. 2010 - VI ZR 223/ 09 Tz. 9 f.,
VersR 2010, 544).
dd) Die dem privaten WLAN-Anschlussinhaber obliegende
Prüfungspflicht besteht nicht erst, nachdem es durch die
unbefugte Nutzung seines Anschlusses zu einer ersten Rechtsverletzung
Dritter gekommen und diese ihm bekannt geworden ist. Sie besteht
vielmehr bereits ab Inbetriebnahme des Anschlusses. Die
Gründe, die den Senat in den Fällen der
Internetversteigerung dazu bewogen haben, eine Störerhaftung
des Plattformbetreibers erst anzunehmen, nachdem er von einer ersten
Rechtsverletzung Kenntnis erlangt hat, liegen bei privaten
WLAN-Anschlussbetreibern nicht vor. Es geht hier nicht um ein
Geschäftsmodell, das durch die Auferlegung
präventiver Prüfungspflichten gefährdet
wäre (vgl. BGHZ 158, 236, 251 f. - Internet-Versteigerung I).
Es gelten auch nicht die Haftungsprivilegien nach § 10 TMG und
Art. 14 f. der Richtlinie 2000/ 31/ EG über den elektronischen
Geschäftsverkehr, die im Falle des Diensteanbieters nach
§ 10 Satz 1 TMG (Host Provider) einen weitergehenden
Unterlassungsanspruch ausschließen. Das hoch zu bewertende,
berechtigte Interesse, über WLAN leicht und räumlich
flexibel Zugang zum Internet zu erhalten, wird nicht dadurch in Frage
gestellt, dass die zum Zeitpunkt der Installation des WLAN-Routers auch
im Privatbereich verkehrsüblich vorhandenen
Sicherungsmaßnahmen gegen unbefugte Nutzung angewandt werden.
c) Die Klägerin kann den Beklagten als Störer auf
Unterlassung in Anspruch nehmen. Er hat unter Verletzung der ihm
obliegenden Prüfungspflicht eine Ursache dafür
gesetzt, dass ein Dritter über seinen unzureichend gesicherten
WLAN-Anschluss die in Rede stehende Urheberrechtsverletzung begehen
konnte.
aa) Ohne Rechtsfehler hat das Berufungsgericht auf der Grundlage der
von der L. AG ermittelten IP-Adresse festgestellt, dass ein
außenstehender Dritter den WLAN-Anschluss des Beklagten
für die das Verwertungsrecht der Klägerin verletzende
Handlung benutzt hat.
(1) Der Beklagte hat zwar bestritten, dass die Klägerin
korrekt an seine IP-Adresse gelangt sei, und geltend gemacht, bei der
Feststellung der IP-Adresse des wirklichen Täters
müsse ein Ermittlungsfehler unterlaufen sein.
Nach den vom Berufungsgericht in Bezug genommenen Feststellungen des
Landgerichts hat die L. AG aber die fragliche IP-Adresse mit Hilfe der
von ihr entwickelten zuverlässigen und eingehend
überwachten Software ermittelt.
Nachdem das Landgericht das pauschale Bestreiten des Beklagten als zu
unbestimmt angesehen hatte und der Beklagte seinen Vortrag in zweiter
Instanz nicht weiter substantiiert hat, konnte das Berufungsgericht
insoweit ohne Rechtsfehler auf die Feststellungen des Landgerichts
verweisen.
(2) Für die Auskunft der Deutschen Telekom AG, wonach die
ermittelte IP-Adresse im fraglichen Zeitpunkt dem WLAN-Anschluss des
Beklagten zugeordnet war, bestand kein Beweiserhebungsverbot. Sie
konnte deshalb vom Berufungsgericht auch ohne Rechtsfehler verwertet
werden.
Auskünfte über den Namen des hinter einer IP-Adresse
stehenden Anschlussinhabers richten sich nach den Regelungen des
Telekommunikationsgesetzes über die Bestandsdatenabfrage (LG
Stuttgart MMR 2005, 624, 628; LG Hamburg MMR 2005, 711; LG
Würzburg NStZ-RR 2006, 46; Sankol, MMR 2006, 361, 365; a. A.
Bock in Beck'scher TKG-Kommentar, 3. Aufl., § 113 Rdn. 24;
Bär, MMR 2005, 626). Es handelt sich nicht um Verkehrsdaten
nach § 96 Abs. 1, § 113a TKG, die
gemäß § 100g Abs. 2, § 100b Abs. 1
StPO nur auf richterliche Anordnung erhoben werden dürfen. Die
Zuordnung einer zu einem bestimmten Zeitpunkt benutzten dynamischen
IP-Adresse zu einem Anschlussinhaber enthält keine Aussage
darüber, mit wem der Betreffende worüber und wie
lange kommuniziert hat. Es entspricht auch dem Willen des Gesetzgebers,
die IP-Adressen von Anschlussinhabern als Bestandsdaten einzuordnen
(vgl. Begründung des Regierungsentwurfs eines Gesetzes zur
Änderung der Strafprozessordnung, BT-Drucks. 14/ 7008, S. 7;
Begründung des Regierungsentwurfs eines Gesetzes zur
Neuregelung der Telekommunikationsüberwachung …,
BT-Drucks. 16/ 5846, S. 26 f.). Die Ermittlung des einer konkreten
IP-Adresse zu einem bestimmten Zeitpunkt zugeordneten Anschlussinhabers
erfolgt daher auf der Grundlage der allgemeinen Befugnisse der
Strafverfolgungsbehörden gemäß §
161 Abs. 1 Satz 1 und § 163 StPO, so dass die Auskunft der
Deutschen Telekom AG rechtmäßig eingeholt worden ist.
(3) Der Beklagte hat vorgetragen, sein Computer sei zwar
WLAN-fähig, bei der Installation im Jahre 2003/ 04 sei diese
Funktion aber deaktiviert worden und die Vernetzung über eine
strukturierte Verkabelung erfolgt. Das steht indes einer Nutzung des
WLAN-Zugangs durch einen Dritten am 8. September 2006 nicht entgegen.
Vielmehr konnte das Berufungsgericht durch Bezugnahme auf die
landgerichtlichen Feststellungen im Hinblick auf die von der Deutschen
Telekom AG erteilte Auskunft davon ausgehen, dass der WLAN-Zugang des
Beklagten zum fraglichen Zeitpunkt aktiviert war.
Entgegen dem Vortrag des Beklagten konnte sein WLAN-Router dann auch
nicht während seines Urlaubs über einen der
Stromversorgung seines PC-Systems dienenden Sammelstecker ausgeschaltet
gewesen sein.
bb) Der Beklagte hat die ihm als Betreiber eines WLAN-Anschlusses
obliegende Prüfungspflicht hinsichtlich ausreichender
Sicherungsmaßnahmen verletzt.
Nach den vom Berufungsgericht in Bezug genommenen Feststellungen des
Landgerichts hat der Beklagte allerdings keinen gänzlich
ungesicherten WLAN-Zugang verwendet. Vielmehr war der Zugang auf seinen
Router bei aktivierter WLAN-Unterstützung werkseitig durch
eine WPA-Verschlüsselung geschützt, die für
die Einwahl in das Netzwerk des Beklagten einen 16-stelligen
Authentifizierungsschlüssel erfordert. Mangels anderweitiger
Feststellungen kann jedenfalls für September 2006 auch nicht
davon ausgegangen werden, dass bei privater WLAN-Nutzung eine
Verschlüsselung nach dem WPA2-Standard verkehrsüblich
und damit geboten war, um unberechtigte Zugriffe Dritter auf das
Drahtlosnetzwerk zu verhindern. Es belastete die Verwender dieser
Technologie unzumutbar und damit
unverhältnismäßig, wenn sie ihre
Netzwerksicherheit fortlaufend dem neuesten Stand der Technik anpassen
und dafür entsprechende finanzielle Mittel aufwenden
müssten.
Die Prüfpflicht des Beklagten bezieht sich aber auf die
Einhaltung der im Kaufzeitpunkt des Routers für den privaten
Bereich marktüblichen Sicherungen.
Diese Pflicht hat der Beklagte verletzt. Der Beklagte hat es nach dem
Anschluss des WLAN-Routers bei den werkseitigen
Standardsicherheitseinstellungen belassen und für den Zugang
zum Router kein persönliches, ausreichend langes und sicheres
Passwort vergeben. Der Schutz von Computern, Kundenkonten im Internet
und Netzwerken durch individuelle Passwörter gehörte
auch Mitte 2006 bereits zum Mindeststandard privater Computernutzung
und lag schon im vitalen Eigeninteresse aller berechtigten Nutzer. Sie
war auch mit keinen Mehrkosten verbunden.
c) Auch wenn der Beklagte als Störer haftet, kommt eine
Verurteilung nach dem bislang gestellten Unterlassungsantrag nicht in
Betracht. Denn der Antrag, es dem Beklagten zu verbieten, die
Tonträgerproduktion "Sommer unseres Lebens" im Internet in
Tauschbörsen zugänglich zu machen, verfehlt die
konkrete Verletzungsform.
Ein Unterlassungsanspruch steht der Klägerin nur insoweit zu,
als sie sich dagegen wendet, dass der Beklagte außenstehenden
Dritten Rechtsverletzungen der genannten Art ermöglicht, indem
er den Zugang zu seinem WLAN-Anschluss unzureichend sichert. Die
Revision macht zwar geltend, dass sich ihr Antrag konkret auf diese
Verletzungsform beziehe. Es wird aber nicht deutlich, dass er sich
darauf beschränkt. Der Antrag bedarf daher der
Einschränkung, die nur die Klägerin selbst vornehmen
kann.
Der Umstand, dass der gestellte Unterlassungsantrag die konkrete
Verletzungsform nicht erfasst, rechtfertigt andererseits nicht die
Abweisung der Klage. Aus der Sicht des Berufungsgerichts bestand kein
Anlass, darauf hinzuwirken, dass die Klägerin einen an der
konkreten Verletzungsform orientierten Unterlassungsantrag stellt
(§ 139 Abs. 1 ZPO). Der Grundsatz des fairen Verfahrens
gebietet es unter diesen Umständen, der Klägerin die
Möglichkeit einzuräumen, ihren Antrag auf die
konkrete Verletzungsform anzupassen.
3. Hinsichtlich der geltend gemachten Abmahnkosten ist der Rechtsstreit
ebenfalls noch nicht zur Entscheidung reif. Das Berufungsgericht hat
bislang noch nicht geprüft, ob nach dem maßgeblichen
Sachverhalt - unzureichende Sicherung eines WLAN-Anschlusses, die zum
einmaligen öffentlichen Zugänglichmachen eines
einzelnen Titels auf einer Tauschbörse geführt hat -
die vom Vertreter der Klägerin angesetzte
Geschäftsgebühr auf der Grundlage eines Streitwerts
von 10. 000 € zu berechnen ist (vgl. etwa LG Hamburg ZUM 2007,
869).
Bornkamm
Büscher
Pokrant
Kirchhoff
Koch