BGH
Urteil, Bewertung, Zahnarzt, Stoerung
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Aktenzeichen: VI ZR 34/15
Entscheidung
vom: 01.
März 2016
BUNDESGERICHTSHOF
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URTEIL
a) Ein Hostprovider ist zur Vermeidung einer Haftung als mittelbarer
Störer grundsätzlich nicht verpflichtet, die von den
Nutzern ins Netz gestellten Beiträge vor der
Veröffentlichung auf eventuelle Rechtsverletzungen zu
überprüfen. Er ist aber verantwortlich, sobald er
Kenntnis von den Rechtsverletzungen erlangt.
b) Ist der Hostprovider mit der Behauptung eines Betroffenen
konfrontiert, ein von einem Nutzer eingestellter Beitrag verletze ihn
in seinem Persönlichkeitsrecht, und ist die Beanstandung so
konkret gefasst, dass der Rechtsverstoß auf der Grundlage der
Behauptung des Betroffenen unschwer bejaht werden kann, so ist eine
Ermittlung und Bewertung des gesamten Sachverhalts unter
Berücksichtigung einer etwaigen Stellungnahme des für
den beanstandeten Beitrag Verantwortlichen erforderlich.
c) Zur Bestimmung, welcher Überprüfungsaufwand vom
Hostprovider im Einzelfall zu verlangen ist, bedarf es einer
umfassenden Interessenabwägung, bei der die betroffenen
Grundrechte der Beteiligten zu berücksichtigen sind.
Maßgebliche Bedeutung kommt dabei dem Gewicht der angezeigten
Rechtsverletzung sowie den Erkenntnismöglichkeiten des
Providers zu. Zu berücksichtigen sind aber auch Funktion und
Aufgabenstellung des vom Provider betriebenen Dienstes sowie die
Eigenverantwortung des für die
persönlichkeitsbeeinträchtigende Aussage unmittelbar
verantwortlichen – ggf. zulässigerweise anonym
auftretenden – Nutzers.
d) Der vom Betreiber eines Arztbewertungsportals verlangte
Prüfungsaufwand darf den Betrieb des Portals weder
wirtschaftlich gefährden noch
unverhältnismäßig erschweren, hat aber zu
berücksichtigen, dass eine gewissenhafte Prüfung der
Beanstandungen von betroffenen Ärzten durch den
Portalbetreiber eine entscheidende Voraussetzung dafür ist,
dass die Persönlichkeitsrechte der (anonym oder pseudonym)
bewerteten Ärzte beim Portalbetrieb hinreichend
geschützt sind.
Tenor
Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die
mündliche Verhandlung vom 15. Dezember 2015 durch den
Vorsitzenden Richter Galke, den Richter Stöhr, die Richterin
von Pentz, den Richter Offenloch und die Richterin Dr. Oehler
für Recht erkannt:
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des 15.
Zivilsenats des Oberlandesgerichts Köln vom 16. Dezember 2014
aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch
über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das
Berufungsgericht zurückverwiesen.
Tatbestand:
Der Kläger nimmt die Beklagte darauf in Anspruch, die
Verbreitung einer in einem Arztbewertungsportal von einem Dritten
abgegebenen Bewertung zu unterlassen.
Der Kläger ist Zahnarzt und betreibt eine Zahnarztpraxis mit
insgesamt zehn Ärzten und 60 nichtärztlichen
Angestellten. Die Beklagte unterhält unter der Internetadresse
www. jameda. de einen Internetdienst, in dem Interessierte bei Eingabe
bestimmter Suchkategorien, wie etwa medizinischer Fachgebiete,
Informationen über Ärzte aufrufen können.
Registrierten Nutzern wird darüber hinaus die
Möglichkeit geboten, die Tätigkeit von
Ärzten zu bewerten. Bewertungen, die diese Nutzer in dem
Bewertungsportal ohne Nennung ihres Klarnamens platzieren
können, erfolgen durch die Vergabe von Schulnoten für
die vorformulierten Kategorien "Behandlung", "Aufklärung",
"Vertrauensverhältnis", "genommene Zeit" und "Freundlichkeit".
Ferner hat der Bewertende die Möglichkeit, in einem
Freitextfenster zusätzliche, den Arzt betreffende Kommentare
in eigenen Worten niederzulegen.
Unter dem 10. August 2013 stellte ein anonymer Nutzer in der Rubrik
"Bewertung für Dr. H. [Nachname des Klägers]" eine
den Kläger betreffende Bewertung in das Portal der Beklagten
ein. Nach dem hervorgehobenen Hinweis "Ich kann Dr. H. [Nachname des
Klägers] nicht empfehlen" bemerkte der Nutzer:
"Leider ist es einfach, eine positive Bewertung zu schreiben, eine
negative dagegen ist – auch rechtlich – schwierig,
weshalb ich für die Bewertung auf die Schulnotenvergabe
verweise, welche ich mir sorgfältigst überlegt habe".
Im folgenden Abschnitt "Notenbewertung dieses Patienten" wurde die
Gesamtnote 4, 8 genannt, die sich aus den von dem genannten Nutzer in
den vorbezeichneten fünf Kategorien vergebenen Einzelnoten,
darunter jeweils die Note 6 für "Behandlung",
"Aufklärung" und "Vertrauensverhältnis", ergab.
Der Kläger wandte sich hierauf an die Beklagte und teilte ihr
mit, er widerspreche "der […] unbegründeten und
unsubstantiierten Bewertung", die ihn verunglimpfe. Er
kündigte an, "sowohl gegen Jameda als auch gegen den
schmähenden (fraglichen) Patienten rechtlich […]
vorzugehen, wenn die Schmähung nicht innerhalb von 48 Stunden
entfernt" werde. Die Beklagte entfernte den Beitrag zunächst,
stellte ihn dann jedoch unverändert wieder in ihr Portal ein.
Der Kläger wandte sich hierauf mit anwaltlichem Schreiben an
die Beklagte. Er führte darin aus, bei der angegriffenen
Bewertung gebe "sich erkennbar jemand Mühe, jegliche
tatsächliche Aussage zu vermeiden". Es liege nahe, dass dies
seinen Grund darin habe, dass es eine solche Behandlung
überhaupt nicht gegeben habe. Auf die anwaltliche Aufforderung
des Klägers, den Beitrag zu löschen und ihm Auskunft
darüber zu erteilen, auf welche Weise der "angebliche Patient"
die Behandlung belegt habe und welche Glaubhaftmachungen dazu vorgelegt
worden seien, ferner über die "Klardaten", die der Beklagten
aufgrund des "angeblichen Kontakts" mit dem Nutzer vorlägen,
führte die Beklagte unter anderem aus:
"[…] Im Rahmen unserer Qualitätsprüfung
haben wir den Bewerter angeschrieben und um Bestätigung der
Bewertung sowie eine Erklärung gebeten. Der Bewerter hat die
Bewertung sehr ausführlich bestätigt.
Anschließend hatten wir keine Anhaltspunkte, die uns an der
Authentizität der Bewertung zweifeln ließen. Eine
Überprüfung dieser Rückmeldung erfolgt immer
manuell durch unsere Mitarbeiter auf Basis der Problem-Meldung Ihres
Mandanten, wobei unser technisches System als Ergänzung
fungiert. Dabei weisen uns vor allem Hintergrunddaten (bspw.
E-Mail-Adresse), die bei der Abgabe einer Bewertung mitversandt werden,
auf eine eventuelle Mehrfachbewertung hin.
Die Notenbewertung entspricht der freien
Meinungsäußerung und ist durch das Gesetz
geschützt. In seiner Rückmeldung erklärt der
Nutzer, welche Vorkommnisse ihn dazu veranlasst haben, eine solche
Notenbewertung abzugeben. Viele Patienten schildern ihre Erlebnisse und
Erfahrungen in Kurzform und vermeiden eine Schilderung von
Tatsachenbehauptungen (auch wenn sie der Wahrheit entsprechen), da
diese für die Patienten oftmals nicht zu beweisen sind.
[…]
Bedauerlicherweise können wir Ihrem Wunsch auf Herausgabe der
Nutzerdaten nicht nachkommen, da wir diese Daten schützen
müssen (das Arzt-Patientenverhältnis ist
äußerst sensibel). […]
Wir bitten um Ihr Verständnis, dass wir die Bewertung nicht
löschen können."
Eine Stellungnahme des Verfassers der angegriffenen Bewertung selbst
hat die Beklagte dem Kläger nicht zur Verfügung
gestellt.
Der Kläger hat die Beklagte – soweit im
Revisionsverfahren noch von Interesse – darauf in Anspruch
genommen, es zu unterlassen, die ihn betreffende Bewertung vom 10.
August 2013 zu verbreiten und/oder verbreiten zu lassen, soweit diese
die Bewertung "6, 0" in den Kategorien "Behandlung",
"Aufklärung" und "Vertrauensverhältnis" beinhalte. Er
hat unter anderem behauptet, der abgegebenen Bewertung liege kein
Behandlungskontakt zugrunde.
Das Landgericht hat der Klage insoweit stattgegeben. Auf die Berufung
der Beklagten hat das Oberlandesgericht das landgerichtliche Urteil
abgeändert und die Klage abgewiesen. Mit der vom
Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger
sein Unterlassungsbegehren weiter.
Entscheidungsgründe:
A. Das Berufungsgericht, dessen Urteil in ZD 2015, 430
veröffentlicht ist, ist der Auffassung, dem Kläger
stehe gegen die Beklagte kein Anspruch auf Unterlassung der
Veröffentlichung und/oder Verbreitung des
streitgegenständlichen Beitrags zu. Zur Begründung
hat es im Wesentlichen ausgeführt, die nur in ihrer Funktion
als Hostprovider in Anspruch genommene Beklagte könne
bezüglich des in ihre Website eingestellten Drittinhalts nur
eine Haftung als mittelbare Störerin treffen. Die
dafür nach der "Blog-Eintrag-Entscheidung" des erkennenden
Senats (Senatsurteil vom 25. Oktober 2011 – VI ZR 93/10, BGHZ
191, 219) erforderlichen Voraussetzungen seien im Streitfall aber nicht
erfüllt, weil die Beklagte der sie danach treffenden
Prüfungspflicht mit den von ihr ergriffenen und
gegenüber dem Kläger kommunizierten
Maßnahmen genügt habe.
So habe sie vom Verfasser des Beitrags mit folgender E-Mail vom 14.
August 2013 eine Stellungnahme zur Frage eingeholt, ob er Patient des
Klägers gewesen sei:
"Liebe Nutzerin, lieber Nutzer, Sie haben […].
Dr. H […] hat sich bei uns gemeldet und die Echtheit der
Bewertung in Frage gestellt.
In diesem Fall sind wir dazu verpflichtet, diesem Hinweis nachzugehen
und Ihre Bewertung zu prüfen.
Um diese Prüfung positiv abzuschließen, ist es
nötig, dass Sie uns Ihre Bewertung noch einmal
bestätigen. Bitte antworten Sie uns hierzu kurz auf diese E-
Mail, indem Sie die Behandlung in mindestens zwei Sätzen
umschreiben und den Behandlungszeitraum nennen.
Selbstverständlich geben wir keine dieser Informationen an den
Arzt weiter. Sie dienen nur unserer internen Prüfung.
[…]."
Der Verfasser des Beitrags habe hierauf mit folgender – von
der Beklagten im Rahmen des Rechtsstreits in teilweise unkenntlich
gemachter Form vorgelegter – E-Mail bejahend Stellung
genommen:
"Sehr geehrte Damen und Herren, ich bestätige hiermit die
Bewertung. Ich war etwa im [unkenntlich] diesen Jahres bei Dr. H
[…]. Er diagnostizierte [unkenntlich]. Dr. H […]
versuchte [unkenntlich] was ich [unkenntlich] Ich ließ
[unkenntlich] noch in seiner Praxis eine Prophylaxe
durchführen [unkenntlich]
Mit freundlichen Grüßen"
Sollte aus der der Beklagten vom Verfasser des Beitrags zudem
vorgelegten Terminbestätigung – wie vom
Kläger behauptet – lediglich ein Prophylaxetermin,
nicht aber ein ärztlicher Behandlungstermin hervorgehen,
rechtfertige dies im Hinblick auf die vorgenannte E-Mail keine
abweichende Würdigung.
Unter den Umständen des Streitfalls sei die Beklagte im Rahmen
ihrer Prüfungspflicht nicht gehalten gewesen, die auf diese
Weise im unmittelbaren Kontakt mit dem Verfasser des Beitrags
gewonnenen Informationen wiederum an den Kläger weiterzugeben,
damit dieser hierzu vertieft Stellung nehmen könne. Denn die
Beklagte habe den datenschutzrechtlichen Bestimmungen Rechnung zu
tragen gehabt, nach denen sie die Identität des Nutzers nicht
habe offenlegen dürfen.
Damit stelle sich die Frage, welche Auswirkungen es für die
Störerhaftung der Beklagten habe, dass die Prüfung
der Berechtigung der vorgebrachten Beanstandung durch die Beklagte an
einem Punkt habe innehalten müssen, an dem das weitere
Vorgehen in Form der Übersendung der Stellungnahme des
Bewertenden an den Kläger nur unter Verstoß gegen
datenschutzrechtliche Bestimmungen möglich gewesen
wäre. Diese Frage sei dahingehend zu beantworten, dass die
Störerhaftung der Beklagten entfalle. Denn bei einer
Abwägung der kollidierenden Interessen sei es eher dem
Kläger zuzumuten, eine seine beruflichen Leistungen
womöglich unzulässig kritisierende Bewertung
hinzunehmen, als dies umgekehrt für den Fall der
Löschung einer zulässigen Bewertung aus dem Portal
der Beklagten gelte.
B.
I. Das Berufungsurteil hält revisionsrechtlicher
Überprüfung nicht stand.
Mit den Erwägungen des Berufungsgerichts lässt sich
die Störereigenschaft der Beklagten und damit der vom
Kläger geltend gemachte Unterlassungsanspruch aus §
823 Abs. 1, § 1004 Abs. 1 Satz 2 BGB analog i. V. m. Art. 1
Abs. 1, Art. 2 Abs. 1 GG nicht verneinen.
1. Zutreffend geht das Berufungsgericht davon aus, dass es im
Streitfall nicht um die Haftung der Beklagten als unmittelbare
Störerin – in der Diktion des I. Zivilsenats
"Täterin" (zu den unterschiedlichen Begrifflichkeiten des
erkennenden Senats einerseits und des I. Zivilsenats andererseits vgl.
Senatsurteil vom 28. Juli 2015 – VI ZR 340/14, AfP 2015, 425
Rn. 34; v. Pentz, AfP 2014, 8, 16) – geht.
Unmittelbare Störerin könnte die Beklagte nur dann
sein, wenn es sich bei der vom Kläger angegriffenen Bewertung
um einen eigenen Inhalt der Beklagten handelte, wobei zu den eigenen
Inhalten eines Portalbetreibers auch solche Inhalte gehören,
die zwar von einem Dritten eingestellt wurden, die sich der
Portalbetreiber aber zu eigen gemacht hat (vgl. Senatsurteile vom 27.
März 2012 – VI ZR 144/11, AfP 2012, 264 Rn. 10 f.
– RSS-Feeds; vom 30. Juni 2009 – VI ZR 210/08, AfP
2009, 494 Rn. 19 – Domainverpächter; BGH, Urteil vom
19. März 2015 – I ZR 94/13, NJW 2015, 3443 Rn. 25
– Hotelbewertungsportal). Von einem Zu-Eigen-Machen ist dabei
dann auszugehen, wenn der Portalbetreiber nach außen
erkennbar die inhaltliche Verantwortung für die auf seiner
Internetseite veröffentlichten Inhalte übernommen hat
(Senatsurteile vom 27. März 2012 – VI ZR 144/11, AfP
2012, 264 Rn. 11 – RSS-Feeds; vom 30. Juni 2009 –
VI ZR 210/08, AfP 2009, 494 Rn. 19 –
Domainverpächter; BGH, Urteil vom 19. März 2015
– I ZR 94/13, NJW 2015, 3443 Rn. 25 –
Hotelbewertungsportal), was aus Sicht eines verständigen
Durchschnittsnutzers auf der Grundlage einer Gesamtbetrachtung aller
relevanten Umstände zu beurteilen ist (Senatsurteil vom 27.
März 2012 – VI ZR 144/11, AfP 2012, 264 Rn. 11
– RSS-Feeds; BGH, Urteil vom 19. März 2015
– I ZR 94/13, NJW 2015, 3443 Rn. 25 –
Hotelbewertungsportal). Dabei ist bei der Annahme einer Identifikation
mit fremden Inhalten grundsätzlich Zurückhaltung
geboten (Senatsurteile vom 27. März 2012 – VI ZR
144/11, AfP 2012, 264 Rn. 11 – RSS-Feeds; vom 30. Juni 2009
– VI ZR 210/08, AfP 2009, 494 Rn. 19 –
Domainverpächter; BGH, Urteil vom 19. März 2015
– I ZR 94/13, NJW 2015, 3443 Rn. 25 –
Hotelbewertungsportal).
Nach diesen Maßstäben hat sich die Beklagte die vom
Kläger beanstandete Bewertung nicht zu Eigen gemacht. Dass die
Beklagte – was für ein Zu- Eigen-Machen
spräche (vgl. Senatsurteil vom 27. März 2012
– VI ZR 144/11, AfP 2012, 264 Rn. 11 – RSS-Feeds;
BGH, Urteil vom 19. März 2015 – I ZR 94/13, NJW
2015, 3443 Rn. 25 ff. mwN – Hotelbewertungsportal)
– eine inhaltlich-redaktionelle Überprüfung
der auf ihrem Portal eingestellten Nutzerbewertungen auf
Vollständigkeit und Richtigkeit vornimmt, ist weder
festgestellt noch vom Kläger behauptet worden. Auf der
Grundlage der getroffenen Feststellungen kann nicht davon ausgegangen
werden, dass die Beklagte die von Nutzern abgegebenen Bewertungen als
eigene präsentiert. Auch die vor der Veröffentlichung
erfolgende – jedenfalls teilweise automatische –
Überprüfung der abgegebenen Bewertungen auf
"Unregelmäßigkeiten" und die Ermittlung eines
Durchschnittswertes aus den abgegebenen Einzelnoten reichen
für die Annahme eines Zu-Eigen-Machens nicht aus (vgl. BGH,
Urteil vom 19. März 2015 – I ZR 94/13, NJW 2015,
3443 Rn. 28 – Hotelbewertungsportal; aA wohl Schmidt,
Äußerungsrechtlicher Schutz gegenüber
Bewertungsportalen im Internet, 2014, 128 f.).
2. Die besonderen Regelungen des Telemediengesetzes (TMG) stehen dem
streitgegenständlichen Anspruch nicht entgegen. Die
Geltendmachung eines Unterlassungsanspruchs, der seine Grundlage
– wie hier – in einer vorangegangenen
Rechtsverletzung findet, wird durch das Haftungsprivileg des §
10 TMG nicht eingeschränkt (Senatsurteil vom 25. Oktober 2011
– VI ZR 93/10, BGHZ 191, 219 Rn. 19 – Blog-Eintrag;
BGH, Urteil vom 11. März 2004 – I ZR 304/01, BGHZ
158, 236, 244 f. – Internetversteigerung I). Auf eine nach
§ 7 Abs. 2 Satz 1 TMG unzulässige Begründung
einer allgemeinen Überwachungs- oder Nachforschungspflicht der
Beklagten zielt der streitgegenständliche Anspruch nicht ab.
Dies steht nicht im Widerspruch zu den Regelungen der Richtlinie
2000/31/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 8.
Juni 2000 über bestimmte rechtliche Aspekte der Dienste der
Informationsgesellschaft, insbesondere des elektronischen
Geschäftsverkehrs, im Binnenmarkt (Abl. EG L 178, S. 1, im
Folgenden: ECRL). Art. 14 ECRL lässt nach seinem Absatz 3 die
Möglichkeit unberührt, dass ein Gericht nach dem
Rechtssystem des jeweiligen Mitgliedsstaates vom Diensteanbieter
verlangt, die Rechtsverletzung abzustellen oder zu verhindern (vgl.
auch Erwägungsgrund 48).
3. Indes lässt sich die Eigenschaft der Beklagten als
mittelbare Störerin mit den Erwägungen des
Berufungsgerichts nicht verneinen.
a) Grundsätzlich ist als mittelbarer Störer
verpflichtet, wer, ohne unmittelbarer Störer zu sein, in
irgendeiner Weise willentlich und adäquat kausal zur
Beeinträchtigung des Rechtsguts beiträgt. Dabei kann
als Beitrag auch die Unterstützung oder Ausnutzung der
Handlung eines eigenverantwortlich handelnden Dritten genügen,
sofern der in Anspruch Genommene die rechtliche und
tatsächliche Möglichkeit zur Verhinderung dieser
Handlung hatte (vgl. Senatsurteile vom 28. Juli 2015 – VI ZR
340/14, AfP 2015, 425 Rn. 34; vom 25. Oktober 2011 – VI ZR
93/10, BGHZ 191, 219 Rn. 21 mwN – Blog-Eintrag). Die Haftung
als mittelbarer Störer darf nach ständiger
höchstrichterlicher Rechtsprechung aber nicht über
Gebühr auf Dritte erstreckt werden, welche die rechtswidrige
Beeinträchtigung nicht selbst vorgenommen haben. Sie setzt
deshalb die Verletzung von Verhaltenspflichten, insbesondere von
Prüfpflichten, voraus. Deren Umfang bestimmt sich danach, ob
und inwieweit dem als mittelbaren Störer in Anspruch
Genommenen nach den Umständen des Einzelfalls eine
Verhinderung der Verletzung zuzumuten ist (Senatsurteile vom 25.
Oktober 2011 – VI ZR 93/10, BGHZ 191, 219 Rn. 22 –
Blog-Eintrag; vom 30. Juni 2009 – VI ZR 210/08, AfP 2009, 494
Rn. 18 – Domainverpächter; BGH, Urteile vom 17.
August 2011 – I ZR 57/09, BGHZ 191, 19 Rn. 20 –
Stiftparfüm; vom 17. Dezember 2010 – V ZR 44/10, AfP
2011, 156 Rn. 15; vom 1. April 2004 – I ZR 317/01, BGHZ 158,
343, 350 – Schöner Wetten; vom 11. März
2004 – I ZR 304/01, BGHZ 158, 236, 251 –
Internetversteigerung I; vom 30. April 2008 – I ZR 73/05,
NJW-RR 2008, 1136 Rn. 50 – Internetversteigerung III).
Danach ist ein Hostprovider zur Vermeidung einer Haftung als
mittelbarer Störer grundsätzlich nicht verpflichtet,
die von den Nutzern in das Netz gestellten Beiträge vor der
Veröffentlichung auf eventuelle Rechtsverletzungen zu
überprüfen. Er ist aber verantwortlich, sobald er
Kenntnis von der Rechtsverletzung erlangt. Weist ein Betroffener den
Hostprovider auf eine Verletzung seines Persönlichkeitsrechts
durch den Nutzer seines Angebots hin, kann der Hostprovider
verpflichtet sein, künftig derartige Störungen zu
verhindern (Senatsurteil vom 25. Oktober 2011 – VI ZR 93/10,
BGHZ 191, 219 Rn. 24 – Blog-Eintrag; vgl. auch BGH, Urteile
vom 17. August 2011 – I ZR 57/09, BGHZ 191, 19 Rn. 21
– Stiftparfüm; vom 12. Juli 2007 – I ZR
18/04, BGHZ 173, 188 Rn. 41 ff. – Jugendgefährdende
Medien bei eBay; vom 11. März 2004 – I ZR 304/01,
BGHZ 158, 236, 251 f. – Internet-Versteigerung I).
Wird eine Verletzung von Persönlichkeitsrechten behauptet,
wird sich eine Rechtsverletzung allerdings nicht stets ohne Weiteres
feststellen lassen.
Denn sie erfordert eine Abwägung zwischen dem Recht des
Betroffenen auf Schutz seiner Persönlichkeit aus Art. 1 Abs.
1, Art. 2 Abs. 1 GG, Art. 8 Abs. 1 EMRK und dem durch Art. 5 Abs. 1 GG,
Art. 10 EMRK geschützten Recht jedenfalls des Providers auf
Meinungs- und Medienfreiheit. Ist der Provider mit der Beanstandung
eines Betroffenen konfrontiert, die so konkret gefasst ist, dass der
Rechtsverstoß auf der Grundlage der Behauptung des
Betroffenen unschwer bejaht werden kann, ist eine Ermittlung und
Bewertung des gesamten Sachverhalts unter Berücksichtigung
einer etwaigen Stellungnahme des für den beanstandeten Beitrag
Verantwortlichen erforderlich (Senatsurteil vom 25. Oktober 2011
– VI ZR 93/10, BGHZ 191, 219 Rn. 25 f. –
Blog-Eintrag). Entgegen der Auffassung der Revisionserwiderung gilt
dies auch dann, wenn die beanstandete Äußerung
– wie im Streitfall (vgl. nachfolgend unter b) –
nicht als Tatsachenbehauptung, sondern als Werturteil zu qualifizieren
ist, das Werturteil vom Betroffenen aber mit der schlüssigen
Behauptung als rechtswidrig beanstandet wird, der tatsächliche
Bestandteil der Äußerung, auf dem die Wertung
aufbaue, sei unrichtig, dem Werturteil fehle damit jegliche
Tatsachengrundlage.
b) Danach war die Beklagte entgegen der Auffassung der
Revisionserwiderung im Streitfall gehalten, der Rüge des
Klägers nachzugehen. Sie war hinreichend konkret gefasst und
ließ den behaupteten Rechtsverstoß unschwer
erkennen.
aa) Die Behauptung des Klägers, der angegriffenen Bewertung
liege kein Behandlungskontakt zugrunde, war hinreichend konkret. Dem
steht nicht entgegen, dass es sich letztlich um eine
Mutmaßung des Klägers handelte, die er nicht weiter
unterlegt hat. Denn zu konkreteren Darlegungen der Beklagten
gegenüber war der Kläger angesichts der Tatsache,
dass die Bewertung keinerlei tatsächliche, die konkrete
Behandlung beschreibende Angaben enthielt, nicht in der Lage.
bb) Auf der Grundlage der Beanstandung des Klägers war der
Rechtsverstoß unschwer zu bejahen. Denn trifft die Behauptung
des Klägers zu, so verletzt die angegriffene Bewertung den
Kläger offensichtlich – was auch die Beklagte nicht
in Abrede stellt – in seinem allgemeinen
Persönlichkeitsrecht.
(1) Die beanstandete Bewertung greift in den Schutzbereich des
allgemeinen Persönlichkeitsrechts des Klägers ein.
Betroffen sind die Ehre und soziale Anerkennung des Klägers.
Denn die Bewertung seiner im Rahmen einer (behaupteten) Behandlung
erbrachten Leistungen in den Kategorien "Behandlung",
"Aufklärung" und "Vertrauensverhältnis" mit der Note
6 und damit als "ungenügend" bringt zum Ausdruck, dass der
Kläger in zentralen Bereichen des Behandlungsgeschehens den an
ihn gestellten Anforderungen aus Sicht des die Behandlung bewertenden
Patienten nicht gerecht geworden ist. Die Kundgabe dieser Bewertung ist
geeignet, sich abträglich auf das Bild des Klägers in
der Öffentlichkeit auszuwirken.
(2) Liegt der angegriffenen Bewertung kein tatsächlicher
Behandlungskontakt zugrunde, ist der Eingriff in das
Persönlichkeitsrecht des Klägers auch rechtswidrig.
(a) Nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung
(vgl. nur Senatsurteile vom 17. Dezember 2013 – VI ZR 211/12,
BGHZ 199, 237 Rn. 22 – Sächsische
Korruptionsaffäre; vom 15. September 2015 – VI ZR
175/14, VersR 2015, 1437 Rn. 20; vom 28. Juli 2015 – VI ZR
340/14, AfP 2015, 425 Rn. 29; vom 13. Januar 2015 – VI ZR
386/13, VersR 2015, 336 Rn. 13 – Filialleiter bei
Promi-Friseur; vom 30. September 2014 – VI ZR 490/12, AfP
2014, 534, 536 – Innenminister unter Druck; vom 29. April
2014 – VI ZR 137/13, AfP 2014, 325 Rn. 8 –
Adoptivtochter) liegt wegen der Eigenart des
Persönlichkeitsrechts als Rahmenrecht seine Reichweite nicht
absolut fest, sondern muss erst durch eine Abwägung der
widerstreitenden grundrechtlich geschützten Belange bestimmt
werden, bei der die besonderen Umstände des Einzelfalls sowie
die betroffenen Grundrechte und Gewährleistungen der
Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK)
interpretationsleitend zu berücksichtigen sind. Der Eingriff
in das Persönlichkeitsrecht ist nur dann rechtswidrig, wenn
das Schutzinteresse des Betroffenen die schutzwürdigen Belange
der anderen Seite überwiegt.
(b) Im Streitfall sind das durch Art. 1 Abs. 1, Art. 2 Abs. 1 GG (auch
in Verbindung mit Art. 12 Abs. 1 GG) und Art. 8 Abs. 1 EMRK
gewährleistete Interesse des Klägers am Schutz seiner
sozialen Anerkennung und seiner (Berufs) Ehre mit der in Art. 5 Abs. 1
GG und Art. 10 EMRK verankerten Kommunikationsfreiheit der Beklagten
und der Meinungsäußerungsfreiheit des Bewertenden
abzuwägen. Trifft die Behauptung des Klägers, der
angegriffenen Bewertung liege kein Behandlungskontakt zugrunde, zu,
ergibt diese Abwägung, dass die geschützten
Interessen des Klägers diejenigen der Beklagten und des
Bewertenden überwiegen.
(aa) Dabei ist zunächst zu berücksichtigen, dass es
sich bei dem angegriffenen Beitrag um eine
Meinungsäußerung und nicht um eine
Tatsachenbehauptung handelt.
Ob eine Äußerung als Tatsachenbehauptung oder als
Werturteil einzustufen ist, ist eine Rechtsfrage, die der
uneingeschränkten Beurteilung durch das Revisionsgericht
unterliegt. Tatsachenbehauptungen sind durch die objektive Beziehung
zwischen Äußerung und Wirklichkeit charakterisiert.
Demgegenüber werden Werturteile und
Meinungsäußerungen durch die subjektive Beziehung
des sich Äußernden zum Inhalt seiner Aussage
geprägt. Wesentlich für die Einstufung als
Tatsachenbehauptung ist danach, ob die Aussage einer
Überprüfung auf ihre Richtigkeit mit Mitteln des
Beweises zugänglich ist. Das scheidet bei Werturteilen und
Meinungsäußerungen aus, weil sie durch das Element
der Stellungnahme und des Dafürhaltens gekennzeichnet sind und
sich deshalb nicht als wahr und unwahr erweisen lassen. Sofern eine
Äußerung, in der Tatsachen und Meinungen sich
vermengen, durch die Elemente der Stellungnahme, des
Dafürhaltens oder Meinens geprägt ist, wird sie als
Meinung von dem Grundrecht aus Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG
geschützt. Das gilt insbesondere dann, wenn eine Trennung der
wertenden und der tatsächlichen Gehalte den Sinn der
Äußerung aufhöbe oder verfälschte
(Senatsurteile vom 28. Juli 2015 – VI ZR 340/14, AfP 2015,
425 Rn. 24; vom 16. Dezember 2014 – VI ZR 39/14, AfP 2015, 41
Rn. 8 – Hochleistungsmagneten; jeweils mwN).
Nach diesen Maßstäben ist die angegriffene Bewertung
als Meinungsäußerung zu qualifizieren. Zwar
enthält sie die tatsächliche Behauptung des
Bewertenden, er habe sich beim Kläger in Behandlung befunden
und bewerte die stattgefundene Behandlung. Kern der angegriffenen
Äußerung ist aber die notenmäßige
Bewertung selbst. Sie ist geprägt von Elementen der
Stellungnahme, des Dafürhaltens und Meinens (vgl. Senatsurteil
vom 23. Juni 2009 – VI ZR 196/08, BGHZ 181, 328 Rn. 31 ff.
– Spickmich. de).
Entgegen der Auffassung der Revision ist die Vergabe der Note 6 in den
Bereichen "Behandlung", "Aufklärung" und
"Vertrauensverhältnis" aus Sicht eines durchschnittlichen
Nutzers der Plattform weder dahingehend zu verstehen, dass diese
Leistungen überhaupt nicht erbracht worden oder dem
Kläger ärztliche Kunstfehler unterlaufen seien, noch
dahingehend, dass die vom Kläger erbrachten Leistungen den
Anforderungen an eine professionelle Zahnbehandlung in keiner Weise
entsprächen und selbst die hierfür erforderlichen
Grundkenntnisse des Klägers so lückenhaft seien, dass
er diese Mängel auch in Fortbildungskursen in absehbarer Zeit
nicht beheben könne. Ein derartiger Aussagegehalt kommt der
angegriffenen Bewertung – was der erkennende Senat selbst
beurteilen kann (vgl. Senatsurteil vom 18. November 2014 – VI
ZR 76/14, BGHZ 203, 239 Rn. 19 mwN – Chefjustiziar)
– nicht zu. Dass mit der Bewertung nicht der Vorwurf eines
(objektiven) Behandlungsfehlers verbunden ist, ergibt sich bereits
daraus, dass es sich beim Bewertenden – für den
durchschnittlichen Leser erkennbar – typischerweise um einen
medizinischen Laien handelt, der zur Feststellung eines
Behandlungsfehlers regelmäßig überhaupt
nicht in der Lage ist. Entsprechendes gilt für die Bewertung
der Aufklärung mit der Note 6.
Die Kategorie "Vertrauensverhältnis" betrifft
schließlich schon im Ausgangspunkt keine für die
Frage nach dem Vorliegen eines Behandlungs- bzw.
Aufklärungsfehlers relevanten Umstände.
(bb) Liegt der angegriffenen Bewertung kein Behandlungskontakt
zugrunde, überwiegt das von Art. 1 Abs. 1, Art. 2 Abs. 1 GG
(auch in Verbindung mit Art. 12 Abs. 1 GG) und Art. 8 Abs. 1 EMRK
gewährleistete Interesse des Klägers am Schutz seiner
sozialen Anerkennung und seiner (Berufs) Ehre die von Art. 5 Abs. 1 GG
und Art. 10 EMRK geschützten Interessen des Bewertenden an der
Äußerung der dargestellten Meinung im Portal der
Beklagten und der Beklagten an der Kommunikation dieser Meinung. Denn
bei Äußerungen, in denen sich – wie im
vorliegenden Fall – wertende und tatsächliche
Elemente in der Weise vermengen, dass die Äußerung
insgesamt als Werturteil anzusehen ist, fällt bei der
Abwägung zwischen den widerstreitenden Interessen der
Wahrheitsgehalt der tatsächlichen Bestandteile ins Gewicht
(Senatsurteil vom 16. Dezember 2014 – VI ZR 39/14, AfP 2015,
41 Rn. 21 – Hochleistungsmagnet; BVerfG, NJW 2012, 1643 Rn.
34; BVerfGE 85, 1, 17 – kritische Bayer- Aktionäre;
BVerfG, AfP 2003, 535, 536; vgl. ferner EGMR, NJW 2015, 759 Rn. 51
– Yazici/Türkei; AfP 2015, 30 Rn. 31 –
Jalba/Rumänien; AfP 2014, 430 Rn. 39 –
Lavric/Rumänien; NJW-RR 2013, 291, 292 – Floquet und
Esménard/Frankreich; NJW 2006, 1645 Rn. 76 –
Pedersen und Baadsgard/Dänemark; BeckOK
InfoMedienR/Söder, § 823 BGB Rn. 173. 1 [Stand: 01.
11. 2015]). Im Streitfall ist der tatsächliche Bestandteil der
Äußerung, auf dem die Wertung aufbaut, unwahr, wenn
der behauptete Behandlungskontakt nicht bestand. Ein berechtigtes
Interesse des Bewertenden, eine tatsächlich nicht
stattgefundene Behandlung zu bewerten, ist nicht ersichtlich;
entsprechendes gilt für das Interesse der Beklagten, eine
Bewertung über eine nicht stattgefundene Behandlung zu
kommunizieren.
c) Ihrer durch den konkreten Hinweis auf eine unschwer zu bejahende
Rechtsverletzung ausgelösten Prüfungspflicht hat die
Beklagte auf der Grundlage der Feststellungen des Berufungsgerichts
nicht genügt.
aa) Zur Bestimmung, welcher Überprüfungsaufwand vom
Hostprovider im Einzelfall zu verlangen ist, bedarf es einer
umfassenden Interessenabwägung, bei der die betroffenen
Grundrechte der Beteiligten zu berücksichtigen sind (vgl. BGH,
Urteile vom 26. November 2015 – I ZR 174/14, juris Rn. 32 mwN
– Störerhaftung des Access-Providers; vom 1. April
2004 – I ZR 317/01, BGHZ 158, 343, 352 ff. –
Schöner Wetten). Zu welchen konkreten
Überprüfungsmaßnahmen der Hostprovider
verpflichtet ist, bestimmt sich damit nach den Umständen des
Einzelfalls. Maßgebliche Bedeutung kommt dabei dem Gewicht
der angezeigten Rechtsverletzung sowie den
Erkenntnismöglichkeiten des Providers zu (vgl. Senatsurteil
vom 25. Oktober 2011 – VI ZR 93/10, BGHZ 191, 219 Rn. 26
– Blog-Eintrag). Zu berücksichtigen sind aber auch
Funktion und Aufgabenstellung des vom Provider betriebenen Dienstes
sowie die Eigenverantwortung des für die
persönlichkeitsrechtsbeeinträchtigende Aussage
unmittelbar verantwortlichen – ggf. zulässigerweise
anonym auftretenden – Nutzers (vgl. Senatsurteil vom 25.
Oktober 2011 – VI ZR 93/10, BGHZ 191, 219 Rn. 22 –
Hostprovider; BGH, Urteile vom 5. Februar 2015 – I ZR 240/12,
GRUR 2015, 485 Rn. 50 – Kinderhochstühle im Internet
III; vom 11. März 2004 – I ZR 304/01, BGHZ 158, 236,
251 f. – Internetversteigerung I; jeweils mwN).
bb) Danach sind im Streitfall an die Prüfungspflicht der
Beklagten strenge Anforderungen zu stellen.
Im Ausgangspunkt ist freilich festzuhalten, dass das von der Beklagten
betriebene Ärztebewertungsportal eine von der Rechtsordnung
gebilligte und gesellschaftlich erwünschte Funktion
erfüllt (vgl. Senatsurteil vom 23. September 2014 –
VI ZR 358/13, BGHZ 202, 242 Rn. 39 f. –
Ärztebewertung II) und der Portalbetrieb zudem vom
Schutzbereich des Art. 5 Abs. 1 GG und des Art. 12 Abs. 1 GG erfasst
wird (vgl. Senatsurteil vom 23. September 2014 – VI ZR
358/13, BGHZ 202, 242 Rn. 28 f. – Ärztebewertung
II). Der von der Beklagten als Providerin zu erbringende
Prüfungsaufwand darf den Betrieb eines
Ärztebewertungsportals deshalb weder wirtschaftlich
gefährden noch unverhältnismäßig
erschweren (vgl. BGH, Urteil vom 26. November 2015 – I ZR
174/14, juris Rn. 27 mwN – Störerhaftung des
Accessproviders). Ein solches Gewicht haben rein reaktive
Prüfungspflichten, um die es im Streitfall allein geht, in der
Regel aber nicht. Auf der anderen Seite kann bei der Bestimmung des der
Beklagten zumutbaren Prüfungsaufwandes nicht außer
Betracht bleiben, dass der Betrieb eines
Ärztebewertungsportals im Vergleich zu anderen Portalen,
insbesondere Nachrichtenportalen, schon von vornherein ein gesteigertes
Risiko für Persönlichkeitsrechtsverletzungen mit sich
bringt. Es birgt die Gefahr, dass es auch für nicht
unerhebliche (vgl. Senatsurteil vom 23. September 2014 – VI
ZR 358/13, BGHZ 202, 242 Rn. 32 – Ärztebewertung II)
persönlichkeitsrechtsverletzende Äußerungen
missbraucht wird. Der Portalbetreiber muss deshalb von Anfang an mit
entsprechenden Beanstandungen rechnen. Dabei werden die mit dem
Portalbetrieb verbundenen Missbrauchsgefahren noch dadurch
verstärkt, dass die Bewertungen – rechtlich
zulässig (vgl. § 13 Abs. 6 TMG) – verdeckt
abgegeben werden können (Senatsurteil vom 23. September 2014
– VI ZR 358/13, BGHZ 202, 242 Rn. 34 –
Ärztebewertung II). Zudem erschwert die Möglichkeit,
Bewertungen verdeckt abgeben zu können, es dem betroffenen
Arzt regelmäßig erheblich, unmittelbar gegen den
betreffenden Portalnutzer vorzugehen. Denn er kennt ihn nicht und kann
sich die für seine Identifizierung erforderlichen
Informationen selbst dann, wenn sie dem Portalbetreiber vorliegen
sollten, mangels Auskunftsanspruchs gegen den Portalbetreiber (vgl.
Senatsurteil vom 1. Juli 2014 – VI ZR 345/13, BGHZ 201, 380
Rn. 9 ff. – Ärztebewertung I) jedenfalls nicht auf
diesem Weg beschaffen. Eine gewissenhafte Prüfung der
Beanstandungen von betroffenen Ärzten durch den
Portalbetreiber ist deshalb die entscheidende Voraussetzung
dafür, dass die Persönlichkeitsrechte der (anonym
oder pseudonym) bewerteten Ärzten beim Portalbetrieb
hinreichend geschützt sind.
Im Streitfall kommt hinzu, dass die angegriffene Bewertung geeignet
ist, die Chancen des Klägers im Wettbewerb mit anderen
Ärzten nachhaltig zu beeinträchtigen. Die
für jedermann abrufbare Bewertung einer Behandlungsleistung in
drei zentralen Bereichen mit der Note "ungenügend"
begründet nämlich die erhebliche Gefahr, dass
(potentielle) Patienten an der ärztlichen Kompetenz des
Klägers zweifeln und sich deshalb statt an den Kläger
an einen anderen Zahnarzt wenden. Auch dies spricht dafür,
dass an die von der Beklagten vorliegend zu ergreifenden
Prüfungsmaßnahmen hohe Anforderungen zu stellen sind.
cc) Konkret muss die vom Portalbetreiber durchzuführende
Überprüfung erkennbar zum Ziel haben, die
Berechtigung der Beanstandung des betroffenen Arztes zu
klären. Der Portalbetreiber muss ernsthaft versuchen, sich
hierzu die notwendige Tatsachengrundlage zu verschaffen; er darf sich
insbesondere nicht auf eine rein formale "Prüfung"
zurückziehen.
Im Streitfall hätte die Beklagte die Beanstandung des
betroffenen Arztes dem Bewertenden übersenden und diesen zur
Stellungnahme anhalten müssen. Sie hätte ihn weiter
auffordern müssen, ihr den angeblichen Behandlungskontakt
möglichst genau zu beschreiben und ihr den Behandlungskontakt
belegende Unterlagen, wie etwa vorhandene Rechnungen, Terminkarten und
– zettel, Eintragungen in Bonushefte, Rezepte oder sonstige
Indizien möglichst umfassend – soweit vom
Bewertenden für nötig erachtet ggf. teilweise
geschwärzt – zu übermitteln. Die
bloße Bitte der Beklagten, "die Behandlung in mindestens zwei
Sätzen [zu] umschreiben und den Behandlungszeitraum [zu]
nennen", reicht hierfür nicht. In jedem Falle hätte
die Beklagte dem Kläger diejenigen Informationen und
Unterlagen über den behaupteten Behandlungskontakt
weiterleiten müssen, zu deren Weiterleitung sie ohne
Verstoß gegen § 12 Abs. 1 TMG in der Lage gewesen
wäre. Auch dies hat sie nicht getan. So erschließt
sich etwa nicht, warum die Beklagte dem Kläger den sich aus
der Stellungnahme des Bewertenden ersichtlichen Behandlungszeitraum
nicht mitgeteilt hat. Sollte dies deshalb nicht erfolgt sein, weil zu
befürchten war, dass der Kläger den Bewertenden
aufgrund des mitgeteilten Behandlungszeitraums identifizieren kann,
hätte die Beklagte ein größeres Zeitfenster
wählen können.
Dass diese Information für den Kläger von vornherein
in Bezug auf eine substantiierte "Replik" offensichtlich nicht
hilfreich gewesen wäre, kann nicht angenommen werden. So kann
etwa nicht von vornherein ausgeschlossen werden, dass der behauptete
Behandlungszeitraum in die Zeit einer – beispielsweise
– urlaubs- oder krankheitsbedingten Abwesenheit des
Klägers fiel, der Kläger mit dieser Information den
behaupteten Behandlungskontakt also hätte widerlegen
können.
II. Nach § 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO war das Berufungsurteil
deshalb aufzuheben und der Rechtsstreit an das Berufungsgericht
zurückzuverweisen. Die Parteien werden die
Möglichkeit haben, zu den von der Beklagten ergriffenen
Überprüfungsmaßnahmen ergänzend
vorzutragen.
III. Für das weitere Verfahren wird auf Folgendes hingewiesen:
1. Eine Verletzung des Klägers in seinem allgemeinen
Persönlichkeitsrecht kommt in Betracht, wenn der in der
angegriffenen Äußerung enthaltene
tatsächliche Bestandteil unrichtig war und dem Werturteil
damit jegliche Tatsachengrundlage fehlte. Darlegungs- und
beweisbelastet für das Fehlen eines Behandlungskontakts ist
nach den allgemeinen Regeln insoweit der Kläger.
2. Allerdings trifft die Beklagte hinsichtlich des Behandlungskontakts
eine sekundäre Darlegungslast, weil dem Kläger
insoweit eine nähere Darlegung nicht möglich ist und
er auch keine Möglichkeit zur weiteren Sachaufklärung
hat. Die sekundäre Darlegungslast umfasst zunächst
diejenigen für einen solchen Behandlungskontakt sprechenden
Angaben, die der Beklagten, insbesondere ohne Verstoß gegen
§ 12 Abs. 1 TMG, möglich und zumutbar sind (vgl. zu
den allgemeinen Voraussetzungen einer sekundären
Darlegungslast nur BGH,
Urteil vom 8. Januar 2014 – I ZR
169/12, BGHZ 200, 76 Rn. 17 mwN – Bear- Share).
Die Beklagte hat im Streitfall jedoch eine darüber
hinausgehende Recherchepflicht. Dem Bestreitenden obliegt es im Rahmen
seiner sekundären Darlegungslast, Nachforschungen zu
unternehmen, wenn ihm dies zumutbar ist (vgl. BGH,
Urteil vom 8. Januar
2014 – I ZR 169/12, BGHZ 200, 76 Rn. 18 mwN
–
BearShare). Im Streitfall folgt die Zumutbarkeit einer Recherche schon
daraus, dass die Beklagte aufgrund ihrer materiellen
Prüfpflicht ohnehin gehalten ist, vom Bewertenden
zusätzliche Angaben und Belege zum angeblichen
Behandlungskontakt zu fordern. Dem entspricht in prozessualer Hinsicht
ihre Obliegenheit, im Rahmen ihrer sekundären Darlegungslast
vom Bewertenden entsprechende Informationen zu fordern.
Kommt die Beklagte dieser Obliegenheit nicht nach, ist die Behauptung
des Klägers, der von ihm angegriffenen Bewertung liege kein
Behandlungskontakt zugrunde, nach den allgemeinen Regeln über
die sekundäre Darlegungslast nach § 138 Abs. 3 ZPO
als zugestanden zu bewerten (vgl. nur Senatsurteil vom 22. April 2008
– VI ZR 83/07, BGHZ 176, 175 Rn. 23).