BGH
Urteil, DFB Sportgericht, Knallkörper, Pyros, Pyrotchnik,
Strafe, Fan
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Aktenzeichen: VII ZR 14/16
Urteil vom
22.09.2016
BUNDESGERICHTSHOF
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URTEIL
Tenor
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 7.
Zivilsenats des Oberlandesgerichts Köln vom 17. Dezember 2015
aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch
über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das
Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen.
Tatbestand
Die Klägerin betreibt den Profifußballbereich des
Sportvereins 1. Fußball-Club Köln 01/07 e.V. (1. FC
Köln). Sie verlangt von dem Beklagten Schadensersatz wegen des
Zündens eines Knallkörpers bei einem Heimspiel ihrer
Lizenzspielermannschaft am 9. Februar 2014 in der 2. Bundesliga gegen
den SC Paderborn 07.
Der Beklagte besuchte das Fußballspiel mit einer Dauerkarte,
die ihm ein Bekannter zur Verfügung gestellt hatte. Er
verfolgte die Begegnung vom Oberrang der Nordtribüne im
RheinEnergieStadion. In der zweiten Halbzeit zündete er einen
Knallkörper, der aufgrund seiner Sprengenergie dem
Sprengstoffgesetz unterfällt, und warf ihn auf den Unterrang,
wo er detonierte. Durch die Explosion wurden sieben Zuschauer verletzt.
Wegen dieses Vorfalls und vier weiterer vorangegangener
Vorfälle bei anderen Spielen der Lizenzspielermannschaft der
Klägerin verhängte das Sportgericht des Deutschen
Fußball-Bundes e.V. (DFB) mit Urteil vom 19. März
2014 eine Verbandsstrafe gegen die Klägerin, bestehend aus
einer Geldstrafe in Höhe von 50.000 € sowie einer zur
Bewährung ausgesetzten Anordnung, zwei Heimspiele unter
teilweisem Ausschluss der Öffentlichkeit auszutragen. Ferner
erteilte es der Klägerin die Bewährungsauflage,
insgesamt einen Geldbetrag von 30.000 € für Projekte
und Maßnahmen zu verwenden, die der Gewaltprävention
sowie der Ermittlung von konkreten Tätern bei den
Fußballspielen der Klägerin dienen. Auf diese
Bewährungsauflage wurde ein Betrag von 19.961,66 €
angerechnet, den die Klägerin bereits zuvor für die
Anschaffung eines Kamerasystems aufgewendet hatte. Das Sportgericht
bildete die ausgeurteilte Gesamtstrafe in analoger Anwendung des
§ 54 StGB. Für den vom Beklagten verursachten Vorfall
wurde eine Einzelgeldstrafe von 40.000 € festgesetzt, die als
Einsatzstrafe unvermindert in die ausgeurteilte Gesamtstrafe einfloss.
Die Einsatzstrafe wurde erhöht, indem die weiteren
Einzelstrafen zu je 50% hinzuaddiert wurden. Dies ergab einen Wert von
79.000 €, von dem 30.000 € auf die zu leistenden
Investitionen entfielen. Der verbleibende Betrag von 49.000 €
wurde sodann zu der Gesamtgeldstrafe von 50.000 € aufgerundet.
Die Klägerin bezahlte die Geldstrafe. Sie verlangt vom
Beklagten Ersatz in Höhe von 30.000 €.
Das Landgericht hat der Klage stattgegeben. Auf die Berufung des
Beklagten hat das Berufungsgericht die Klage abgewiesen. Mit der
zugelassenen Revision begehrt die Klägerin die
Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils.
Gründe
Die Revision führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur
Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
I.
Das Berufungsgericht, dessen Urteil unter anderem in SpuRt 2016, 83
sowie in MDR 2016, 209 veröffentlicht ist, ist der Auffassung,
dass zwischen der Klägerin und dem Beklagten ein
Zuschauervertrag zustande gekommen sei. Die dem Beklagten hieraus
erwachsenen Verhaltenspflichten habe dieser verletzt, indem er einen
Knallkörper zündete und ihn auf den Unterrang der
Nordtribüne warf. Durch das Zünden des
Knallkörpers habe der Beklagte pflichtwidrig das Interesse der
Klägerin an einem ungestörten Spielablauf
beeinträchtigt. Das Zünden des Knallkörpers
habe auch adäquat kausal im Sinne einer Mitverursachung die
Verhängung der Verbandsstrafe durch den DFB nach sich gezogen.
Es fehle jedoch an dem erforderlichen Zurechnungszusammenhang. Denn die
Verhängung der Verbandsstrafe unterfalle nicht mehr dem
Schutzzweck der vom Beklagten verletzten Pflichten.
Maßgeblich für das Verbot des Zündens von
Knallkörpern im Stadion und hierdurch verursachter
Spielstörungen sei die besondere Gefährlichkeit von
Knallkörpern für die menschliche Gesundheit. Diese
vom Beklagten geschaffene Gefahrenlage habe sich hinsichtlich des
geltend gemachten Schadens jedoch nicht realisiert. Realisiert habe
sich vielmehr das durch die Unterwerfung der Klägerin unter
die Regeln des DFB geschaffene Risiko, dass der Verein für
sportliche Vergehen seiner Anhänger die Verantwortung zu
übernehmen habe und dementsprechend im Rahmen des Verbandes
mit Strafen belegt werden könne.
Für eine Haftung aus § 826 BGB fehle es an dem dort
vorausgesetzten Schädigungsvorsatz des Beklagten. Hierzu
gehöre, dass der Schädiger Art und Richtung des
Schadens und die Schadensfolgen vorausgesehen und die
Schädigung im Sinne eines direkten Vorsatzes gewollt oder im
Sinne eines bedingten Vorsatzes zur Erreichung seines Ziels billigend
in Kauf genommen habe. Der Vorsatz müsse sich danach auch auf
den Schaden erstrecken, eine nur allgemeine Vorstellung über
mögliche Schädigungen genüge nicht. Es sei
nicht ersichtlich, dass der Beklagte eine hinreichend konkrete
Vorstellung von den schädigenden Folgen seines Handelns gehabt
habe, und zwar gerade in Bezug auf die Verhängung einer
Geldstrafe durch das Sportgericht des DFB.
II.
Das hält der rechtlichen Überprüfung nicht
stand. Mit der vom Berufungsgericht gegebenen Begründung kann
ein Anspruch der Klägerin gemäß §
280 Abs. 1 BGB nicht verneint werden.
1. Rechtsfehlerfrei geht das Berufungsgericht davon aus, dass zwischen
der Klägerin und dem Beklagten ein Zuschauervertrag zustande
gekommen ist. Revisionsrechtlich ebenfalls nicht zu beanstanden ist die
Annahme des Berufungsgerichts, der Beklagte habe seine ihm aus dem
Zuschauervertrag gegenüber der Klägerin erwachsenen
Verhaltenspflichten verletzt, indem er einen Knallkörper
zündete und diesen auf den Unterrang der Nordtribüne
warf. Diese Pflichten ergeben sich nach den rechtsfehlerfrei
getroffenen Feststellungen des Berufungsgerichts sowohl aus der wirksam
in den Vertrag einbezogenen Stadionordnung als auch unabhängig
hiervon gemäß § 241 Abs. 2 BGB allgemein
aus dem Zuschauervertrag (vgl. etwa OLG Rostock, NJW 2006, 1819 = SpuRt
2006, 249). Zutreffend gelangt das Berufungsgericht zu dem Ergebnis,
dass der Beklagte durch das Zünden des Knallkörpers
pflichtwidrig das Interesse der Klägerin an einem
ungestörten Spielablauf beeinträchtigt hat.
Ohne Rechtsfehler hat das Berufungsgericht schließlich eine
adäquate Kausalität des Zündens des
Knallkörpers durch den Beklagten für die
Verhängung der Verbandsstrafe durch das Sportgericht des DFB
bejaht. Insbesondere ist es weder völlig unwahrscheinlich noch
ungewöhnlich, dass Fußballclubs im Anschluss an
Pyrotechnikvorfälle im Stadion Verbandsstrafen auferlegt
werden (vgl. nur Walker, NJW 2014, 119, 120; Kober, Pyrotechnik in
deutschen Fußballstadien, 2015, S. 131; Seip, causa sport
2016, 40, 43).
2. Rechtsfehlerhaft nimmt das Berufungsgericht jedoch an, es fehle an
dem erforderlichen Zurechnungszusammenhang zwischen dem geltend
gemachten Schaden und der Pflichtverletzung des Beklagten.
a) Im Ansatz zutreffend geht das Berufungsgericht allerdings davon aus,
dass nicht jeder adäquat verursachte Schaden zu ersetzen ist.
Es entspricht ganz überwiegender Auffassung und der
ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes, dass die
Schadensersatzpflicht durch den Schutzzweck der Norm begrenzt wird.
Eine Haftung besteht nur für diejenigen äquivalenten
und adäquaten Schadensfolgen, die aus dem Bereich der Gefahren
stammen, zu deren Abwendung die verletzte Norm erlassen oder die
verletzte Vertragspflicht übernommen wurde. Der geltend
gemachte Schaden muss in einem inneren Zusammenhang mit der durch den
Schädiger geschaffenen Gefahrenlage stehen. Ein
"äußerlicher", gleichsam "zufälliger"
Zusammenhang genügt dagegen nicht. Insoweit ist eine wertende
Betrachtung geboten (vgl. BGH, Urteile vom 20. Mai 2014 - VI ZR 381/13,
BGHZ 201, 263 Rn. 10; vom 26. Februar 2013 - VI ZR 116/12, NJW 2013,
1679 Rn. 12; vom 6. September 2012 - VII ZR 72/10, NJW 2012, 3371 Rn.
11; vom 22. Mai 2012 - VI ZR 157/11, NJW 2012, 2024 Rn. 14; vom 11.
Januar 2005 - X ZR 163/02, NJW 2005, 1420, 1421 f., juris Rn. 18,
jeweils m.w.N.; Palandt/Grüneberg, BGB, 75. Aufl., vor
§ 249 Rn. 29 f. m.w.N.). Im Vertragsrecht hat der Schuldner
nur für die Einbußen einzustehen, die die durch den
Vertrag geschützten Interessen betreffen (Lange/Schiemann,
Schadensersatz, 3. Aufl., S. 104 m.w.N.).
Nach der gefestigten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs wird die
haftungsrechtliche Zurechnung nicht schlechthin dadurch ausgeschlossen,
dass außer der in Rede stehenden Handlung noch weitere
Ursachen zu dem eingetretenen Schaden beigetragen haben. Dies gilt auch
dann, wenn der Schaden erst durch das (rechtmäßige
oder rechtswidrige) Dazwischentreten eines Dritten verursacht wird. Der
Zurechnungszusammenhang fehlt auch in derartigen Fällen nur,
wenn die zweite Ursache den Geschehensablauf so verändert hat,
dass der Schaden bei wertender Betrachtung nur noch in einem
"äußerlichen", gleichsam "zufälligen"
Zusammenhang zu der durch die erste Ursache geschaffenen Gefahrenlage
steht. Wirken dagegen in dem Schaden die besonderen Gefahren fort, die
durch die erste Ursache gesetzt wurden, kann der haftungsrechtliche
Zurechnungszusammenhang nicht verneint werden (vgl. BGH, Urteil vom 17.
Dezember 2013 - VI ZR 211/12, BGHZ 199, 237 Rn. 55 m.w.N.).
b) Nach diesen Maßstäben fehlt es nicht an einem
Zurechnungszusammenhang zwischen der Pflichtverletzung des Beklagten
und dem von der Klägerin geltend gemachten Schaden. Die der
Klägerin auferlegte Verbandsstrafe stammt aus dem Bereich der
Gefahren, zu deren Abwendung die verletzte Vertragspflicht besteht.
aa) Das Berufungsgericht hat - zutreffend - festgestellt, dass sowohl
die Vorschriften der Stadionordnung, nach denen unter anderem das
Mitführen und Abbrennen von Feuerwerkskörpern und das
Werfen mit Gegenständen verboten ist, als auch die allgemeine
Nebenpflicht aus § 241 Abs. 2 BGB zur Rücksichtnahme
auf die Interessen der Klägerin (auch) dazu dienen, einen
ungestörten Spielablauf zu gewährleisten, und dass
der Beklagte pflichtwidrig dieses Interesse beeinträchtigt hat.
Es ist eine Selbstverständlichkeit, dass ein Zuschauervertrag
zum Besuch eines Fußballspiels den Zuschauer, dessen einzige
Hauptleistungspflicht in der Zahlung des Eintrittspreises besteht,
daneben zur Rücksichtnahme auf das Interesse des Veranstalters
an einem ungestörten Ablauf des Fußballspiels
verpflichtet. Denn dies ist ein auf der Hand liegendes Hauptinteresse
des Veranstalters. Es handelt sich dabei um ein gleichgerichtetes
Interesse mit allen Vertragspartnern (Zuschauern), die ebenfalls einen
ungestörten Spielablauf erwarten und erwarten können.
Eine derartige Rücksichtnahmepflicht belastet den Zuschauer
nicht. Er ist lediglich verpflichtet, alles zu unterlassen, was in
einen ungestörten Spielablauf eingreifen würde.
Derartige Handlungen unterlässt der verständige
Zuschauer bereits aus dem eigenen Interesse eines ungestörten
Spielablaufs.
bb) Die von der Klägerin auf die gegen sie verhängte
Verbandsstrafe geleistete Zahlung steht in dem notwendigen inneren
Zusammenhang mit der Störung des Spielablaufs. Bei dieser
Bewertung und den daraus abgeleiteten rechtlichen Folgerungen handelt
es sich um eine Rechtsfrage, die der Beurteilung des Revisionsgerichts
unterliegt (vgl. BGH, Urteil vom 17. September 2015 - I ZR 47/14, WRP
2016, 489 Rn. 33).
Die hier in Rede stehende Verbandsstrafe ist eine für den
Veranstalter nicht zu vermeidende Folge gravierender Störungen
des Ablaufs eines Fußballspiels. Denn ihm ist die
Durchführung eines Profi-Fußballspiels im Rahmen
eines Wettbewerbs (hier: 2. Bundesliga) nur mit Hilfe einer
übergeordneten Organisation wie eines Verbandes
möglich. Die Klägerin konnte somit nicht ohne eine
durch ihre Mitgliedschaft in dem Verband der deutschen
Profifußballvereine vermittelte Unterwerfung unter die
Statuten des DFB ein Fußballspiel der 2. Bundesliga
durchführen und den Zuschauern den Besuch anbieten. Die
Organisation oder der Verband, der die Rahmenbedingungen festlegt, hat
das gleichgerichtete Interesse mit dem Veranstalter des einzelnen
Spiels und den verständigen Zuschauern an einem
ungestörten Spielablauf. Um dies durchzusetzen, bedient sich
der Verband unter anderem des Mittels der Verbandsstrafe für
schuldhafte Störungen durch Zuschauer; dieses ist geeignet,
präventiv direkt auf die Vereine oder Veranstalter und
indirekt auf ihre Fans einzuwirken, damit es zu solchen
Störungen nicht kommt.
Die Verurteilung durch das Sportgericht des DFB erfolgte auf der
Grundlage von § 9a Nrn. 1 und 2 der Rechts- und
Verfahrensordnung des DFB. Hiernach sind Vereine und
Tochtergesellschaften für das Verhalten ihrer Spieler,
Offiziellen, Mitarbeiter, Erfüllungsgehilfen, Mitglieder,
Anhänger, Zuschauer und weiterer Personen, die im Auftrag des
Vereins eine Funktion während des Spiels ausüben,
verantwortlich; der gastgebende Verein und der Gastverein bzw. ihre
Tochtergesellschaften haften im Stadionbereich vor, während
und nach dem Spiel für Zwischenfälle jeglicher Art.
Damit beruht die ausgesprochene Strafe direkt auf der Störung
durch den Beklagten. Sie ist gerade nicht nur "zufällig" aus
Anlass der Störung verhängt worden (so aber im
Ergebnis Pfister, SpuRt 2014, 10, 11 f., da die Strafe die
Sorgfaltspflichtverletzung der Vereine sanktioniere und vor allem dazu
diene, sie zu besseren Sicherungsmaßnahmen anzuhalten; LG
für ZRS Wien, SpuRt 2012, 198 f. zur Österreichischen
Fußballbundesliga). Ihr materieller Grund ist die hier vom
Beklagten verursachte Spielstörung. Ihr Zweck ist
dementsprechend auch ausweislich des dem Urteil des Sportgerichts
zugrundeliegenden Antrags des Kontrollausschusses des DFB,
zukünftiges Zuschauerfehlverhalten auszuschließen
oder zumindest zu minimieren; dieses Ziel würde auch
gefördert, wenn potentielle Täter damit zu rechnen
hätten, solche Strafzahlungen ersetzen zu müssen.
Dem Zuschauervertrag kann nicht durch (ergänzende)
Vertragsauslegung entnommen werden, trotz dieser Umstände
hafte der Zuschauer für den hier eingetretenen Schaden
ausnahmsweise nicht. Einen solchen Ausschluss hätten die
Parteien redlicherweise, hätten sie den Fall bedacht, nicht
vereinbart. Der Veranstalter, der selbst ein spielstörendes
Verhalten des Zuschauers nicht sicher verhindern kann, hat ein
berechtigtes Interesse daran, dass die Folgen, denen er sich nicht
entziehen kann, von dem Störer getragen werden. Ein redlicher
und verständiger Zuschauer hätte sich auf eine solche
umfassende Haftung eingelassen. Denn ohne eine Handlung, die den
Spielablauf zu stören geeignet ist, droht ihm eine derartige
Haftungsfolge nicht. Er kann sie ohne weiteres vermeiden. Ihm ist beim
Abschluss des Zuschauervertrages zudem klar, dass ein Veranstalter
einen Zuschauer gar nicht erst zuließe, der nicht bereit
wäre, für sich selbst eine solche Handlung
auszuschließen.
Der Zurechnungszusammenhang kann auch nicht mit der Erwägung
verneint werden, die Klägerin hätte die Geldstrafe
nicht zahlen müssen, weil § 9a der Rechts- und
Verfahrensordnung des DFB unwirksam sei (allgemein zum
Diskussionsstand: Walker, NJW 2014, 119; 120 ff.; Kober, Pyrotechnik in
deutschen Fußballstadien, 2015, S. 126 ff.;
Müller-Eiselt, Die Gewährleistung der Sicherheit bei
Fußballspielen, 2015, S. 219 ff., 267; M.
Fröhlich/H.-W. Fröhlich, causa sport 2015, 157, 158
f.; Scheuch, SpuRt 2016, 58, 61, jeweils m.w.N.). Hierauf kommt es im
vorliegenden Fall nicht an, weil ihre Entscheidung zur Zahlung der
Geldstrafe durch das vertragswidrige Verhalten des Beklagten
herausgefordert worden ist und keine ungewöhnliche oder
unsachgemäße Reaktion hierauf darstellt (vgl. BGH,
Urteile vom 23. November 2006 - I ZR 276/03, WM 2007, 1192 Rn. 23; vom
7. März 2002 - VII ZR 41/01, NJW 2002, 2322, 2323, juris Rn.
27 m.w.N).
Verurteilungen auf dieser Grundlage erfolgen
regelmäßig und werden von den betroffenen Vereinen
auch befolgt (vgl. Walker, NJW 2014, 119, 124). Sowohl in der deutschen
als auch in der internationalen Verbandsschiedsgerichtsbarkeit ist die
Zulässigkeit dieser und vergleichbarer Normen, nach denen der
Verein für ein schuldhaftes Verhalten der Zuschauer
einzustehen hat, anerkannt worden (Ständiges Schiedsgericht
für Vereine und Kapitalgesellschaften der Lizenzligen, Urteil
vom 14. Mai 2013, SpuRt 2013, 200; TAS/CAS, Schiedsspruch vom 20. April
2007 - CAS 2007/A/1217 - Feyenoord Rotterdam v/ UEFA, SpuRt 2007, 164).
Aus diesen Gründen kann es der Klägerin auch nicht
zum Mitverschulden gereichen, dass sie die Strafe gezahlt hat, ohne
Rechtsmittel gegen die Verurteilung auf der Grundlage dieser Norm
einzulegen.
cc) Die Bedenken des Berufungsgerichts greifen demgegenüber
nicht durch.
Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts spricht der Umstand, dass
es nicht bei jedem Verstoß eines Zuschauers gegen seine
Verhaltenspflichten zu einem Vermögensschaden in Form einer
Verbandsstrafe auf Seiten der Klägerin kommt, nicht gegen die
Zurechenbarkeit eines solchen Schadens. Dass es im Einzelfall
zunächst ungewiss ist und von der Entscheidung des
Sportgerichts des DFB abhängt, ob und welche Strafe
verhängt wird, ändert nichts daran, dass gerade das
Verhalten des störenden Zuschauers diesen Schaden angelegt
hat. Es entspricht generell dem Schadensrecht, dass es häufig
vom Zufall abhängt, ob Pflichtverletzungen zu einem
Vermögensschaden führen, der zu ersetzen ist.
Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts spielt es auch keine Rolle,
ob der Beklagte bewusst das Risiko übernommen hat, dass die
Klägerin mit einer Verbandsstrafe belegt wird. Unzutreffend
ist ferner die Auffassung des Berufungsgerichts, dass die in der
Stadionordnung enthaltene Vereinbarung einer Vertragsstrafe
für den Fall des Abbrennens pyrotechnischer
Gegenstände einen Hinweis darauf liefere, die
Klägerin sei davon ausgegangen, bei einem Verstoß
keine weiteren Ansprüche auf Schadensersatz zu haben. Dieser
Rückschluss ist schon deshalb unzulässig, weil, wie
das Berufungsgericht selbst feststellt, die Stadionordnung zudem den
Hinweis enthält, dass weitere Schadensersatzansprüche
von der Vertragsstrafe unberührt bleiben.
III.
Der Senat kann in der Sache nicht selbst entscheiden. Von seinem
Standpunkt aus folgerichtig hat das Berufungsgericht die weiteren
Angriffe des Beklagten gegen das Urteil des Landgerichts nicht
geprüft und hierzu keine Feststellungen getroffen.
Die Sache ist zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das
Berufungsgericht zurückzuverweisen.
Für das weitere Verfahren weist der Senat auf Folgendes hin:
Ein anspruchsminderndes Mitverschulden der Klägerin
gemäß § 254 Abs. 1, 2 Satz 2, §
278 Satz 1 BGB kann bereits aus Rechtsgründen weder auf eine
vom Beklagten behauptete ungenügende, oberflächliche
Kontrolle beim Betreten des Stadions durch von der Klägerin
eingesetzte Ordner noch darauf gestützt werden, ein Ordner
hätte ihn bereits in der ersten Halbzeit des Spiels aufgrund
seines Verhaltens des Stadions verweisen müssen. Denn im
Verhältnis zum Beklagten bestand für die
Klägerin weder eine Verpflichtung noch eine Obliegenheit,
Handlungen vorzunehmen, die ihn von Störungen des Spiels
abhielten. Eine solche Beaufsichtigung oder Kontrolle darf ein
Zuschauer nicht erwarten; er benötigt sie nicht, um
Spielstörungen ohne weiteres unterlassen zu können.
Eingesetzte Ordner sind deshalb keine Personen, derer sich die
Klägerin zur Erfüllung einer Obliegenheit im Sinne
einer gemäß § 254 Abs. 2 Satz 2 BGB
entsprechenden Anwendung von § 278 Satz 1 BGB
gegenüber dem Beklagten bedient hat (vgl. BGH, Urteile vom 15.
Mai 2013 - VII ZR 257/11, BGHZ 197, 252 Rn. 20-22; vom 14. Juli 2016 -
VII ZR 193/14 Rn. 16-18).
Sollte es hierauf noch ankommen, wird die Zurückverweisung dem
Berufungsgericht auch die Gelegenheit geben, erneut eine Haftung nach
§ 826 BGB zu prüfen. Mit der bisher gegebenen
Begründung kann eine solche Haftung nicht verneint werden. Das
Berufungsgericht hat einerseits festgestellt, dass auch dem Beklagten
nicht entgangen sein dürfte, dass der DFB dem Verein bei
entsprechenden Vorfällen eine Verbandsstrafe auferlegen kann.
Andererseits sei nicht ersichtlich, dass der Beklagte eine hinreichend
konkrete Vorstellung von den schädigenden Folgen seines
Handelns gehabt habe, und zwar gerade in Bezug auf die
Verhängung einer Geldstrafe durch das Sportgericht des DFB.
Die Begründung des Berufungsgerichts lässt nicht
erkennen, inwiefern dies bei dem Beklagten nicht der Fall gewesen sein
soll. Denn es bedarf zwar der Feststellung, dass der bedingte
Schädigungsvorsatz die gesamten Schadensfolgen umfasst hat.
Dabei braucht sich der Schädiger den genauen Kausalverlauf
allerdings nicht vorgestellt und den Umfang sowie die Höhe des
Schadens nicht vorausgesehen zu haben (BGH, Urteil vom 23. Juni 1987 -
VI ZR 213/86, NJW 1987, 3205, 3206, juris Rn. 18 m.w.N.). Das
Berufungsgericht wird, wenn es nach nochmaliger
Überprüfung die bei dem Beklagten vorhandene Kenntnis
von den möglichen Schadensfolgen für ausreichend
erachten sollte, sodann zu prüfen haben, ob der Beklagte diese
bei seinem Handeln billigend in Kauf genommen hat. Hierbei kann eine
Rolle spielen, mit welcher Wahrscheinlichkeit er mit dem Eintritt des
Schadens gerechnet hat. Außerdem können die
übrigen Umstände seines konkreten Handelns zu
berücksichtigen sein.
Rechtsbehelfsbelehrung:
Gegen das hiermit zugestellte Versäumnisurteil des
Bundesgerichtshofes kann die säumige Partei binnen einer
Notfrist von zwei Wochen ab Zustellung beim Bundesgerichtshof Einspruch
einlegen. Der Einspruch muss von einem beim Bundesgerichtshof
zugelassenen Rechtsanwalt durch Einreichung einer Einspruchsschrift
eingelegt werden.
Die Einspruchsschrift muss enthalten:
1. die Bezeichnung des Urteils, gegen das der Einspruch gerichtet wird;
2. die Erklärung, dass gegen dieses Urteil Einspruch eingelegt
werde.
Soll das Urteil nur zum Teil angefochten werden, so ist der Umfang der
Anfechtung zu bezeichnen.
Eick Halfmeier Jurgeleit Graßnack Sacher Vorinstanzen:
LG Köln, Entscheidung vom 08.04.2015 - 7 O 231/14 -
OLG Köln, Entscheidung vom 17.12.2015 - 7 U 54/15 -