BGH
Urteil, einstweilige Verfuegung, Beseitigung, Stoerung
zurück
Aktenzeichen: I ZR 109/14
Entscheidung
vom: 19.11.2015
BUNDESGERICHTSHOF
|
URTEIL
Tenor
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 6.
Zivilsenats des Oberlandesgerichts Oldenburg vom 29. April 2014
aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch
über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht
zurückverwiesen.
Von Rechts wegen.
Tatbestand
Die Parteien handeln mit Sonderposten. Die Beklagte vertreibt seit dem
Jahr 2004 in Deutschland Pantoffeln unter anderem unter der Marke "Hot
Sox". Dabei handelt es sich um Pantoffeln aus Fleece-Material mit einer
Füllung, die in der Mikrowelle oder im Backofen
erwärmt werden kann. Die Pantoffeln werden mit folgendem
Produkteinleger vertrieben:
Die Beklagte bietet identische Wärmepantoffeln selbst und
über ihr Kooperationsunternehmen G. GmbH (im Folgenden: G. )
unter weiteren Markennamen und zu unterschiedlichen Preisen am deut-
schen Markt an. Die Klägerin bot im November 2010 ebenfalls
Wärmepantoffeln mit folgendem Produkteinleger an:
Die Beklagte hält die Wärmepantoffeln der
Klägerin für unlautere Nachahmungen ihres Produkts.
Auf ihren Antrag erging gegen die Klägerin mit Beschluss des
Landgerichts Hamburg vom 7. Dezember 2010 eine einstweilige
Verfügung, mit der der Klägerin unter Androhung von
Ordnungsmitteln verboten wurde, Fußwärmer in Gestalt
von Wärmepantoffeln aus dem reißfesten, fusselfreien
und schwer entflammbaren Material Polarfleece, deren Front durch zwei
vertikale Nähte abgesetzt ist und dadurch vorn zwei Falten
geworfen werden, die weiter den Fuß umschließen und
an der Ferse geschlossen sind und über eine
hufeisenförmige Fußöffnung mit Gummizug
sowie über eine der Wärmespeicherung dienende mit
Körnern gefüllte Kammer in der herausnehmbaren
Innensohle verfügen, wobei es auf die konkrete Farbe des
Fußwärmers nicht ankommt, im geschäftlichen
Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs anzubieten, zu bewerben, zu
importieren und/oder in den Verkehr zu bringen, wie nachstehend
wiedergegeben:
Die einstweilige Verfügung wurde der Klägerin am
selben Tag zugestellt. Auf den Widerspruch der Klägerin wurde
sie mit rechtskräftigem Urteil des Landgerichts Hamburg vom
16. Februar 2011 aufgehoben.
Am 7. Dezember 2010 erwirkte die Beklagte, gestützt auf ein
ihr zustehendes Recht an einem Lichtbild, gegen die Klägerin
eine einstweilige Verfügung des Landgerichts Oldenburg, mit
der der Klägerin untersagt wurde, auf ihren vorstehend
eingeblendeten Produkteinlegern das oben links abgebildete Foto zu
verwenden.
Im vorliegenden Verfahren macht die Klägerin einen Anspruch
auf Ersatz des Schadens wegen Vollziehung der am 7. Dezember 2010
ergangenen, später wieder aufgehobenen einstweiligen
Verfügung des Landgerichts Hamburg geltend, der ihr nach ihrer
Behauptung durch die Rückholung von bereits an den
Groß- und Einzelhandel ausgelieferter Ware und durch den
Umstand entstanden ist, dass sie erhebliche Mengen an
Wärmepantoffeln nicht habe verkaufen können. Sie hat
eine Verurteilung der Beklagten zur Zahlung eines Betrages in
Höhe von 107.434,50 €, die Feststellung der
Verpflichtung der Beklagten zum Ersatz des darüber
hinausgehenden Schadens sowie die Erstattung vorgerichtlicher Kosten
begehrt.
Das Landgericht hat der Klägerin Schadensersatz für
die bis zum Erlass und der Zustellung der einstweiligen
Verfügung noch nicht verkauften Wärmepantoffeln in
Höhe von 9.212,00 € nebst Zinsen zugesprochen und die
Klage im Übrigen abgewiesen. Auf die Berufung der Beklagten
hat das Berufungsgericht unter Zurückweisung der Berufung der
Klägerin die Klage insgesamt abgewiesen. Mit der vom
Berufungsgericht zugelassenen Revision, deren Zurückweisung
die Beklagte beantragt, verfolgt die Klägerin ihre
Klageanträge weiter.
Gründe
I. Das Berufungsgericht hat angenommen, der Klägerin stehe
gegen die Beklagte kein Schadensersatzanspruch gemäß
§ 945 Fall 1 ZPO wegen der Vollziehung der von dem Landgericht
Hamburg erlassenen einstweiligen Verfügung vom 7. Dezember
2010 zu. Dazu hat es ausgeführt:
Die einstweilige Verfügung sei zu Recht erlassen worden und
hätte nicht aufgehoben werden dürfen. Der Beklagten
habe ein Unterlassungsanspruch gemäß
§§ 8, 3, 4 Nr. 9 Buchst. a UWG gegen die
Klägerin zugestanden. Die eine erwärmbare
Körnerfüllung enthaltenden Pantoffeln der Beklagten
seien aufgrund ihrer typischen Gestaltung wettbewerblich eigenartig. Am
Vorliegen einer Herkunftstäuschung könnten keine
ernsthaften Zweifel bestehen. Den Produkteinlegern der Parteien sei zu
entnehmen, dass es sich nach der äußeren Gestaltung
um identische Produkte handele. Dieser Beurteilung stehe das die
einstweilige Verfügung aufhebende Urteil des Landgerichts
Hamburg vom 16. Februar 2011 nicht entgegen. Das über den
Schadensersatzanspruch entscheidende Gericht sei nicht an das die
einstweilige Verfügung aufhebende Urteil des
Verfügungsverfahrens gebunden.
II. Die gegen diese Beurteilung gerichtete Revision hat Erfolg. Sie
führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur
Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht. Mit der
vom Berufungsgericht gegebenen Begründung kann ein
Schadensersatzanspruch der Klägerin gegen die Beklagte nicht
verneint werden.
1. Nach § 945 Fall 1 ZPO ist die Partei, die eine von Anfang
an ungerechtfertigte einstweilige Verfügung erwirkt hat,
verpflichtet, dem Gegner den Schaden zu ersetzen, der ihm aus deren
Vollziehung entsteht. Die Vorschrift des § 945 ZPO beruht auf
dem Rechtsgedanken, dass die Vollstreckung aus einem noch nicht
endgültigen Vollstreckungstitel auf Gefahr des
Gläubigers erfolgt (BGH, Urteil vom 10. Juli 2014 - I ZR
249/12, GRUR 2015, 196 Rn. 14 = WRP 2015, 209 - Nero).
2. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts war die von der
Beklagten erwirkte einstweilige Verfügung vom 7. Dezember 2010
von Anfang an ungerechtfertigt.
a) Im Streitfall kann dahinstehen, ob die einstweilige
Verfügung bereits deshalb als von Anfang an ungerechtfertigt
im Sinne des § 945 ZPO anzusehen ist, weil das Landgericht
Hamburg diese Verfügung durch rechtskräftiges Urteil
vom 16. Februar 2011 aufgehoben hat. Von einer entsprechenden
Bindungswirkung sind das Reichsgericht (RGZ 58, 236, 237; 59, 355, 359)
und der Bundesgerichtshof in älteren Entscheidungen
ausgegangen (vgl. BGH, Urteil vom 4. Dezember 1973 - VI ZR 213/71, BGHZ
62, 7, 10 f.; Urteil vom 20. März 1979 - VI ZR 30/77, BGHZ 75,
1, 5; Urteil vom 26. März 1992 - IX ZR 108/91, NJW 1992, 2297;
für eine Bindung an das im Hauptsacheverfahren ergangene
Urteil BGH, Urteil vom 7. Juni 1988 - IX ZR 278/87, NJW 1988, 3268 f.).
Der Senat hat die umstrittene Frage, ob eine Entscheidung im
summarischen Verfahren, durch die eine einstweilige Verfügung
(formell rechtskräftig) als unbegründet aufgehoben
worden ist, das Gericht im Schadensersatzprozess bindet, bislang
offengelassen (vgl. BGH, Urteil vom 3. Dezember 1954 - I ZR 262/52,
BGHZ 15, 356, 358 f. - Progressive Kundenwerbung; Urteil vom 28.
November 1980 - I ZR 182/78, NJW 1981, 2579, 2580 = WRP 1981, 269 -
Fotoartikel I; Urteil vom 7. Juli 1994 - I ZR 63/92, BGHZ 126, 368, 374
- Fortsetzungsverbot; Urteil vom 15. Januar 1998 - I ZR 282/95, GRUR
1998, 1010, 1011 = WRP 1998, 877 - WINCAD). Diese Frage muss auch im
Streitfall nicht entschieden werden.
b) Nach der Annahme des Berufungsgerichts hat das Landgericht Hamburg
die einstweilige Verfügung zu Recht erlassen und
fälschlicherweise mit rechtskräftigem Urteil vom 16.
Februar 2011 wieder aufgehoben, weil der Beklagten der im
Verfügungsverfahren verfolgte Unterlassungsanspruch
gemäß § 8 Abs. 1, §§ 3, 4
Nr. 9 Buchst. a UWG nach Ansicht des Berufungsgerichts zustand. Das
hält der revisionsrechtlichen Nachprüfung nicht stand.
aa) Der Vertrieb einer Nachahmung ist nach § 4 Nr. 9 UWG
wettbewerbswidrig, wenn das nachgeahmte Produkt wettbewerbliche
Eigenart aufweist und besondere Umstände - wie eine
vermeidbare Täuschung über die betriebliche Herkunft
(§ 4 Nr. 9 Buchst. a UWG) oder eine unangemessene Ausnutzung
der Wertschätzung des nachgeahmten Produkts (§ 4 Nr.
9 Buchst. b UWG) - hinzutreten, aus denen die Unlauterkeit folgt. Dabei
besteht eine Wechselwirkung zwischen dem Grad der wettbewerblichen
Eigenart, der Art und Weise und der Intensität der
Übernahme sowie den besonderen wettbewerblichen
Umständen. Je größer die wettbewerbliche
Eigenart und je höher der Grad der Übernahme sind,
desto geringere Anforderungen sind an die besonderen Umstände
zu stellen, die die Unlauterkeit der Nachahmung begründen und
umgekehrt (BGH, Urteil vom 28. Mai 2009 - I ZR 124/06, GRUR 2010, 80
Rn. 21 = WRP 2010, 94 - LIKEaBIKE; Urteil vom 24. Januar 2013 - I ZR
136/11, GRUR 2013, 951 Rn. 14 = WRP 2013, 1188 - Regalsystem; Urteil
vom 17. Juli 2013 - I ZR 21/12, GRUR 2013, 1052 Rn. 15 = WRP 2013, 1339
- Einkaufswagen III).
bb) Ein Erzeugnis besitzt wettbewerbliche Eigenart, wenn die konkrete
Ausgestaltung oder bestimmte Merkmale des Erzeugnisses geeignet sind,
die interessierten Verkehrskreise auf seine betriebliche Herkunft oder
seine Besonderheiten hinzuweisen (st. Rspr.; BGH, GRUR 2010, 80 Rn. 23
- LIKEaBIKE; BGH, Urteil vom 15. April 2010 - I ZR 145/08, GRUR 2010,
1125 Rn. 21 = WRP 2010, 1465 - Femur-Teil; BGH, GRUR 2013, 951 Rn. 19 -
Regalsystem; GRUR 2013, 1052 Rn. 18 - Einkaufswagen III; BGH, Urteil
vom 22. Januar 2015 - I ZR 107/13, GRUR 2015, 909 Rn. 10 = WRP 2015,
1090 - Exzenterzähne). Ein Erzeugnis hat keine wettbewerbliche
Eigenart, wenn der angesprochene Verkehr die prägenden
Gestaltungsmerkmale des Erzeugnisses nicht (mehr) einem bestimmten
Hersteller oder einer bestimmten Ware zuordnet (vgl. BGH, Urteil vom 8.
November 1984 - I ZR 128/82, GRUR 1985, 876, 878 = WRP 1985, 397 -
Tchibo/Rolex I; Urteil vom 11. Januar 2007 - I ZR 198/04, GRUR 2007,
795 Rn. 28 = WRP 2007, 1076 - Handtaschen; BGH, GRUR 2015, 909 Rn. 11 -
Exzenterzähne). Für die wettbewerbliche Eigenart
kommt es zwar nicht darauf an, ob der Verkehr den Hersteller der Ware
namentlich kennt; erforderlich ist aber, dass der Verkehr annimmt, die
Ware stamme von einem bestimmten Hersteller, wie auch immer dieser
heißen möge, oder sei von einem mit diesem
verbundenen Unternehmen in Verkehr gebracht worden (vgl. BGH, Urteil
vom 15. September 2005 - I ZR 151/02, GRUR 2006, 79 Rn. 36 = WRP 2006,
75
- Jeans I; Urteil vom 24. Mai 2007 - I ZR 104/04, GRUR 2007, 984 Rn. 23
und 32 = WRP 2007, 1455 - Gartenliege; BGH, GRUR 2015, 909 Rn. 11 -
Exzenterzähne).
cc) Ob dem Berufungsgericht bei der Frage der wettbewerblichen Eigenart
der in Rede stehenden Modelle der Wärmepantoffeln, bei der
Einschätzung des Grades der Übereinstimmung des
Modells der Beklagten auf der einen und der angegriffenen
Ausführungsform der Klägerin auf der anderen Seite
sowie bei dem Merkmal einer vermeidbaren Herkunftstäuschung
ein Rechtsfehler unterlaufen ist, kann im Streitfall allein anhand des
bei den Akten befindlichen Fotomaterials und der Beschreibung der
Produkte der Parteien im Urteil des Landgerichts Hamburg im
Verfügungsverfahren beurteilt werden. Zwar unterliegen der
Beurteilung durch das Revisionsgericht nach § 559 Abs. 1 Satz
1 ZPO auch zu den Prozessakten gereichte Anlagen, Produkte und Modelle,
die vom Berufungsgericht konkret in Bezug genommen worden sind (vgl.
BGH, GRUR 2007, 795 Rn. 23 - Handtaschen; GRUR 2013, 1052 Rn. 31 f. -
Einkaufswagen III). Das Berufungsurteil enthält eine solche
Bezugnahme auf die (Original-)Produkte der Parteien jedoch nicht. Das
Berufungsgericht hat seiner Beurteilung vielmehr
ausschließlich die Produkteinleger der Parteien und die
Beschreibung der Produkte durch das Gericht des
Verfügungsverfahrens zugrunde gelegt. Dagegen hat die Revision
keine Beanstandungen erhoben.
dd) Das Landgericht Hamburg hat in seiner die einstweilige
Verfügung aufhebenden Entscheidung die
Wärmepantoffeln der Beklagten dahingehend beschrieben, dass
sie aus Fleece-Material hergestellt und an die Form eines geschlossenen
Hausschuhs angelehnt seien. Vorn an der Front des Schuhs liefen von der
Sohle ausgehend zwei Nähte zusammen, dadurch werde die Front
besonders betont. Von der Fußöffnung über
den Spann gebe es bei den "Hot Sox" eine quer laufende Doppelnaht, die
eine Art Steg bilde. Daran schließe sich nach hinten eine hufeisenförmige
Fußöffnung an, die über einen Gummizug
gedehnt werden könne und den Fuß beim Tragen zur
Gänze umschließe. Es sei eine herausnehmbare mit
Körnern befüllte Innensohle im Schuh vorhanden, diese
werde durch zwei Klettverschlüsse gehalten. Diese Gestaltung
gebe den "Hot Sox" die Gestaltung eines typischen Hausschuhs. Es
bestünden schon Zweifel, ob die Gestaltung der "Hot Sox" der
Beklagten überhaupt herkunftshinweisend wirken
könnten; jedenfalls scheide eine betriebliche Eigenart aus
Rechtsgründen aus, weil die Beklagte nicht glaubhaft gemacht
habe, dass die von der Beklagten und der G. vertriebenen
Wärmepantoffeln von einem einzigen Herstellerunternehmen
stammten. Eine Herkunftstäuschung scheide auch deshalb aus,
weil in gleicher Weise wie die "Hot Sox" der Beklagten gestaltete
Wärmepantoffeln mit unterschiedlichen Marken versehen seien.
So vertreibe die Beklagte ihre Wärmepantoffeln unter den
Marken "Hot Sox", "Thermo Maxx", "Pediwarm", "Pedi-Wohl", "Thermo Sox"
und "Kynast Excl.". Die G. verwende die Bezeichnungen "Slippies",
"Monopol-Slippies" und "Kyrotherm Slippies". Da den angesprochenen
Verkehrskreisen, zu denen der Vorsitzende der Kammer gehöre,
die Lieferverhältnisse nicht bekannt seien und sie nicht
wüssten, dass die Produkte möglicherweise von nur
einem oder zwei Herstellerunternehmen hergestellt würden,
würden sie annehmen, dass hinter jeder Marke ein anderes
Herstellerunternehmen stehe.
ee) Das Berufungsgericht ist dem nicht gefolgt. Es hat angenommen, das
Besondere an den "Hot Sox" der Beklagten sei, dass sie zwar wie
typische Hausschuhe aussähen, aber keine seien, sondern eine
Körnerfüllung enthielten, die erwärmt werden
könne. Sie wiesen eine typische Gestaltung auf, die das
Landgericht Hamburg im Einzelnen beschrieben habe. Dass
Körnerpantoffeln immer diese äußere
Gestaltung aufwiesen, sei nicht festzustellen. Auf dem Markt seien
abweichende Gestaltungen zu finden, wobei die im Internet angebotenen
Körnerpantoffeln ganz überwiegend die der Beklagten
unter ihren verschiedenen Markennamen seien. Der Umstand, dass die mit
der Beklagten kooperierende G. identische Produkte wie die Beklagte
vertreibe, stehe der Annahme nicht entgegen, dass der Verkehr mit der
äußeren Gestaltung der Wärmepantoffeln
Herkunftsvorstellungen verbinde. Die Beklagte und die G.
würden in Kooperation miteinander tätig werden, indem
die Beklagte Dis- counter beliefere, während die G. die
Pantoffeln über Apotheken, Schönheitsstudios und
Weihnachtsmärkte vermarkte. Gegen eine
Herkunftstäuschung spreche weiter nicht der Umstand, dass
sowohl die Beklagte als auch die G. die Körnerpantoffeln unter
verschiedenen Marken vertrie- ben. Dem kann nicht zugestimmt werden.
ff) Ohne Erfolg beruft sich die Revision allerdings darauf, dass die
gestalterischen Merkmale der "Hot Sox" der Beklagten schon für
sich nicht geeignet seien, die Annahme wettbewerblicher Eigenart zu
tragen.
(1) Zu Recht hat das Berufungsgericht bei der Beurteilung der
wettbewerblichen Eigenart des Produkts der Beklagten nicht auf die
Gestaltung von Hausschuhen abgestellt, sondern darauf, dass die "Hot
Sox" der Beklagten zwar wie typische Hausschuhe aussehen, aber als
solche nicht benutzt werden können. Wie sich aus der zweiten
Seite des vom Berufungsgericht in Bezug genommenen Produkteinlegers der
Beklagten ergibt, können die Wärmepantoffeln nicht
zum Laufen verwendet werden. Bei ihnen handelt es sich um
Fußwärmer in der äußeren
Gestaltung eines Hausschuhs. Sie stehen deshalb nicht in Konkurrenz zu
gewöhnlichen Hausschuhen, sondern zu Produkten anderer
Hersteller zum Erwärmen der Füße. Das
Besondere an dem Produkt der Beklagten ist der Umstand, dass die "Hot
Sox" eine Körnerfüllung enthalten, die mit normalen
Küchengeräten erwärmt werden kann und die
eine besondere wärmende Wirkung entfaltet.
(2) Ohne Erfolg beruft sich die Revision demgegenüber darauf,
dass sich der Verkehr grundsätzlich nur an den
äußeren Gestaltungsmerkmalen einer Ware orientieren
kann (vgl. BGH, Urteil vom 7. Februar 2002 - I ZR 289/99, GRUR 2002,
820, 822 = WRP 2002, 1054 - Bremszangen). Nicht erforderlich ist es,
dass die Verbraucher die Besonderheiten, die eine Gestaltung des
Erzeugnisses gerade im Gebrauch aufweist, bereits auf den ersten Blick
erkennen (BGH, GRUR 2007, 984 Rn. 21 - Gartenliege). Bei dem Produkt
der Beklagten handelt es sich um einen Fußwärmer in
Gestalt eines Hausschuhs. Dies ist für den angesprochenen
Verkehr ohne weiteres erkennbar, weil es eine der
Wärmespeicherung dienende, mit Körnern
befüllte Kammer in der herausnehmbaren Innensohle
enthält.
(3) Ohne Erfolg wendet sich die Revision gegen die Annahme des
Berufungsgerichts, die festgestellte typische Gestaltung der
Wärmepantoffeln der Beklagten unterscheide diese von Produkten
anderer Hersteller. Zutreffend ist das Berufungsgericht davon
ausgegangen, dass ästhetische Merkmale eines Produkts seine
wettbewerbliche Eigenart begründen können, wenn sie
sich eignen, es von vergleichbaren Produkten anderer Hersteller
abzugrenzen. Die Revision stellt nicht in Abrede, dass abweichende
Gestaltungen von Wärmepantoffeln, insbesondere solche mit
sockenähnlich verlängertem Schaft, existieren. Das
Berufungsgericht hat deshalb nicht der frei benutzbaren Produktidee der
Beklagten eine wettbewerbliche Eigenart zugemessen, sondern im
Produktbereich der Wärmepantoffeln der
äußeren Gestaltung des Produkts der Beklagten eine
Eignung als Herkunftshinweis beigemessen.
(4) Zu Unrecht macht die Revision geltend, dass die von der Beklagten
eingesetzten Gestaltungsmerkmale gemeinfreie technische Merkmale seien.
Technisch notwendige Merkmale, die bei gleichartigen Erzeugnissen aus
technischen Gründen zwingend verwendet werden müssen,
können aus Rechtsgründen keine wettbewerbliche
Eigenart begründen. Die Übernahme solcher - nicht
oder nicht mehr unter Sonderrechtsschutz stehender -
Gestaltungsmerkmale ist mit Rücksicht auf den Grundsatz des
freien Stands der Technik wettbewerbsrechtlich nicht zu beanstanden.
Handelt es sich dagegen nicht um technisch notwendige Merkmale, sondern
nur um solche, die zwar technisch bedingt, aber frei austauschbar sind,
ohne dass damit Qualitätseinbußen verbunden sind,
können sie eine wettbewerbliche Eigenart
(mit)begründen, sofern der Verkehr wegen dieser Merkmale auf
die Herkunft der Erzeugnisse aus einem bestimmten Unternehmen Wert legt
oder mit ihnen gewisse Qualitätserwartungen verbindet (st.
Rspr.; BGH, GRUR 2010, 80 Rn. 27 - LIKEaBIKE; GRUR 2013, 951 Rn. 19 -
Regalsystem; GRUR 2013, 1052 Rn. 18 f. - Einkaufswagen III). Soweit die
Revision geltend macht, die äußere Form der
Wärmepantoffeln, die insbesondere bei Sportschuhen oder
anderen Pantoffeln weit verbreitet sei, sei durch die Anatomie des
Fußes bedingt und erforderlich, um den
Füßen einen gewissen Halt zu geben,
berücksichtigt sie nicht, dass die Wärmepantoffeln
nicht beim Laufen im häuslichen Bereich verwendet werden
können, sondern wegen der vorhandenen
Körnerfüllung hierzu nicht geeignet sind. Das Produkt
der Beklagten dient allein dazu, kalte Füße zu
wärmen, und wird im Sitzen oder Liegen getragen.
Dafür ist eine äußere Gestaltung in Form
eines Sport- oder Hausschuhs technisch nicht erforderlich.
gg) Die Revision beanstandet jedoch mit Erfolg die Annahme des
Berufungsgerichts, die Merkmale und Gestaltung des Produkts der
Beklagten seien trotz der unterschiedlichen Marken, unter denen die
Erzeugnisse auf den Markt gebracht werden, geeignet, dem Verkehr einen
Rückschluss auf seine betriebliche Herkunft zu
ermöglichen.
(1) Das Landgericht Hamburg ist im Verfügungsverfahren davon
ausgegangen, dass es sich bei dem angesprochenen Verkehr um den
Endverbraucher handelt und dass dieser annehmen wird, hinter jeder
Marke stehe ein anderer Hersteller. Dass diese Beurteilung unrichtig
wäre, hat das Berufungsgericht nicht festgestellt. Auf dieser
Grundlage fehlt für seine Annahme, der Vertrieb identischer
Produkte unter verschiedenen Markennamen stehe der Annahme des Verkehrs
nicht entgegen, die Wärmepantoffeln stammten von einem
einzigen Hersteller oder miteinander verbundenen Unternehmen, die
tatsächliche Grundlage. Werden identische Produkte unter
verschiedenen Herstellermarken und zu unterschiedlichen Preisen
angeboten, besteht - wenn es sich bei dem angesprochenen Verkehr um den
Endverbraucher handelt - regelmäßig keine
Veranlassung anzunehmen, dass die Produkte vom selben Hersteller
stammen. Da es die Funktion der Marke ist, dem Verkehr die
Ursprungsidentität des damit gekennzeichneten Produkts zu
garantieren (st. Rspr.; vgl. BGH, Beschluss vom 9. Juli 2015 - I ZB
65/13, GRUR 2015, 1012 Rn 10 = WRP 2015, 1108 - Nivea Blau), wird der
Verkehr vielmehr annehmen, dass verschiedene Marken auf eine
unterschiedliche betriebliche Herkunft der entsprechend
gekennzeichneten Produkte hinweisen.
(2) Zwar kann es für die Annahme einer wettbewerblichen
Eigenart unschädlich sein, wenn der Verkehr aufgrund
verschiedener Kennzeichen davon ausgeht, es handele sich bei dem
beanstandeten Produkt um eine neue Serie oder eine Zweitmarke des
Originalherstellers oder es bestünden zu ihm zumindest lizenz-
oder gesellschaftsvertragliche Beziehungen. Ob diese Annahme im
jeweiligen Streitfall gerechtfertigt ist, hängt jedoch von der
tatrichterlichen Würdigung der relevanten Umstände
des Einzelfalls ab (vgl. zur vermeidbaren Herkunftstäuschung
BGH, Urteil vom 19. Oktober 2000 - I ZR 225/98, GRUR 2001, 443, 445 f.
= WRP 2001, 534 - Viennetta; Urteil vom 2. April 2009 - I ZR 199/06,
GRUR 2009, 1073 Rn. 15 = WRP 2009, 1372 - Ausbeinmesser). Das
Landgericht Hamburg ist davon ausgegangen, dass der angesprochene
Verkehr hinter jeder Marke ein anderes Herstellerunternehmen vermutet.
Abweichendes hat das Berufungsgericht nicht festgestellt.
Dafür ist im Streitfall auch nichts ersichtlich. Die
Revisionserwiderung macht Gegenteiliges ebenfalls nicht geltend.
(3) Danach ist ausgeschlossen, dass die angesprochenen Endverbraucher
die verschiedenen Marken, mit denen die von der Beklagten und der G.
vertriebenen Wärmepantoffeln gekennzeichnet sind, als Handels-
marken auffassen, hinter denen ein Hersteller steht (vgl. hierzu BGH,
Urteil vom 2. April 2009 - I ZR 144/06, GRUR 2009, 1069 Rn. 16 bis 18 =
WRP 2009, 1505 - Knoblauchwürste; BGH, GRUR 2015, 909 Rn. 14 -
Exzenterzähne). Nichts anderes ergibt sich aus der
Senatsentscheidung "Gartenliege" (GRUR 2007, 984). Im dort
entschiedenen Fall hatte die Klägerin ihre Gartenliege
kleineren Anbietern geliefert, die die Liege unter ihrer eigenen Marke
oder als Eigenprodukte vertrieben hatten. Dies geschah jedoch nicht in
großen Stückzahlen und war schon deshalb ungeeignet,
die Auffassung des Verkehrs hinreichend zu beeinflussen. Auch der
Umstand, dass die dortige Beklagte in mehreren aufeinanderfolgenden
Jahren in ihren zahlreichen Filialen die in Streit stehenden
Gartenliegen unter ihrer Eigenmarke vertrieben hatte, stand der Annahme
nicht entgegen, dass der angesprochene Verkehr angesichts der
verwendeten Produktmerkmale hiermit Herkunftsvorstellungen verband.
Nach den im dortigen Fall maßgeblichen Feststellungen lag es
für maßgebliche Teile des Verkehrs nahe anzunehmen,
die Beklagte vertreibe die Waren von Fremdherstellern (BGH, GRUR 2007,
984 Rn. 26 f. - Gartenliege). Dass im Streitfall ein vergleichbarer
Sachverhalt vorliegt, hat das Berufungsgericht gerade nicht
festgestellt und ist auch nicht anzunehmen.
c) Ein Unterlassungsanspruch nach § 8 Abs. 1,
§§ 3, 5 Abs. 2 UWG besteht ebenfalls nicht. Nach
§ 5 Abs. 2 UWG ist eine geschäftliche Handlung
irreführend, wenn sie im Zusammenhang mit der Vermarktung von
Waren oder Dienstleistungen einschließlich vergleichender
Werbung eine Verwechslungsgefahr mit einer anderen Ware oder
Dienstleistung oder mit der Marke oder einem anderen Kennzeichen eines
Mitbewerbers hervorruft. Dies kommt im Streitfall nur in Betracht, wenn
die angesprochenen Verbraucher trotz der Vielzahl der Marken, unter
denen die in Rede stehenden Originalprodukte vertrieben werden, allein
anhand der äußeren übereinstimmenden
Merkmale davon ausgehen, diese stammten von einem Hersteller oder aus
der Produktion miteinander verbundener Unternehmen. Das ist gerade
nicht der Fall. Die Revisionserwiderung zeigt Gegenteiliges ebenfalls
nicht auf.
III. Das Urteil des Berufungsgerichts kann danach keinen Bestand haben;
es ist aufzuheben. Da die Sache nicht zur Endentscheidung reif ist, ist
sie zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die
Kosten der Revision, an das Berufungsgericht
zurückzuverweisen. Für das weitere Verfahren wird auf
Folgendes hingewiesen:
1. Da der Beklagten kein den Erlass der einstweiligen
Verfügung rechtfertigender Unterlassungsanspruch zugestanden
hat, ist von einem dem Grunde nach bestehenden Schadensersatzanspruch
der Klägerin gemäß § 945 Fall 1
ZPO auszugehen.
2. Das Berufungsgericht wird deshalb zu prüfen haben, ob der
Klägerin ein Schadensersatzanspruch in der von ihr geltend
gemachten Höhe zusteht.
a) Dabei kann ein Schaden der Klägerin wegen der durch die
Rückholung bereits ausgelieferter Wärmepantoffeln aus
dem Einzel- und Großhandel verursachten Kosten entgegen der
Ansicht des Landgerichts nicht von vornherein verneint werden.
aa)
Die Verpflichtung zur Unterlassung einer Handlung, durch die ein
fortdauernder Störungszustand geschaffen wurde, ist mangels
abweichender Anhaltspunkte regelmäßig dahin
auszulegen, dass sie nicht nur die Unterlassung derartiger Handlungen,
sondern auch die Vornahme möglicher und zumutbarer Handlungen
zur Beseitigung des Störungszustands umfasst (BGH, Urteil vom
28. Januar 1977 - I ZR 109/75, GRUR 1977, 614, 616 -
Gebäudefassade; vgl. BGH, Urteil vom 18. September 2014 - I ZR
76/13, GRUR 2015, 258 Rn. 63 f. = WRP 2015, 356 - CT Paradies; Urteil
vom 30. Juli 2015 - I ZR 250/12, WRP 2016, 331 Rn. 28 f. -
Piadina-Rückruf).
bb) Der Klägerin war durch die einstweilige Verfügung
des Landgerichts Hamburg vom 7. Dezember 2010 verboten worden, ihre
Wärmepantoffeln anzubieten, zu bewerben, zu importieren
und/oder in den Verkehr zu bringen. In Befolgung dieses Verbots war die
Klägerin nicht nur verpflichtet, den weiteren Vertrieb ihrer
noch nicht verkauften Wärmepantoffeln einzustellen. Es oblag
ihr auch, bereits an den Groß- und Einzelhandel verkaufte
Wärmepantoffeln zurückzurufen.
b) Das Berufungsgericht wird jedoch zu prüfen haben, ob der
Klägerin durch die ungerechtfertigte einstweilige
Verfügung des Landgerichts Hamburg vom 7. Dezember 2010 wegen
des Rückrufs bereits ausgelieferter Ware
möglicherweise deshalb kein nach § 945 ZPO zu
ersetzender Schaden entstanden ist, weil sie aus anderen
Gründen zum Rückruf verpflichtet war.
aa) Der Klägerin war durch die einstweilige Verfügung
des Landgerichts Oldenburg vom selben Tag untersagt worden, auf ihren
Produkteinlegern das Foto der Beklagten zu verwenden. Diese Untersagung
verpflichtete sie nach den vorstehend genannten Grundsätzen
nicht nur, in Zukunft die Verwendung des Fotos zu unterlassen. Sie
hatte auch zumutbare Anstrengungen zu unternehmen, dafür Sorge
zu tragen, dass der Produkteinleger bei bereits ausgelieferter Ware
ausgetauscht wird.
bb) Wenn diese Verpflichtung zur Folge gehabt hätte, dass sie
die bereits ausgelieferten Wärmepantoffeln hätte
zurückrufen müssen, wäre ihr in den
Rückrufkosten bestehender Schaden nicht ersatzfähig.
Ein nach § 945 ZPO zu ersetzender Schaden ist nicht
entstanden, wenn der durch die Vollziehung einer ungerechtfertigt
ergangenen einstweiligen Verfügung Betroffene ohnehin
materiellrechtlich verpflichtet ist, das ihm durch die einstweilige
Verfügung untersagte Verhalten zu unterlassen (vgl. BGHZ 15,
356, 358 f. - Progressive Kundenwerbung; BGHZ 126, 368, 374 f. -
Fortsetzungsverbot; BGH, Urteil vom 20. Juli 2006 - IX ZR 94/03, BGHZ
168, 352 Rn. 27). In einem solchen Fall entfällt nicht die
Kausalität zwischen der Vollziehung der einstweiligen
Verfügung und der Einstellung des darin untersagten
Verhaltens, für die es allein auf die reale Ursache des
haftungsbegründenden Ereignisses ohne
Berücksichtigung von Ersatzursachen ankommt (vgl. BGHZ 168,
352 Rn. 22). Ein Ersatz der durch Vollziehung einer ungerechtfertigten
einstweiligen Verfügung erlittenen
Vermögenseinbuße scheidet aber aus normativen
Gründen aus (vgl. Fischer in Prütting/Gehrlein, ZPO,
7. Aufl., § 945 Rn. 11; Ahrens/Ahrens, Der Wettbewerbsprozess,
7. Aufl., Kap. 62 Rn. 29). Ein Betroffener soll im Wege des
Schadensersatzes keine Kosten ersetzt bekommen, die ihm auch bei
rechtskonformem Verhalten des Schädigers auf jeden Fall
entstanden wären (vgl. BGHZ 15, 356, 359 - Progressive
Kundenwerbung; BGH, Urteil vom 28. Januar 1986 - VI ZR 151/84, NJW
1986, 1486, 1487; BGH, WRP 2016, 331 Rn. 15 - Piadina-Rückruf).
cc) Der Beklagten als Schädigerin obliegt die Beweislast
dafür, dass der von der Klägerin wegen des
Warenrückrufs geltend gemachte Schaden infolge der vom
Landgericht Oldenburg erlassenen einstweiligen Verfügung auch
entstanden wäre, wenn die einstweilige Verfügung des
Landgerichts Hamburg vom 7. Dezember 2010 nicht ergangen wäre.
Der Schädiger trägt die Beweislast dafür,
dass der Schaden - in vollem Umfang - auch bei
rechtmäßigem Verhalten eingetreten wäre
(vgl. BGH, Urteil vom 15. März 2005 - VI ZR 313/03, NJW 2005,
1718, 1719).
Büscher Koch Löffler Schwonke Feddersen