Der
Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung gegen das ihm am
5. Juni 2015 an Verkündungs statt zugestellte Urteil des I.
Senats des Anwaltsgerichtshofs Baden-Württemberg wird
abgelehnt.
Der Kläger trägt die
Kosten des Zulassungsverfahrens.
Der Wert des
Zulassungsverfahrens wird auf 5.000 € festgesetzt.
Gründe
I.
Der
Kläger, ein Rechtsanwalt, erhob am 25. April 2012 gegen
Rechtsanwalt R. F.
aus K. bei der
Beklagten Beschwerde. Die Beklagte teilte dem Kläger mit
Schreiben vom 28. März 2014 mit, dass nach
bestandskräftigem Abschluss des berufsrechtlichen
Aufsichtsverfahrens das Anwaltsgericht den vom Kläger
angezeigten Vorgang nicht als ein zu ahndendes berufsrechtswidriges
Verhalten bewertet habe mit dem Hinweis, dass der vorliegende
Verstoß gegen das Bundesdatenschutzgesetz nicht geeignet sei,
über seine Auswirkungen im Einzelfall hinaus das Vertrauen in
die Kompetenz und Integrität der Anwaltschaft zu
beeinträchtigen und damit die Funktion der Anwaltschaft im
System der Rechtspflege zu stören, so dass § 43 BRAO
als Grundlage einer berufsrechtlichen Aufsichtsmaßnahme
ausscheide.
Den Antrag des Klägers auf
Überlassung des anwaltsgerichtlichen Beschlusses wies die
Beklagte mit Bescheid vom 17. Juli 2014 zurück. Den hiergegen
gerichteten Widerspruch des Klägers wies die Beklagte mit
Widerspruchsbescheid vom 14. August 2014 zurück. Die gegen den
Bescheid vom 17. Juli 2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom
14. August 2014 auf Verpflichtung der Beklagten zur
Überlassung des anwaltsgerichtlichen Beschlusses gerichtete
Klage hat der Anwaltsgerichtshof abgewiesen. Der Kläger
beantragt die Zulassung der Berufung gegen das Urteil des
Anwaltsgerichtshofs.
II.
Der
Zulassungsantrag hat keinen Erfolg.
1. Nach
§ 112e Satz 2 BRAO, § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO
müssen im Zulassungsantrag die Gründe dargelegt
werden, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Hierfür gelten
im Grundsatz dieselben Anforderungen, wie sie die Rechtsprechung zur
Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision (§ 133 Abs. 3
Satz 3 VwGO, § 544 Abs. 2 Satz 3 ZPO) entwickelt hat. Daher
müssen die aus Sicht des Antragstellers in Betracht kommenden
Zulassungsgründe im Sinne des § 124 Abs. 2 VwGO
benannt und hinreichend erläutert, d.h. die Voraussetzungen
des geltend gemachten Zulassungsgrundes substantiiert dargelegt werden
(vgl. nur Senatsbeschlüsse vom 15. März 2012 - AnwZ
(Brfg) 4/12, AnwBl. 2012, 553 Rn. 2 und vom 23. Februar 2011 - AnwZ
(Brfg) 4/10, juris Rn. 4, jeweils m.w.N.).
Nach
Maßgabe dieser an die Begründung des
Zulassungsantrags zu stellenden Anforderungen bestehen bereits Bedenken
gegen die Zulässigkeit des klägerischen Antrags. Dort
wird weder ein Zulassungsgrund im Sinne des § 124 Abs. 2 VwGO
ausdrücklich benannt noch näher zu den
tatbestandlichen Voraussetzungen der Norm Stellung genommen.
2.
Unabhängig hiervon hat der Zulassungsantrag auch in der Sache
keinen Erfolg. Ein Zulassungsgrund nach § 124 Abs. 2 VwGO ist
nicht gegeben (vgl. § 112e Satz 2 BRAO, § 124a Abs. 5
Satz 2 VwGO).
Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit
des angefochtenen Urteils bestehen nicht (§ 112e Satz 2 BRAO,
§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO). Dieser Zulassungsgrund setzt voraus,
dass ein einzelner tragender Rechtssatz oder eine erhebliche
Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Argumenten in Frage
gestellt wird (st. Rspr.; vgl. etwa BGH, Beschluss vom 28. Oktober 2011
- AnwZ (Brfg) 30/11, NJW-RR 2012, 189 Rn. 5 m.w.N.). Daran fehlt es.
Der
Kläger hat, wie der Anwaltsgerichtshof zutreffend erkannt hat,
keinen Anspruch gegen die Beklagte auf Überlassung des in dem
berufsrechtlichen Aufsichtsverfahren betreffend Rechtsanwalt
F. ergangenen
anwaltsgerichtlichen Beschlusses. Dieser Beschluss ist - entgegen der
Auffassung des Klägers - Bestandteil der von der Beklagten
über Rechtsanwalt
F. geführten
Personalakte und unterliegt der Verschwiegenheitspflicht nach
§ 76 Abs. 1 BRAO.
a) Der Begriff der
Personalakte in § 58 BRAO ist nach einhelliger Auffassung in
Rechtsprechung und Literatur materiell zu verstehen. Für die
Frage, ob ein Vorgang zu den Personalakten gehört, kommt es
nicht darauf an, wo und wie er geführt oder aufbewahrt wird
(formelles Prinzip), sondern allein darauf, ob er den Rechtsanwalt in
einem inneren Zusammenhang mit seinem Status als Rechtsanwalt betrifft
(Senat, Beschlüsse vom 25. November 2013 - AnwZ (Brfg) 39/12,
NJW-RR 2014, 883 Rn. 5 m.w.N. und vom 2. März 2011 - AnwZ (B)
50/10, NJW 2011, 2303 Rn. 11 m.w.N.; Böhnlein in
Feuerich/Weyland, BRAO, 8. Aufl., § 58 Rn. 6 f. m.w.N.; Zuck
in Gaier/Wolf/Göcken, 2. Aufl., § 58 Rn. 5).
Bestandteile der Personalakte sind somit - wie vorliegend - auch
Vorgänge und Unterlagen aus einem gegen den Rechtsanwalt
eingeleiteten Aufsichts- oder Beschwerdeverfahren und ihn betreffende
Gerichtsentscheidungen (Weyland in Feuerich/Weyland aaO § 73
Rn. 66; Güldenzoph, BRAK-Mitt. 2011, 4, 5; Zuck aaO Rn. 13).
b)
Der anwaltsgerichtliche Beschluss unterlag als Bestandteil der bei der
Beklagten über Rechtsanwalt
F. geführten
Personalakte der Verschwiegenheitspflicht nach § 76 Abs. 1
BRAO. Nach § 76 Abs. 1 BRAO haben die Mitglieder des
Vorstandes der Rechtsanwaltskammer über die Angelegenheiten,
die ihnen bei ihrer Tätigkeit im Vorstand über
Rechtsanwälte, Bewerber und andere Personen bekannt werden,
Verschwiegenheit gegen jedermann zu bewahren. Zu den der
Verschwiegenheitspflicht unterliegenden Angelegenheiten
gehören der Inhalt der von einer Rechtsanwaltskammer
über ein Kammermitglied geführten Personalakte (Zuck
aaO Rn. 15) und mithin auch Vorgänge und Entscheidungen in
einem Aufsichts- und Beschwerdeverfahren. Letzteres ergibt sich zudem
unmittelbar aus § 73 Abs. 3 Satz 3 BRAO. Danach bleibt, soweit
der Kammervorstand gemäß § 73 Abs. 3 Satz
1, 2 BRAO im Beschwerdeverfahren den Beschwerdeführer von
seiner Entscheidung in Kenntnis setzt, § 76 BRAO
unberührt. Durch die Verweisung auf § 76 BRAO wird
klargestellt, dass bei der Mitteilung nach § 73 Abs. 3 Satz 1
BRAO das Verschwiegenheitsgebot nach § 76 BRAO zu achten ist
(vgl. Regierungsentwurf eines Gesetzes zur Modernisierung von Verfahren
im anwaltlichen und notariellen Berufsrecht, zur Errichtung einer
Schlichtungsstelle der Rechtsanwaltschaft sowie zur Änderung
der Verwaltungsgerichtsordnung, der Finanzgerichtsordnung und
kostenrechtlicher Vorschriften, BT-Drucks. 16/11385, S. 39).
c)
Ausnahmen von der Verschwiegenheitspflicht sind vorliegend nicht
gegeben.
aa) Eine solche Ausnahme ergibt sich nicht
aus Verfahrensrechten des Beschwerdeführers im
Beschwerdeverfahren nach § 73 Abs. 2 Nr. 4,
§§ 74, 74a BRAO. Der Beschwerdeführer ist im
berufsrechtlichen Beschwerdeverfahren nicht Beteiligter und besitzt
nach der gesetzlichen Konzeption - mit Ausnahme der in § 73
Abs. 3 BRAO bestimmten Mitteilungspflicht - keine Verfahrensrechte
(vgl. Senat, Beschluss vom 24. November 1997 - AnwZ (B) 47/97,
BRAK-Mitt. 1998, 41, 42; Lauda in Gaier/Wolf/Göcken, 2. Aufl.,
§ 74 Rn. 33 sowie § 76 Rn. 20; Güldenzoph
aaO S. 6). Er hat daher in diesem Verfahren - entgegen der Auffassung
des Klägers - auch keinen Anspruch auf rechtliches
Gehör. Der dem Kläger als Beschwerdeführer
gegenüber bestehenden Mitteilungspflicht nach § 73
Abs. 3 BRAO hat die Beklagte - wie der Anwaltsgerichtshof zutreffend
ausgeführt hat - mit dem Schreiben vom 28. März 2014
genügt. Die Mitteilungspflicht umfasst nicht die
Überlassung von anwaltsgerichtlichen Beschlüssen, die
in einem auf die Beschwerde des Klägers hin eingeleiteten
berufsrechtlichen Aufsichts- und Beschwerdeverfahren ergangen sind.
bb)
Die Überlassung solcher Beschlüsse ist auch nicht
unter dem Gesichtspunkt eines Rechts des Klägers auf Einsicht
in die Personalakte gerechtfertigt, die über den Rechtsanwalt,
über den er Beschwerde geführt hat, von der
Rechtsanwaltskammer geführt wird. Da die Personalakte der
Verschwiegenheitspflicht nach § 76 BRAO unterliegt, kommt ein
Einsichtsrecht Dritter nur in Betracht, wenn dafür eine
Ermächtigungsgrundlage besteht oder der Rechtsanwalt
einverstanden ist (Böhnlein aaO § 58 Rn. 17; Zuck aaO
§ 58 Rn. 15; Hartung-Scharmer, Berufs- und Fachanwaltsordnung,
5. Aufl., § 58 BRAO Rn. 23). Eine entsprechende
Ermächtigungsgrundlage besteht in Fällen der
vorliegenden Art - wie der Anwaltsgerichtshof zutreffend
ausgeführt hat - nicht (vgl. eingehend zum Akteneinsichtsrecht
für den Beschwerdeführer in
berufsaufsichtsrechtlichen Beschwerdeverfahren: Güldenzoph,
BRAK-Mitt. 2011, 4 ff.).
Auch soweit der
Kläger sein Begehren auf eine teilweise geschwärzte
Ablichtung des anwaltsgerichtlichen Beschlusses beschränkt,
besteht ein entsprechender Anspruch nicht. Die Überlassung
einer teilweise geschwärzten Ablichtung stellt ebenfalls eine
- teilweise - Gewährung von Einsicht in die Personalakte des
von dem Aufsichts- und Beschwerdeverfahren betroffenen Rechtsanwalts
dar. Auch ihr steht die Verschwiegenheitspflicht nach § 76
BRAO entgegen. Eine Schwärzung aller Textstellen eines
anwaltsgerichtlichen Beschlusses, die die "persönlichen
Belange” des Rechtsanwalts betreffen, gegen den das
Aufsichts- und Beschwerdeverfahren gerichtet ist, erscheint nicht
möglich.
III.
Die
Kostenentscheidung beruht auf § 112c Abs. 1 Satz 1 BRAO,
§ 154 Abs. 2 VwGO, die Streitwertfestsetzung auf §
194 Abs. 1 Satz 1 BRAO, § 52 Abs. 2 GKG.