AMTSGERICHT
WIESBADEN
IM NAMEN
DES VOLKES
URTEIL
In dem Rechtsstreit
Kläger,
Prozessbevollmächtigte:
Rechtsanwälte ...
gegen
Beklagter,
Prozessbevollmächtigte:
Rechtsanwälte ...
hat das Amtsgericht Wiesbaden am 08.08.2012
............................
für Recht erkannt:
I. Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 179,15
€ nebst
Zinsen in Höhe von 5%-Punkten über dem jeweiligen
Basiszinssatz seit dem 01.04.2012 und 3,45 € Auskunftskosten
zu
zahlen.
II. Die Kosten des Rechtsstreits werden dem Beklagten auferlegt.
III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand
Von der Darstellung des Tatbestandes wird gem. § 313a Abs. 1
ZPO abgesehen.
Gründe
Die Klage hat Erfolg. Sie ist zulässig und begründet.
Die Klage ist hinsichtlich der Hauptforderung begründet. Der
Kläger hat gegen den Beklagten einen Anspruch auf Zahlung von
179,15 € aus dem Anwaltsvertrag in Verbindung mit
§§
675, 611 BGB i.V.m. §§ 2 Abs. 2 S. 1, 14 Abs. 1, 34
Abs. 1 S.
3 RVG.
Zwischen den Parteien wurde ein Anwaltsvertrag geschlossen. Der
Beklagte hat den Kläger um anwaltliche Beratung ersucht, der
Kläger hat diesen Antrag angenommen, indem er die Beratung
durchführte, §§ 145 ff BGB. Es handelte sich
hierbei
auch um einen entgeltlichen Vertrag. Der Vertrag zwischen Anwalt und
Mandant ist regelmäßig ein Dienstvertrag im Sinne
der
§§ 611 ff. BGB, welcher eine entgeltliche
Geschäftsbesorgung im Sinne von § 675 BGB zum Inhalt
hat.
Dabei gilt nach § 612 Abs. 1 BGB eine Vergütung als
stillschweigend vereinbart, wenn die Geschäftsbesorgung den
Umständen nach nur gegen eine Vergütung zu erwarten
ist. Dies
ist bei anwaltlicher Tätigkeit grundsätzlich der
Fall, wie
bereits die Regelung in § 34 Abs. 1 S. 2 RVG zeigt, der u.a.
Regelungen zu den Gebühren für die anwaltliche
Erstberatung
enthält und wie es auch der Praxis entspricht.
Sollte sich der Beklagte über die Entgeltlichkeit der
anwaltlichen
Tätigkeit falsche Vorstellungen gemacht haben, ist dies
für
die Wirksamkeit des geschlossenen Vertrags und seine Zahlungspflicht
unbeachtlich.
Etwas anderes würde sich nur dann ergeben, wenn der Beklagte
vor
Vertragsschluss dem Kläger zu erkennen gegeben hätte,
dass er
von einer unentgeltlichen Beratung ausgehe und der Kläger sich
darauf eingelassen hätte. Für seine dahingehende
Behauptung
hat der Beklagte keinen zulässigen Beweis angeboten.
Seine Behauptung, er habe den zu Beginn des Gesprächs in der
Kanzlei erklärt, er sei finanziell nicht in der Lage, Kosten
zu
tragen, hat der Beklagte nicht unter Beweis gestellt.
Soweit der Beklagte weiter vorgetragen hat, er habe den Kläger
auf
seine prekäre wirtschaftliche Lage hingewiesen und
hierfür
Beweis durch Parteivernehmung des Beklagten angeboten hat, war dem
nicht nachzugehen. Denn die gemäß § 447 ZPO
hierfür notwendige Zustimmung des Klägers liegt nicht
vor.
Eine Vernehmung von Amts wegen gemäß § 448
ZPO kommt
nicht in Betracht, da keine Anhaltspunkte für die Richtigkeit
der
Behauptung des Beklagten sprechen.
Der vom Beklagten für seine weitere, ebenfalls streitige
Behauptung, es habe einen Erstkontakt mit dem Kläger per
Telefon
gegeben, bei dem der Beklagte klar und deutlich gesagt habe, er habe
keine finanziellen Möglichkeiten, Kosten zu tragen, angebotene
Beweis ist nicht zu erheben. Denn die vom Beklagten zu dem streitigen
Gespräch benannten Zeugen sollen das Telefongespräch
per
Lautsprecher mitgehört haben. Dass der Beklagte seinen
Gesprächspartner über diesen Umstand informiert und
dieser
damit einverstanden gewesen wäre, hat der Beklagte - trotz
Hinweises des Gerichts - nicht vorgetragen. Damit ist die
Beweiserhebung unzulässig, da sie in das von Art. 2 Abs. 1
i.V.m.
Art. 1 Abs. 1 GG geschützte allgemeine
Persönlichkeitsrechts
des Klägers eingreifen würde (vgl. hierzu und zum
folgenden
BVerfG, Beschluss vom 9.10.2002, Az.: 1 BvR 1611/96 und 1 BvR 805/98).
Dieses umfasst den Schutz der Möglichkeit, sich auf den
jeweiligen
Kommunikationspartner einzustellen und zu entscheiden, ob der Inhalt
eines Gesprächs allein dem Gesprächspartner oder
einem
weiteren Personenkreis zugänglich sein soll. Diese
Möglichkeit wird einem Gesprächsteilnehmer genommen,
der bei
einem Telefonat nicht darüber informiert wird, dass bei seinem
Gesprächspartner der Lautsprecher des Telefons eingeschaltet
ist
und weitere Personen mithören. Gründe, die einen
Eingriff in
das Persönlichkeitsrecht des Klägers rechtfertigen
könnten, sind nicht vorgetragen und auch nicht ersichtlich.
Schließlich kann der Beklagte gegen seine Zahlungspflicht
auch
nicht einwenden, der Kläger habe ihn darüber
aufklären
müssen, dass die anwaltliche Erstberatung entgeltpflichtig
sei.
Eine solche Hinweispflicht besteht nicht allgemein, sondern nur dann,
wenn der Mandant für den Anwalt erkennbar davon ausgeht, nicht
zahlen zu müssen, etwa weil er zu Beginn der Beratung deutlich
macht, keine Kosten übernehmen zu können. Dass der
Beklagte
dies deutlich gemacht hat, ist, wie bereits ausgeführt, nicht
bewiesen. Die aus § 49b Abs. 5 BRAO folgende Hinweispflicht
gilt
nicht für die Erstberatungsgebühr, da es sich die
Erstberatungsgebühr nicht nach dem Gegenstandswert richtet.
Die Klage ist auch hinsichtlich der Nebenforderungen begründet.
Der Anspruch auf Prozesszinsen folgt aus § 291 BGB.
Die Kosten für die Auskunft aus dem Schuldnerregister in
Höhe
von 3,45 € sind als außergerichtliche
Rechtsverfolgungskosten nach §§ 280 Abs. 1 und Abs.
2, 286
BGB als Verzugsschaden zu ersetzen.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO. Die Entscheidung
zur
vorläufigen Vollstreckbarkeit ergibt sich aus
§§ 708 Nr.
11, 713 ZPO.
Unterschrift