ich
schlag dich tot
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Aktenzeichen
355 Js 15271/12 1 Ds jug
09.07.2012
AMTSGERICHT
RUDOLSTADT
BESCHLUSS
Tenor
Die
Eröffnung des Hauptverfahrens wird abgelehnt.
Die
Kosten des Verfahrens und die notwendigen Auslagen des Angeschuldigten
trägt die Staatskasse.
Gründe
I.
Die Staatsanwaltschaft hat gegen den Angeschuldigten am 21.05.2012
Anklage wegen eines Vergehens der Bedrohung erhoben. Dem
Angeschuldigten wird aufgrund der Ermittlungen der Staatsanwaltschaft
folgender Sachverhalt zur Last gelegt: Nachdem es am 02.01.2012 gegen
19.15 Uhr während eines Telefongesprächs zwischen dem
Angeschuldigten und seiner Mutter zu einem
Mißverständnis gekommen war und diese das
Gespräch deshalb abrupt beendet hatte, warf der Angeschuldigte
in dem Pädagogium ... in B. B. der 51jährigen
Erzieherin S. W., der er die Schuld für das entstandene
Mißverständnis gab, in momentaner Erregung den
Telefonhörer vor die Füße, behauptete
wutentbrannt, die Erzieherin habe seiner Mutter "Scheiße
erzählt", fuchtelte mit der Faust vor ihrem Gesicht herum und
schrie: "Ich schlag´ Dich tot!".
II.
Die Eröffnung des Hauptverfahrens war aus rechtlichen
Gründen abzulehnen, weil der Sachverhalt keinen
Straftatbestand erfüllt.
Der
Bedrohung gemäß § 241 Abs. 1 StGB, welcher
dem Schutz des individuellen Rechtsfriedens, das heißt dem
Vertrauen des Einzelnen auf seine durch das Recht
gewährleistete Sicherheit dient (vgl. statt aller LPK
StGB-Kindhäuser, 4. Aufl., § 241 Rn. 1), macht sich
schuldig, wer einen anderen mit der Begehung eines gegen ihn
gerichteten Verbrechens bedroht. Dazu ist es zwar weder erforderlich,
daß das Opfer die Bedrohung tatsächlich ernst nimmt
noch daß der Täter die Drohung verwirklichen kann
oder will (vgl. Fischer, StGB, 59. Aufl., § 241 Rn. 3 a).
Selbst aus Tätersicht "leere" Drohungen können daher
den Tatbestand des § 241 StGB erfüllen.
Unerläßlich
für die objektive Tatseite ist jedoch, daß die
Tathandlung nach Art und Umständen objektiv geeignet ist, bei
einem "normal" empfindenden Menschen den Eindruck der Ernstlichkeit der
Ankündigung zu erwecken (S/S-Eser/Eisele, StGB, 28. Aufl.,
§ 241 Rn. 2; NK StGB-Toepel, 3. Aufl., § 241 Rn. 10).
Wegen dieses objektiven Maßstabs werden all die
Ankündigungen aus dem Deliktsbereich ausgeschlossen, die nicht
als objektiv ernst zu nehmende Bedrohung mit einem Verbrechen angesehen
werden können, selbst wenn der Bedrohte sich davon hat
beeindrucken lassen (MK StGB-Gropp/Sinn, § 241 Rn. 4).
Insoweit ist eine sorgfältige Auswertung der Umstände
des Einzelfalls notwendig. Dem Tatbestand unterfallen demzufolge nicht
Handlungen und Äußerungen, die zwar nach dem
äußeren Erscheinungsbild eine "Verbrechensandrohung"
zu enthalten scheinen, die aber nach ihrer konkreten Erscheinungsform
und den individuellen Gegebenheiten unter besonderer
Berücksichtigung der handelnden Personen nicht die Besorgnis
zu rechtfertigen vermögen, daß ein "normal"
empfindender Mensch durch sie ernstlich beunruhigt und die
Ankündigung von ihm als rechtsfriedensstörend
empfunden werden könnte (AG Saalfeld, NStZ-RR 2004, 264;
LK-Träger/Schluckebier, StGB, 11. Aufl., § 241 Rn.
10; SK StGB-Horn/Wolters, 7. Aufl., § 241 Rn. 4; Eisele,
Strafrecht Besonderer Teil I, 2. Aufl., Rn. 505), weshalb auch ein in
momentaner Erregung angekündigtes "Totschlagen" nicht
unbedingt genügt (HK GS-Rössner/Otto, 2. Aufl.,
§ 241 Rn. 5; AnwK StGB-Küpper, § 241 Rn. 3).
So
liegen die Dinge aber hier. Unter Berücksichtigung des
Gesamtgeschehens und des Umfeldes, der Eigenart der beteiligten
Personen, der zwischen ihnen bestehenden Beziehung sowie des Anlasses
der erfolgten Äußerung stellt die in momentaner
Erregung ausgesprochene Drohung mit Totschlagen nach den gesamten
Umständen des Falles nur eine prahlerische,
großmäulige Redensart dar, die augenblicklicher
Ausdruck des Zorns und des Unwillens des Angeschuldigten nach einem
vorausgegangenen, nach seiner Einschätzung unerquicklich
verlaufenen Ferngespräch mit seiner Mutter war und aus der
Sicht eines objektiven Durchschnittsbeobachters nicht den Eindruck der
Ernstlichkeit zu vermitteln vermochte, so daß die von ihm
geäußerte Drohung, von welcher Angebereien,
emotionale Entgleisungen und situationsbedingt ausgestoßene
Beschimpfungen und Verwünschungen, durch die sich der
Betroffene mehr belästigt als "bedroht" fühlen
sollte, zu unterscheiden sind (vgl. BGH, NJW 1953, 1440, 1441;
Küper, JuS 1996, 783, 789), unter den gegebenen
Umständen nicht als ernstlich gemeinte Inaussichtstellung
einer Verbrechensverübung erscheint. Bei der sonach bereits
nach der Art der Vornahme zu einer Störung des individuellen
Rechtsfriedens ungeeigneten Handlung des Angeschuldigten handelt es
sich vielmehr um jugendtümliche Groß- und
Wichtigtuerei, die jugendlichem Übermut und somit den
Antriebskräften der Entwicklung entsprang, und nicht um
kriminelles Unrecht, so daß dem Geschehen hier von vornherein
jegliche tatbestandliche Relevanz im Sinne des § 241 Abs. 1
StGB abzusprechen ist.
Weil
die Tathandlung des Angeschuldigten bereits den objektiven Tatbestand
des § 241 Abs. 1 StGB nicht erfüllt, braucht nicht
weiter erörtert zu werden, ob der Angeschuldigte, was sich
angesichts der Besonderheiten des Falles nicht von selbst versteht, das
Bewußtsein hatte, es könne die ausgesprochene
Drohung von der Bedrohten als (möglicherweise) ernstlich
verstanden und bei ihr die Befürchtung eines gegen sie
geplanten Verbrechens erregt werden (vgl. dazu OLG Schleswig bei
Lorenzen, SchlHA 1987, 105, 106; Lackner/Kühl, StGB, 27.
Aufl., § 241 Rn. 3).
III.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 467 Abs. 1 StPO.