Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
Amtsgericht
Ingolstadt
IM
NAMEN DES VOLKES
URTEIL
In
dem Rechtsstreit
[…]
Verfügungskläger
Prozessbevollmächtigter:
Rechtsanwalt […]
gegen
[…]
Verfügungsbeklagter
Prozessbevollmächtigter:
Rechtsanwalt [...],
wegen einstweiliger Verfügung erlässt das Amtsgericht
Ingolstadt durch […] am 03.02 2009 auf Grund der
mündiichen Verhandlung vom 09.01.2009 folgendes Endurteil:
1.
Im Wege der einstweiligen Verfügung wird der
Verfügungsbeklagten untersagt, Bilder, die den
Verfügungskläger zeigen, auf Webseiten im Internet
zugänglich zu machen oder zu verbreiten, soweit nicht eine
Einwilligung des Verfügungsklägers vorliegt.
2.
Der Verfügungsbeklagten wird angedroht, dass für
jeden Fall der
Zuwiderhandlung gegen die unter Ziffer I ausgesprochene Verpflichtung
ein Ordnungsgeld von 250.000,00 EUR und für den Fall,
dass dieses nicht beigetrieben werden kann, Ordnungshaft bis zu 6
Monaten festgesetzt werden kann.
3.
Die Verfügungsbeklagte trägt die Kosten des
Verfahrens.
Tatbestand
Die
Parteien führen Streit Ober die Verbreitung von Bildern des
Verfügungsklägers im Internet. Die
Verfügungsbeklagte betreibt eine Webseite unter "..............de"
bzw. "http://www...............de".
Der
Verfügungskläger besuchte am 14.11.2008 die
Veranstaltung "Popparty“ im „Match Club“
München. Neuhauser Str. 47.
Dabei
wurden vom Verfügungskläger mehrere Fotos gefertigt,
die ihn zusammen mit einem Bekannten zeigen.
Hinsichtlich
der Einzelheiten der gegenständlichen Fotos wird im
übrigen auf BL 32 - 34 d. Akte Bezug genommen.
Die
betreffenden Fotos wurden auf der Webseite der
Verfügungsbeklagten in der Folgezeit veröffentlicht.
Mit
anwaltlichem Schreiben vom 01.12.2008 forderte der
Verfügungskläger die Verfügungsbeklagte auf,
die betreffenden Bilder Nr. 2619380, 2619377 und 2619375 bis
spätestens 08.12.2008 von ihrer Webseite zu entfernen und die
Originale zu vernichten bzw. zu löschen.
Ferner
forderte der Verfügungskläger die
Verfügungsbeklagte auf, eine strafbewährte
Unterlassungserklärung innerhalb der oben genannten Frist
abzugeben.
Darüber
hinaus verlangte der Verfügungskläger von der
Verfügungsbeklagten die Erstattung anwaltlicher Kosten in
Höhe von 402,82 EUR.
Hinsichtlich
der Einzelheiten des anwaltlichen Schreibens des
Verfügungskläger 01.12.2008 wird im übrigen
auf BI. 12 ff. d. Akte vollinhaltlich Bezug genommen.
Die
Verfügungsbeklagte entfernte daraufhin die Bilder des
Verfügungsklägers von ihrer Webseite lehnte jedoch
die vom Verfügungskläger begehrte
Unterlassungserklärung ab. Sie erklärte hierzu, dass
die Entfernung der Fotographien von der Webseite der
Verfügungsbeklagten ohne Anerkennung einer Rechtspflicht
lediglich aus Kulanz erfolge und dass im übrigen die
Veröffentlichung der Fotographien
rechtmäßig sei.
Der
Verfügungskläger macht geltend, dass er weder vor
noch nach Anfertigung der Fotos anlässlich des Besuchs der
genannten Veranstaltung am 14.11.2008 befragt worden sei, ob er mit der
Anfertigung und Veröffentlichung der Bilder einverstanden ist.
Er habe nicht bemerkt, dass er fotografiert wurde; die Bilder seien
schließlich ohne sein Wissen auf der Webseite der
Verfügungsbeklagten veröffentlicht worden. Er sei
erstmals Ende November 2008 von Bekannten auf die betreffenden Fotos
angesprochen worden.
Die
Veröffentlichung der vorgelegten Bilder sei rechtswidrig.
Bereits die Herstellung eines Bildes ohne seine Einwilligung sei
grundsätzlich rechtswidrig, des weiteren sei die Anfertigung
der Bilder wie auch die Veröffentlichung derselben ohne seine
Einwilligung rechtswidrig.
Durch
die Veröffentlichung der Bilder sei er in seinem Recht an
eigenen Bild verletzt worden. Die Bilder seien in einem Freizeitumfeld
erstellt worden. Er habe nicht damit rechnen müssen, dass die
Bilder ohne seine Einwilligung in der Diskothek erstellt und
anschließend auf einer Webseite der
Verfügungsbeklagten im Internet veröffentlicht
werden.
Im
vorliegenden Fall lägen auch keine Fotographien "in die Menge
hinein" vor. Der Verfügungskläger stehe vielmehr im
zentralen Focus der Bilder. Die Anfertigung der Bilder sei auch nicht
vom Hausrecht der Diskothek bzw. der die Diskothek betreibenden Anne
gedeckt. Es könne dahingestellt bleiben, ob die Hausordnung
der betreffenden Firma, deren Ort und Wortlaut dem
Verfügungskläger zudem unbekannt sei,
tatsächlich eine entsprechende Zustimmung hinsichtlich der
Erstellung von Lichtbildern und Fotos enthalte. Entsprechende AGB-
Klauseln, die vorbehaltlos die Anfertigung und anschließende
Veröffentlichung von Bildern der Besucher der betreffenden
Veranstaltung ohne deren Einwilligung vorsehen, seien
überraschend und könnten bereits aus diesem Grund
nicht wirksamer Bestandteil der vertraglichen Beziehung zwischen dem
Verfügungskläger als Besucher der Veranstaltung und
dem Veranstalter sein.
Die
Verfügungsbeklagte handle im Hinblick auf die eingetretene
Rechtsverletzung als Störer.
Es
könne dabei dahingestellt bleiben, ob die Bilder von der
Daylight GmbH oder der Verfügungsbeklagten gefertigt wurden
Ein entsprechender Unterlassungsanspruch bestehe unmittelbar
gegenüber der Verfügungsbeklagten. Sie habe
spätestens aufgrund des anwaltlichen Schreibens des
Verfügungskläger vorn 01.12.2008 Kenntnis davon
erlangt, dass die Veröffentlichung der betreffenden Bilder
rechtswidrig war.
Ein
starfbewährte Unterlassungserklärung habe die
Verfügungsbeklagte nicht abgegeben. Sie berühme sich
des Rechts, die gegenständlichen Bilder des
Verfügungsklägers jederzeit dessen Einwilligung und
Einverständnis im Internet veröffentlichen und
verbreiten zu dürfen bestehe Wiederholungsgefahr
.
Hinsichtlich
der Einzelheiten des Vorbringens des
Verfügungsklägers wird im übrigen auf die
Schriftsätze des Verfügungsklägers vorn
18.12.2008 und vom 27.01.2009 sowie auf die eidesstattliche
Versicherung des Verfügungsklägers vom 16.12.2008
Bezug genommen.
Der
Verfügungskläger beantragt demnach, wie folgt zu
erkennen:
1.
Der Antragsgegnerin wird untersagt, Bilder, die den Antragsteller
zeigen, auf Webseiten im Internet zugänglich zu machen oder zu
verbreiten, soweit nicht eine Einwilligung des Antragsteilers vorliegt.
2.
Der Antragsgegner wird angedroht, dass für jeden Fall der
Zuwiderhandlung gegen die unter Ziffer 1 ausgesprochene Verpflichtung
ein Ordnungsgeld
von 250.000,00 EUR und für den Fall, dass
dieses nicht beigetrieben werden kann, Ordnungshaft bis zu sechs
Monaten festgesetzt werden kann.
3.
Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Verfahrens.
Die
Verfügungsbeklagte beantragt, den Antrag des
Verfügungskläger auf Erlass einer einstweiligen
Verfügung zurückzuweisen.
Die
Verfügungsbeklagte macht geltend, dass sie das in Deutschland
führende Internetportal mit dem Themenschwerpunkt "Nightlife"
unter "AWN...............de" betreibe. Zur Berichterstattung
gehöre seit
über Jahren hinweg die Bildberichterstattung mit Fotos aus
verschienen Diskotheken in Deutschland von der letzten Nacht mit der
Einführung von Digitalkameras sei es üblich geworden,
dass in Diskotheken fotografiert wird, sowohl von Seiten von
Presseorgan wie auch Privatpersonen. Diese Fotos würden auf
einer Vielzahl von Portalen wie dem der Verfügungsbeklagten
veröffentlicht. Es gebe kaum eine öffentliche Party
in München, auf der nicht fotografiert werde. Damit
müsse jeder Partygast rechnen. Die Fotographen würden
dabei nicht heimlich auftreten, sie fotografierten gerade im Hinblick
darauf, Aufmerksamkeit für ihr Medium zu wecken und mit den
abgelichteten Personen zu interagieren.
Die
Fotographen der Verfügungsbeklagten seien angehalten, den
abgelichteten Personen eine sogenannte Hand-Out Karte mit einem Hinweis
auf die Veröffentlichung im Internetportal der
Verfügungsbeklagten zu übergeben; zudem
würden die Fotographen im Hinblick auf die mit der Erstellung
von Fotographien verbundenen Rechte und Pflichten sowie die
Persönlichkeitsrechte der abgebildeten Personen geschult. Sie
würden von der Verfügungsbeklagten verpflichtet, um
Zustimmung nach § 22 KUG zu fragen und auf die
Veröffentlichung der Lichtbilder hinzuweisen.
Die
gegenständlichen Fotos seien am 14.11.2008 von Mitarbeitern
der Diskothek "Match-Club" erstellt und in der Plattform der
Verfügungsbeklagten veröffentlicht worden.
Mit
Nichtwissen werden bestritten, dass der Antragsteller auf den Fotos,
die von ihm vorgelegt wurden, abgelichtet wurde. Ferner werde mit
Nichtwissen bestritten, dass die Bilder ohne Wissen und Einwilligung
des Verfügungsklägers erstellt wurden, aufgrund der
Lichtverhältnisse handle es sich in der Regel um
Blitzlichtbilder; der Verfügungskläger müsse
erkannt haben, dass er von Fotographen in der k fotografiert wird. Bei
den Fotos handle es sich zudem nicht um Porträtaufnahmen,
sondern um Fotografien "in die Menge hinein".
Die
Diskothek "Match-Club" habe zudem einen Hinweis in ihrer Hausordnung,
wonach jeder Gast mit dem Betreten des Clubs darin einwillige,
fotografiert zu werden. Die Diskothek "Match -Club" sei ein sogenannter
Raucherclub. Im Formular zum Raucherclub, das jeder Gast vor dem
Eintritt zu unterzeichnen habe, werde ausdrücklich auf das
Fotografieren im Club und die Erteilung der Einwilligung zum Anfertigen
der Fotos hingewiesen.
Mangels
Dringlichkeit liege zudem kein Verfügungsgrund seitens des
Verfügungsklägers vor.
Der
vermeintliche Verstoß erfolgte aufgrund von Fotografien, die
am 14.12.008 angefertigt wurden. Die Eilbedürftigkeit sei nur
dann gewahrt, wenn der Verfügungsantrag innerhalb einer Frist
von 4 Wochen ab Erlangung der Kenntnis von dem Verstoß
gestellt wird. Der vermeintliche Rechtsverstoß liege
länger als 4 Wochen zurück. Der
Verfügungskläger habe die Dringlichkeit nicht
substantiiert glaubhaft gemacht.
Eine
Einwilligung in die Anfertigung der Fotos sei zu dem nicht zwingend
erforderlich gewesen.
Bei
den Bildern handle es sich um Bildnisse aus dem Bereich der
Zeitgeschichte; dieser Begriff sei im weitesten Sinne zu verstehen.
Zudem bedürfe es bei einer Fotographie keiner Einwilligung,
wenn es sich um Bilder von Versammlungen und Aufzügen und
ähnlichen Vorgängen, an denen die dargestellten
Personen teilgenommen haben, handle. Die Bilder seien in einer
öffentlichen Diskothek erstellt worden. Zudem sei bei den
Bildnissen des Ausnahmetatbestandes des
§ 23 Abs. 2 KUG eine Interessenabwägung vorzunehmen.
Es sei zu prüfen, ob berechtigte Interessen der abgelichteten
Person gegen eine Veröffentlichung sprächen.
Der
Verfügungskläger habe sich bewusst in der
Öffentlichkeit in eine Diskothek begeben und damit rechen
müssen, fotografiert zu werden. Zudem handle es sich nicht um
ein Porträtfoto, sondern ein Foto "in die Menge" hinein.
Der
Verfügungskläger hat zudem zumindest konkludent seine
Einwilligung in die Ablichtung erteilt. Es sei üblich und
anerkannt, die Einwilligung nach § 22 KUG auch in allgemeinen
Geschäftsbedingungen zu regeln. Eine derartige Klausel sei
beim Besuch einer Diskothek nicht überraschend. Der
Verfügungskläger habe sich in eine Diskothek und
damit bewusst in die Öffentlichkeit begeben. Das Fotografieren
in Diskotheken sei zwischenzeitlich üblich geworden. Der
Betreiber der Diskothek habe zudem das dem Hausrecht immanente Recht
gehabt, den Zutritt zu seiner Diskothek zu beschränken oder
von bestimmten Anforderungen, wie der Einwilligung nach § 22
KUG, abhängig zu machen.
Die
Verfügungsbeklagte habe zudem alles erforderliche unternommen,
um kein Persönlichkeitsrecht des
Verfügungskläger durch Veröffentlichen der
Fotographien zu verletzen. Sie habe den Diskothekenbetreiber
ausdrücklich gebeten, auf die Veröffentlichung der
gefertigten Bader im Internet hinzuweisen.
Hinsichtlich
des Vorbringens der Parteien im einzelnen wird im übrigen auf
die gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
1.
Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung ist
zulässig und begründet.
Der
Verfügungskläger hat gegenüber der
Verfügungsbeklagten einen Anspruch auf Untersagung der
Verbreitung und Zugänglichmachung seiner Bilder auf von der
Verfügungsbeklagten unterhaltenen Webseiten im Internet,
soweit nicht eine entsprechende Einwilligung des
Verfügungsklägers vorliegt.
Der
Verfügungskläger hat dargetan und glaubhaft gemacht,
dass die Verfügungsbeklagte im November 2008 ohne seine
Einwilligung Bilder des Verfügungsklägers unter der
Webseite "http://www...............de"
eingestellt und öffentlich
zugänglich gemacht hat.
Der Verfügungskläger hat die in Rede stehenden Bader
aus dem Internet unter der oben genannten Webseite heruntergeladen und
dem Gericht vorgelegt.
Die
Bider zeigen den Verfügungskläger auf der
Tanzfläche der von ihm besuchten Diskothek, wobei die Person
des Verfügungsklägers gut erkennbar im Vordergrund
des Bildes positioniert ist.
Gemäß
§ 22 KUG dürfen Bildnisse nur mit Einwilligung des
Abgebildeten verbreitet oder öffentlich zur Schau gestellt
werden, wobei ein Einwilligung im Zweifel als erteilt gilt, wenn der
Abgebildete dafür, dass er sich abbilden lässt, eine
Entlohnung erhält. Im konkreten Fall handelt es sich um gut
erkennbare, die individuellen Gesichtszüge des
Verfügungsklägers wiedergebende Fotos, die in das
Internet eingestellt wurden. Im übrigen wurde zwar, was den
Randbereich der Bilder anbelangt, eine Aufnahme in die Masse der
Diskothekenbesucher hinein gefertigt. Der
Verfügungsklägers ist jedoch auf den besagten Fotos
im Vordergrund hervorgehoben eindeutig erkennbar und identifizierbar.
Die
Verfügungsbeklagte hat eine vom
Verfügungskläger erteilte Einwilligung in die
Anfertigung und Veröffentlichung der Bilder nicht dargetan.
Die Verfügungsbeklagte konnte insbesondere nicht konkret
darlegen, dass der Verfügungskläger eine
entsprechende Clubmitgliedschaftsvereinbarung unterzeichnet und
insoweit eine Einwilligung in die Anfertigung und
Veröffentlichung entsprechender Bilder innerhalb der besuchten
Diskothek erteilt hat, bzw. sich einer entsprechenden, dieses
Einverständnis voraussetzenden Hausordnung unterworfen hat.
Ein
konkludentes Einverständnis seitens des
Verfügungsklägers in diesem Sinne ist ebenfalls nicht
ersichtlich.
Der
Besuch der
Diskothek "Match-Club" per se beinhaltet kein Einverständnis
in
die Anfertigung und Veröffentlichung des eigenen Bildnisses,
auch
wenn in derartigen Lokalen heute üblicherweise entsprechende
Fotographien gefertigt und zu Werbezwecken im Internet
veröffentlicht werden.
Ein
Fall, wonach
die Einwilligung i.S.d. § 22 KUG entbehrlich ist, ist unter
den
konkreten Umständen zu verneinen (§ 23 KUG).
Die
gegenständlichen Bildnisse sind weder dem Bereich der
Zeitgeschichte zuzuordnen, noch fungiert der
Verfügungskläger
lediglich als Beiwerk oder Teilnehmer einer Versammlung oder eines
Aufzuges.
Der
Umstand,
dass die Verfügungsbeklagte auf Aufforderung des
Verfügungsklägers lediglich ohne Anerkennung einer
Rechtspflicht die Bilder aus der Webseite entfernt hat und zu
weitergehenden Unterlassungserklärungen nicht bereit war,
rechtfertigt allein die Besorgnis künftiger weiterer
Rechtsverletzungen zu Lasten des Verfügungsklägers.
Zur
Abwendung
der aufgrund der Veröffentlichung und Verbreitung der Bilder
des
Verfügungsklägers folgenden wesentlichen Nachteile
ist der
Erlass einer einstweiligen Verfügung geboten (§ 940
ZPO).
Die
Eilbedürftigkeit ergibt sich aus der Notwendigkeit,
künftige
Veröffentlichungen und Verbreitungen von Bildern des
Verfügungsklägers umgehend zu verhindern.