In dem
Rechtsstreit
DigiProtect Gesellschaft zum Schutze
digitaler Medien mbH, vertr.d.d. (…)
-
Klägerin -
Prozessbevollmächtigte/r:
Rechtsanwalt Dr. Udo Kornmeier (…)
gegen
-
Beklagter -
(…)
Prozessbevollmächtigter:
(…)
Tenor:
1.
Das Versäumnisurteil des Amtsgerichts Frankfurt am Main vom
09.11.209, Aktenzeichen 31 C 1078/09 - 78 wird aufrechterhalten,
insoweit der Beklagte zur Zahlung von EUR 150,00 zzgl. Zinsen in
Höhe von 5%-Punkten über dem jeweils
gültigen Basiszinssatz seit dem 29.05.2009 verurteilt wurde.
2.
Im Übrigen wird das Versäumnisurteil aufgehoben und
die Klägerin mit der Klage abgewiesen.
3.
Die Kosten des Rechtsstreits haben die Klägerin zu 81 % und
der Beklagte zu 19% zu tragen.
4.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf die
Vollstreckung aus dem Versäumnisurteil und diesem Urteil durch
Sicherheitsleistung in Höhe von 120% des vollstreckbaren
Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der
Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120% des jeweils zu
vollstreckenden Betrages leistet. Die Klägerin darf die
Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120% des
für den Beklagten vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn
nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe
von 120% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
5.
Der Streitwert des Rechtsstreits wird auf EUR 801,80 festgesetzt.
Tatbestand
Die
Klägerin begehrt Schadensersatz wegen Urheberrechtsverletzung
sowie Ersatz von außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten.
Die
Klägerin macht Ansprüche aus dem
ausschließlichen Recht die Tonaufnahme "Guru Josh - Infinity
2008" über dezentrale Computernetze auszuwerten und in solchen
öffentlich zugänglich zu machen, geltend.
Am
24.11.2008 um 22:04:17 Uhr (MESZ) wurde über den
Internetanschluss des Beklagten diese, Tonaufnahme anderen Teilnehmer
einer Tauschbörse zum Download angeboten.
Mit
Schreiben vom 04.12.2008 machte die Klägerin urheberrechtliche
Unterlassungsansprüche gegen den Beklagten geltend, forderte
ihn zur Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung auf
und gab ihm unter Fristsetzung bis zum 18.12.2008 die
Möglichkeit, durch Zahlung von EUR 450,00 sämtliche
Schadensersatz- sowie Kostenerstattungsansprüche der
Klägerin abzugelten, wobei sie ausführte, dass
für dieses Abmahnschreiben die Anwaltskosten
nach dem RVG an
sich EUR 651,80 betragen.
Eine
Zahlung durch den Beklagten erfolgte nicht.
Die
Klägerin hat mit ihren Bevollmächtigten einen
Beratungsvertrag abgeschlossen, im Rahmen dessen nach Aufwand
abgerechnet wird. Im Rahmen dieses Vertrages werden die
außergerichtlichen Abmahnungen vorgenommen, bei denen
gleichzeitig ein Vergleichsangebot entsprechend der oben beschriebenen
Form unterbreitet wird. In dem Fall, dass dieses Vergleichsangebot von
der Gegenseite nicht angenommen wird, berichtigen die Bevollmachtigten
dieses an die Klägerin. In einigen Fällen entscheidet
sich die Klägerin sodann zur Klageerhebung. In diesen
Fällen beauftragt die Klägerin ihre
Bevollmächtigten Rechtsanwaltskosten gemäß
einer 1,3 RVG-Gebühr aus einem Streitwert von EUR 10.000,00
einzuklagen. Über diese Gebühr wird sodann der
Klägerin eine Rechnung erstellt.
Die
Klägerin behauptet, dass ihr ein Schaden an
außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten in Höhe von
EUR 651,80 entstanden sei. Ihre Bevollmächtigten
hätten eine entsprechende Vergütung in Rechnung
gestellt und diese Rechnung sei von der Klägerin auch bezahlt
worden. Die Klägerin erachtet des Weiteren einen
Schadensersatz in Höhe von EUR 150,00 nach § 97 Abs.
2 UrhG für angemessen.
Die
Klage ist dem Beklagten am 25.08.2009 zugestellt worden.
Im
Termin am 09.11.2009 hat die Klägerin gegen den Beklagten ein
Versäumnisurteil (Blatt 133 d.A.) erwirkt, welches diesem am
16.11.2009 zugestellt wurde. Dagegen hat der Beklagte am 30.11.2009
Einspruch eingelegt.
Die
Klägerin beantragt,
das
Versäumnisurteil vom 09.11.2009 aufrechtzuerhalten.
Der
Beklagte beantragt,
das
Versäumnisurteil vom 09.11.2009 aufzuheben und die Klage
abzuweisen.
Der
Beklagte behauptet, die streitgegenständliche Tonaufnahme
nicht anderen zum Download angeboten zu haben. Er behauptet, dass er am
24.10.2008 eine Feier veranstaltet habe und vermutet, dass hierbei auch
anwesende Kinder die Tonaufnahme über seinen Anschluss
angeboten haben. Er bestreitet, dass der Klägerin ein Schaden
in Höhe einer 1,3 RVG-Gebühr aus einem Streitwert von
EUR 10.000,00 entstanden sei. Er ist der Ansicht, dass nur aus der
Ursprungsvereinbarung der Klägerin mit ihren
Bevollmächtigten etwaig ein Schadensersatz berechnet werden
könne.
Der
Beklagtenvertreter hat den Termin am 09.11.2009 aufgrund eines
Verkehrsstaus um ca. 20 Minuten verspätet erreicht. Er ist bei
einer normalen Fahrzeit von 4h 10 min ca. 5 Stunden vorher losgefahren
und hat vor Terminsbeginn ergebnislos versucht, die
Geschäftsstelle des Gerichts über seine
Verspätung zu informieren.
Zur
Ergänzung des Tatbestandes wird Bezug genommen auf alle
Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen und sonstigen
Aktenbestandteile.
Gründe
Der
Einspruch ist zulässig, insbesondere form- und fristgerecht
eingelegt.
In
der Sache hat der Einspruch teilweise Erfolg.
I.
Die
örtliche Zuständigkeit des Amtsgerichts Frankfurt am
Main ergibt sich aus §32 ZPO. Danach ist das Gericht
zuständig, in dessen Bezirk die beanstandete Handlung begangen
worden ist. Dies ist hier der Ort, an dem auch nur eines der
spezifischen Tatbestandsmerkmale des Deliktes verwirklicht worden ist,
also nicht nur der Begehungsort, sondern auch der Erfolgsort (vgl
Zöller/Vollkommer, ZPO, 26. Auflage, §32 Rn 16; LG
München I, Urteil vom 10.01.2007, 21 O 20028/05, zit. nach
juris). Da die ins Internet gestellte Tonaufnahme auch in Frankfurt
aufgerufen werden konnte, war das Amtsgericht Frankfurt hier
örtlich zuständig.
Der
Klägerin steht gegen den Beklagten Schadensersatzanspruch aus
§ 97 Abs. 2 UrhG wegen entgangener Lizenzgebühren in
Höhe von EUR 150,00 zu.
Es
ist davon auszugehen, dass der Beklagte die Urheberrechtsverletzung
begangen hat. Die vom Beklagten vorgetragenen Einwendungen gegen den
klägerischen Vortrag sind nicht geeignet, den
klägerischen Anspruch zu Fall zu bringen. Das Bestreiten eines
persönlichen Anbietens der Tonaufnahme durch den Beklagten ist
unsubstantiiert und nicht ausreichend. Zwar trifft die Darlegungs- und
Beweislast für alle anspruchsbegründenden Merkmale in
§97 Abs. 2 UrhG den Anspruchsteller, hier also die
Klägerin. Allerdings trifft den Anspruchsgegner eine
sekundäre Darlegungslast. Als solche wird die Last einer
Gegenpartei bezeichnet, sich im Rahmen der ihn nach §138 Abs.2
ZPO obliegenden Erklärungspflicht zu den Behauptungen der
darlegungspflichtigen Partei zu äußern. Eine solche
sekundäre Darlegungslast kann insbesondere dann angenommen
werden, wenn sich die maßgeblichen Vorgänge im
Wahrnehmungsbereich des Prozessgegners abgespielt haben (vgl. BGHZ 100,
190 [196]; BGH, NJW 1999,714 [715]).
Die
Klägerin kann vorliegend keine konkrete Kenntnis davon haben,
wer den Internetanschluss des Beklagten im ermittelten Zeitpunkt
tatsächlich genutzt hat.
Nach
diesen Maßstäben ist das Bestreiten des Beklagten,
er habe die Datei nicht persönlich angeboten unzureichend.
Der
Beklagte trägt die sekundäre Darlegungslast zur
Angabe der Person, welche in unberechtigter Weise auf seinen
Internetanschluss zugegriffen hat bzw. eine
Zugriffsmöglichkeit hatte (vgl. OLG Frankfurt, Beschluss vom
20.12.2007, Az.: 11 W 58/07, zu finden in juris). Dieser Darlegungslast
ist der Beklagte nicht nachgekommen. Die pauschale Behauptung, dass
Dritte Personen am Tatzeitpunkt Zugriff auf den Internetanschluss
hatten, ist unsubstantiiert und eine konkrete Benennung bzw. ein
Beweisangebot liegt mit der Benennung von Zeugen N.N. nicht vor.
Nachdem
der Beklagte hierauf von der Klägerin umfassend unter
Bezugnahme auf Rechtsprechungshinweise hingewiesen wurde, bedurfte es
insoweit keines weiteren Hinweises des Gerichts. Die Klägerin
kann den Ersatzanspruch nach den Grundsätzen der
Lizenzanalogie berechnen. Hiernach steht der Klägerin eine
angemessene Lizenzvergütung in der Höhe zu, die
vernünftige Parteien bei Abschluss eines fiktiven
Lizenzvertrages in Kenntnis der wahren Rechtslage und der konkreten
Umstände des Einzelfalles als angemessene
Lizenzgebühr vereinbart hätten.
Das
Gericht erachtet eine Lizenzgebühr in Höhe von EUR
150,00 für angemessen (§ 287 ZPO).
Der
sich hierauf beziehende Zinsanspruch der Klägerin beruht auf
den §§ 288, 290 BGB.
Ein
weitergehender Anspruch der Klägerin auf Ersatz
außergerichtlicher Rechtsanwaltskosten ist nicht gegeben. Es
kann insoweit dahinstehen, ob die Klägerin an ihre
Bevollmächtigten tatsächlich Rechtsanwaltskosten in
Höhe von EUR 651,80 gezahlt hat, denn selbst im Falle einer
entsprechenden Zahlung würde der Klägerin kein
Anspruch auf Erstattung in entsprechender Höhe zustehen.
Der
Klägerin wäre auch im Falle einer entsprechenden
Zahlung kein erstattungsfähiger Schaden in entsprechender
Höhe entstanden.
Ein
Schaden ist eine unfreiwillige Einbuße. Insoweit die
Klägerin an ihre Bevollmächtigten eine Zahlung von
Rechtsanwaltskosten gemäß einer 1,3
RVG-Gebühr aus einem Streitwert von EUR 10.000,00 geleistet
haben mag, so würde es sich jedoch nicht um eine unfreiwillige
Einbuße handeln.
Gemäß
dem Vorbringen der Klägerin besteht eine Vereinbarung, wonach
für die außergerichtliche Abmahntätigkeit
ein Pauschalhonorar vereinbart ist. Nur in Höhe der sich
hiernach ergebenden Kosten für die hier
gegenständliche Abmahnung ist der
Klägerin ein
Schaden in Form einer unfreiwilligen Einbuße entstanden. Die
auf Basis dieses Vertrages erbrachte außergerichtliche
Tätigkeit der Bevollmächtigten der Klägerin
war bereits vollumfänglich abgeschlossen und den
Bevollmächtigten der Klägerin stand ein
Honoraranspruch aus der geschlossenen Vereinbarung zu. Insoweit sich
die Klägerin im Anschluss hieran entschieden hat, einen
Klageauftrag zu erteilen, in der Klage eine 1,3 RVG-Gebühr aus
einem Streitwert von EUR 10.000,00 geltend zu machen und nunmehr (nach
Abschluss jeglicher Tätigkeit) entsprechend ein Honorar in
Höhe einer 1,3 RVG-Gebühr aus einem Streitwert von
EUR 10.000,00 zu zahlen, so handelt es sich um eine freiwillige
Entscheidung der Klägerin. Den Bevollmächtigten der
Klägerin stand kein entsprechender Honoraranspruch zu.
Gemäß dem Vortrag der Klägerin bestand
insbesondere auch keine grundsätzllche Vereinbarung
dahingehend, dass den Bevollmächtigten der Klägerin
im Falle der Klageerhebung eine entsprechende Gebühr zusteht,
sondern die Entscheidung über die Geltendmachung und etwaige
Zahlung einer entsprechenden Gebühr wird
ausschließlich durch die Klägerin getroffen.
Eine
entsprechende Geltendmachung gegenüber dem Beklagten kommt
nach alledem nicht in Betracht. Die Klägerin ist vielmehr
darauf verwiesen, ihren Schaden gemäß der sich aus
dem geschlossenen Beratungsvertrag ergebenden
Vermögenseinbuße zu berechnen und geltend zu machen.
Zur
Höhe des sich hiernach ergebenden Schadens mangelt es jedoch
an jeglichem Vortrag, so dass die Klage insgesamt abzuweisen war.
Nachdem
der Beklagte seit Prozessbeginn bestritten hat, dass der
Klägerin ein Schaden in Höhe einer 1,3
RVG-Gebühr aus einem Streitwert von EUR 10.000,00 entstanden
ist, mehrfach behauptet hat, dass es eine abweichende
Honorarvereinbarung zwischen der Klägerin und ihren
Bevollmächtigten geben muss, auch im Termin vom 18.01.2010
abschließend nochmals darauf hinwies, dass die
Klägerin wenn überhaupt nur gemäß
der tatsächlich getroffenen Honorarvereinbarung einen
Schadensersatzanspruch geltend machen kann und diese Frage auch
Gegenstand der umfassenden Erörterungen im Termin vom
18.01.2010 war, bedurfte es diesbezüglich keines weiteren
gerichtlichen Hinweises.
Die
Kostenentscheidung beruht auf den § 91 Abs.1 ZPO. §
344 ZPO war nicht anzuwenden, da der Beklagte zum Termin am 09.11.2009
unverschuldet nicht rechtzeitig erschienen ist. Der Beklagte hat sich
durch den ergänzenden und glaubhaften Vortrag seines
Bevollmächtigten im Termin am 18.01.2010 hinreichend
entschuldigt (§ 337 ZPO), Der Beklagtenvertreter hat hiernach
eine hinreichende Fahrtzeit auch unter Berücksichtigung eines
Verkehrsstaus eingeplant und weiterhin auch versucht, das Gericht
telefonisch über seine Verspätung zu informieren. Er
war nach alledem objektiv entschuldigt.
Der
Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus
§ 708 Nr.11, 709, 711 ZPO.
(Unterschrift)