Amtsgericht Bad Segeberg
Geschäfts-Nr.: 9 C 227/13
Bad
Segeberg, 02.10.2013
AMTSGERICHT
BAD SEGEBERG
Beschluss
1. Ehrverletzende Äußerungen in dem
teilweise öffentlich zugänglichen sozialen
Netzwerk "Facebook"
im Internet sind keine Ehrverletzungen, die in “Presse oder
Rundfunk” i.S. des § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 LSchliG
begangen worden sind.
2. Das Erfordernis, bei Ansprüchen wegen Verletzung der
persönlichen Ehre ein Schlichtungsverfahren
durchzuführen, gilt auch für
den Schmerzensgeldanspruch auf Grund ehrverletzenden
Äußerungen.
Tenor
Der Antrag der Klägerin vom 18.07.2013 auf Bewilligung von
Prozesskostenhilfe wird abgelehnt.
Diese Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei, eine
Kostenerstattung findet nicht statt.
Gründe
I.
1
Die in … wohnhafte Klägerin macht mit ihrer Klage
vom 18.07.2013 gegenüber der in … wohnhaften
Beklagten Ansprüche auf Unterlassung und Schmerzensgeld wegen
ehrverletzender Äußerungen geltend. In der
Klageschrift hat die Klägerin ferner die Bewilligung von
Prozesskostenhilfe beantragt.
2
Die Klägerin hat in ihrer Klageschrift vorgetragen, dass sie
die langjährige Lebensgefährtin und zwischenzeitlich
zweite Ehefrau des geschiedenen Ehemannes der Beklagten sei. Das
Verhältnis der Parteien sei durch eine tiefe Abneigung der
Beklagten gegen die Klägerin geprägt. Die Beklagte
habe sie bereits mehrfach auch in sozialen Netzwerken im Internet
beschimpft.
3
Die Klägerin beabsichtigt zu beantragen, die Beklagte zu
verurteilen, es zukünftig zu unterlassen, sie
öffentlich im Internet via facebook oder anderen Foren als
„Heuchlerin“,
„Freudenmädchen“,
„Hure“, „Nutte“,
„persönliche Nutte“ ihres geschiedenen
Ehemannes, „unerzogenen
Straßenköter“,
„Bastard“, „Blutegel“,
„Ehebrecherin“,
„Dreckstück“, „Bitch“,
„Puffdame“ und/oder „falsche
Schlange“ oder ähnlichen beleidigenden
Ausdrücken zu bezeichnen und dieser öffentlich zu
unterstellen, sie würde ihrem geschiedenen Ehemann ein Kind,
welches nicht von ihm sei, unterschieden.
4
Der beabsichtigt die Klägerin zu beantragen, für den
Fall der Zuwiderhandlung gegen die vorgenannten Verpflichtungen zur
Unterlassung gegen die Beklagte ein Ordnungsgeld bis zu EUR 250.000,00
€ ersatzweise Ordnungshaft bis zu 6 Monaten zu
verhängen.
5
Schließlich beabsichtigt die Klägerin zu beantragen,
die Beklagte zu verurteilen, an sie wegen öffentlicher
ehrverletzender Beleidigungen ein angemessenes Schmerzensgeld, welches
der Höhe nach in das Ermessen des Gerichts gestellt wird,
jedoch EUR 500,00 nicht unterschreiten sollte, nebst 5 % Punkte Zinsen
über dem Basiszins ab Rechtshängigkeit zu zahlen und
von vorgerichtlichen Anwaltskosten bezogen auf den vom Gericht
festzusetzenden Streitwert freizuhalten.
6
Das Gericht hat der Beklagten mit Verfügung vom 22.07.2013
eine einfache Abschrift der Klageschrift mit der Gelegenheit zur
Stellungnahme zu dem Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe
zugestellt. Die Beklagte hat sich zu dem Antrag nicht
geäußert.
II.
7
Der im Tenor genannte Antrag der Klägerin ist abzulehnen. Der
Antrag ist zwar zulässig, jedoch unbegründet, weil
die beabsichtigte Rechtsverfolgung keine hinreichende Aussicht auf
Erfolg hat. Die von der Klägerin bereits anhängig
gemachte Klage ist unzulässig, weil die Klägerin
nicht vorgetragen hat, erfolglos ein Schlichtungsverfahren
durchgeführt zu haben (vgl. § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3
Satz 1 LSchliG). Die Unzulässigkeit der Klage bezieht sich
entgegen der Auffassung der Klägerin auch auf den mit dem
Antrag zu Ziff. 3. geltend gemachten Schmerzensgeldanspruch, da dieser
auf den ehrverletzenden Äußerungen beruhen soll und
als solcher Gegenstand eines Schlichtungsverfahrens sein
könnte (vgl. LG Flensburg, Beschl. v. 03.01.2011 – 1
T 69/10, juris).
8
Ein Schlichtungsverfahren ist entgegen der Auffassung der
Klägerin auch nicht deshalb entbehrlich, weil es von dem
Ausnahmetatbestand „Presse und Rundfunk“ erfasst
worden ist. Unabhängig davon, ob das Internet dem
zivilrechtlichen Presse- und Rundfunkbegriff unterfällt (s.
zur Rechtslage in Niedersachsen LG
Oldenburg (Oldenburg), Beschl. v. 21.08.2012 – 5 T 529/12,
juris), kommt jedenfalls vorliegend auch eine analoge Anwendung nicht
in Betracht. Die vorgenannten Ausnahmetatbestände finden ihre
Rechtsfertigung darin, dass bei Äußerungen, die in
Presse und Rundfunk veröffentlicht werden,
regelmäßig ein unüberschaubarer
Personenkreis betroffen ist, die für den Antragsteller hiermit
einhergehenden Beeinträchtigungen, insbesondere der
Prangerwirkung, also besonders schwer wiegen. Vorliegend hat die
Beklagte nach dem Vorbringen der Klägerin jedoch die
Äußerungen in sozialen Netzwerken getätigt,
die weder einer Veröffentlichung in der
„Presse“ noch im „Rundfunk“
gleichgestellt werden können (vgl. LG
Oldenburg (Oldenburg), Beschl. v. 21.08.2012 – 5 T 529/12,
juris). Es geht letztlich um einen zwischen den Parteien bestehenden
Konflikt, den diese in einem teilweise öffentlich
zugänglichen Medium austragen, nicht dagegen um die
Veröffentlichung einer ehrverletzenden
Äußerung in einem allgemein zugänglichen
Medium mit dem Ziel einer öffentlichen Kundgabe der
ehrverletzenden Äußerung. Die von der
Klägerin vorgelegten Ausdrucke geben einen zwischen den
Parteien ausgetragenen schriftlichen Streit wieder. Ob etwas anderes
dann gilt, wenn die Ehrverletzung außerhalb sozialer
Netzwerke in Medien begangen wird, die allen Internetnutzern frei
zugänglich ist und gerade mit dem Zweck erfolgt, dass Dritte
die Äußerung lesen und sich aufgrund dieser eine
Meinung bilden (vgl. zu einer Veröffentlichung in einem
Internet-Gästebuch AG St. Wendel, Urt. v. 25.04.2005
– 13 C 52/05) kann dahinstehen, weil ein solcher Fall hier
nicht gegeben ist.