12 0 526/02 | Verkündet
am 26.03.2003: Eskandari, JOS. als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle |
In dem Verfahren auf Erlaß einer einstweiligen Verfügung
des Herrn Jörg S......., handelnd unter der Firma Gay........ ............, ....straße .., 10777 Berlin,
Antragstellers,
- Prozeßbevollmächtigter: Rechtsanwalt Dr. ......, K..., ......str. .., 40237 Düsseldorf -
gegen
Herrn Matthias Sauerwald, Isernhagener Str. 75, 30163 Hannover,
Antragsgegner,
- Prozeßbevollmächtigter: Rechtsanwalt Ralf Möbius, Wolfenbütteler Straße
1 A, 30519 Hannover -
hat die 12. Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf auf die mündliche Verhandlung vom 05. März 2003 durch den Vorsitzenden Richter am Landgericht Neiseke, den Richter am Landgericht Dr. Wirtz und den Richter Schmidt
für R e c h t erkannt:
- Die einstweilige Verfügung vom 08. November 2002 wird aufgehoben. Der Antrag auf Erlaß einer einstweiligen Verfügung vom 24.10.2002 wird zurückgewiesen.
- Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens.
- Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Antragsteller darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des beizutreibenden Betrages abwenden, wenn nicht der Antragsgegner zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Der Antragsteller macht geltend, er habe auf der Homepage, des Antragsgegners Bilder entdeckt, bei denen er, der Antragsteller, Inhaber sämtlicher Nutzungsrechte sei. Die Fotografien seien in seinem Auftrag erstellt worden und die abgebildeten Personen hätten ihm gegenüber ihr Einverständnis mit der Veröffentlichung erklärt. Der Antragsgegner habe die Bilder auf der Homepage abgebildet, ohne beim Antragsteller eine Lizenz dafür erworben zu haben. Auf eine vorprozessuale Abmahnung hin habe sich der Antragsgegner geweigert eine strafbewehrte Unterlassungserklärung abzugeben.
Auf Antrag des Antragstellers, der sein Urheberrecht an den Bildern gern. § 97 UrhG verletzt sieht, hat die Kammer dem Antragsgegner im Wege der einstweiligen Verfügung bei Meidung der gesetzlich vorgesehenen Ordnungsmittel durch Beschluß vom 08. November 2002 untersagt,
die nachstehend wiedergegebenen Lichtbilder zu verbreiten und/oder zu veröffentlichen, insbesondere, wenn dies auf der lnternetseite www.boyscity.de geschieht, ohne hierzu berechtigt zu sein.
[Es folgen in Kopie 11 Screenshots mit homoerotischen Abbildungen, die im Adressfeld des Browserfensters die Domain boyscitiy.de zeigen]
Gegen diesen Beschluß hat der Antragsgegner mit anwaltlichem Schriftsatz Widerspruch eingelegt.
Der Antragsteller beantragt nunmehr,
die einstweilige Verfügung vom 08. November 2002 zu bestätigen.
Der Antragsgegner beantragt,
die einstweilige Verfügung aufzuheben.
Er ist der Ansicht, schon die Zustellung der einstweiligen Verfügung sei mangelhaft. Da sich sein Prozeßbevollmächtigter bereits vorprozessual für ihn bestellt und eine negative Feststellungsklage des Antragsgegners angekündigt habe, hätte der Beschluß an diesen zugestellt werden müssen. Statt dessen sei der Antragsgegner persönlich Zustellungsadressat gewesen, was vom Antragsteller nicht bestritten wird. Auch sei die Zustellung unvollständig gewesen. Ein wesentlicher Zustellungsmangel liege darin, daß die eidesstattliche Versicherung nicht mit zugestellt worden sei. Dies sei erforderlich gewesen, da in der Antragsschrift auf diese Anlage Bezug genommen worden sei und zur Glaubhaftmachung erforderliche Unterlagen wichtige Anlagen darstellten, auf deren Zustellung nicht verzichtet werden könne.
Bei den veröffentlichten Bildern handele es sich um "freepics", die im Internet kostenfrei unter verschiedenen Adressen erhältlich seien und ohne Zahlung eines Nutzungsentgeltes oder einer Lizenzgebühr betrachtet und bei Bedarf auch auf den Computer kopiert und dort abgespeichert werden können. Einige der Bilder trügen außerdem einen fremden Copyright-Vermerk.
In der mündlichen Verhandlung vertrat der Antragsgegner zudem die Ansicht, bei Erlaß der einstweiligen Verfügung habe es an der Eilbedürftigkeit gefehlt. Die eidesstattliche Versicherung weise als, Datum der Kenntnisnahme der Bilder auf der Homepage des Antragsgegners durch den Antragsteller den 05. August 2002 aus. Zudem sei die eidesstattliche Versicherung falsch, da auf einen Antrag auf Erlaß einer einstweiligen Verfügung gegen einen Herrn Kleudgen Bezug genommen werde.
Nach Schluß der mündlichen Verhandlung hat der Antragsteller in einem Schriftsatz vom 11. März 2003 vorgetragen, die Angaben in der eidesstattlichen Versicherung seien versehentlich falsch gewesen. Tatsächlich habe er erst am 05. Oktober 2002 von den Bildern auf der Homepage des Antragsgegners Kenntnis erlangt, wie er es auch in der Antragsschrift geschildert habe. Dies könne durch Vernehmung von Mitarbeitern, die am selben Tag im Büro gewesen seien, bewiesen werden. Er überreicht eidesstattliche Versicherungen dieser Mitarbeiter und regt die Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung an.
Wegen der Einzelheiten wird im übrigen auf das schriftsätzliche Vorbringen der Parteien Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die einstweilige Verfügung ist unter Zurückweisung des auf ihren Erlaß gerichteten Antrags aufzuheben. Bei Schluß der mündlichen Verhandlung ist nicht mehr glaubhaft, daß dem Antragsteller der geltend gemachte Unterlassungsanspruch zusteht. Die einstweilige Verfügung ist aufgrund der Versäumung der Vollziehungsfrist wirkungslos geworden (§§ 936, 929 Abs. 2 ZPO). Die Vollziehung ist nicht erfolgt, da die einstweilige Verfügung nicht ordnungsgemäß zugestellt worden ist. Eine Zustellung liegt dann nicht vor, wenn an die Partei zugestellt wurde, obgleich der Antragsteller erkennen konnte, daß für diese ein Prozeßbevollmächtigter vorhanden war (Baumbach/ Hefermehl, § 25 UWG Rn 60c mwN). Dies war für den Antragsteller spätestens seit dem Fax vom 23. Oktober 2002 erkennbar. Der Prozeßbevollmächtigte des Antragsgegners antwortete dem Prozeßbevollmächtigten des Antragstellers in diesem Fax auf dessen vorprozessuales Unterlassungsbegehren und kündigte eine negative Feststellungsklage an. In einem solchen Fall gilt der handelnde Anwalt als bevollmächtigt für die Zustellung der erwirkten Beschlußverfügung (vgl. OLG Hamm EwiR § 927 ZPO 2/91, 1247).
Voraussetzung für den Erlaß einer einstweiligen Verfügung ist zudem gem. § 940 ZPO das Vorliegen eines Verfügungsgrundes. Dieser ist vom Antragsteller glaubhaft zu machen. Ein solcher fehlt, wenn der Antragsteller trotz eines ursprünglich bestehenden Regelungsbedürfnisses zu lange gewartet hat, bevor er die einstweilige Verfügung beantragt. Das Vorliegen eines Verfügungsgrundes war zunächst von der Kammer bei Erlaß der einstweiligen Verfügung angenommen worden. An ihre ursprüngliche Beurteilung ist die Kammer jedoch nicht gebunden (vgl. Zöller/Vollkommer, § 925 ZPO Rn 5).
Die eidesstattliche Versicherung des Antragstellers vom 23. Oktober 2002 (Bl. 21 GA) läßt das Vorliegen eines Regelungsbedürfnisses der Angelegenheit im Wege einstweiliger Verfügung nicht überwiegend wahrscheinlich erscheinen. Das Datum der Antragstellung liegt mehr als 2 Monate nach dem Datum, an dem der Antragsteller laut eidesstattlicher Versicherung von den Bildern Kenntnis genommen haben will. Ein solch langer Zeitraum läßt den Verfügungsgrund entfallen, da für eine Regelung im Wege des Eilrechtsschutzes kein Anlaß mehr besteht. Auch wenn bei Zugrundelegen des in der Antragsschrift genannten Datums ein Verfügungsgrund anzunehmen wäre, fehlt es aufgrund der abweichenden eidesstattlichen Versicherung an der erforderlichen Glaubhaftmachung. Zum anderen bezieht sich der Antragsteller in der eidesstattlichen Versicherung auf ein anderes Verfahren. Eine Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung aufgrund des Schriftsatzes des Antragstellers vom 11. März 2003 war nicht angezeigt, da dies dem Zweck des einstweiligen Verfügungsverfahrens, eine rasche Entscheidung in der Sache herbeizuführen, zuwiderläuft. Die dargelegte mangelhafte Vollziehung der einstweiligen Verfügung wird auch durch das neue Vorbringen nicht ausgeräumt. Der Antragsteller ist daher darauf zu verweisen, seine Rechte im Hauptsacheverfahren geltend zu machen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO.
Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 6, 711 ZPO.
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