29 U 4042/98
Verkündet am 23.07.1998
Das Betreiben einer Hotline für telefonische Rechtsberatung, bei der die Anrufer der Hotline zur Erteilung von Rechtsberatung zu angeschlossenen Rechtsanwälten weitergeschaltet werden, ist zulässig. Insbesondere liegt kein Verstoß gegen das Rechtsberatungsgesetz durch den weiterschaltenden Betreiber vor, da die auf Rechtsberatung gerichteten Geschäftsbesorgungsverträge zwischen dem Anrufer und dem jeweiligen Rechtsanwalt zustandekommen.
Ein Verstoß gegen das anwaltliche Werbeverbot (§ 43 b BRAO) mittels der für die Hotline werbenden Zeitungsannoncen liegt nicht vor, soweit die Werbung sich nicht reklamehaft nur auf die angeschlossenen Rechtsanwälte, sondern auf das spezielle Medium der Rechtsberatung per Telefon bezieht und eine auf einen Einzelfall bezogene Direktwerbung nicht gegeben ist.
Tatbestand:
Die Antragsteller sind Mitglieder einer in München ansässigen Rechtsanwaltskanzlei. Die Antragsgegnerin zu 1) ist Inhaberin einer Telefonnummer, bei deren Anwahl Anrufer direkt durch die Telefonanlage an einen Rechtsanwalt weitergeschaltet werden, der, wie auch weitere Rechtsanwälte, mit der Antragsgegnerin zu 1) einen "Vertrag über die Nutzung der ... Telefonnummer" geschlossen hat. Mit diesem Vertrag erwirbt der jeweilige Anwalt die Möglichkeit, den Telefonanschluß für jeweils 3 1/2 Stunden zu buchen. Hierfür hat der Rechtsanwalt eine monatliche Teilnahmegebühr in Höhe von 50,– DM und weitere 50,- DM für eine 3 1/2-stündige Buchung des Telefonanschlusses zu bezahlen. Die Anrufer, die Rechtsrat suchen, bezahlen derzeit 3,63 DM je Gesprächsminute. Die geschuldete Vergütung wird mit der Telefonrechnung von der ... eingezogen. Die ... behält von den eingezogenen Telefongebühren 1,15 DM ein, der Restbetrag wird an die Antragsgegnerin zu 1) als Anschlußinhaberin weitergeleitet. Sie bezahlt den Geldbetrag nach Abzug der ihr von den Rechtsanwälten geschuldeten Vergütung an diese aus.
Die Antragsgegnerin zu 2), die verschiedene "Computer-Hotlines" betreibt,
unterstützt die Antragsgegnerin zu 1) publizistisch und dadurch, daß sie der
Antragsgegnerin zu 1) ihr Firmenschlagwort ... zur Verfügung stellt. Der
gemeinsame Geschäftsführer der Antragsgegnerinnen ist kein Rechtsanwalt. Sie
verfügen auch über keine Genehmigung nach dem Rechtsberatungsgesetz.
Über die Möglichkeit, Rechtsberatung am Telefon zu erhalten, wurde in
redaktionellen Beiträgen in Zeitschriften, so in der Ausgabe der ... vom
29.01.1998, im Tagesspiegel und in einem wie eine Anzeige aufgemachten Beitrag
im Fernsehmagazin ... Nr. 10 vom 14.03.1998, das dem ... beilag, berichtet.
Der Beitrag in der Fernsehzeitschrift ist wie folgt gestaltet:
(Es folgt die Abbildung der Anzeige)
Die Antragsteller sahen durch das Verhalten der Antragsgegnerin zu 1) Artikel 1
§ 1 RBerG verletzt, da sie eine Tätigkeit im Sinne dieser Vorschrift ausübe,
ohne die dafür erforderliche Erlaubnis zu besitzen. Darüberhinaus verletze die
Antragsgegnerin zu 1) die Vorschrift des § 1 UWG, weil die beratenden
Rechtsanwälte durch sie ihnen gemäß § 43 b BRAO verbotene Werbung betreiben
ließen. Die Antragsgegnerin zu 2) fördere den Verstoß gegen das
Rechtsberatungsgesetz und die den Anwälten verbotene Werbung und verstoße
deshalb selbst gegen § 1 UWG. Die angeschlossenen Rechtsanwälte verstießen
zusätzlich gegen § 43 a BRAO. Es sei ihnen nämlich nicht in hinreichendem Maße
möglich, zu prüfen, ob sie in ein und derselben Angelegenheit widerstreitende
Interessen vertreten. Ein weiterer berufsrechtlicher Verstoß der Anwälte liege
darin, daß die Einziehung ihrer Gebühren über die Deutsche Telekom erfolge.
Diesem wettbewerbswidrigen Verhalten leiste die Antragsgegnerin zu 1) Vorschub.
Die Antragsteller erwirkten daher am 02.04.1998 eine einstweilige Verfügung
gegen die Antragsgegnerinnen. Damit wurde der Antragsgegnerin zu 1) untersagt,
im geschäftlichen Verkehr zu Wettbewerbszwecken fremde Rechtsangelegenheiten
dadurch zu besorgen, daß sie eine Hotline betreibt, bei der Anrufern durch die
der Hotline angeschlossenen Rechtsanwälte Rechtsrat erteilt wird. Der
Antragsgegnerin zu 2) wurde untersagt, im geschäftlichen Verkehr zu
Wettbewerbszwecken für die telefonische Erteilung von Rechtsrat durch
Rechtsanwälte mit der in dem ... Fernsehmagazin erschienen Annonce zu werben.
Die Antragsgegnerinnen legten gegen die einstweilige Verfügung des Landgerichts
München I Widerspruch ein. Sie meinten, das Landgericht München I sei für den
Erlaß der einstweiligen Verfügung schon nicht örtlich zuständig gewesen, weil
die Antragsteller nicht unmittelbar Verletzte seien. Im übrigen verstoße die
telefonische Rechtsberatung nicht gegen das Rechtsberatungsgesetz oder andere
gesetzliche Vorschriften. Vertragspartner des Anrufenden werde der jeweils
beratende Rechtsanwalt. Der telefonische Beratungsdienst stelle ein
fortentwickeltes und zeitgemäßes anwaltliches Tätigkeitsbild dar.
Das Landgericht München I bestätigte mit Urteil vom 14.05.1998 seine
einstweilige Verfügung vom 02.04.1998. Zur Begründung führte es im wesentlichen
aus, zwischen den Parteien bestehe ein konkretes Wettbewerbsverhältnis. Die
Antragsteller seien deshalb unmittelbar verletzt. Dies begründe die
Zuständigkeit des Landgerichts München I. Die geltend gemachten
Unterlassungsansprüche seien auch begründet, weil es durch einen Anruf eines
Rechtssuchenden unter der angegebenen Telefonnummer der Antragsgegnerin zu 1)
zum Abschluß eines auf Rechtsberatung gerichteten Geschäftsbesorgungsvertrags
zwischen dem Anrufer und der Antragsgegnerin zu 1) komme. Die Antragsgegnerin zu
1), die über die erforderliche Erlaubnis für die Rechtsberatung nicht verfüge,
verletze deshalb Artikel 1 § 1 RBerG. Die Antragsgegnerin zu 2) unterstütze, wie
es sich aus dem Werbebeitrag in der ... Fernsehzeitung ergebe, die
Antragsgegnerin zu 1) und nehme deshalb an deren Wettbewerbsverstoß als
Mitstörerin teil.
Gegen die Entscheidung des Landgerichts München I richtet sich die Berufung der
Antragsgegnerinnen. Zu deren Begründung tragen sie im wesentlichen vor, die
Leistung der Antragstellerin zu 1) beschränke sich auf die technische
Bereitstellung der Telefonnummer und die direkte Durchschaltung der Anrufe zu
den teilnehmenden Rechtsanwälten und Rechtsanwältinnen. Wer als Rechtssuchender
deren Telefonnummer anwähle, erreiche direkt und ohne Zwischenschaltung einer
Telefonzentrale einen Rechtsanwalt. Die Rechtsanwälte erbrächten ihre
Beratungsleistungen in eigenem Namen und für eigene Rechnung. Der auf eine
Rechtsberatung gerichtete Geschäftsbesorgungsvertrag komme allein zwischen dem
Anrufer und dem jeweiligen Rechtsanwalt zustande. Dies folge aus dem durch
Auslegung zur ermittelnden objektiven Erklärungswert der ausdrücklich wie
konkludent abgegebenen Erklärungen. Die bloße Vermittlung rechtlicher Beratung
durch schlichte technische Unterstützungstätigkeit falle nicht unter das
Rechtsberatungsgesetz. Da der Antragsgegnerin zu 1) kein Wettbewerbsverstoß zur
Last liege, sei auch der gegen die Antragsgegnerin zu 2) gerichtete
Unterlassunganspruch unbegründet. Im übrigen handle es sich bei der Mitteilung
in der ... Fernsehzeitschrift nicht um eine Anzeige, sondern um einen
redaktionellen Beitrag.
Sie beantragen:
Die einstweilige Verfügung des Landgerichts München I vom 02.04.1998 wird unter
Abänderung des am 14.05.1998 verkündeten Urteils des Landgerichts München l
aufgehoben und der Antrag auf Erlaß einer einstweiligen Verfügung
zurückgewiesen.
Die Antragsteller beantragen die Zurückweisung der Berufung.
Zur Begründung wiederholen sie die Gesichtspunkte, die sie zur Begründung ihres
Antrags auf Erlaß der einstweiligen Verfügung vorgetragen haben. Ergänzend
weisen sie daraufhin, daß es für einen Verstoß gegen das Rechtsberatungsgesetz
nicht entscheidend darauf ankomme, ob der Geschäftsbesorgungsvertrag zwischen
dem Anrufer und der Antragsgegnerin zu 1) oder aber dem beratend tätig werden
Rechtsanwalt zustandekomme. Unter den Begriff der Besorgung fremder
Rechtsangelegenheiten im Sinne von Artikel 1 § 1 Abs. 1 RBerG falle jede
Tätigkeit, die auf die unmittelbare Förderung konkreter fremder
Rechtsangelegenheiten gerichtet sei. Die Antragsgegnerin zu 1) leiste nämlich
durch die Zurverfügungstellung ihrer Telefonnummer einen konkreten Tatbeitrag
zur rechtsberatenden Tätigkeit der angeschlossenen Rechtsanwälte. Bereits darin
liege eine unerlaubte Rechtsberatung. Die Antragsgegnerin zu 2) handle auch
deshalb wettbewerbswidrig, weil die von ihr geschaltete Werbung gegen § 43 b
BRAO verstoße. Damit leiste sie einen Tatbeitrag zu Wettbewerbsverstößen der
angeschlossenen Rechtsanwälte, die gemäß § 43 b BRAO nur Werbung betreiben
dürften, soweit sie über die berufliche Tätigkeit in Form und Inhalt sachlich
unterrichte und nicht auf die Erteilung eines Auftrags im Einzelfall gerichtet
sei. Die reklamehafte Werbung verletze das Sachlichkeitsgebot des § 43 b BRAO.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt
der gewechselten Schriftsätze samt den vorgelegten Unterlagen, auf die
einstweilige Verfügung des Landgerichts München I vom 02.03.1998, deren
Ergänzung vom 03.04.1998 sowie auf das Sitzungsprotokoll vom 23.07.1998 Bezug
genommen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung der
Antragsgegnerinnen ist begründet. Sie verstoßen weder durch Erteilung
unerlaubter Rechtsberatung oder Teilnahme daran noch durch die Förderung
wettbewerbswidrigen oder standeswidrigen Verhaltens angeschlossener
Rechtsanwälte gegen die guten Sitten im Wettbewerb.
1. Ein Verstoß der Antragsgegnerin zu 1) gegen Artikel 1 § 1 Abs. 1 RBerG, der
den geltend gemachten Anspruch gegen sie aus § 1 UWG begründen könnte, liegt
nicht vor, weil die auf Rechtsberatung gerichteten Geschäftsbesorgungsverträge
zwischen Anrufendem und beratendem Rechtsanwalt zustandekommen.
Dies folgt aus der gemäß § 133 BGB vorzunehmenden Auslegung, die den wirklichen
Willen des Erklärenden zu erforschen hat. Eine solche Auslegung hat zunächst von
dem Erklärungstatbestand auszugehen, wie er dem Erklärungsempfänger erkennbar
war. Der vom Anrufer ausgehende Erklärungsakt beschränkt sich dabei auf die
Anwahl einer Telefonnummer, mit der er unmittelbar einen Rechtsanwalt als
Gesprächspartner erreicht. Aus dem Erklärungsakt des Anrufenden ergibt sich
also, daß dessen Wille darauf gerichtet ist, Rechtsrat durch einen Anwalt zu
erhalten. Daran ändert der Umstand nichts, daß er die Hotline der
Antragsgegnerin zur Verwirklichung seines Ziels anwählt. Zur Ermittlung des
Sinns des Erklärungsaktes sind nämlich die diesen begleitenden Umstände in die
Auslegung einzubeziehen, die einen Schluß auf den Inhalt der Erklärung zulassen.
Insoweit ist die Entstehungsgeschichte des Vertrages von maßgeblicher Bedeutung.
Der Anrufer wählt die Telefonnummer aufgrund einer Information, durch die ihm
die Telefonnummer und die Möglichkeit der telefonischen Rechtsberatung bekannt
geworden ist. Die Antragsteller haben hierzu verschiedene redaktionelle Beiträge
und die "Annonce" in der ... Fernsehzeitschrift vorgelegt. Durch letztgenannten
Beitrag wissen die Anrufer, daß Rechtsfragen "nicht unbedingt in einer Kanzlei
besprochen werden" müssen. Oft helfe schon ein kurzes Telefonat mit einem
Rechtsanwalt. Hinter ... verberge sich eine komfortable Möglichkeit der
telefonischen Kontaktaufnahme zu Rechtsanwälten für Ratsuchende mit
Rechtsfragen. Die Gesprächsgebühren würden von der ... zusammen mit der
Telefonrechnung erhoben. Zu den Kosten des Rechtsrats werden sie informiert: "In
diesem Preis enthalten sind auch die kompletten Beratungsgebühren des jeweiligen
Anwalts".
Aufgrund dieser Vorinformation wählt der Anrufer die Hotline an, um unmittelbar
Rat bei einem Rechtsanwalt zu suchen, der je nach Zeitdauer der erteilten
Auskunft Beratungsgebühren verdient, die von der ... mit der Telefonrechnung
erhoben werden. Das Ersuchen um Rechtsrat richtet sich also, was für den
Erklärungsempfänger erkennbar ist, an diesen, der mit seiner Gesprächsaufnahme
und der Beantwortung von Fragen das Angebot auf Abschluß eines
Geschäftsbesorgungsvertrages annimmt.
Selbst wenn ein Anrufer nicht über die Informationen aus der "Annonce" verfügt,
sondern, was denkbar erscheint, über Dritte die bloße Information erhalten hat,
unter der Hotline-Telefonnummer ... könne man von einem Rechtsanwalt beraten
werden, ist der Sinngehalt seines Erklärungsaktes nicht anders zu beurteilen.
Der Anrufer wird die Nummer anwählen, um Rechtsrat von einem Anwalt zu erhalten.
Er erreicht am Telefon auch unmittelbar einen Rechtsanwalt, der den erbetenen
Rat erteilt. Auch für diesen Fall liegen also zwei sich deckende
Willenserklärungen vor, die einen Vertrag zwischen Anrufendem und Rechtsanwalt
begründen.
Wenn ein Anrufer seine Vorinformation, die ihn zur Benutzung der Hotline
veranlaßt, aus der Veröffentlichung der ... vom 29.01.1998, die ebenfalls von
den Antragstellern vorgelegt wurde, bezieht, dann ist der Erklärungsinhalt seine
Anrufs noch eindeutiger im Sinne der vorstehenden Auslegung bestimmt. Sie
wissen, daß die Anwälte für den Anschluß an die Hotline feste Gebühren zahlen
und das wirtschaftliche Risiko tragen, während der Hotline-Betreiber nur für die
Infrastruktur sorgt. Wenn der Anrufer den von den Antragstellern vorgelegten
undatierten Beitrag im Tagesspiegel gelesen hat, ist er von der Absicht der
Antragsgegnerinnen informiert, ihren Service wie eine kostenlose
Anwaltsvermittlung auszugestalten, wobei Vertragspartner des Rechtssuchenden
direkt der Anwalt werden solle.
Da nach alledem für Erklärenden und Erklärungsempfänger die von der
Antragsgegnerin zu 1) betriebene Hotline nur die Möglichkeit vermittelt, sofort
einen Rechtsanwalt befragen zu können, kommt zwischen dem rechtssuchenden
Anrufer und und dem Rechtsanwalt ein Beratungsvertrag zustande. Rechtsänwälte,
die fremde Rechts-angelegenheiten eigenverantwortlich besorgen, bedürfen gemäß
Artikel 1 § 3 Nr. 2 RBerG keiner Erlaubnis, so daß ein Verstoß gegen das
Rechtsberatungsgesetz nicht in Betracht kommt. Die Antragsgegnerin hat sich, was
für die hier getroffene Entscheidung nicht erheblich ist, im übrigen in der
mündlichen Verhandlung vom 23.07.1998 gegenüber den Antragstellern verbindlich
verpflichtet, durch die Rechtsrat erteilenden und vertraglich mit ihr
verbundenen Rechtsanwälte zu Beginn des Telefongesprächs darauf hinzuweisen, daß
der Vertrag, aufgrund dessen der anschließende Rechtsrat erfolgt, unmittelbar
zwischen dem Anrufer und dem beratenden Rechtsanwalt zustandekommt.
Ein Verstoß gegen das Rechtsberatungsgesetz liegt auch nicht in der bloßen
Zurverfügungstellung der Hotline, die technisch die Voraussetzungen dafür
schafft, unmittelbar mit einem Rechtsanwalt zu sprechen. Zwar liegt eine
Besorgung fremder Rechtsangelegenheiten bereits dann vor, wenn eine Tätigkeit
auf die unmittelbare Förderung einer konkreten fremden Rechtsangelegenheit
gerichtet ist, die nicht durch den Besorgenden abschließend erledigt werden muß.
Eine Rechtsbesorgung im Sinne von Artikel 1 § 1 RBerG läge auch dann vor, wenn
die Antragsgegnerin zu 1) die Rechtsangelegenheit des Anrufers unter
Hinzuziehung eines Rechtsanwalts fördern würde, der unabhängig von der konkreten
Ausformung der vertraglichen Beziehungen nach den tatsächlichen Umständen als
ihr Erfüllungsgehilfe anzusehen wäre (vgl. OLG Düsseldorf AnwBl. 1987, 199;
Rennen/Caliebe, Rechtsberatungsgesetz, 2. Aufl., Rdnr. 27 m.w.N. -vgl. auch
Rdnr. 24, 25). Davon kann im Streitfall nicht die Rede sein, da sich, wie
dargestellt, die Tätigkeit der Antragsgegnerin allein darauf beschränkt, die
telefon-technische Möglichkeit zur Verfügung zu stellen, damit der Anrufer einen
Anwalt erreicht. Da mithin der Antragsgegnerin kein Wettbewerbsverstoß zur Last
gelegt werden kann, ist auch eine Haftung der Antragsgegnerin zu 2) als
Mitstörerin nicht begründet.
2. Der behauptete Verfügungsanspruch ist auch nicht deshalb begründet, weil, wie
die Antragsteller meinen, die Antragsgegnerinnen einen Tatbeitrag zu
Wettbewerbsverstößen der angeschlossenen Rechtsanwälte leisten würden. Insoweit
ist den Antragstellern zuzugeben, daß z.B. der Beitrag in der ...
Fernsehzeitschrift werbenden Charakter hat. Die Werbung bezieht sich jedoch
nicht nur auf die Anwälte, sondern auch auf das technische Medium Hotline mit
den dadurch bedingten Vorteilen, nahezu jederzeit einen Anwalt telefonisch
erreichen zu können. Soweit der Beitrag anwaltliche Tätigkeit bewirbt, steht er
nur dann im Einklang mit § 43 b BRAO, wenn in ihm über die berufliche Tätigkeit
in Form und Inhalt sachlich unterrichtet wird und die Werbung nicht auf die
Erteilung eines Auftrags im Einzelfall gerichtet ist. Unzulässig sind danach
Werbemaßnahmen von Anwälten, die Ausdruck eines rein geschäftsmäßigen, an Gewinn
orientierten Verhaltens sind; darüberhinaus auch alle reklamehaften, mit dem
Herausstellen der eigenen Person verbundenen Werbemethoden. Zulässig ist
demgegenüber eine Werbung, die den Interessen des Adressatenkreises, eine
sachlich angemessene Information zu finden, gerecht wird sowie formal und
inhaltlich unaufdringlich gestaltet ist (BGH BRAK-Mitteilungen 1997, 172, 173
m.w.N.). Diese Grenzen überschreitet die Werbung in der ... Zeitschrift nicht,
wenn berücksichtigt wird, daß sich der einleitende Blickfang "Holen Sie sich ihr
Recht per Telefon!" ersichtlich auf das Medium Hotline der Antragsgegnerin zu 1)
bezieht, für das neben der Werbung für die angeschlossene Anwälte ebenfalls
Werbung betrieben wird. Im übrigen informiert der Text der "Anzeige" sachlich
über die Vorteile des Rechtsrats per Telefon (Zeitersparnis, Flexibilität,
mögliche Anonymität). Auch der Hinweis "Rechtsberatung am Telefon - schnell,
preiswert und unkompliziert", wobei sich "schnell" und "unkompliziert" wiederum
allein auf das Medium Hotline beziehen, bleibt im Rahmen erlaubter Werbung. Zur
Werbung mit dem Preis, der auch konkret benannt ist, ist darauf hinzuweisen, daß
nunmehr nach § 49 b Abs. 1 BRAO i.V.m. § 3 Abs. 5 BRAGO in außergerichtlichen
Angelegenheiten Pauschal- und Zeitvergütungen unterhalb der gesetzlichen
Gebühren vereinbart werden dürfen. Ein Werbeverbot ist insoweit auch in der
Berufsordnung nicht ausgesprochen worden. Die Benennung einer Zeitvergütung mit
dem ergänzenden Hinweis "preiswert" verletzt deshalb nicht das
Sachlichkeitsgebot (vgl. von Falkenhausen, AnwBl. 1996, 486, 488;
Michalski/Römermann, AnwBl. 1996, 241).
Die Werbung in der ... -Zeitschrift ist auch nicht, wie die Antragsteller
meinen, auf die Erteilung eines Auftrags im Einzelfall gerichtet (§ 43 b, 2.
Alternative BRAO). Eine unzulässige Direktwerbung liegt nur dann vor, wenn sie
auf die Erteilung eines konkreten Auftrags abzielt. Richtet sich die Werbung
jedoch, wie hier, an eine unbestimmte Vielzahl potentieller, noch nicht
konkretisierter Mandate, ist sie zulässig (Henssler-Prütting,
Bundesrechtsanwaltsordnung, Rdnr. 44 zu § 43 b; Kleine-Cosack,
Bundesrechtsanwaltsordnung, 3. Aufl., Rdnr. 37 zu § 43 b).
3. Auch die Behauptung der Antragsteller, der der Hotline angeschlossene
Rechtsanwalt verletzte seine Berufspflichten gemäß § 43 a BRAO, weil durch die
Möglichkeit, Rechtsrat an anonyme Anrufer zu erteilen, es nicht in ausreichendem
Maße möglich sei, zu prüfen, ob der Rechtsanwalt nicht widerstreitende
Interessen vertrete, begründet keinen Verfügungsanspruch gegen die
Antragsgegnerinnen. § 43 a BRAO verpflichtet den Rechtsanwalt, keine
widerstreitenden Interessen zu vertreten. Der Gefahr, um Rechtsrat bei
widerstreitenden Interessen gebeten zu werden, ist jeder Rechtsanwalt
ausgesetzt. Die bloße Möglichkeit, gegen § 43 a BRAO zu verstoßen, macht die
Teilnahme der Rechtsanwälte an der Hotline nicht rechtswidrig.
4. Schließlich verstößt auch die Art der Einziehung der Gebühren über die ...
sowie über die Antragsgegnerin zu 1) auch nicht gegen § 49 b Abs. 4 BRAO. Diese
Bestimmung untersagt die Abtretung von nicht titulierten Gebührenansprüchen an
Personen, die nicht einer Rechtsanwaltskammer angehören, um sicherzustellen, daß
die beruflichen Verschwiegenheitspflichten nach § 43 a Abs. 2 BRAO auch bei der
Durchsetzung von Honorarforderungen beachtet werden (vgl. Jessnitzer/Blumberg,
BRAO, 8. Aufl., Rdnr. 7 zu § 49 b). Diesem Zweck der Vorschrift, dem
Geheimhaltungsinteresse des Mandanten Rechnung zu tragen, steht der
Gebühreneinzug über die ... und die Antragsgegnerin zu 1) nicht entgegen. Davon
abgesehen, daß dem Anrufenden bekannt ist, wie seine Gebühren eingezogen werden
und er mit Abschluß des Beratungsvertrages dem auch konkludent zustimmt, liegt
schon eine Abtretung der Gebührenforderung oder eine Übertragung zur Einziehung
im Sinne von § 49 b Abs. 4 BRAO nicht vor. Die Gebührenforderung für das
telefonische Beratungsgespräch entsteht zu Gunsten der ... Die Einziehung der
nur zeitabhängig festgesetzten Gebühren über die Telefonrechnung ist nichts
anderes als ein zahlungstechnischer Vorgang, der sich sachlich nicht vom Einzug
einer feststehenden Gebührenforderung über eine Bankverbindung unterscheidet.
Solche Modalitäten der Erfüllung einer Gebührenforderung werden von § 49 b Abs.
4 BRAO nicht geregelt.
Da nach alledem der behauptete Verfügungsanspruch unter keinem rechtlichen
Gesichtspunkt begründet ist, waren das Urteil des Landgerichts vom 14.05.1998
und dessen einstweilige Verfügung vom 02.04.1998 aufzuheben und der Antrag der
Antragsteller auf Erlaß einer einstweiligen Verfügung zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO.