Oberlandesgericht Naumburg Werbung
„med. Fußpflege“ Podologengesetz
Fusspflege § 4 Nr 11 UWG, § 5 UWG, § 3 Nr 3a
HeilMWerbG, § 1 PodG, §§ 1ff PodG Urteil
zurück
Aktenzeichen: Az. 7 U (Hs) 58/03 |
04.03.2004
|
Oberlandesgericht
Naumburg
Urteil
Im
Namen des Volkes
In dem Rechtsstreit
........................................
-
Kläger und Berufungsbeklagter -
Prozeßbevollmächtigter:
Rechtsanwalt
gegen
........................................
- Beklagte
und Berufungsklägerin -
Prozeßbevollmächtigter:
Rechtsanwalt
In dem einsteiligen Verfügungsverfahren
...
hat der 7. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Naumburg durch den
Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Dr. Zettel und die Richter am Oberlandesgericht
Corcilius und Baumgarten auf die mündliche Verhandlung vom 26. Februar 2004
für Recht erkannt;
Die Berufung des Verfügungsklägers gegen das am 14.
November 2003 verkündete Urteil der Vorsitzenden der 3. Zivilkammer – Kammer
für Handelssachen – des Landgerichts Dessau – Az.: 3 = 124/03 – wird
zurückgewiesen. Der Verfügungskläger hat die Kosten des
Berufungsrechtszuges zu tragen.
und beschlossen:
Der Streitwert des Verfahrens wird auf 20.000,00 EUR festgesetzt.
Gründe:
I.
Die
Verfügungsbeklagte ist Kosmetikerin und übte in
der Vergangenheit als Angestellte beimVerfügungskläger, einem
Orthopädieschuhmachermeister und Inhaber eines auf medizinische
Fußpflege orientierten Unternehmens medizinische
Fußpflege aus. Heute beschäftigt
derVerfügungskläger für diese
Tätigkeit eine Podologin. Die Verfügungsbeklagte
ihrerseits ist Inhaberin eines von ihr betriebenen Kosmetiksalons und
hatte an ihrem
Ladenlokal neben der Bezeichnung als „Staatlich geprüfter
Kosmetiker/Staatlich geprüfte Kosmetikerin“ auch mit
der Aufschrift „Medizinische Fußpflegerin“
geworben. Auf Abmahnung des Verfügungsklägers hat sie diese
Werbung entfernt und führt jetzt an ihrem
Ladengeschäft die Werbung „Staatlich anerkannte Kosmetikerin
und medizinische Fußpflege“. Der Verfügungskläger
nimmt sie auf Unterlassung der
Werbung mit dem Begriff „medizinische Fußpflege“ in
Anspruch und hat die Ansicht
vertreten, diese Werbung verstoße gegen § 3 UWG. Mit dem
Angebot der Dienstleistung werbe die
Verfügungsbeklagte damit, über eine entsprechende
Qualifikation als Medizinische Fußpflegerin
oder Podologin zu verfügen, was jedoch nicht der Fall sei.
3
Er hat beantragt,
der Antragsgegnerin wird es bei Meldung eines für jeden Fall
der Zuwiderhandlung fälligen Ordnungsgeldes bis zu 20.000,00 ERU –
ersatzweise Ordnungshaft bis zu 6 Monaten (oder Ordnungshaft bis zu 6 Monaten), im Wiederholungsfall bis
zu 2 Jahren – untersagt, sich im geschäftlichen Verkehr zu
Wettbewerbszwecken zur Kennzeichnung Ihres auf kosmetische Behandlung ausgerichteten
Geschäftsbetriebes der Bezeichnung „medizinische Fußpflege“ zu bedienen.
Die Verfügungsbeklagte hat beantragt,
den Antrag zurückzuweisen.
Sie hat sich darauf berufen, mit ihrer Werbung nur anzuzeigen, welche
Tätigkeiten sie im Rahmen ihres Kosmetiksalons ausführe.
Das Landgericht hat den Antrag auf Erlass einer einstweiligen
Verfügung zurückgewiesen und hat die Werbung der Verfügungsbeklagten nicht als
irreführend i. S. des § 3 UWG angesehen.
Die Reglungen des Podologengesetzes seien eine
Berufszugangsvoraussetzung. Sie schlössen es nicht aus, dass andere Personen weiterhin
fußpflegerische Leistungen im Rahmen der allgemeinen rechtlichen Regelungen anbieten
dürften. Deshalb sei ihnen auch die Bezeichnung der Tätigkeit als „medizinische
Fußpflege“ nicht verwehrt. Dadurch würden
auch die angesprochenen Verkehrskreise nicht irregeführt.
Mit der Berufung verfolgt der Verfügungskläger sein
ursprüngliches Begehren weiter und ist der Ansicht, die Aussiegung des Podologengesetzes durch das Landgericht
Dessau sei zu eng. Der Schutz des Gesetzes umfasst über die Berufszeichnung als
Medizinische Fußpflegerin oder medizinischen Fußpfleger hinaus auch die Tätigkeit
selbst. Daher liege auch ein Verstoß gegen das Heilmittelwerbegesetz vor.
Die Verfügungsbeklagte verteidigt das angefochtene Urteil
unter weiterer Darlegung von ihr durchgeführter zusätzlicher Fortbildungen im Bereich
der medizinischen Fußpflege.
II.
Die Berufung des Verfügungsklägers ist
zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt und auch begründet worden (§§ 511, 517, 519,
520). Sie erweist sich in der Sache jedoch als unbegründet. Die Verfügungsbeklagte wirbt nicht irreführend i. S.
des § 3 UWG, denn sie ist auch ohne Podologin oder Medizinische Fußpflegerin i. S. des Gesetzes
über den Beruf der Podologin und des Podologen vom 04. Dezember 2001 (BGBI. i. S. 3320) (Podologengesetz
– PodG) zu sein berechtigt, Leistungen im Bereich der medizinischen Fußpflege
anzubieten.
Bereits in der
Begründung des Gesetzentwurfes zum PodG führte die
Bundesregierung aus: Da die Bundesregierung keine Grundlage dafür
sieht, die
Tätigkeit auf dem Gebiet der medizinischen Fußpflege als
vorbehaltene Aufgabe zu schützen,
hätte die weiterhin uneingeschränkt mögliche Verwendung
der Berufsbezeichnung „Medizinischer
Fußpfleger“ neben dem neuen bundeseinheitlichen Beruf der
Podologin/des Podologen bei den Patienten
aber auch dem die Behandlung veranlassenden Arzt keine deutliche
Abgrenzung zur Folge.
Auch die geplante gesetzliche Reglung schließt die Bezeichnung
der Behandlung
als medizinische Fußpflege z. B. auf ihrem Praxisschild nicht aus
(kursiv gesetzt vom Senat); jedoch
gewährleistet die neue Berufsbezeichnung dem Patienten auf die
Zukunft gesehen eine Abgrenzung
der Behandler (BT-Drucks. 14/5593, S. 9). Die Beschlussempfehlung und
der Bericht des
Ausschusses für Gesundheit formulieren: „Die Personen, die
nicht zur
Führung der Berufsbezeichnung berechtigt sind, können jedoch
weiterhin
fußpflegerische Leistungen im bisherigen Umfang anbieten.“
(BT-Drucks. 14/7107, S. 2). Diese Intention des
Gesetzgebers ist – soweit ersichtlich – nicht umstritten
(z. B. Das Deutsche Bundesrecht, I K 35,
Erläuterungen zum PodG von Kurtenbach, S. 10; OVG NRW zitiert nach
Juris Nr. MWRE 203011364). Von dieser Rechtslage ausgehend ist die
Verfügungsbeklagte
dann auch berechtigt, diese Leistungen zu bewerben. Der Senat folgt den
Erwägungen des
Landgerichts in den Entscheidungsgründen des angefochtenen
Urteils, wenn dort
ausgeführt wird: „Den angesprochenen Verkehrskreisen ist die
Tatsache, dass die
Führung der Berufsbezeichnung eines Podologen besondere
Voraussetzungen hat, nicht bekannt. Die
angesprochenen Verkehrskreise werden sich danach orientieren, ob durch
den
Gewerbetreibenden entsprechende fußpflegerische Leistungen
angeboten werden,
ihnen dürfte es nicht maßgeblich und vorrangig darauf
ankommen, bereits aus der Werbung ersehen zu
können, ob derjenige über die erforderlichen Qualifikationen
bzw. die Berechtigung
zur Führung der Berufsbezeichnung verfügt. Soweit sich durch
die
Unterscheidung möglicherweise ein Abrechnungsproblem stellt, ist
auch das für die angesprochenen
Verkehrskreise nicht relevant“. Es entspricht auch den
Erfahrungen der Mitglieder des Senats, dass den
angesprochenen Verkehrskreisen die Berufsbezeichnung einer
Podologin/eines Podologen
und die Voraussetzungen hierfür weitgehend unbekannt sind und sie
daher mit der streitgegenständlichen Werbung nicht die Erwartung
verbinden,
die Tätigkeit werde von einer Podologin/einem Podologen oder
Medizinischen Fußpfleger(in)
nach dem Verbildungsprofil des Podologengesetzes wahrgenommen. Ob dies
in der Zukunft durch eine weitgehende Durchsetzung des
Berufsbilds der Podologin/des Podologen und damit verbundene
Erwartungen in den
angesprochenen Verkehrskreisen anders zu beurteilen sein wird, ist
derzeit nicht
entscheidungserheblich. Wenn dies aber so ist, so ist die Werbung der
Verfügungsbeklagten auch kein Verstoß gegen
§ 3 Nr. 3 a oder b des Heilmittelwerbegesetzes (HWG). Dieses ist
zwar
nach § 1 Abs. 1 Nr. 2 HWG grundsätzlich anwendbar, denn bei
medizinischer
Fußpflege handelt es sich um eine Behandlung, die unter Anwendung
heilkundlicher Kenntnisse am Menschen
der Erkennung, Beseitigung oder Linderung von Krankheiten, Leiden,
Körperschäden oder krankhaften Beschwerden dient, wobei keine
strengen Anforderungen an die
heilkundlichen Kenntnisse gestellt werden dürften (vgl. die
Ausführungen und
Beispiele bei Gröning, Heilmittelwerberecht, § 1
(Anwendungsbereich), Rdn. 193 a. A.). Im vorliegenden Fall
wird aber nach dem oben Gesagten weder über die Tätigkeit als
solche
getäuscht noch über die Vorbildung desjenigen, der sie
ausübt. Die Berufung bleibt somit ohne Erfolg und ist
zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 ZPO.
Das Urteil ist mit der Verkündung rechtskräftig
(§ 542 Abs. 2 ZPO) und daher ohne einen gesonderten Ausspruch vollstreckbar (§ 704 Abs. 1, 1. Altern.
ZPO).
Der Streitwert entspricht dem des ersten Rechtszuges (§ 3 ZPO).
gez. Dr. Zettel gez. Corcillus gez. Baumgarten