Google AdWord - Ad Sense; Wettbewerbsrecht - Markenrecht
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Aktenzeichen: 6 W 59/04
Entscheidung vom: 8. Juni 2004
OBERLANDESGERICHT
KÖLN
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In dem Verfahren auf Erlass einer einstweiligen Verfügung
...
hat der 6. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Köln unter
Mitwirkung seiner Mitglieder ... am 8.6.2004
beschlossen:
1.) Auf die sofortige Beschwerde der Antragstellerin wird der am
18.3.2004 verkündete Beschluss der 31. Zivilkammer des
Landgerichts Köln - 31 O 9/04 - abgeändert und wie
folgt neu gefasst:
Die Kosten des Verfahrens auf Erlass einer einstweiligen
Verfügung hat die Antragsgegnerin zu tragen.
2.) Die Kosten des Beschwerdeverfahrens hat die Antragsgegnerin zu
tragen.
G
R Ü N D E
I
Die
Parteien stehen sich
als Vertreiber von Flüssiggas
gegenüber. Die Antragstellerin, die u.a. die Internet-Domain
www.q.de hält, hat eine über die Suchmaschine
„Google“ geschaltete Werbung der
Antragsgegnerin beanstandet. Bei Eingabe des Suchbegriffes
„Q.“ erschien neben der Trefferliste zu diesem
Suchbegriff und deutlich abgesetzt von dieser auf der rechten
Seite des Bildschirms neben anderen die
verfahrensgegenständliche Werbeanzeige der
Antragsgegnerin, in der auch deren Internet-Domain
„www.h.de“ angegeben war. Dies beruhte auf dem
Umstand, dass die Antragsgegnerin die Werbung über das
sogenannte „Keyword Advertising“ Verfahren
geschaltet hatte, das von Google angeboten wird. Dabei gibt der
Werbende eine Anzahl von Suchbegriffen als sogenannte
„Keywords“ an, bei deren Aufruf die Anzeige neben
der Trefferliste geschaltet werden soll. Entscheidet sich der Werbende
im Rahmen der Schaltung der Anzeige für die Option
„weitgehend passende Keywords“,
so erscheint die Werbung nicht nur bei Aufruf exakt des vorher
bestimmten Schlüsselwortes, sondern auch dann, wenn
sinngemäß ähnliche Begriffe von dem die
Suchmaschine verwendenden Internetnutzer als Suchbegriffe eingegeben
werden. Aufgrund dieser Funktion ist es auch zu der von der
Antragstellerin beanstandeten Werbung gekommen: nachdem die
Antragsgegnerin gegenüber Google als Keyword u.a. den Begriff
„Flüssiggas“ angegeben hatte, hat das
System die Werbung auch bei Aufruf des nicht von der
Antragsgegnerin als Keyword angegebenen Suchwortes
„Q.“ gezeigt.
Die Antragstellerin, die „Q.“ als schlagwortartigen
Hinweis auf ihren Geschäftsbetrieb verwendet
und eine Wort/Bildmarke „Q.“ hält, sieht
in dieser Werbung einen Verstoß gegen §§
14,15 MarkenG sowie §§ 1,3 UWG. Auf ihre Abmahnung
hat die Antragsgegnerin das Auftauchen der Werbung als
„kurios“ bezeichnet, die Abgabe einer
strafbewehrten Unterlassungserklärung aber abgelehnt.
Das Landgericht hat die daraufhin beantragte einstweilige
Verfügung - gestützt auf §§ 14,15
MarkenG - im Beschlusswege erlassen und zur Begründung
ausgeführt, die Störerhaftung der Antragsgegnerin
folge jedenfalls daraus, dass sie nach Erlangung positiver Kenntnis von
dem Störungszustand gegen diesen nicht eingeschritten sei.
Im Widerspruchsverfahren hat die Antragsgegnerin unwidersprochen
vorgetragen, sie habe die Betreiberin der Suchmaschine veranlasst, die
verfahrensgegenständliche Werbung bei Aufruf des Suchbegriffes
„Q.“ nicht mehr auf dem Bildschirm in Erscheinung
treten zu lassen. Nachdem sie im Termin zur mündlichen
Verhandlung ergänzend erklärt hatte, sei werde die
Bezeichnung „Q.“ auch zukünftig nicht als
„Suchwort“ (gemeint war offenbar:
„Keyword“) für den von ihr bei Google
geschalteten Werbeauftritt verwenden, haben die Parteien das Verfahren
übereinstimmend für erledigt
erklärt und wechselseitig Kostenanträge gestellt.
Durch den angefochtenen Beschluss vom 18.3.2004 hat die Kammer
daraufhin die Verfahrenskosten mit der Begründung der
Antragstellerin auferlegt, die Verknüpfung sei zwar im Sinne
von § 1 UWG unlauter, die Antragsgegnerin sei aber zu keiner
Zeit Störerin gewesen, weil sie nicht habe damit rechnen
können, dass aus dem von ihr angegebenen Keyword
„Flüssiggas“ das erweiterte Keyword
„Q.“ generiert werden würde. Eine Haftung
sei daher erst ab der Kenntnisnahme von diesem Umstand in
Betracht gekommen, umgehend nach diesem Zeitpunkt habe die
Antragsgegnerin aber die Abschaltung der Werbung veranlasst.
Zur Begründung ihrer sofortigen Beschwerde trägt die
Antragstellerin u.a. vor, die Antragsgegnerin habe dadurch, dass sie
die Option „weitgehend passende Keywords“
gewählt habe, das Auftauchen der Werbung auch unter dem
Suchbegriff „Q.“ ermöglicht und
müsse deswegen hierfür einstehen.
Die Antragsgegnerin verteidigt den angefochtenen Beschluss und meint,
bei der Erweiterung der Keywords aufgrund der angesprochenen Option
handele es sich um einen dynamischen Prozess, auf den sie keinen
Einfluss gehabt habe.
II
Die gem. § 91 a Abs.2 ZPO statthafte sofortige Beschwerde ist
zulässig und begründet. Die Kosten sind der
Antragsgegnerin aufzuerlegen, weil die einstweilige Verfügung
bei streitigem Fortgang des Verfahrens aufrechtzuerhalten gewesen
wäre und es billigem Ermessen im Sinne des § 91 a
Abs.1 ZPO entspricht, die Kosten der bei Fortsetzung des Verfahrens
voraussichtlich unterlegenen Partei aufzuerlegen.
Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung - an
dessen Dringlichkeit mit Blick auf die nicht widerlegte Vermutung des
§ 25 UWG nicht zu zweifeln ist - war zumindest aus §
1 UWG begründet. Die angegriffene Werbemaßnahme
stellt sich unter den Gesichtspunkten sowohl des unzulässigen
Anhängens an einen fremden guten Ruf als auch der
unzulässigen Kundenumleitung als gem. § 1 UWG
sittenwidrig dar. Aus diesem Grunde kann offen bleiben, ob in der
Angabe des Keywords „Flüssiggas“ bei
gleichzeitiger Wahl der Option „weitgehend passende
Keywords“ - wie die Kammer zunächst
angenommen hat - auch eine Verletzung der Marke der Klägerin
oder von deren geschäftlicher Bezeichnung im Sinne der
§§ 14,15 MarkenG liegt.
1.) Die Anlehnung an einen fremden guten Ruf ist nach gefestigter
Rechtsprechung zwar nicht per se, aber dann unzulässig, wenn
weitere Umstände hinzukommen, auf Grund derer das Vorgehen als
sittenwidrig anzusehen ist (vgl. z.B. BGH GRUR 99, 923,927 -
„Tele-Info-CD“). Ebenso ist das Umleiten von Kunden
nur dann wettbewerbswidrig, wenn es unter Würdigung aller
weiter hinzukommenden Umstände als sittlich verwerflich
anzusehen ist (vgl. BGH GRUR 86,547 f -
„Handzettelwerbung“; 87,532 f, -
„Zollabfertigung“). Die danach gebotene
Gesamtwürdigung aller Umstände des Einzelfalles
belegt indes die Unlauterkeit der Werbung. Diese erschien (auch) bei
Eingabe des Suchwortes „Q.“ in die
entsprechende Eingabemaske der Suchmaschine Google. Der Internetnutzer
hatte damit bei der Eingabe des Suchwortes denjenigen
Begriff gewählt, der die geschäftliche Bezeichnung
der Antragstellerin sowie den prägenden Bestandteil
von deren Wort/Bildmarke darstellt. Ihm wurden deswegen auf der
Trefferliste die Internetauftritte der Antragstellerin angegeben.
Gleichzeitig präsentierte ihm die Suchmaschine aber auch -
nämlich auf der rechten Bildhälfte - die
Werbung der Antragsgegnerin. Diese war so gestaltet, dass der
Internetnutzer zumindest in nicht unerheblicher Zahl
angenommen haben wird, es handele sich bei der Antragsgegnerin
zwar um ein eigenständiges Unternehmen,
dieses arbeite aber mit der Antragstellerin in einer bestimmten, wenn
auch nicht näher erkennbaren Form zusammen. Denn die Werbung
betraf mit Flüssiggas gerade auch das Produkt der
Antragstellerin und befasste sich im übrigen mit dem Angebot
von „Kauftanks“, also solchen für das Gas
zu verwendenden Tanks, die nicht zu mieten, sondern zu
käuflich zu erwerben sind. Auf diese Weise ist der Eindruck
entstanden, die Antragsgegnerin biete in Zusammenarbeit mit der
Antragstellerin die Tanks an, die der Kunde für das von dieser
zu beziehende Gas benötige. Das stellt eine
unzulässige Anlehnung an den guten Ruf der Antragstellerin
dar. Dass diese sich einen zumindest gewissen guten Ruf erworben hat,
ist nach der Lebenserfahrung aus ihrer unbestrittenen
mehrjährigen Geschäftspräsenz und ihrem
Auftreten unter „Q.“ in vielen Werbemitteln
anzunehmen. Es liegt damit eine vergleichbare Fallkonstellation vor wie
diejenige, die der Entscheidung des LG Hamburg (CR 00, 392) zugrunde
lag, die allerdings den Ruf eines bekannten, weltweit tätigen
Unternehmens zum Gegenstand hatte. Ebenso ist in dem Vorgehen
- wie es das LG Berlin in einem ebenfalls vergleichbaren Fall
zusätzlich angenommen hat (K & R 01,171) - eine
sittenwidrige Umleitung von Kunden zu sehen. Denn der Internet-Nutzer,
der die besondere Geschäftsbezeichnung gerade der
Antragstellerin auf der Suche nach deren Internetauftritt als
Suchwort eingegeben hatte, wurde so veranlasst, sich nicht wie
beabsichtigt der Präsentation der Antragstellerin, sondern
auch derjenigen der mit dieser konkurrierenden Antragsgegnerin
zuzuwenden. Die Verknüpfung ist daher unter diesen
Gesichtspunkten als unlauter anzusehen (vgl. auch Michael, K &
R 01,172; Ubber/Jung-Weiser, Markenrecht im Internet, S.189,191).
Dieser Auffassung des Senats steht die in K & R 01,173
veröffentlichte Entscheidung des LG Frankfurt nicht
entgegen, weil in jenem Fall ein Gattungsbegriff und nicht -
wie im vorliegenden Verfahren - eine geschäftliche Bezeichnung
der dortigen Klägerin als Keyword geschaltet worden war.
2.) Die Antragsgegnerin war entgegen der Auffassung der Kammer auch
zumindest Störerin. Als solcher haftet nach gefestigter
Rechtsprechung derjenige, der willentlich und adäquat kausal
an der Herbeiführung eines Zustandes mitgewirkt hat, der die
rechtswidrige Beeinträchtigung eines Dritten zur Folge hat,
sofern er die rechtliche Möglichkeit hat, die
Störungshandlung zu verhindern (vgl. BGH GRUR 94,441,443 -
„Kosmetikstudio“; WTRP 02, 2309; GRUR 97,313,315 -
„Architektenwettbewerb“; 9202 03, 969, 970 f.
– „Ausschreibung von
Vermessungsleistungen“).
Diese Voraussetzungen liegen vor. Die Antragsgegnerin hat die Werbung
in Wettbewerbsabsicht geschaltet. Auf Grund dieser Schaltung ist der
vorbezeichnete Störungszustand eingetreten. Den Eintritt
dieses Zustandes konnte die Antragsgegnerin auch verhindern. So lag es
zunächst in ihrer freien Entscheidung, die spezielle Werbeform
des „Keyword Advertising“ in einer
Suchmaschine überhaupt zu wählen oder dies nicht zu
tun. Zudem enthielt das Angebot von Google, im Wege des
„Keyword Advertising“ zu werben, sogar
mehrere Möglichkeiten, die Gefahr von
Beeinträchtigungen der Wettbewerber der hier in Rede
stehenden Art zu verhindern. So stand es der Antragsgegnerin frei, auf
die Funktion der „weitgehend passenden Keywords“,
die das Erscheinen der Werbung bei Eingabe des Suchwortes
„Q.“ bewirkt hat, ganz zu verzichten. Es handelt
sich dabei nach der ausdrücklichen Beschreibung des
Suchmaschinenbetreibers unter „Google Adwords“
lediglich um eine Option. Diese stellt zwar die
„Standardoption“ dar, die Antragsgegnerin
hätte aber die Möglichkeit gehabt, durch
ausdrückliche Abwahl von dieser Funktion Abstand zu nehmen.
Überdies bestand die Möglichkeit, durch die Wahl der
Option „ausschließendes Keyword“ und die
dortige Angabe der geschäftlichen Bezeichnung der
Antragstellerin sicherzustellen, dass die Werbung bei der Eingabe
dieser Bezeichnung auch als „weitgehend passendes
Keyword“ nicht auf dem Bildschirm erschien. Das gilt auch
angesichts des im Rahmen dieses Verfahrens erteilten Hinweises von
Google (Anl. AST 10), dass ein vollständiger Schutz der
Antragstellerin vor Werbeeinblendungen nur unter
deren Mitwirkung hätte erreicht werden können. Denn
jedenfalls durch die hier allein verfahrensgegenständliche
Werbung wäre die Antragstellerin bei Zugrundelegung der
Angaben der Betreiberin der Suchmaschine dann nicht behindert worden,
wenn die Bezeichnung „Q.“ ihr gegenüber
von der Antragstellerin als ausschließendes Keyword angegeben
worden wäre. Sofern die Antragsgegnerin - was angesichts der
Reaktion ihrer vorgerichtlichen Bevollmächtigten auf die
Abmahnung der Antragstellerin möglich erscheint - von der
Möglichkeit der Auswahl mehrerer Optionen und von deren
Funktion keine Kenntnis gehabt haben sollte, haftet sie deswegen, weil
sie dann eine Werbeform in bewusster Unkenntnis von deren Ausgestaltung
gewählt und so das Risiko wettbewerbsrechtlicher
Störungen in Kauf genommen hat.
Entgegen der in dem Nichtabhilfebeschluss der Kammer vom 17.5.2004
angeführten Auffassung war die Sicherstellung, dass die
Werbung bei Eingabe des Suchbegriffes „Q.“ nicht
erscheinen würde, der Antragsgegnerin auch nicht unzumutbar.
Das gilt schon wegen der aufgezeigten Möglichkeiten zum einen
des Abstandnehmens von dieser Werbeform und zum anderen der Angabe von
„Q.“, der geschäftlichen Bezeichnung eines
Wettbewerbers der Antragsgegnerin, als ausschließendes
Keyword. Im übrigen bestand - worauf die Kammer zu Recht
hingewiesen hat - ausweislich des Internetauftrittes der Betreiberin
der Suchmaschine (Bl.52) für die Antragsgegnerin als
Inserentin die Möglichkeit, sich die zu dem Keyword
„Flüssiggas“ weitgehend passenden Keywords
anzeigen zu lassen, nach deren Eingabe als Suchbegriff die
Werbung auch erschien. Es ist zweifelhaft, ob es der Antragsgegnerin -
wie die Kammer gemeint hat - unzumutbar gewesen sein könnte,
die sich verändernde Liste dieser „weitgehend
passenden Keywords“ in Abständen zu
überprüfen. Das kann aber dahinstehen. Denn es ist
mangels anderer Anhaltspunkte davon auszugehen, dass die Werbung von
Anfang an bei Eingabe von „Q.“ in die Suchmaschine
geschaltet worden ist, weil es sich bei diesem Begriff nach den
Kriterien eben um ein zu „Flüssiggas“
weitgehend passendes Keyword handelt.
Die Entscheidung über die Kosten des Beschwerdeverfahrens
beruht auf § 91 Abs.1 ZPO.
Der Beschwerdewert wird auf einen Betrag zwischen 8.001 € und
bis 9.000 € festgesetzt. Den Wert der Beschwer bildet die
Summe der Kosten, die bis zur übereinstimmenden
Erledigungserklärung angefallen sind. Diese belaufen sich bei
dem von der Kammer festgesetzten Ausgangswert von 100.000 €
auf einen Betrag innerhalb der Spanne von 8.001 und 9.000 €,
die eine Gebührenstufe bildet.
Unterschriften