Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
Oberlandesgericht
Hamburg
Beschluss
Tenor:
Auf
die Beschwerde des Antragsgegners vom 12.12.03 wird der Beschluss des
Landgerichts Hamburg, Zivilkammer 8, vom 03.12.2003
abgeändert.
Der Streitwert wird auf € 6.000.- festgesetzt.
Die
weitergehende Beschwerde wird zurückgewiesen.
Gründe:
Die
gem. § 25 Abs. 3 GKG zulässige Streitwertbeschwerde
des Antragsgegners ist nur zu einem Teil auch begründet.
1.
Das
Landgericht hat den Ausgangsstreitwert in Höhe von €
6.000.-
richtig festgesetzt und diese Festsetzung in dem Nichtabhilfebeschluss
vom 18.12.2003 zutreffend begründet. Die Ausführungen
des
Antragsgegners in seinem Schriftsatz vom 02.01.04 rechtfertigen keine
abweichende Entscheidung. Sie geben dem Senat Anlass zu folgender
Ergänzung.
Der
Senat
hält auch unter Berücksichtigung des
Beschwerdevorbringens an
seiner Auffassung zu den für die Streitwertbestimmung
maßgeblichen Faktoren fest. Ausgangspunkt für die
Bemessung
des Streitwerts ist das Interesse der Antragstellerin an der
Rechtsdurchsetzung bei einer „ex-ante“-Betrachtung.
Dieses
Interesse ist weder auf einen Vertragsschluss mit dem Antragsgegner als
Rechtsverletzer gerichtet noch wird es durch die möglichen
Einnahmen der Antragstellerin durch einen solchen Vertragsschluss
begrenzt. Vielmehr geht es der Antragstellerin erkennbar um die
wirkungsvolle Abwehr nachhaltiger und eklatanter
Verstöße
gegen ihre geistigen Schutzrechte und ihre daraus resultierenden
Vermögenspositionen. Zwar weist der Antragsgegner zutreffend
darauf hin, dass ihm nur einzelne Verstöße
anzulasten sind
und er grundsätzlich nicht für andere Rechtsverletzer
einzustehen hat. Gleichwohl ist die Antragstellerin nicht gehindert,
bei der Bemessung des gerichtlichen Streitwerts den Gedanken einer
wirkungsvollen Abschreckung angemessen zu berücksichtigen.
Denn
die Verteidigung von Urheberrechten beschränkt sich nicht auf
das
Verfolgungsinteresse innerhalb des jeweiligen (potenziellen)
Lizenzverhältnisses. Dementsprechend hat der Gesetzgeber mit
den
gesetzlichen Modifikationen des urheberrechtlichen Schutzes durch das
„Gesetz zur Stärkung des Schutzes des geistigen
Eigentums
und zur Bekämpfung der Produktpiraterie“ vom
07.03.1990 mit
aller Deutlichkeit zum Ausdruck gebracht, dass die Unterbindung der
(massenhaften) Missachtung geistiger Schutzrechte ein wichtiges
Anliegen der Allgemeinheit ist. Die Bedeutung dieses
gesamtgesellschaftlichen Interesses wird dadurch unterstrichen, dass im
Rahmen von § 106 Abs. 1 UrhG – wenngleich verfolgbar
nur auf
Strafantrag – bereits der Versuch der Begehung einer
urheberrechtsverletzenden Handlung mit Freiheitsstrafe bedroht ist.
Hierunter fallen nach dem Gesetzeswortlauf auch reine zivilrechtliche
Vertragsverstöße. Diese weitgehende strafrechtliche
Sanktionierung ansonsten – im allgemeinen Zivilrecht -
straflosen
Verhaltens lässt unschwer erkennen, dass ein
maßgebliches
Ziel der Novelle des Urheberrechts durch das Produktpirateriegesetz die
Abschreckung gleichartiger Rechtsverletzungen ist.
Der
Senat
hält an seiner Auffassung fest, dass diese gesetzgeberische
Intention nachhaltig auch bei der Streitwertbemessung
Berücksichtigung zu finden hat, und zwar auch
gegenüber
Rechtsverletzern, deren individueller Verstoß – wie
derjenige des Antragsgegners – nicht sehr erheblich ist. Da
sich
die strafrechtliche Verfolgung derartiger
„Bagatelldelikte“
angesichts der heute verbreiteten Überlastung der
Strafverfolgungsbehörden trotz des gesetzlich verbrieften
Sanktionsanspruchs häufig als „stumpfes
Schwert“
erweisen wird, hat der Urheber ein legitimes Interesse daran, dass in
der Gesamtbevölkerung bzw. den speziellen Kreisen der
Verletzer
kein Zweifel über die Tatsache aufkommen kann, dass entdeckte
Urheberrechtsverletzungen – sei es durch die Kosten einer
vorgerichtlichen Abmahnung
oder die Kosten eines gerichtlichen
Rechtsstreits – empfindlich kostspielig werden
können. Im
Übrigen belastet eine durch die Streitwertfestsetzung bewirkte
angemessene Abschreckung den Verletzer in seinem gesellschaftlichen
Achtungsanspruch deutlich weniger als die ansonsten gebotene Einleitung
eines Strafverfahrens. Mit diesem Verständnis der
streitwertbestimmenden Faktoren bei der urheberrechtsverletzenden
Nutzung von Stadtplanausschnitten befindet sich der Senat auch im
Einklang mit der Auffassung anderer Oberlandesgerichte.
2.
Bei einer
Gesamtwürdigung dieser Umstände hat das Landgericht
auch nach
Auffassung des Senats den Streitwert beanstandungsfrei auf €
6.000.- für einen Verstoß festgesetzt. Der
vorgenommenen
Erhöhung auf € 9.000.- für zwei
Verstoßfälle
bedarf es bei der vorliegenden Sachverhaltsgestaltung nach Auffassung
des Senats allerdings nicht. Denn bereits die Höhe des
Ursprungsstreitwerts wird nicht in erster Linie von der Höhe
entgangener Lizenzeinnahmen, sondern – wie dargelegt - auch
von
Abschreckungsgesichtspunkten bestimmt. In diesem Rahmen ist es
für
die Frage der Streitwertberechnung jedenfalls dann ohne
ausschlaggebende Bedeutung, ob der Beklagte nicht nur einen
Kartenausschnitt, sondern zwei Ausschnitte unbefugt verwertet hat, wenn
es sich bei dem zweiten um eine
Teil-Vergrößerungsansicht
des ersten Ausschnitts handelt.
Angesichts
der
Tatsache, dass etwa das Kammergericht mit Beschluss vom 19.12.2003
einen vergleichbaren Einzelverstoß mit einem Streitwert von
€ 10.000.- bemessen hat (5 W 367/03), liegen die von dem
Landgericht festgesetzten Werte noch im unteren Bereich der nach
Sachlage vertretbaren Beträge.
Die
Entscheidung ergeht gerichtskostenfrei; Kosten werden nicht erstattet
(§ 25 Abs. 4 GKG).