Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
Oberlandesgericht
Frankfurt am Main
IM
NAMEN DES VOLKES
URTEIL
Entscheidungsgründe
1.
… Als
unmittelbar von einer zu Wettbewerbszwecken begangenen Handlung
betroffen sind Mitbewerber anzusehen, die zu dem Handelnden selbst oder
einem durch dessen Handlung geförderten Dritten in einem
konkreten
Wettbewerbsverhältnis stehen (BGH, GRUR 2001, 258 = NJW 2001,
522
- Immobilienpreisgaben; GRUR 1998, 1039 = NJW 1998, 3203 -
Fotovergrößerungen; GRUR 1990, 375 = NJW-RR 1990,
479 -
Steuersparmodell). Ein konkretes Wettbewerbsverhältnis ist
dann
gegeben, wenn beide Seiten gleichartige Leistungen innerhalb desselben
Abnehmerkreises abzusetzen versuchen mit der Folge, dass das konkret
beanstandete Wettbewerbsverhalten den Mitbewerber
beeinträchtigen,
d.h. im Absatz behindern oder stören kann (BGH, GRUR 2001, 258
=
NJW 2001, 522 - Immobilienpreisgaben; GRUR 1999, 69 = NJW 1998, 3561 -
Preisvergleichsliste II).
In
einem solchen
Verhältnis stehen die wirtschaftlich Beteiligten - die Kl. und
die
„Hausanwälte“ der Bekl. - nicht: Dem steht
schon die
örtliche Trennung, die weite räumliche Entfernung der
beiden
Kanzleien entgegen. Der Personenkreis, um dessen Mandate die Kl. sich
mit den von der Bekl. „empfohlenen“
Anwälten im
Wettbewerb sehen, wird im absoluten Regelfall keine Wahl zwischen den
Kl. einerseits und den „Hausanwälten“ der
Bekl.
andererseits in Erwägung ziehen.
Privatleute
-
wie sie im Streit um ärztliche oder zahnärztliche
Gebühren ja zwangsläufig auf einer Seite stehen -
pflegen in
aller Regel ortsnah tätige Anwälte aufzusuchen; das
ist
Erfahrung der sämtlich langjährig richterlich
tätigen
Mitglieder des Senats. Ortsfern ansässige
„Spezialanwälte“ werden von Privatleuten
nur
ausnahmsweise in wirtschaftlich bedeutsamen Angelegenheiten in Anspruch
genommen; in den Kreis solcher Angelegenheiten gehören
Streitigkeiten um ärztliche oder zahnärztliche
Gebühren
mit ihrem regelmäßig sehr begrenzten Streitwert
nicht.
Zu
einer
wettbewerblichen Berührung in diesem Sinn kann es mit
relevanter
Wahrscheinlichkeit auch nicht auf der Grundlage der von der Kl.
hervorgehobenen besonderen Bedingungen ihrer Tätigkeit kommen.
Zu
Gunsten der Kl. kann unterstellt werden, dass - wie Rechtsanwalt V
eidesstattlich versichert hat - die Kl. „in erster Linie
…
als anwaltlicher Vertreter … der Firmengruppe G …
tätig (sind und sich) u.a. mit der Beitreibung unbezahlt
gebliebener Forderungen … im zahnärztlichen Bereich
… (befassen und) … ein enger Kontakt zu den
einzelnen
Behandlern (entsteht), und wenn (die Kl.) nach gründlicher
Überprüfung zum Ergebnis gelangen, dass die
Abrechnung des
Verhandlers korrekt ist, … dem Patienten die
außergerichtliche und auch gerichtliche
Unterstützung
(angeboten wird).“
Diese
Gegebenheiten und Gepflogenheiten begründen kein
Wettbewerbsverhältnis der beiden Anwaltskanzleien. Angesichts
der
großen Zahl von Privatversicherern und Abrechnungsunternehmen
und
der fast unübersehbaren Vielzahl von Anwaltskanzleien, weiter
angesichts der Tatsache, dass Privatleute in aller Regel
ortsansässige Anwälte mit der Vertretung ihrer
Interessen zu
beauftragen pflegen, bleibt die Möglichkeit, dass sich die von
den
Kl. geschilderte Konstellation im Verhältnis der Kl. zur Bekl.
und
ihren „Hausanwälten“ verwirklicht, aus
praktischer
Sicht äußerst gering.
Wäre
ein
wettbewerbliches Zusammentreffen der beiden Kanzleien aber - um es
umgekehrt auszudrücken - die absolute Ausnahme, dann kann von
einem unmittelbaren Betroffensein im Wettbewerbsverhältnis
keine
Rede sein; ein solches unmittelbares Betroffensein setzt
nämlich
eine hinreichende Wahrscheinlichkeit dafür voraus, dass sich
die
Beteiligten mit ihrem Leistungsangebot im Markt unmittelbar begegnen
(BGH, GRUR 1998, 1039 = NJW 1998, 3203 -
Fotovergrößerungen).
2.
Die Kl. sind
auch nicht nach § 13 II Nr. 1 UWG klagebefugt. Das Verhalten
der
Bekl. ist nämlich nicht geeignet, den Wettbewerb auf dem
einschlägigen Markt wesentlich zu beeinträchtigen.
Zum einen
ist es in höchstem Maße unwahrscheinlich, dass die
anwaltliche Tätigkeit der Kl. einerseits, der
„Hausanwälte“ der Bekl. andererseits sich
überhaupt im Wettbewerb um dieselben als Mandanten in Betracht
kommenden Personen berühren. Zum anderen ist das im Streit um
ärztliche oder zahnärztliche Gebühren
betroffene
konkrete wirtschaftliche Interesse regelmäßig
vergleichsweise gering. Von einem Interesse der Allgemeinheit an der
Verfolgung eines etwa vorliegenden Wettbewerbsverstoßes,
einer
Eignung, den Wettbewerb auf dem betroffenen Markt wesentlich zu
beeinträchtigen, wird man auf dieser Grundlage nicht ernstlich
sprechen können.