Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
OLG
Frankfurt a. M.
BESCHLUSS
Gründe
Das
zulässige Rechtsmittel ist in der Sache selbst nicht
begründet, denn die Bekl. können sich nicht auf die
sie von
den Kosten des Rechtsstreits entlastende Vorschrift des § 93
ZPO
berufen. Sie können nicht dartun, daß sie - wie
§ 93
ZPO aber voraussetzt - durch ihr Verhalten keine Veranlassung zur
Erhebung der Klage gegeben haben. Ein Beklagter gibt Anlaß
zur
Klageerhebung, wenn er sich vor dem Prozeß so verhalten hat,
daß der Kläger annehmen mußte, nur durch
einen
Prozeß sein Ziel erreichen zu können (vgl. BGH, NJW
1979,
2040 (2041)). Dabei kommt es nicht auf die materielle Rechtslage an,
denn der Rechtsstreit wird nicht aufgrund der materiellen Rechtslage,
sondern gem. § 307 I ZPO aufgrund des Anerkenntnisses des
Bekl.
entschieden (vgl. OLG Schleswig, JurBüro 1982, 1570).
Die
Bekl. hatten
die Rechnung des Kl. vom 12. 10. 1990 vor Rechtshängigkeit des
geltend gemachten Werklohnanspruches nicht beglichen. Der Kl. hatte sie
mehrfach, zuletzt mit Schreiben vom 13. 9. 1993, erfolglos zur Zahlung
der ausstehenden Summe von 17800 DM aufgefordert. Wenn der Schuldner
eine Rechnung des Gläubigers trotz Aufforderung nicht bezahlt,
muß der Gläubiger aus diesem Verhalten
grundsätzlich
auf die Notwendigkeit einer Klage schließen (vgl.
Thomas/Putzo,
ZPO, 17. Aufl., § 93 Anm. 3a).
Die
Bekl. tun
auch nicht substantiiert dar, daß sie keinen Anlaß
zur
Klageerhebung gegeben haben, weil sie diese Rechnung nicht hatten und
sie daher von ihrer Schuld keine Kenntnis hatten, zudem der Anspruch
nach § 16 Nr. 3 I VOB/B nicht fällig war. Es ist
nämlich
Sache der Bekl. darzulegen, daß sie die Rechnung des
Beschwerdegegners vom 12. 10. 1990 nicht erhalten haben. Für
die
Tatbestandsvoraussetzungen des § 93 ZPO tragen
nämlich sie
die Darlegungs- und Beweislast. Daß im Rahmen des §
93 ZPO
die Beklagtenseite die Voraussetzungen des Tatbestandes darzulegen und
beweisen muß, ist im Ansatz in Rechtsprechung und Lehre
anerkannt
(vgl. OLG Hamm, MDR 1987, 329; Thomas/Putzo, § 93 Anm. 3a;
Belz,
in: MünchKomm-ZPO, 1992, § 93 Rdnr. 8;
Stein/Jonas/Bork, ZPO,
21. Aufl. (1994), § 93 Rdnr. 15). Streitig ist allerdings, ob
dies
auch dann gilt, wenn die Veranlassung zur Klagerhebung - wie hier
hinsichtlich der Fälligkeit des Anspruchs nach § 16
Nr. 3 I
VOB/B durch Zugang der Rechnung - von materiellrechtlichen
Voraussetzungen abhing, für die der Kl. darlegungs- und
beweispflichtig ist. Teilweise wird hier die Ansicht vertreten, in
diesem Fall bleibe es auch im Rahmen des § 93 ZPO bei der
Verteilung der Beweislast des materiellen Rechts (vgl. Schneider, Die
Kostenentscheidung im Zivilprozeß, 2. Aufl. (1967), S.
162ff.;
Wieczorek, ZPO, 2. Aufl. (1976), § 93 Anm. B 2a 4). Die
Gegenauffassung steht auf dem Standpunkt, daß im Rahmen der
Kostenvorschrift des § 93 ZPO auch in einem derartigen Fall
der
Bekl. die Darlegungs- und Beweislast zu tragen habe (vgl.OLG Hamm, MDR
1987, 329; Belz, in: MünchKomm-ZPO, § 93 Rdnr. 8).
Diese
Ansicht
hält der Senat für zutreffend, weil sie dem
Ausnahmecharakter
des § 93 ZPO im Verhältnis zur Grundregelung des
§ 91 I
1 ZPO Rechnung trägt. Grundsätzlich hat nach der
zuletzt
genannten Vorschrift die unterlegene Partei die Kosten des
Rechtsstreits zu tragen. Auch wenn die Beklagtenseite aufgrund eines
Anerkenntnisses verurteilt wird, unterliegt sie in der Hauptsache. Dies
hat mithin nach der Grundregel des § 91 ZPO die Folge,
daß
die Beklagtenseite die Kosten des Rechtsstreits zu tragen hat. Hiervon
macht § 93 ZPO eine Ausnahme zu Gunsten der Beklagtenseite.
Hat
sie keine Veranlassung zur Klageerhebung gegeben und den geltend
gemachten Anspruch sofort anerkannt, hat der Kl. die Kosten des
Rechtsstreits zu tragen, obwohl er in der Hauptsache obsiegt. Schon
nach den allgemeinen Beweislastregeln muß diejenige Partei,
die
sich auf einen Ausnahmetatbestand beruft, dessen
Tatbestandsvoraussetzungen darlegen und beweisen (OLG Hamm, MDR 1987,
329).
Bei
der
Ausgestaltung der danach die Bekl. treffenden Darlegungs- und
Beweislast ist allerdings zu berücksichtigen, daß
die
Beklagtenseite eine negative Tatsache darzulegen hat. Dies
führt
zwar nicht zu einer Umkehr der Darlegungs- und Beweislast zu Lasten des
Kl. Indessen kann die Beklagtenseite sich zunächst mit dem
schlichten Behaupten der negativen Tatsache begnügen. Nach dem
auch im Prozeßrecht gültigen Grundsatz von Treu und
Glauben
(§ 242 BGB) ist die Gegenpartei sodann ausnahmsweise
verpflichtet,
diesen Vortrag qualifiziert zu bestreiten. Das findet seine
Rechtfertigung darin, daß die Gegenpartei die für
einen
qualifizierten Vortrag notwendige Informationen besitzt oder sie sich
jedenfalls leichter beschaffen kann als die darlegungspflichtige
Partei. Im Anschluß daran muß jedoch die
darlegungspflichtige Partei ihren Vortrag substantiieren und
detailliert auf das Bestreiten der Gegenpartei eingehen (vgl. BGH, NJW
1987, 1201, 2008 (2009); 1990, 3151 (3152); Zöller/Greger,
ZPO,
18. Aufl. (1993), § 138 Rdnr. 10).
Diesen
Anforderungen haben die Bekl. indessen nicht entsprochen. Denn die
Bekl. haben nicht schlüssig dargelegt, daß sie die
Rechnung
des Beschwerdegegners vom 12. 10. 1990 nicht erhalten haben. Der Kl.
hat auf die entsprechende Behauptung der Bekl. erwidert, er habe die
Rechnung dem Ehemann der Bf. zu 3 ein bis zwei Tage nach dem 12. 10.
1990 in den Büroräumen der Bekl. zu 1 in X.
persönlich
übergeben. Der Rechnung seien Aufmaß und
Abrechnungspläne beigefügt gewesen. Zudem habe er
noch
umfangreiche Unterlagen bezüglich weiterer Bauvorhaben
überreicht. Der Ehemann der Bekl. zu 3 habe ihm seinerzeit
für die Bekl. zu 1 den Auftrag erteilt und habe auch in der
Folgezeit als Ansprechpartner fungiert. Er sei als freier Mitarbeiter
und Bauleiter bei der Bekl. zu 1 beschäftigt. Zu diesem
Vortrag
des Kl. hat die Beklagtenseite zu keinem Zeitpunkt konkret Stellung
genommen. Der Vortrag des Bekl. zu 2, er habe sich in der Buchhaltung
der Bekl. zu 1 vergewissert, daß eine solche Rechnung dort
nicht
existiere, beruht im Kern auf einem erneuten schlichten Bestreiten der
Behauptung des Beschwerdegegners. Das trifft auch auf die Behauptung
zu, das Fehlen einer Rechnung des Kl. habe sich zum ersten Mal
anläßlich eines Gesprächs zwischen den
Söhnen des
Kl. und dem Ehemann der Bekl. zu 3 am 14. 11. 1992 herausgestellt.
Nachdem der Kl. im frühen ersten Termin vom 19. 7. 1994 seine
Darstellung des Sachverhaltes gegeben hatte, hat die Beklagtenseite im
weiteren Verlauf des Rechtsstreits ihren Vortrag im Hinblick auf die
behauptete Übergabe der Rechnung nicht weiter
präzisiert.
Zwar findet die Darlegungslast dort ihre Grenze, wo eine weitere
Substantiierung des Vortrages der darlegungspflichtigen Partei nicht
mehr möglich oder nicht zumutbar ist (vgl. BGH, NJW 1986, 3193
(3194); 1990, 3151 (3152)). Den Bekl. wäre es indessen
möglich gewesen, detailliert auf das Vorbringen des Kl.
einzugehen. So hätten die Bekl. sich zu der Frage
äußern können, ob der Ehemann der Bekl.
tatsächlich dem Kl. den Auftrag für das Bauvorhaben
in Z.
erteilt habe, ob er tatsächlich als Ansprechpartner
für den
Kl. fungiert habe, ob in den Tagen nach dem 12. 10. 1990
tatsächlich ein Besuch des Kl. bei der Bekl. zu 1 in X.
stattgefunden habe, ob dabei irgendwelche Unterlagen übergeben
worden seien und wenn ja, um welche Unterlagen es sich dabei gehandelt
habe. Soweit die Bekl. geltend machen, eine Rechnung des Kl. vom 12.
10. sei in ihrer Buchhaltung nicht vorhanden, hätten sie
darlegen
können, welche Anstrengungen sie konkret unternommen haben, um
die
Rechnung aufzufinden. Dem kann die Beklagtenseite auch nicht
entgegenhalten, es sei ihr nicht zuzumuten, ihre gesamte Buchhaltung
daraufhin zu überprüfen, ob eine einzelne Rechnung
des Kl.
vorliege, um damit auszuschließen, daß diese
Rechnung
möglicherweise versehentlich falsch abgelegt worden ist.
Jedenfalls war die Beklagtenseite schon wegen des erheblichen
Rechnungsbetrages von 17800 DM verpflichtet, Nachforschungen nach dem
Verbleib der Rechnung anzustellen und über den Umfang ihrer
Anstrengungen hin zu berichten. Insbesondere hätte hier
klargestellt werden können und müssen, daß
die
betreffende Rechnung nicht etwa versehentlich bei einem anderen
Bauvorhaben, in dem der Kl. für die Bekl. arbeitete,
abgeheftet
worden sei.