Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
OLG
Düsseldorf
Beschluss
Gründe
1.
Die
sofortige
Beschwerde wird als unbegründet auf Kosten des Verurteilten
(§ 473 Abs. 1 S. 1 StPO) verworfen, soweit der
Wiederaufnahmeantrag als unzulässig erachtet worden ist.
Das
Landgericht hat im Ergebnis richtig entschieden.
Der
Umstand,
daß der frühere Angeklagte B. A. – "P."
–
ungeachtet der ihn belastenden Aussage der Zeugin T. am 10.
März
1998 in dem Verfahren 54 Js 510/94 StA Duisburg rechtskräftig
freigesprochen worden ist, stellt zwar eine neue Tatsache im Sinne des
§ 359 Nr. 5 StPO dar, weil dies der damals erkennenden
Strafkammer
bei Erlaß des Urteils gegen den Beschwerdeführer am
3. April
1995 nicht bekannt sein konnte. Sie ist indessen weder für
sich
noch in Verbindung mit dem Vorbringen des bereits beschiedenen Antrags
vom 21. Mai 1996 (613 Js 1001/96 StA Düsseldorf) und den
früher erhobenen Beweisen geeignet, die Freisprechung des
Beschwerdeführers oder seine geringere Bestrafung aufgrund
eines
milderen Strafgesetzes zu begründen.
Allerdings
ist
anerkannt, daß eine neue Tatsache, die sich gegen die
Glaubwürdigkeit eines Belastungszeugen richtet, auf dessen
Bekundungen der Schuldspruch beruht, die Wiederaufnahme des Verfahrens
gemäß § 359 Nr. 5 StPO rechtfertigen kann
(vgl. dazu
Senat in NStE Nr. 15 zu § 359 StPO sowie
Kleinknecht/Meyer-Goßner, StPO, 43. Aufl., § 359
Rdnr. 23,
jeweils m. w. N.). So liegt der Fall hier aber nicht. Die Freisprechung
des früheren Angeklagten A. untergräbt weder die
Glaubwürdigkeit der Zeugin T. insgesamt noch die
Glaubhaftigkeit
ihrer Aussagen, die in dem Verfahren 54 Js 505/94 StA Duisburg am 3.
April 1995 zur Verurteilung des Beschwerdeführers
geführt
haben. Die – abgekürzten – Gründe
der
Entscheidung des Landgerichts Duisburg vom 10. März 1998
lauten,
abgesehen von der Wiedergabe der Anklagevorwürfe und des
Ausspruchs über Kosten, notwendige Auslagen und
Entschädigung
für erlittene Untersuchungshaft, lediglich wie folgt:
"Der
Angeklagte
war freizusprechen, weil seine Beteiligung an den im Anklagesatz
konkretisierten Taten aus tatsächlichen Gründen nicht
mit der
erforderlichen Sicherheit festgestellt werden konnte."
Diesen
pauschalen Ausführungen ist nicht zu entnehmen, welche
Erwägungen im einzelnen dafür maßgebend
waren,
daß A. freigesprochen worden ist. Insbesondere ist insoweit
nicht
festgestellt, daß die Zeugin T., die ihre auch A. als
Drogendealer belastenden Bekundungen aufrechterhalten hat,
vorsätzlich falsch ausgesagt hat. Demgemäß
hat die
Staatsanwaltschaft keine Veranlassung gesehen, gegen die Zeugin ein
Ermittlungsverfahren wegen Verdachts einer Straftat nach § 153
StGB einzuleiten.
Auch
im
übrigen wird die denkgesetzlich mögliche,
rechtsfehlerfreie
und deshalb für das Wiederaufnahmegericht bindende
Beweiswürdigung des Landgerichts Duisburg in dem angegriffenen
Urteil vom 3. April 1995 durch das Vorbringen des
Beschwerdeführers nicht erschüttert. Gegenstand jenes
Verfahrens waren ausschließlich die ihm zur Last gelegten
Taten,
an denen A. nicht beteiligt war. Letzterer wird in den Gründen
der
vorbezeichneten Entscheidung eher beiläufig und ersichtlich
nur
deshalb erwähnt, um zu verdeutlichen, auf welche Weise der
Beschwerdeführer dazu kam, die ihm vorgeworfenen konkreten
Straftaten zu begehen. Wenn die mehr als zwei Jahre später
durchgeführte Hauptverhandlung gegen den früheren
Angeklagten
A. aufgrund einer völlig anderen Beweisaufnahme ersichtlich
nach
dem Zweifelssatz zum Freispruch führte, so liegt darin kein
Grund,
der ernsthaft den Bestand des Urteils vom 3. April 1995
gefährden
könnte. Vielmehr ist im Gegenteil – auch im Hinblick
auf die
weiteren ihn belastenden Beweisergebnisse und Indizien –
auszuschließen, daß das Landgericht Duisburg den
Beschwerdeführer am 3. April 1995 freigesprochen oder nach
einem
milderen Gesetz geringer bestraft hätte, wenn bekannt gewesen
wäre, daß A. sich im März und April 1993
möglicherweise nicht in der Bundesrepublik Deutschland,
sondern in
seinem Heimatland M. aufgehalten hat. Überdies dürfen
an die
Zuverlässigkeit der Zeitangaben von Drogenkonsumenten
– die
Zeugin T. war damals hochgradig heroin- und kokainabhängig
–
vor allem dann keine allzu hohen Anforderungen gestellt werden, wenn
sie – wie hier – erst mehrere Jahre nach den
betreffenden
Taten gemacht werden. Der Senat hebt in diesem Zusammenhang
ausdrücklich hervor, daß das Wiederaufnahmegericht
–
was den Beschwerdeführer anbelangt – entgegen der
mehrfach
geäußerten Auffassung der Verteidigung keine
unzulässige Tatzeitverschiebung (vgl. BVerfG in NStZ 1995,
43/44)
vorgenommen hat.
Das
Beschwerdevorbringen rechtfertigt keine dem Verurteilten
günstigere Entscheidung. Es gibt allerdings Anlaß zu
dem
Hinweis, daß bei der Prüfung der Erheblichkeit des
Wiederaufnahmevorbringens für die Anwendung des Zweifelssatzes
kein Raum ist (vgl. Kleinknecht/Meyer-Goßner, a.a.O.,
§ 368
Rdnr. 10 m.w.N.).
2.
Soweit
die
Strafkammer den Antrag auf Unterbrechung der Strafvollstreckung aus dem
Urteil des Landgerichts Duisburg vom 3. April 1995 abgelehnt hat, ist
die dagegen gerichtete sofortige Beschwerde prozessual
überholt
und damit gegenstandslos, nachdem der Wiederaufnahmeantrag des
Verurteilten rechtskräftig als unzulässig verworfen
worden
ist.
3.
Die
Beschwerde
wird als unbegründet auf Kosten des Verurteilten (§
473 Abs.
1 S. 1 StPO) verworfen, soweit die Strafkammer seinen Antrag
zurückgewiesen hat, ihm Rechtsanwalt Dr. B. in R. zum
Pflichtverteidiger für das Wiederaufnahmeverfahren zu
bestellen.
Die
Gründe
der angefochtenen Entscheidung treffen zu. Im übrigen hat der
Verurteilte bereits einen Verteidiger. Ihm ist nämlich im
Verfahren vor dem Landgericht Duisburg eine Pflichtverteidigerin
beigeordnet worden. Ihre Bestellung, die bisher nicht
zurückgenommen worden ist, dauert fort bis zur Rechtskraft
eines
Beschlusses nach § 370 Abs. 2 StPO, durch den die
Wiederaufnahme
des Verfahrens und die Erneuerung der Hauptverhandlung angeordnet wird
(vgl. Senat in NStZ 1983, 235 m.w.N.; ferner
Kleinknecht/Meyer-Goßner, a.a.O., § 364 a Rdnr. 2).