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Hanseatisches
Oberlandesgericht Bremen 2 U 139/99
Zuständigkeit
Rechtsverletzung Internet
Aktenzeichen: 2 U 139/99 |
17. Februar 2000 |
Hanseatisches
Oberlandesgericht Bremen
Urteil
Im
Namen des Volkes
........................................
-
Kläger -
Prozeßbevollmächtigter:
Rechtsanwalt
gegen
........................................
- Beklagte -
Prozeßbevollmächtigter:
Rechtsanwalt
........................................
Entscheidungsgründe
Die
zulässige, insbesondere form- und fristgerecht eingelegte und
begründete Berufung des Verfügungsklägers
(Klägers)
hat keinen Erfolg. Das Landgericht hat den Antrag auf Erlass einer
einstweiligen Verfügung zu Recht als unzulässig
abgewiesen,
weil für den mit dem Antrag geltend gemachten, auf §
1 UWG
i.V.m. Art. 1 § 1 RBerG gestützten
Unterlassungsanspruch kein
Gerichtsstand im Landgerichtsbezirk Bremen gegeben ist.
Ein
Gerichtsstand gemäß § 24 Abs. 1 Satz 1 UWG
ist in
Bremen nicht gegeben, da der Verfügungsbeklagte (Beklagte)
nicht
im hiesigen Landgerichtsbezirk geschäftsansässig ist.
Der
Gerichtsstand des Begehungsorts (UWG-Verstoßes)
gemäß § 24 Abs. 2 Satz 1 UWG ist ebenfalls
nicht
gegeben. Zwar ist der Kläger unabhängig von den
Voraussetzungen des § 13 Abs. 2 Nr. 1 UWG schon
gemäß
§ 1 UWG klagebefugt, weil er im Falle des Vorliegens des
behaupteten Wettbewerbsverstoßes hierdurch unmittelbar
verletzt
ist. Zwischen ihm und dem Beklagten besteht das hierzu nach der
Rechtsprechung erforderliche konkrete Wettbewerbsverhältnis,
denn
beide Parteien haben, soweit ihre Mandanten Existenzgründer
sind,
die für den Aufbau ihres Unternehmens öffentliche
Fördermittel in Anspruch nehmen wollen, grundsätzlich
denselben Kundenkreis und der Kläger kann durch eine vom
Beklagten
vorgenommene Fördermittelberatung, soweit sie (auch) die
Beratung
in Rechtsfragen umfasst, beim Absatz seiner Leistung behindert werden
(vgl. Baumbach/Hefermehl, § 13 UWG Rn. 19). Wie er durch
eidesstattliche Versicherung glaubhaft gemacht hat, ist er bundesweit
auf dem Gebiet der Subventionsberatung tätig und erzielt
hieraus
etwa 2/3 seiner beruflichen Einnahmen. Eine Behinderung des
Klägers kann deshalb auch dann vorliegen, wenn der Beklagte,
wie
er geltend macht, seinerseits nur regional begrenzt tätig ist.
Die
Klagebefugnis des unmittelbar Verletzten ist durch § 13 Abs. 2
Nr. 1 UWG nicht eingeschränkt worden (BGH WRP 1998, 973, 975;
Baumbach/Hefermehl § 13 UWG Rn. 19 c m.w.N.). Sofern die
Beklagten
mit unerlaubter Rechtsberatung werben oder diese potenziell
durchführen, ist der Kläger, der als Rechtsanwalt zur
Rechtsberatung berechtigt ist, hierdurch in seinen Rechten unmittelbar
verletzt, denn Art. 1 § 1 RBerG soll nicht nur eine
reibungslose
Abwicklung des Rechtsverkehrs mit Hilfe sachkundiger Berater
gewährleisten, sondern auch die Anwaltschaft vor dem
Wettbewerb
mit Personen schützen, die weder standesrechtlichen,
gebührenrechtlichen noch sonstigen im Interesse der
Rechtspflege
gesetzten Schranken unterliegen (Rennen/Caliebe, Art. 1 § 1
RBerG
Rn. 9 m.N.; Altenhoff/Busch/Chemnitz, Art. 1 § 1 RBerG Rn. 216
m.N.). Der Kläger kann somit ohne weiteres am Gerichtsstand
des
Begehungsorts des Wettbewerbsverstoßes klagen.
Der
Wettbewerbsverstoß ist ein Sonderfall der unerlaubten
Handlung; wie bei dieser ist Begehungsort jeder Ort, an dem der
Verletzer verbotswidrig gehandelt hat oder hätte handeln
müssen, und der u.U. hiervon verschiedene Ort, an dem die
Rechtsverletzung eingetreten ist (bei der vorbeugenden
Unterlassungsklage: einzutreten droht). Der Gerichtsstand des
§ 24
Abs. 2 Satz 1 UWG entspricht dem des § 32 ZPO.
Bei
der Einstellung seiner Werbung in das Internet hat der Beklagten
nicht im Landgerichtsbezirk Bremen gehandelt; der Kläger
behauptet
auch nicht, dass der Beklagte hier eine (unerlaubte) Rechtsberatung
vorgenommen hätte. Es gibt also keinen Handlungsort im
hiesigen
Landgerichtsbezirk; in Betracht kommt lediglich, dass hier der Erfolg
der Werbung eingetreten ist oder einzutreten drohte.
Da
der Wettbewerbsverstoß durch Werbung im Internet begangen
worden sein soll bzw. die Gefahr unerlaubter Rechtsberatung durch die
Beklagten aus deren Internet-Werbung abgeleitet wird, stellt sich die
Frage, ob entsprechend der Auffassung des Klägers Bremen schon
deshalb als Erfolgsort des behaupteten Wettbewerbsverstoßes
angesehen werden kann, weil die Internet-Werbung überall (auch
in
Bremen) abgerufen werden kann (in diesem Sinne etwa Baumbach/Hefermehl,
§ 24 UWG Rn. 6; LG Nürnberg-Fürth, NJW-CoR
1997, 229 =
AnwBl 1997, 226). Nach Auffassung des Senats ist diese Frage zu
verneinen. § 32 ZPO würde sinnentleert, wenn jede im
Internet
begangene unerlaubte Handlung an (fast) jedem Ort der Welt gerichtlich
verfolgt werden könnte, nur weil der Internet-Auftritt einer
einzelnen Person oder eines einzelnen Unternehmens weltweit abrufbar
ist. Es fehlt hier an der in § 32 ZPO vorausgesetzten
räumlichen Bestimmbarkeit eines besonderen, von anderen
gesetzlichen Gerichtsständen unterschiedenen Begehungsorts.
Der
Kläger könnte sich jeden ihm genehmen Gerichtsstand
aussuchen, was praktisch zu einem außergesetzlichen
Wahlgerichtsstand am Sitz oder Wohnsitz des Klägers und
theoretisch auch zur Wahlmöglichkeit eines ihm genehmen
ausländischen Deliktstatuts führen würde.
Der
Verletzungsort (Ort des Erfolgseintritts) ist daher für
unerlaubte
Handlungen im Internet auf solche Gebiete zu beschränken, in
denen
sich die Verletzungshandlung bestimmungsgemäß
auswirken
sollte (so für grenzüberschreitende Verletzungen des
allgemeinen Persönlichkeitsrechts durch Presseerzeugnisse BGH
NJW
1977, 1590, 1591). Die weltweite Abrufbarkeit einer Internet-Werbung
ist jedoch nicht notwendigerweise vom Werbenden bezweckt, sondern eine
zwangsläufige, technisch bedingte Gegebenheit des
hierfür
verwendeten Mediums. Wo sie sich nach der Intention des Werbenden
auswirken soll, kann daher nicht ohne Prüfung ihres Inhalts
festgestellt werden.
Für
wettbewerbsrechtliche Ansprüche ist überdies die
sich aus ihrer Natur ergebende Besonderheit zu beachten, dass es dabei
nicht um den Schutz der Inhaber absoluter Rechte geht, sondern um die
Beeinträchtigung schutzwürdiger Interessen von
Mitbewerbern
durch missbräuchliche Mittel des wirtschaftlichen
Konkurrenzkampfes. Unlauterer Wettbewerb kann danach
regelmäßig nur dort begangen werden, wo
wettbewerbliche
Interessen der Mitbewerber aufeinander stoßen, weil nur dort
das
Anliegen der Verhinderung unlauterer Wettbewerbshandlungen
berührt
ist (BGHZ 35, 329, 333 f.). Die genannte Entscheidung behandelt die
Frage des Begehungsorts zwar im Rahmen der Frage nach dem in- oder
ausländischen Deliktsstatut, nämlich der
Anknüpfung des
anzuwendenden Rechts an den Begehungsort des
Wettbewerbsverstoßes. In diesem Zusammenhang wird die Frage
nach
dem Begehungsort auch in der Literatur diskutiert (vgl. etwa
Baumbach/Hefermehl, UWG Einl. Rn. 183 ff.; Köhler/Piper, UWG
Einf.
Rn. 74). Sie kann aber nicht anders beantwortet werden, wenn die
Wirkung des Wettbewerbsverstoßes nicht über die
Grenzen
eines Staates hinausreicht, sondern sich auf den nationalen Markt
beschränkt, weil es wettbewerbsrechtlich auf den Ort der
Marktbegegnung der Mitbewerber ankommt, der auch
ausschließlich
innerhalb nationaler Grenzen liegen oder sogar regional begrenzt sein
kann, weil nur dort der jeweils in Frage kommende Wettbewerb
stattfindet (vgl. für Druckerzeugnisse Köhler/Piper,
§
24 UWG Rn. 16). Wie der örtliche Bereich der Marktbegegnung
abzugrenzen ist, kann nur anhand der Umstände des Einzelfalls
beurteilt werden. Für durch Veröffentlichungen im
Internet
begangene Wettbewerbsverstöße wird darauf
abzustellen sein,
an welchen Empfängerkreis sich der Internet-Auftritt eines
Mitbewerbers erkennbar richtet, insbesondere an wen eine dort
angebotene Ware oder Dienstleistung geliefert oder erbracht werden soll
(vgl. OLG Frankfurt a.M. K & R 1999, 138). Welcher
Empfängerkreis angesprochen werden soll, kann sich direkt oder
-
wenn eindeutig - indirekt aus dem Inhalt und der Aufmachung der
betreffenden Homepage ergeben. So kann der Adressatenkreis etwa durch
ausdrücklichen Hinweis darauf, dass eine Ware oder
Dienstleistung
nur innerhalb Deutschlands oder nicht im Ausland vertrieben werden soll
(sog. disclaimer), auf Deutschland beschränkt und dadurch der
Marktort bestimmt werden. Es kommt aber auch in Betracht, dass die im
Internet angebotene Ware oder Dienstleistung nur innerhalb einer
engeren Region vertrieben werden soll, etwa in einem oder mehreren
Bundesländern oder in einem oder mehreren
Postleitzahlbereichen.
Der
in 17192 Waren/Müritz geschäftsansässige
Beklagte
teilt auf der sein Unternehmen betreffenden web-site mit: "Die
Unternehmensberatung führt Beratungen für das
Rationalisierungskuratorium der Deutschen Wirtschaft (RKW), die
Industrie- und Handelskammern sowie die Handwerkskammern in
Mecklenburg-Vorpommern und Brandenburg durch. Wir werden unter anderem
von Banken, Sparkassen und der Beratungsagentur der Deutschen
Ausgleichsbank empfohlen."
Ein
weiterer Hinweis auf Mecklenburg-Vorpommern im Eingangssatz dieser
web-site bezieht sich entweder auf die Tätigkeit des Beklagten
oder den Standort seines Büros. Insgesamt ergibt sich daraus
für den unbefangenen Leser der Eindruck, dass die vom
Beklagten
angebotenen betriebswirtschaftlichen Beratungen lediglich in
Mecklenburg-Vorpommern und Brandenburg durchgeführt werden,
auch
wenn zugleich auf überregionale Einrichtungen
(Rationalisierungskuratorium der Deutschen Wirtschaft, Deutsche
Ausgleichsbank) Bezug genommen wird, die ihrerseits auch für
Unternehmen in Mecklenburg-Vorpommern und Brandenburg
zuständig
sind.
Eine
Marktbegegnung zwischen dem Beklagten und dem Kläger, der
seinerseits auch in Mecklenburg-Vorpommern und Brandenburg (bundesweit
und insbesondere auch in den Postleitzahlbereichen 17...)
Subventionsberatungen durchführt, findet danach nur in
Mecklenburg-Vorpommern und Brandenburg statt, nicht aber im
Landgerichtsbezirk Bremen. Daraus, dass der Beklagte an Eides Statt
versichert hat, er beschränke seine berufliche
Tätigkeit auf
das Gebiet des östlichen Mecklenburg und Vorpommern, kann
nicht
entnommen werden, dass er über die in seiner Internet-Werbung
angegebenen räumlichen Grenzen hinaus beratend tätig
wird,
sondern allenfalls, dass er trotz seiner hierauf gerichteten
Internet-Werbung aus dem Bundesland Brandenburg bisher keine Mandanten
hat gewinnen können.
Der
Gerichtsstand des § 24 Abs. 2 Satz 1 UWG ist danach im
Landgerichtsbezirk Bremen nicht gegeben.
Die
Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO. Die
Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit
ergibt
sich aus §§ 708 Nr. 10, 713 i.V.m. § 545
Abs. 2 ZPO.