Bundesgerichtshof: Rechtsberatung per Telefon


BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES

URTEIL


III ZR 3/05

Verk�ndet am: 28. Juli 2005
 


BGB � 145, � 611 Abs. 1, TKV � 15, Abs. 1 Satz 1. Zwischen dem Inhaber eines Telefonanschlusses, von dem aus ein telefonischer Mehrwertdienst angew�hlt wird, und dem Verbindungsnetz- sowie dem Plattformbetreiber kommt kein Vertrag �ber die Erbringung von Verbindungsleistungen zustande, wenn die Mitwirkung der Betreiber an der Herstellung der Verbindung nach au�en nicht deutlich wird. Ein Entgeltanspruch wird in diesen F�llen auch nicht durch � 15 Abs. 1 Satz 1 TKV begr�ndet.

 



Der III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat aufgrund der bis zum 23. Juni 2005 eingereichten Schrifts�tze im schriftlichen Verfahren durch den Vorsitzenden Richter Schlick und die Richter Dr. Wurm, Streck, D�rr und Dr. Herrmann

f�r Recht erkannt:

            Die Revision der Kl�gerin gegen das Urteil der 7. Zivilkammer des Landgerichts Potsdam vom 9. Dezember 2004 wird zur�ckgewiesen.

            Die Kosten des Revisionsrechtszugs hat die Kl�gerin zu tragen.

Von Rechts wegen



Tatbestand

Die Kl�gerin verlangt von dem Beklagten aus ihren Angaben zufolge abgetretenem Recht der T. GmbH & Co. KG die Zahlung von Entgelten f�r die Herstellung von Fernmeldeverbindungen zu Mehrwertdienstenummern im April und Oktober 2002.

Der Beklagte ist Inhaber eines Telefonanschlusses der D. T. AG. Die Zedentin stellt als sogenannter Verbindungsnetzbetreiber Verbindungen aus Teilnehmernetzen in andere Telekommunikationsnetze her. Ferner ist sie als sogenannter Plattformbetreiber Inhaber der Zuteilung von Mehrwertdienstenummern. Sie stellt ihrerseits die Rufnummern den Diensteanbietern zur Verf�gung und leitet die aus dem Netz der D. T. AG oder anderer Telekommunikationsunternehmen kommenden Anrufe beziehungsweise Interneteinwahlen an die Betreiber der Mehrwertdienste weiter.

Die Kl�gerin behauptet, vom Anschlu� des Beklagten aus seien verschiedene Mehrwertdienste �ber das Netz und die Plattform der T. GmbH & Co. KG in Anspruch genommen worden. Sie ist der Ansicht, die Zedentin k�nne die hierf�r angefallenen Verbindungsentgelte beanspruchen, da mit der Anwahl einer Mehrwertdienstenummer ein Vertrag des Anschlu�inhabers auch mit dem Verbindungsnetz- und dem Plattformbetreiber zustande komme.

Die Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen. Hiergegen richtet sich die vom Berufungsgericht zugelassene Revision der Kl�gerin.




Entscheidungsgr�nde

Die Revision bleibt ohne Erfolg.

I.

Das Berufungsgericht hat zur Begr�ndung seiner Entscheidung ausgef�hrt, die Zedentin sei nicht Vertragspartner des Beklagten geworden. Der Anschlu�inhaber stehe mit seinem Teilnehmernetzbetreiber, der ihm den Netzzugang zur Verf�gung stelle, in vertraglichen Beziehungen. Hinzu trete ein weiteres Vertragsverh�ltnis mit dem Anbieter von Mehrwertdiensten, wenn ein solcher angew�hlt werde. Demgegen�ber stelle sich die Leistung eines Dritten, der in die Verbindung zwischen dem Anschlu� und dem Mehrwertdienst eingeschaltet sei, selbst dann als diejenige einer Hilfsperson dar, wenn der Nutzer wisse, da� die Verbindung zum Mehrwertdienst �ber einen Verbindungsnetz- und einen Plattformbetreiber zustande komme.

II.

Dies h�lt der rechtlichen Nachpr�fung stand.

1. Zwischen dem Beklagten und der T. GmbH & Co. KG ist kein Vertrag �ber die Erbringung von Telekommunikationsdienstleistungen zustande gekommen.

a) Ein Vertrag setzt zwei inhaltlich korrespondierende, auf dieselben Rechtsfolgen gerichtete Willenserkl�rungen voraus. Willenserkl�rungen k�nnen auch schl�ssig abgegeben werden. Deshalb kann ein Vertrag, wie die Revision insoweit zutreffend hervorhebt, auch dadurch zustande kommen, da� ein Anbieter im Wege der sogenannten Realofferte seine Leistung bereit h�lt und ein Nutzer das Angebot mit deren Inanspruchnahme konkludent annimmt (z.B.: BGH, Urteil vom 17. M�rz 2004 - VIII ZR 95/03 - NJW-RR 2004, 928, 929 m.w.N.). Dies gilt insbesondere f�r Vertr�ge �ber die Versorgung mit Elektrizit�t, Gas, Wasser und Fernw�rme oder f�r die Personenbef�rderung im Massenverkehr, aber auch f�r Vertr�ge �ber Telekommunikationsdienstleistungen.

Ein Mehrwertdiensteanbieter gibt durch die Bereithaltung seiner Leistung im Telekommunikationsnetz eine Realofferte ab. Diese nimmt der Anschlu�nutzer regelm��ig zumindest schl�ssig durch die Anwahl einer bestimmten � zumeist mit den Ziffernfolgen 0190 oder 0900 beginnenden - Nummer am Telefonger�t oder am Computer an. Aus diesem Grund tritt neben den als Dauerschuldverh�ltnis zu qualifizierenden Telefondienstvertrag mit dem Teilnehmernetzbetreiber ein weiteres Rechtsverh�ltnis mit dem Anbieter eines Mehrwertdienstes hinzu, wenn der Nutzer einen solchen Dienst anw�hlt (Senatsurteile BGHZ 158, 201, 203 f und vom 22. November 2001 - III ZR 5/01 - NJW 2002, 361, 362; vgl. auch H�rting ITRB 2003, 103, 104).

b) Ein Vertrag �ber die Erbringung von Verbindungsleistungen kommt jedoch, zumindest in Fallgestaltungen wie der vorliegenden, zwischen dem Anschlu�nutzer (gegebenenfalls im Namen des Anschlu�inhabers) und dem Verbindungsnetz- und Plattformbetreiber nicht zustande. Es d�rfte bereits an der Abgabe einer Realofferte fehlen, wenn, wie hier, die Mitwirkung des Betreibers an der Herstellung der Verbindung zwischen dem Anschlu� des Nutzers und dem Mehrwertdienst nach au�en nicht deutlich wird. Jedenfalls ist der Anwahl einer Mehrwertdienstenummer nicht der objektive Erkl�rungswert zu entnehmen, da� der Nutzer nicht nur mit dem Mehrwertdiensteanbieter, sondern auch mit dem Verbindungsnetz- und Plattformbetreiber eine (entgeltliche) vertragliche Beziehung begr�nden will. Dies scheitert bereits daran, da� dieser aus Sicht eines objektiven Dritten bei vern�nftiger Betrachtung der bekannten oder erkennbaren Umst�nde (vgl. hierzu z.B. BGHZ 36, 30, 33; BGH, Urteil vom 12. M�rz 1992 - IX ZR 141/91 - NJW 1992, 1446 f; Bamberger/Roth/Wendtland, BGB, � 133 Rn. 27) nicht Adressat einer Willenserkl�rung ist. Dem durchschnittlich verst�ndigen und informierten Telefon- und Internetnutzer ist, wovon auch ein objektiver Dritter auszugehen hat, die Leistungskette zwischen dem Teilnehmernetzbetreiber und dem Mehrwertdiensteanbieter nicht bekannt, sofern er nicht - etwa im Wege des sogenannten call-by-call-Verfahrens � gezielt einen bestimmten Verbindungsnetzbetreiber ausw�hlt. Ihm ist deshalb entgegen der Ansicht der Revision nicht bewu�t, da� die Verbindung zu dem Mehrwertdienst durch zwischengeschaltete Leistungserbringer hergestellt wird.

Dem Berufungsgericht ist darin beizupflichten, da� sich am Ergebnis selbst dann nichts �ndern w�rde, wenn der durchschnittliche Anschlu�nutzer mit der Einbeziehung von Verbindungsnetz- und Plattformbetreibern in die Verbindungskette rechnete. Auch dann lie�e sich der Anwahl des Mehrwertdienstes nicht die Erkl�rung des Nutzers entnehmen, mit dem Verbindungsnetz- oder Plattformbetreiber einen Vertrag �ber die Herstellung einer Telekommunikationsverbindung schlie�en zu wollen. F�r den Anschlu�nutzer stellen sich, wie f�r einen objektiven Dritten erkennbar ist, diese Betreiber als blo�e Hilfspersonen dar, deren Leistungen zur Erbringung des Mehrwertdienstes technisch notwendig sind. Offen bleiben kann, ob sich der Mehrwertdiensteanbieter dieser Verbindungsleistungen bedient oder ob der Teilnehmernetzbetreiber zur Erf�llung seiner Pflichten aus dem Telefondienstleistungsvertrag darauf zur�ckgreift. In beiden F�llen sind der Verbindungsnetz- und der Plattformbetreiber aus Sicht des Nutzers Erf�llungsgehilfen eines Dritten. Hierf�r spricht insbesondere, da� in dem Preis f�r die Inanspruchnahme des Mehrwertdienstes das Entgelt f�r die Leistungen des Verbindungsnetz- und des Plattformbetreibers bereits enthalten ist. Schuldet der Kunde gegen�ber einem Vertragspartner das Entgelt auch f�r Leistungen eines Dritten, liegt am n�chsten der Schlu�, da� diese Bestandteil der Pflichten des Vertragspartners sind und der Dritte dessen Erf�llungsgehilfe ist. Stellt sich im Rahmen einer Leistungsbeziehung ein Beteiligter, hier der Verbindungs- und Plattformbetreiber, aus Sicht einer Partei als Erf�llungsgehilfe des Vertragspartners dar, geht ihr erkennbarer Wille im Zweifel nicht dahin, auch mit dem weiteren Beteiligten einen Vertrag zu schlie�en.

Gegen einen Vertragsschlu� zwischen dem Anschlu�nutzer und dem Verbindungsnetz- beziehungsweise Plattformbetreiber spricht auch die Interessenlage, die bei der Auslegung von Willenserkl�rungen zu ber�cksichtigen ist (z.B.: BGHZ 21, 319, 328; 109, 19, 22; BGH, Urteil vom 9. Juli 2001 - II ZR 228/99 - NJW 2002, 747, 748 m.w.N.). Es liefe, wie das Berufungsgericht zutreffend ausgef�hrt hat, den erkennbaren Interessen des Nutzers zuwider, neben den vertraglichen Beziehungen zu dem Mehrwertdiensteanbieter und dem Teilnehmernetzbetreiber weitere Vertragsverh�ltnisse mit dem Verbindungsnetz- und dem Plattformbetreiber zu begr�nden. Der Anschlu�inhaber w�rde auf diese Weise f�r ein und dieselbe Leistung den Entgeltanspr�chen zus�tzlicher Gl�ubiger ausgesetzt werden, obgleich er insoweit bereits den erstgenannten Vertragspartnern verpflichtet ist. Auch wenn er im Ergebnis nur einmal zu zahlen hat, w�rden die Rechtsverh�ltnisse durch die Vermehrung der Gl�ubigerzahl un�bersichtlich und w�ren Streitigkeiten �ber die Tilgungswirkung von Leistungen und �ber Einwendungen des Kunden vorprogrammiert. Demgegen�ber sind Verbindungsnetz- und Plattformbetreiber zur Wahrung ihrer Interessen nicht auf Anspr�che gegen�ber dem Endkunden angewiesen, da sie die von ihnen erbrachten Leistungen je nach Gestaltung der entsprechenden Vertr�ge gegen�ber dem Mehrwertdiensteanbieter oder dem Teilnehmernetzbetreiber oder gegen�ber beiden geltend machen k�nnen.

2. Entgegen der Ansicht der Revision kann die Zedentin auch aus � 15 Abs. 1 Satz 1 TKV keinen Anspruch herleiten. Nach dieser Bestimmung hat der Teilnehmernetzbetreiber dem Kunden, vorbehaltlich einer abweichenden Vereinbarung, auch die Entgelte in Rechnung zu stellen, die durch die Auswahl anderer Anbieter von Netzdienstleistungen entstehen. Diese Bestimmung begr�ndet keinen Anspruch des anderen Anbieters. Sie enth�lt vielmehr eine Regelung f�r den Fall, da� eine Entgeltforderung entstanden ist (vgl. die Begr�ndung zu � 14 des TKV-Entwurfs = � 15 TKV, BR-Drucks. 551/97 S. 34). Hieran fehlt es mangels Vertragsschlusses zwischen der Zedentin und dem Beklagten.