Abbildungen
von einem Haus in einer Datenbank
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Aktenzeichen: 1
O 200/99
Entscheidung vom: 28.10.1999
Landgericht
Waldshut-Tiengen
|
Im Namen
des Volkes
Urteil
In Sachen
-
Verfügungskläger -
Prozeßbevollmächtigter: Rechtsanwalt
gegen
-
Verfügungsbeklagter -
Prozeßbevollmächtigter: Rechtsanwalt
wegen einstweiliger Verfügung
hat die 1. Zivilkammer des Landgerichts Waldshut-Tiengen durch
auf die mündliche Verhandlung vom 14. Oktober 1999
für Recht erkannt:
1. Der Antrag auf Erfaß einer einstweiligen
Verfügung wird zurückgewiesen.
2. Der Verfügungskläger trägt die Kosten des
Rechtsstreits.
3. Dieses Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Der
Verfügungskläger darf die Vollstreckung seitens der
Verfügungsbeklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe
von
1.500,- DM abwenden, wenn nicht die Verfügungsbeklagte vor der
Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet. Die
Sicherheit
kann auch durch eine unwiderrufliche und unbefristete
selbstschuldnerische Bürgschaft eines als Zoll- und
Steuerbürge zugelassenen inländischen Kreditinstituts
geleistet werden.
Der
Verfügungskläger (im folgenden: Kläger)
wendet sich
im Wege des vorläufigen Rechtsschutzes gegen die Aufnahme von
Abbildungen seines Wohnhauses in eine von der
Verfügungsbeklagten
(im folgenden: Beklagten) geplante bzw. teilweise bereits eingerichtete
digitale Gebäude-Bilddatenbank.
Die
Beklagte, ein Verlagsunternehmen, das u.a. digitale Verzeichnisse
der Telefonanschlüsse in der Bundesrepublik Deutschland auf
CD-ROM
vertreibt, befaßt sich seit einiger Zeit mit dem Aufbau einer
Straßen- bzw. Gebäude-Bilddatenbank. Zu diesem Zweck
läßt sie bundesweit durch mehrere mit 6 bzw. 8
Kameras
ausgerüstete Kleintransporter vom öffentlichen
Straßenraum aus digitale Abbildungen des
Straßenverlaufs
sowie der angrenzenden Gebäudeansichten aufnehmen, wobei
diesen
Abbildungen jeweils die geographische Position (geographische
Länge, Breite und Höhe) zugeordnet wird, von der aus
das Bild
aufgenommen wurde. Zu diesem Zweck sind die Aufnahmefahrzeuge mit
Satelliten-Receivern ausgestattet, die u.a. die von den amerikanischen
GPS-Satelliten ausgestrahlten Signale aufzeichnen und - nach einer
aufwendigen Nachbearbeitung - auf diese Weise eine möglichst
punktgenaue Bestimmung des jeweiligen Kamerastandortes
ermöglichen. In einem weiteren Verarbeitungsschritt werden die
auf
diese Weise mit den dazugehörigen geoterrestrischen Daten
verbundenen Bildsequenzen - soweit möglich - einem bestimmten
Straßennamen der jeweiligen Gemeinde zugeordnet. Eine
gezielte
Verknüpfung einzelner Gebäudeansichten mit den
dazugehörigen Hausnummern erfolgt hingegen nicht.
Bislang
hat die Beklagte auf diese Weise die Straßenzüge in
insgesamt 17 der größten (Berlin, Hamburg,
München,
Köln, Düsseldorf, Frankfurt, Stuttgart, Leipzig,
Hannover,
Magdeburg und Nürnberg) bzw. touristisch besonders
interessanten
(Weimar, Heidelberg, Würzburg, Potsdam, Regensburg und
Schwerin)
deutschen Städte erfaßt, nach ihren Planungen sollen
bis in
das Jahr 2001 sämtliche deutschen Städte mit mehr als
20.000
Einwohnern in die unter der Handelsbezeichnung "Cityserver" vertriebene
Datenbank aufgenommen werden. Einsatzmöglichkeiten ihrer mit
digitalisiertem Kartenmaterial verknüpften Bilddatenbanken
sieht
die Beklagte hauptsächlich in Verkehrs- und
Rettungsleitsystemen,
PKW-Pilotsystemen und elektronischen Planungssystemen, unter dem Namen
"Talkshow" hat sie aber auch schon ein 11 CD-ROM umfassendes digitales
Telefonverzeichnis herausgebracht, bei dem jedem
Anschlußinhaber
ein Kartenausschnitt zugeordnet ist, aus dem sich die
ungefähre
Lage des Anschlusses im jeweiligen Stadtbild ersehen
läßt,
wobei dieser Kartenausschnitt wiederum bezüglich 10 deutscher
Städte mit den vom jeweiligen Standort aus aufgenommenen
Straßen- bzw. Gebäudeansichten verbunden ist.
Der
Kläger behauptet, die Beklagte beabsichtige, auch sein von ihm
selbst privat genutztes Wohnhaus auf diese Weise fotografisch zu
erfassen und die Abbildungen nach Verknüpfung mit den
dazugehörigen Adressdaten (Postleitzahl, Orts- und
Straßennamen) zu vermarkten. Er ist der Ansicht,
daß die
Beklagte dadurch in unzulässigerweise gegen sein auch
grundgesetzlich geschütztes Eigentums - und
Persönlichkeitsrecht verstoße und die Aufnahme und
Veröffentlichung dieser Abbildungen daher zu unterlassen habe.
Auch wenn der Eigentümer eines Gebäudes dessen
fotografische
Aufnahme aus dem öffentlichen Verkehrsraum für sich
genommen
grundsätzlich nicht verbieten könne, beinhalte die
Veröffentlichung detaillierter Abbildungen seines
Hausgrundstückes unter konkreter Angabe des Ortsnamens mit der
dazugehörigen Postleitzahl, des Straßennamens sowie
einer
möglicherweise auch erkennbaren Hausnummer doch die Gefahr,
daß die Nutzer der Datenbank der Beklagten zumindest unter
Zuhilfenahme anderweitig bereitgestellter Telefon- oder Adressdateien
in die Lage versetzt würden, von der Abbildung des einzelnen
Hauses auf die Person seines Eigentümers oder Bewohners zu
schließen und diese so zum Objekt einer gezielten
Klassifizierung
durch hieran interessierte Wirtschaftsunternehmen oder gar Kriminelle
zu machen. Deshalb seien gegen das Vorhaben der Beklagten auch
gewichtige datenschutzrechtliche Bedenken erhoben worden. Durch die
Möglichkeiten der automatisierten Datenverarbeitung seien mit
der
Aufnahme seines Gebäudes in die Bilddatenbank der Beklagten so
massive Beeinträchtigungen oder zumindest Gefahren
fürsein
Eigentum und seine Persönlichkeitssphäre verbunden,
daß
die rein kommerziellen Interessen der Beklagten dahinter
zurückzustehen hätten.
Der
Kläger beantragt daher,
der
Beklagten im Wege der einstweiligen Verfügung bei Meidung
eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden
Ordnungsgeldes und für den Fall, daß dieses nicht
beigetrieben werden kann, einer Ordnungshaft oder einer Ordnungshaft
bis zu sechs Monaten zu verbieten, Abbildungen des
Hausgrundstücks
M.-straße in B. S. zum Zwecke der Verbreitung der Abbildung
dieses Hausgrundstücks unter gleichzeitiger Angabe von
Postleitzahl, Ortsname und Straßenname anzufertigen und/oder
Abbildungen dieses Hausgrundstücks mit gleichzeitiger Angabe
von
Postleitzahl, Ortsname und Straßenname zu
veröffentlichen
und/oder zu verbreiten.
Die
Beklagte beantragt,
den
Antrag auf Erlaß einer einstweiligen Verfügung
zurückzuweisen.
Sie
bestreitet bereits das Vorliegen eines Verfügungsgrundes, da
nach dem aktuellen Stand ihrer Planungen derzeit nur Städte
mit
mehr als 150.000 Einwohnern in der geschilderten Weise fotografisch
erfaßt würden, während für B. S.
noch keine
diesbezüglichen Planungen vorlägen. Vor dem Jahr 2001
könnten Städte in der
Größenordnung von 20.000
Einwohnern bereits aus technischen Gründen nicht in die
Bilddatenbank aufgenommen werden. Daß das Anwesen des
Klägers dabei von der Straße aus überhaupt
fotografisch
erfaßt werden könne, bestreitet sie mit Nichtwissen.
Im
übrigen hält sie den geltend gemachten
Unterfassungsanspruch auch für rechtlich unbegründet.
Insbesondere liege keine Verletzung des Eigentumsrechts des
Klägers vor, da durch die fotografische Erfassung seines
Hauses
weder eine Substanzverletzung noch ein Eingriff in die
ausschließliche Nutzungsbefugnis des
Grundeigentümers
erfolge, zumindest solange die Abbildungen ausschließlich vom
öffentlichen Verkehrsraum aus aufgenommen würden,
ohne
daß hierzu das Grundstück des jeweiligen
Eigentümers
betreten werde. Auch eine Verletzung des allgemeinen
Persönlichkeitsrechts des Klägers sei nicht gegeben.
Da die
jeweiligen Gebäudeansichten nur mit den geographischen Daten
des
jeweiligen Kamerastandorts, nicht aber mit den dazugehörigen
Hausnummern verknüpft würden, sei insbesondere die
Zuordnung
einer bestimmten Gebäudeansicht zu einem bestimmten
Hauseigentümer oder -bewohner nicht möglich, weshalb
auch die
vom Kläger befürchteten
Mißbrauchsmöglichkeiten
nicht bestünden. Auch ein Verstoß gegen die
Bestimmungen des
Bundesdatenschutzgesetzes liege aus diesem Grund nicht vor. Da
schließlich durch die Abbildung einer
Gebäudeaußenseite weder die Privat- noch gar die
Intimsphäre der Bewohner dieses Gebäudes
berührt werde,
sei auch unter diesem Gesichtspunkt das allgemeine
Persönlichkeitsrechts des Klägers nicht betroffen.
Wegen
der weiteren Einzelheiten wird auf die Schriftsätze der
Parteien Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Der
Antrag ist zulässig, insbesondere ist das Landgericht
Waldshut-Tiengen gemäß §§ 937 Abs.
1, 32 ZPO
örtlich und sachlich zuständig. Der Antrag ist jedoch
unbegründet. Denn der Kläger hat im Hinblick auf die
Angaben
der Beklagten, Städte der Größe von B. S.
überhaupt nicht oder zumindest nicht vor dem Jahre 2001
fotografisch erfassen zu wollen, nicht glaubhaft gemacht, weshalb es
zur Vermeidung einer Vereitelung oder zumindest wesentlichen
Erschwerung der Durchsetzung seiner Rechte bereits vor einer
endgültigen gerichtlichen Klärung des geltend
gemachten
Unterlassungsanspruchs in einem Hauptsacheverfahren einer
vorläufigen Regelung im Wege der einstweiligen
Verfügung
bedarf. Im übrigen sieht die Kammer aber nicht nur keinen
Verfügungsgrund, sondern hat auch durchgreifende Bedenken
gegen
das Bestehen des vom Kläger behaupteten
Verfügungsanspruchs.
I.
Der
Kläger hat nicht glaubhaft gemacht, daß er zur
vorläufigen Sicherung seiner Rechte bis zum
rechtskräftigen
Abschluß eines möglichen Hauptsacheverfahrens der
gerichtlichen Hilfe in Form einer einstweiligen Verfügung
bedarf.
Insoweit ist bereits fraglich, ob eine fotografische Erfassung des
Hausgrundstücks des Klägers durch die Aufnahmewagen
der
Beklagten überhaupt droht, nachdem auch der Kläger
grundsätzlich davon ausgeht, daß die Beklagte im
letzten
Ausbauzustand ihrer Bilddatenbank lediglich die Straßen- und
Gebäudeansichten von Städten mit mehr als 20.000
Einwohnern
digital erfassen will. Dies trifft auf B. S., das gerichtsbekannt
zuletzt ca. 17.100 Einwohner hatte, aber nicht zu. Die Beklagte hat
zwar auf eine Anfrage des Haus- und Grundeigentümervereins W.
mit
Schreiben vom 21.05.1999 angegeben, auch die Gebäude in B. S.
digital erfassen zu wollen. Dieser Auskunft lag aber die unrichtige
Mitteilung des Prozeßbevollmächtigten des
Klägers in
seiner Eigenschaft als erster Vorsitzender dieses Vereins zugrunde,
daß es sich bei B. S. um eine Stadt mit mehr als 20.000
Einwohnern handle. Daß die in Niedersachsen
ansässige
Beklagte über die Einwohnerzahl sämtlicher
südbadischen
Grenzstädte aber nicht genau informiert ist und sich vor ihrem
Antwortschreiben auch keine exakte Kenntnis über die
Einwohnerzahl
von B. S. verschafft hat, ist ohne weiteres nachvollziehbar, so
daß allein aufgrund des bejahenden Antwortschreibens vom
21.05.1999 nicht mit zumindest überwiegender
Wahrscheinlichkeit
davon ausgegangen werden muß, daß das Anwesen des
Klägers überhaupt irgendwann einmal in die
Bilddatenbank der
Beklagten aufgenommen wird.
Selbst
wenn man aber davon ausginge, daß die Beklagte entgegen
ihrer genereifen Planung entsprechend ihrer Auskunft vom 21.05.1999
tatsächlich auch das Straßenbild von B. S. digital
erfassen
will, so würde dies allenfalls die für eine
vorbeugende
(Hauptsache-) Unterlassungsklage notwendige Erstbegehungsgefahr
begründen. Die für das einstweilige
Verfügungsverfahren
zusätzlich noch notwendige besondere Dringlichkeit einer
vorläufigen Entscheidung läßt sich hieraus
jedoch nicht
ableiten. Insoweit ist vielmehr von Bedeutung, daß die
Beklagte
bislang unstreitig lediglich 17 deutsche Städte durch ihre
Kamerawagen hat erfassen lassen, bei denen es sich entweder um
besonders große oder zumindest um touristisch besonders
interessante größere Gemeinden handelt. Beides
trifft auf B.
S. jedoch nicht zu. Weiterhin ist auch die Angabe der Beklagten, sich
zunächst auf Städte mit mehr als 150.000 Einwohnern
beschränken zu wollen, bereits aus wirtschaftlichen
Gesichtspunkten ohne weiteres nachvollziehbar, da es in kleineren
Gemeinden ersichtlich an ausreichenden Absatzmöglichkeiten
für das unstreitig sowohl technisch als auch finanziell sehr
aufwendige Bilderfassungsprojekt der Beklagten fehlt. Auch aus dem
Umstand, daß die Beklagte vorprozessual gegenüber
dem
Kläger die Abgabe einer strafbewehrten
Unterlassungserklärung
verweigert hat, läßt sich somit allenfalls ableiten,
daß nicht völlig ausgeschlossen werden kann,
daß sie
entgegen ihren Verlautbarungen irgendwann einmal auch die Erfassung der
Straßenansichten kleinerer Städte wie B. S. plant.
Daß
dies entgegen ihren Angaben aber bereits in so kurzer Zeit der Fall
sein könnte, daß sich der Kläger hiergegen
nicht auch
noch mit einer Hauptsacheklage zur Wehr setzen könnte, folgt
hieraus nicht. Nachdem sich der Vortrag des Klägers insoweit
aber
im wesentlichen auf die Bezugnahme auf
Presseveröffentlichungen
und den Schriftwechsel des Haus- und Grundeigentümervereins
mit
der Beklagten beschränkt, hat er das Vorliegen eines
Verfügungsgrundes nicht in ausreichender Weise glaubhaft
gemacht.
Bereits aus diesem Grund war der Antrag daher als unbegründet
zurückzuweisen.
II.
Die
Kammer sieht aber auch keine ausreichende rechtliche Grundlage
für das Unterfassungsbegehren des Klägers, so
daß es
darüber hinaus auch an einem Verfügungsanspruch
fehlt. Denn
weder aus seinem Eigentums- noch aus seinem allgemeinen
Persönlichkeitsrecht läßt sich ein auf
§§
823, 1004 BGB gestütztes Verbot der digitalen Erfassung seines
Hausgrundstücks und der weiteren Verwertung dieser Abbildungen
im
Rahmen der Gebäude-Bilddatenbank der Beklagten ableiten, und
zwar
auch dann nicht, wenn der Gebäudeabbildung innerhalb der
Datenbank
der dazugehörige Straßenname nebst Ortsnamen und
Postleitzahl zugeordnet wird.
1.
Insoweit
ist zunächst festzuhalten, daß nach dem weitgehend
übereinstimmenden Tatsachenvortrag beider Parteien nicht davon
ausgegangen werden kann, daß innerhalb der Datenbank der
Beklagten eine Verknüpfung einzelner Gebäudeansichten
mit
konkreten Einzelanschriften (also einschließlich der
jeweiligen
Hausnummer) oder gar mit den Einzeladressen der Eigentümer
oder
Bewohner dieses Hauses erfolgt. Nach den unwiderlegt geblichenen
Angaben der Beklagten ist vielmehr davon auszugehen, daß der
jeweilige Standort des Kamerafahrzeugs zunächst lediglich mit
dessen - durch Satellitennavigation ermittelten - geoterrestrischen
Position verknüpft ist und erst in einem weiteren
Arbeitsschritt
diese geographischen Daten einem bestimmten Straßennamen
innerhalb der jeweiligen Gemeinde zugeordnet werden. Ein direkter
Zugriff auf die Abbildung eines konkreten Einzelgebäudes durch
die
Eingabe konkreter Adressdaten einer bestimmten Person ist somit
ebensowenig beabsichtigt wie umgekehrt der Abruf bestimmter
personenbezogener Daten nach Eingabe der Abbildung eines bestimmten
Einzelgebäudes. Da der Kläger zumindest nicht
glaubhaft
gemacht hat, daß auch Hausnummern von der Beklagten als
Suchkriterium erfaßt werden, können der weiteren
Beurteilung
lediglich die Ausführungen der Beklagten zugrundegelegt
werden,
wonach man durch Eingabe eines - im Rahmen einer Adress- oder
Telefondatenbank möglicherweise auch mit bestimmten
Einzelnamen
verknüpften - Straßennamens zwar am Bildschirm des
Computers
einen Eindruck vom Verlauf dieser Straße aus der Sicht der
von
der Beklagten eingesetzten Kamerafahrzeuge erlangen kann, daß
man
sich an ein konkretes Einzelgebäude aber lediglich durch
manuell
gesteuertes "Abfahren" dieses Straßenverlaufs herantasten
kann
und somit zu einer konkreten Zuordnung der Abbildung eines bestimmten
Gebäudes zu bestimmten Adressdaten einzelner Personen nur dann
gelangt, wenn man das Gebäudeäußere bereits
aus anderen
Quellen kennt oder ausnahmsweise die am Gebäude angebrachte
Hausnummer auf der Abbildung hinreichend deutlich erkennbar ist. Eine
automatisierte Verknüpfung einer einzelnen
Gebäudeabbildung
mit konkreten Adressdaten der Bewohner ist zumindest derzeit bereits
technisch nicht möglich.
2.
Unter
diesen technischen Voraussetzungen stellt die fotografische
Erfassung der Außenansicht des Gebäudes des
Klägers vom
öffentlichen Straßenraum aus aber ebensowenig einen
nach
§§ 823 Abs. 1, 903 Satz 1, 1004 Abs. 1 Satz 2 BGB
abwehrfähigen Eingriff in sein Eigentumsrecht dar wie die
weitere
Veröffentlichung solch einer Abbildung im Rahmen der
Gebäude-Bilddatenbank der Beklagten.
Denn
die in § 903 BGB umschriebene umfassende Herrschaftsmacht des
Sacheigentümers schließt zwar die rechtliche
Verfügungsmacht und die sich insbesondere im Besitzen und
Benutzen
der Sache äußernde tatsächliche Herrschaft
über
die Sache ein; diese Verfügungsbefugnis des
Eigentümers wird
durch den Fotografiervorgang als Realakt aber nicht berührt,
und
zwar unabhängig davon, ob die Abbildung in
herkömmlicherweise
oder mit digitalen Aufnahmemethoden erfolgt. In beiden Fällen
fehlt es auch an einer tatsächlichen Einwirkung auf das
Eigentum.
Denn beim Fotografieren eines Hauses von einer allgemein
zugänglichen Stelle aus wird weder dessen Sachsubstanz in
irgendeiner Weise verletzt noch wird der Eigentümer hierdurch
in
der Nutzung der Sache und seinem Recht, mit dieser nach seinem Belieben
zu verfahren, in tatsächlicher oder rechtlicher Hinsicht
irgendwie
beeinträchtigt (BGH NJW 1989, 2251, 2252).
Die
vom Kläger insoweit vertretene Auffassung liefe vielmehr auf
die Anerkennung eines Ausschließlichkeitsrechts an dem in der
Sache verkörperten immateriellen Gut hinaus und würde
dadurch
den grundsätzlichen Unterschied zwischen dem Eigentum an einer
körperlichen Sache und dem Urheberrecht als
Immaterialgüterrecht verwischen. Eine so umfassende
Ausstrahlung
des Sacheigentums wird aber weder von der grundgesetzlichen
Eigentumsgarantie gefordert noch durch die Zivilrechtsordnung
anerkannt. Die Verwertung des äußeren Abbildes einer
Sache
ist vielmehr von der eigentumsrechtlichen Sachherrschaft getrennt und
ausschließlich dem geistigen Urheber des Werkes innerhalb der
durch §§ 11 ff. UrhG gezogenen Grenzen zugeordnet.
Insoweit
hat der Gesetzgeber in § 59 UrhG aber die fotografische
Verbreitung der äußeren Ansicht eines
Gebäudes selbst
dem Urheberrechtsschutz entzogen, so daß der Kläger
nicht
einmal als geistiger Schöpfer des Bauwerks berechtigt
wäre,
der Beklagten dessen fotografische Vervielfältigung zu
untersagen.
Weitergehende Ausschließlichkeitsrechte billigt die
Zivilrechtsordnung aber auch dem Sacheigentümer nicht zu.
3.
Auch
unter Berufung auf sein allgemeines Persönlichkeitsrecht und
dessen Ausgestaltungen im Recht auf angemessenen Schutz der
Privatsphäre, dem Recht am eigenen Bild und dem Recht auf
informationelle Selbstbestimmung steht dem Kläger kein
Anspruch
auf Untersagung der Aufnahme einer Abbildung seines Wohnhauses in die
Gebäude-Bilddatenbank der Beklagten zu. Denn auch insoweit hat
der
Kläger die Gefahr konkreter Beeinträchtigungen seines
Persönlichkeitsrechts in einer für ihn nicht mehr
hinnehmbaren und damit auch rechtswidrigen Weise zumindest nicht
glaubhaft gemacht.
a)
Durch
die Aufnahme und gewerbliche Weiterverbreitung von Abbildungen
der Außenansicht des Wohngebäudes des
Klägers wird
dabei nur der Teilbereich seines Persönlichkeitsrechtes
berührt, der ohnehin der Öffentlichkeit zugewandt ist
und
deshalb von vornherein allenfalls einen sehr begrenzten deliktischen
Schutz genießen kann. Denn daß aus den sich im
normalen
Verkehrsfluß bewegenden Aufnahmewagen der Beklagten
Abbildungen
aufgenommen werden können, die über die
äußere
Gebäudefassade hinaus tiefergehende Einblicke in die Privat-
oder
gar Intimsphäre des Klägers erlaubten, hat dieser
selbst
nicht behauptet. Die Öffentlichkeitssphäre als der
Bereich
des menschlichen Lebens, von dem jedermann Kenntnis nehmen kann,
genießt aber von vornherein keinen Schutz gegen
Indiskretionen.
Allenfalls gegen unrichtige oder ehrverletzende Darstellungen kann sich
der Betroffene auch in diesem Teilbereich seiner
Persönlichkeit
mit Erfolg zur Wehr setzen. Solche Eingriffe drohen dem Kläger
von
dem völlig objektiven und wertneutralen Aufnahmeverfahren der
Beklagten aber nicht. Angesichts des Massencharakters der
Gebäudeerfassung seitens der Beklagten besteht ersichtlich
auch
nicht die Gefahr, daß der Kläger bei seinen
Bekannten in den
von ihm unerwünschten Verdacht geraten könnte, sich
in
besonderer Weise mit dem Vorhaben der Beklagten zu identifizieren und
für dieses - z.B. werbemäßig - einzustehen
(vgl. dazu
BGH NJW 1971, 1359; BGH NJW 1989, 2251, 2253). Auch die mit den
technischen Möglichkeiten einer digitalen Bilderfassung und
weitgehend automatischen Abrufbarkeit und Reproduzierbarkeit der
Gebäudeabbildungen in der Bilddatenbank der Beklagten
verbunden
erweiterten Verwertungschancen begründen insoweit keinen
erweiterten Persönlichkeitsschutz. Dem Kläger ist
zwar darin
Recht zu geben, daß die Abbildung seines Gebäudes
auf diese
Weise dem Zugriff eines zumindest von ihm nicht mehr
überschaubaren Personenkreises offensteht. Dies
ändert jedoch
nichts daran, daß es sich bei den veröffentlichten
Gebäudeansichten doch nur um einen sehr marginalen Ausschnitt
aus
seinem Persönlichkeitsbild handelt, dessen Aussagekraft andere
öffentlich zugängliche personenbezogene Daten nicht
übersteigt. Angesichts des auch vom Kläger
angegebenen
Preises der Datenbank der Beklagten, der für eine mittlere
Großstadt bei mehreren 100.000,- DM liegen soll, erscheinen
die
vom Kläger befürchteten
Mißbrauchsmöglichkeiten
durch Kriminelle im Hinblick auf diesen begrenzten Aussagegehalt der
Übersichtsaufnahme einer Gebäudeaußenseite
ebenfalls
eher abstrakt. Abwehrfähige Eingriffe in das
Persönlichkeitsrecht des Klägers lassen sich daher
auch aus
den technischen Aspekten einer digitalen Bildverarbeitung nicht
ableiten.
b)
Das
Recht am eigenen Bild eröffnet dem Kläger ebenfalls
keine
weitergehenden Abwehrrechte. Denn die fotografische Abbildung allein
des Wohngebäudes des Klägers greift in diese
Ausgestaltung
seines Persönlichkeitsrechtes gar nicht ein. Insoweit weist
die
Beklagte vielmehr zu Recht darauf hin, daß sogar eine
Aufnahme
des Klägers selbst vor seinem in erster Linie fotografisch
erfaßten Wohnhaus gemäß § 23 Abs.
1 Nr. 2
KunstUrhG nicht verboten wäre. Die ausschließliche
fotografische Erfassung der Gebäudeaußenseite
begründet
daher auch unter diesem Aspekt keine weitergehenden Schutzrechte.
c)
Gleiches
gilt schließlich für das Recht auf informationelle
Selbstbestimmung, das seit dem Volkszählungs-Urteil des
Bundesverfassungsgerichts ebenfalls als eine besondere
Ausprägung
des allgemeinen Persönlichkeitsrechtes anerkannt ist (vgl.
BVerfGE
65, 1, 41 ff.). Danach muß zwar auch im Rahmen der
§§
823, 1004 BGB die Befugnis des einzelnen gewährleistet
bleiben,
grundsätzlich selbst über die Preisgabe und
Verwendung seiner
persönlichen Daten zu bestimmen, weshalb die Regelungen des
Bundesdatenschutzgesetzes auch als Schutzgesetze i.S.d. § 823
Abs.
2 BGB anzusehen sind (vgl. z.B. OLG Hamm NJW1996, 131). Auch das Recht
auf informationelle Selbstbestimmung ist aber nicht schrankenlos
gewährleistet, der einzelne hat also nicht ein Recht i.S.
einer
absoluten, uneinschränkbaren Herrschaft über "seine"
Daten,
er ist vielmehr als eine sich innerhalb der sozialen Gemeinschaft
entfaltende, auf Kommunikation angewiesene Persönlichkeit
verpflichtet, eine ihn nicht unangemessen stark belastende Preisgabe
und Verwertung personenbezogener Daten im überwiegenden
Allgemeininteresse oder auch im gleichrangigen Interesse Dritter
hinzunehmen.
Auch
nach diesen Grundsätzen stellt die digitale Erfassung einer
Abbildung der Gebäudeaußenseite des Wohnhauses des
Klägers aber keinen unzulässigen Eingriff in sein
Persönlichkeitsrecht dar. Insoweit räumt letztlich
auch der
Kläger selbst ein, daß das Vorhaben der Beklagten
zumindest
nach derzeitiger Rechtslage nicht gegen die Bestimmungen des §
29
BDSG verstoßen dürfte. So ist bereits zweifelhaft,
ob es
sich bei der Abbildung eines Gebäudes bei isolierter
Betrachtungsweise überhaupt um Einzelangaben über
sachliche
Verhältnisse einer bestimmten natürlichen Person und
damit um
personenbezogene Daten i.S.d. § 3 Abs. 1 BDSG handelt, auch
wenn
nicht zu verkennen ist, daß die Gebäudeabbildung zu
solchen
personenbezogenen Daten zumindest in Beziehung gesetzt werden kann.
Weiterhin dürfte davon auszugehen sein, daß es sich
bei der
Bilddatenbank der Beklagten nicht um eine Datei i.S.d. § 3
Abs. 2
BDSG handelt, was Voraussetzung einer Anwendbarkeit der für
die
Datenverarbeitung durch nicht-öffentliche Stellen geltenden
Vorschriften der §§ 27 ff. BDSG wäre. Denn
angesichts
dessen, daß die einzelnen Gebäudeabbildungen
lediglich mit
den jeweiligen Koordinaten des Standorts des Aufnahmefahrzeugs bzw.
stattdessen mit dem jeweiligen Straßennamen und dem
dazugehörigen Ortsnamen nebst Postleitzahl verknüpft
sind,
ohne daß die Einzelabbildungen noch sinnvoll nach anderen
Ordnungskriterien ausgewertet werden können, dürfte
es an
einer Mehrzahl von Auswertungsmerkmalen fehlen, die tatbestandliche
Voraussetzung des Dateibegriffes des § 3 Abs. 2 BDSG ist.
Selbst
im Falle einer Anwendbarkeit des § 29 BDSG wäre die
geschäftsmäßige Speicherung der
öffentlich ohne
weiteres zugänglichen Gebäudeabbildungen nach
§ 29 Abs.
1 Satz 1 Nr. 2 BDSG aber nur dann unzulässig, wenn dem
offensichtlich überwiegende schutzwürdige Interessen
des
Betroffenen entgegenstünden. Auch hiervon kann angesichts des
eher
begrenzten Aussagegehalts der Abbildung einer Gebäudefassade
nicht
ohne weiteres ausgegangen werden. Daß die für eine
Verwertung dieser Daten sprechenden Interessen der Beklagten rein
kommerzieller Natur sind, ändert hieran nichts, da auch die
wirtschaftliche Betätigungsfreiheit grundgesetzlichen Schutz
(Art.
14 Abs. 1 GG) genießt und bei der Abwägung der
gegenläufigen Interessen der datenspeichernden Stelle und des
Betroffenen somit durchaus zu berücksichtigen ist.
III.
Weder
unter eigentums- noch unter persönlichkeitsschutzrechtlichen
Aspekten ist daher eine Unzulässigkeit des von der Beklagten
durchgeführten Systems der Erfassung und Verbreitung digitaler
Gebäudeabbildungen zu erkennen. Ein Eingriff in weitere
rechtlich
geschützte Positionen des Klägers ist ebenfalls nicht
ersichtlich. Der geltend gemachte Unterlassungsanspruch erscheint daher
nach derzeitiger Rechtslage als nicht begründet.
IV.
Die
Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO. Die
Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf
§§ 708 Nr. 6, 711 Satz 1, 108 Abs. 1 Satz 1 ZPO.