Urteil
Entscheidungsformel:
1. § 2 Nummer 1 bis 7 sowie §§ 3 bis 5 des
Gesetzes über eine Volks-, Berufs-, Wohnungs- und
Arbeitsstättenzählung (Volkszählungsgesetz
1983) vom 25 März 1982 (Bundesgesetzbl. I S. 369) sind mit dem
Grundgesetz vereinbar; jedoch hat der Gesetzgeber nach
Maßgabe der Gründe für ergänzende
Regelungen der Organisation und des Verfahrens der
Volkszählung Sorge zu tragen.
2. § 9 Absatz 1 bis 3 des Volkszählungsgesetzes 1983
ist mit Artikel 2 Absatz 1 in Verbindung mit Artikel 1 Absatz 1 des
Grundgesetzes unvereinbar und nichtig.
3. Die Beschwerdeführer werden durch das
Volkszählungsgesetz 1983 in dem aus Nummer 1 und 2
ersichtlichen Umfang in ihren Grundrechten aus Artikel 2 Absatz 1 in
Verbindung mit Artikel 1 Absatz 1 des Grundgesetzes verletzt.
Im übrigen werden die Verfassungsbeschwerden
zurückgewiesen.
4. Die Bundesrepublik Deutschland hat den Beschwerdeführern
die notwendigen Auslagen zu erstatten.
Gründe:
A.
Die Verfassungsbeschwerden richten sich unmittelbar gegen das Gesetz
über eine Volkszählung, Berufszählung,
Wohnungszählung und Arbeitsstättenzählung
(Volkszählungsgesetz 1983) vom 25. März 1982 (BGBl. I
S. 369) - VZG 1983 -.
Die durch dieses Gesetz angeordnete Datenerhebung hat Beunruhigung auch
in solchen Teilen der Bevölkerung ausgelöst, die als
loyale Staatsbürger das Recht und die Pflicht des Staates
respektieren, die für rationales und planvolles staatliches
Handeln erforderlichen Informationen zu beschaffen. Dies mag teilweise
daraus zu erklären sein, daß weithin Unkenntnis
über Umfang und Verwendungszwecke der Befragung bestand und
daß die Notwendigkeit zur verläßlichen
Aufklärung der Auskunftspflichtigen nicht rechtzeitig erkannt
worden ist, obwohl sich das allgemeine Bewußtsein
durch die Entwicklung der
automatisierten Datenverarbeitung seit den Mikrozensus-Erhebungen in
den Jahren 1956 bis 1962 (vgl. BVerfGE 27, 1) erheblich
verändert hatte. Die Möglichkeiten der modernen
Datenverarbeitung sind weithin nur noch für Fachleute
durchschaubar und können beim Staatsbürger die Furcht
vor einer unkontrollierbaren Persönlichkeitserfassung selbst
dann auslösen, wenn der Gesetzgeber lediglich solche Angaben
verlangt, die erforderlich und zumutbar sind. Zur Beunruhigung mag
nicht zuletzt beigetragen haben, daß auch Sachkundige die
Überzeugung vertraten, das Volkszählungsgesetz 1983
genüge trotz einstimmiger Verabschiedung in den gesetzgebenden
Körperschaften schon in den Vorschriften über die
Erhebung der Daten und vor allem in den Bestimmungen über
deren Verwertung nicht hinreichend den verfassungsrechtlichen
Anforderungen. Da zu diesen nur eine lückenhafte
verfassungsgerichtliche Rechtsprechung bestand, nötigen die
zahlreichen Verfassungsbeschwerden gegen das
Volkszählungsgesetz 1983 das Bundesverfassungsgericht, die
verfassungsrechtlichen Grundlagen des Datenschutzes umfassender zu
prüfen. Der Erlaß der einstweiligen Anordnung vom
13. April 1983 (EuGRZ 1983, S. 171 = BVerfGE 64, 67) hat die
Voraussetzungen für eine solche Prüfung geschaffen.
I.
1. Das Volkszählungsgesetz 1983 regelt in den
§§ 1 bis 8 Programm und Durchführung der
Erhebung; § 9 enthält besondere Regelungen
über die Verwendung und Übermittlung der erhobenen
Daten. Die wesentlichen Vorschriften lauten:
"§ 1
(1) Nach dem Stand
vom 27. April 1983 werden eine Volkszählung und
Berufszählung mit gebäudestatistischen und
wohnungsstatistischen Fragen sowie eine Zählung der
nichtlandwirtschaftlichen Arbeitsstätten und Unternehmen
(Arbeitsstättenzählung) durchgeführt.
(2) bis (3) ... .
§ 2
Die
Volkszählung und Berufszählung erfaßt:
1. Vornamen und
Familiennamen, Anschrift, Telefonanschluß, Geschlecht,
Geburtstag, Familienstand, rechtliche Zugehörigkeit oder
Nichtzugehörigkeit zu einer Religionsgesellschaft,
Staatsangehörigkeit;
2. Nutzung der
Wohnung als alleinige Wohnung, Hauptwohnung oder Nebenwohnung
(§ 12 Abs. 2 des Melderechtsrahmengesetzes);
3. Quelle des
überwiegenden Lebensunterhaltes;
4. Beteiligung am
Erwerbsleben, Eigenschaft als Hausfrau, Schüler, Student;
5. erlernten Beruf
und Dauer der praktischen Berufsausbildung, höchsten
Schulabschluß an allgemeinbildenden Schulen,
höchsten Abschluß an einer berufsbildenden Schule
oder Hochschule sowie Hauptfachrichtung des letzten Abschlusses;
6. bei
Erwerbstätigen sowie Schülern und Studenten Namen und
Anschrift der Arbeitsstätte oder Ausbildungsstätte,
hauptsächlich benutztes Verkehrsmittel und Zeitaufwand
für den Weg zur Arbeitsstätte oder
Ausbildungsstätte;
7. bei
Erwerbstätigen Geschäftszweig des Betriebes, Stellung
im Beruf, ausgeübte Tätigkeit, Arbeitszeit,
landwirtschaftliche und nichtlandwirtschaftliche
Nebentätigkeit;
8. im
Anstaltsbereich die Eigenschaft als Insasse oder die
Zugehörigkeit zum Personal oder zum Kreis der
Angehörigen des Personals.
§ 3
(1) Die
gebäudestatistischen Fragen erfassen bei Gebäuden mit
Wohnraum und bei ständig bewohnten Unterkünften
Anschrift, Art und Baujahr sowie den Eigentümer oder an seiner
Stelle den Nießbrauchberechtigten oder denjenigen, der
Anspruch auf Übereignung oder auf Einräumung oder
Übertragung eines Erbbaurechts oder Nießbrauchs hat.
(2) Die
wohnungsstatistischen Fragen erfassen:
1. Art,
Größe, Ausstattung und Verwendungszweck, Art der
Beheizung und der Heizenergie sowie Bezugsjahr der Wohnung,
Wohnverhältnis, Förderung der Wohnung mit Mitteln des
sozialen Wohnungsbaus sowie Zahl und Nutzung der Räume;
2. bei vermieteten
Wohnungen außerdem die Höhe der monatlichen Miete;
3. bei leerstehenden
Wohnungen außerdem die Dauer des Leerstehens.
§ 4
Die
Arbeitsstättenzählung erfaßt:
1. bei allen
nichtlandwirtschaftlichen Arbeitsstätten und Unternehmen
a) Namen,
Bezeichnung, Anschrift, Telefonanschluß und Zahl der
Sprechstellen, Art der Niederlassung, Art der ausgeübten
Tätigkeit oder Art des Aufgabengebietes der
Arbeitsstätte und des Unternehmens, Eröffnungsjahr,
Angaben über Neuerrichtung oder Standortverlagerung,
Träger der Arbeitsstätte bei Anstalten, Einrichtungen
von Behörden oder der Sozialversicherung sowie von Kirchen,
Verbänden oder sonstigen Organisationen,
b) Zahl der
tätigen Personen nach Geschlecht, Stellung im Betrieb, Zahl
der Teilzeitbeschäftigten sowie Zahl der
ausländischen Arbeitnehmer nach Geschlecht,
c) Summe der
Bruttolöhne und Bruttogehälter des vorhergehenden
Kalenderjahres;
2. bei
Hauptniederlassungen und einzigen Niederlassungen außerdem
a) Eintragung des
Unternehmens in die Handwerksrolle,
b) Rechtsform des
Unternehmens;
3. bei
Hauptniederlassungen zusätzlich zu den Angaben nach den
Nummern 1 und 2 für jede Zweigniederlassung
a) Namen,
Bezeichnung, Anschrift, Art der ausgeübten Tätigkeit
oder des Aufgabengebietes,
b) Zahl der
tätigen Personen,
c) Summe der
Bruttolöhne und Bruttogehälter des vorhergehenden
Kalenderjahres.
§ 5
(1)
Auskunftspflichtig sind
1. bei der
Volkszählung und Berufszählung: alle
Volljährigen oder einen eigenen Haushalt führenden
minderjährigen Personen, auch für
minderjährige oder behinderte Haushaltsmitglieder;
für Personen in Gemeinschaftsunterkünften, Anstalten
und ähnlichen Einrichtungen, auch die Leiter dieser
Einrichtungen, soweit Umstände, die in der Person des
Auskunftspflichtigen liegen, dies erforderlich machen;
2. bei den
gebäudestatistischen Fragen: die in § 3 Abs. 1
genannten Personen, deren Vertreter oder Gebäudeverwalter;
3. bei den
wohnungsstatistischen Fragen: die
Wohnungsinhaber oder deren Vertreter sowie die nach den Nummern 1 und 2
Auskunftspflichtigen;
4. bei der
Arbeitsstättenzählung: die Inhaber oder Leiter der
Arbeitsstätten und Unternehmen.
(2) Widerspruch und
Anfechtungsklage gegen die Aufforderung zur Auskunftserteilung haben
keine aufschiebende Wirkung.
§ 6
(1) Zur
Durchführung des Volkszählungsgesetzes 1983
können ehrenamtliche Zähler bestellt werden.
(2) Zur
Übernahme der ehrenamtlichen Zählertätigkeit
ist jeder Deutsche vom vollendeten 18. bis zum vollendeten 65.
Lebensjahr verpflichtet. Befreit ist, wem eine solche
Tätigkeit aus gesundheitlichen oder anderen wichtigen
Gründen nicht zugemutet werden kann.
(3) Die
Zähler sind berechtigt und verpflichtet, Eintragungen selbst
vorzunehmen, soweit dies zur Erfüllung des Zwecks der
Zählung erforderlich ist und die Auskunftspflichtigen
einverstanden sind.
§ 7
(1) Bund,
Länder, Gemeinden Gemeindeverbände und sonstige
Körperschaften des öffentlichen Rechts sind
verpflichtet, ihre Bediensteten auf Anforderung der Erhebungsstellen
für die Zählertätigkeit zur
Verfügung zu stellen.
(2) Lebenswichtige
Tätigkeiten öffentlicher Dienste dürfen
durch diese Verpflichtung nicht unterbrochen werden.
§ 9
(1) Angaben der
Volkszählung nach § 2 Nr. 1 und 2 können mit
den Melderegistern verglichen und zu deren Berichtigung verwendet
werden. Aus diesen Angaben gewonnene Erkenntnisse dürfen nicht
zu Maßnahmen gegen den einzelnen Auskunftspflichtigen
verwendet werden.
(2) Einzelangaben
ohne Namen über die nach den §§ 2 bis 4
erfaßten Tatbestände dürfen nach §
11 Abs. 3 des Bundesstatistikgesetzes vom 14. März 1980 (BGBl.
I S. 289) von den Statistischen Ämtern des Bundes und der
Länder an die fachlich zuständigen obersten
Bundesbehörden und Landesbehörden
übermittelt werden, soweit sie zur
rechtmäßigen Erfüllung der in
ihrer Zuständigkeit liegenden Aufgaben erforderlich sind. Mit
Ausnahme des Merkmals rechtliche Zugehörigkeit oder
Nichtzugehörigkeit zu einer Religionsgesellschaft in
§ 2 Nr. 1 sowie der nach § 4 Nr. 1 Buchstabe c und
§ 4 Nr. 3 Buchstabe c erfaßten Tatbestände
gilt Satz 1 auch für die Übermittlung an die von den
fachlich zuständigen obersten Bundesbehörden und
Landesbehörden bestimmten Behörden, sonstigen
öffentlichen und nichtöffentlichen Stellen, soweit
die Übermittlung zur Durchführung der von den
fachlich zuständigen obersten Bundesbehörden und
Landesbehörden übertragenen Aufgaben erforderlich
ist. Absatz 1 Satz 2 gilt entsprechend.
(3) Für
Zwecke der Regionalplanung, des Vermessungswesens, der gemeindlichen
Planung und des Umweltschutzes dürfen den Gemeinden und
Gemeindeverbänden die erforderlichen Einzelangaben ohne Namen
über die nach den §§ 2 bis 4 mit Ausnahme
des Merkmals rechtliche Zugehörigkeit oder
Nichtzugehörigkeit zu einer Religionsgesellschaft in
§ 2 Nr. 1 sowie der nach § 4 Nr. 1 Buchstabe c und
§ 4 Nr. 3 Buchstabe c erfaßten Tatbestände
der Auskunftspflichtigen ihres Zuständigkeitsbereiches von den
Statistischen Ämtern der Länder übermittelt
werden. Für eigene statistische Aufbereitungen können
den Gemeinden und Gemeindeverbänden Einzelangaben
über die nach den §§ 2 bis 4
erfaßten Tatbestände von den Statistischen
Landesämtern zur Verfügung gestellt werden. Absatz 1
Satz 2 gilt entsprechend.
(4) Für
wissenschaftliche Zwecke dürfen die erforderlichen
Einzelangaben ohne Namen und Anschrift über die nach den
§§ 2 bis 4 mit Ausnahme des Merkmals rechtliche
Zugehörigkeit oder Nichtzugehörigkeit zu einer
Religionsgesellschaft in § 2 Nr. 1 sowie der nach § 4
Nr. 1 Buchstabe c und § 4 Nr. 3 Buchstabe c erfaßten
Tatbestände von den Statistischen Ämtern des Bundes
und der Länder an Amtsträger und für den
öffentlichen Dienst besonders Verpflichtete
übermittelt werden.
(5) Die nach den
Absätzen 2 bis 4 übermittelten Einzelangaben
dürfen von den Empfängern nur für die Zwecke
verwendet werden, für die sie übermittelt wurden.
(6) Einzelangaben in
statistischen Ergebnissen über die nach § 2 Nr. 1
erfaßten Angaben zur rechtlichen Zugehörigkeit oder
Nichtzugehörigkeit zu einer Religionsgesellschaft, gegliedert
nach Altersgruppen und Geschlecht, über die nach § 4
Nr. 1 Buchstabe b erfaßten Tatbestände, gegliedert
nach Art der ausgeübten Tätigkeit der
Arbeitsstätten und Unternehmen, sowie über die nach
§ 4 Nr.3 Buchstabe b
erfaßten Tatbestände dürfen von den
Statistischen Ämtern des Bundes und der Länder
veröffentlicht werden.
(7) § 11
des Bundesstatistikgesetzes gilt auch für Personen, die bei
Stellen beschäftigt sind, denen Einzelangaben zugeleitet
werden.
(8) Die
Statistischen Landesämter leiten dem Statistischen Bundesamt
auf Anforderung Einzelangaben für Zusatzaufbereitungen
für Bundeszwecke zu, wenn und soweit sie diese nicht selbst
durchführen."
Für eine statistische Erhebung nach Art der vorgesehenen
Volkszählung gilt außerdem das Gesetz über
die Statistik für Bundeszwecke (Bundesstatistikgesetz -
BStatG) vom 14. März 1980 (BGBl. I S. 289). Von Bedeutung sind
insbesondere § 10 über die Auskunftspflicht und
§ 11 über die Geheimhaltung:
"§ 10
(1) Alle
natürlichen und alle juristischen Personen des Privatrechts
sowie Personenhandelsgesellschaften und Körperschaften,
Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts,
Behörden und sonstige öffentliche Stellen des Bundes,
der Länder, Gemeinden und Gemeindeverbände sowie
deren Aufsicht unterstehenden Körperschaften, Anstalten und
Stiftungen des öffentlichen Rechts sind zur Beantwortung der
ordnungsgemäß angeordneten Fragen verpflichtet,
soweit nicht die Antwort ausdrücklich freigestellt ist.
(2) Die
Verpflichtung der Befragten, Auskunft zu erteilen, besteht
gegenüber den mit der Durchführung der
Bundesstatistiken amtlich betrauten Stellen und Personen.
(3) Die Antwort ist
wahrheitsgemäß, vollständig, fristgerecht
sowie kostenfrei und portofrei zu erteilen.
(4) Sind
Erhebungsvordrucke zur Ausfüllung durch den Befragten
vorgesehen, so sind die Antworten auf diesen Erhebungsvordrucken zu
erteilen. Die Richtigkeit der Angaben ist durch Unterschrift zu
bestätigen, soweit es im Erhebungsvordruck vorgesehen ist.
§ 11
(1) Einzelangaben
über persönliche und sachliche Verhältnisse,
die für eine Bundesstatistik gemacht werden, sind, soweit
durch Rechtsvorschrift nichts anderes bestimmt ist, von den
Amtsträgern und für den öffentlichen Dienst
besonders Verpflichteten, die mit der Durchführung von
Bundesstatistiken betraut sind, geheimzuhalten, es sei denn,
daß der Betroffene im Einzelfall
in die Übermittlung oder Veröffentlichung der von ihm
gemachten Einzelangaben ausdrücklich einwilligt. Die
§§ 93, 97, 105 Abs. 1, § 111 Abs. 5 in
Verbindung mit § 105 Abs. 1 sowie § 116 Abs. 1 der
Abgabenordnung vom 16. März 1976 (BGBl. I S. 613), zuletzt
geändert durch Zweites Kapitel Artikel 1 des Gesetzes vom 26.
November 1979 (BGBl. I S. 1953), gelten nicht für Personen und
Stellen, soweit sie mit der Durchführung von Bundesstatistiken
und Landesstatistiken betraut sind.
(2) Die
Übermittlung von Einzelangaben zwischen den mit der
Durchführung einer Bundesstatistik betrauten Personen und
Stellen ist zulässig, soweit dies zur Erstellung der
Bundesstatistik erforderlich ist.
(3) Das Statistische
Bundesamt, die Statistischen Landesämter und die sonstigen
erhebenden Stellen und Behörden sind berechtigt und
verpflichtet, den fachlich zuständigen obersten
Bundesbehörden und Landesbehörden, den von ihnen
bestimmten Stellen sowie sonstigen Amtsträgern und
für den öffentlichen Dienst besonders Verpflichteten
auf Verlangen statistische Einzelangaben zu übermitteln, wenn
und soweit diese Übermittlung unter Angabe des
Empfängerkreises und der Art des Verwendungszweckes in der die
Statistik anordnenden Rechtsvorschrift zugelassen und in den
Erhebungsvordrucken bekanntgegeben ist. In dieser Rechtsvorschrift und
den Erhebungsvordrucken ist auch anzugeben, ob die
Übermittlung mit oder ohne Nennung von Namen oder von Namen
und Anschrift zugelassen ist. Aus den Angaben gewonnene Erkenntnisse
dürfen nicht zu Maßnahmen gegen den Betroffenen
verwendet werden.
(4) Die
Geheimhaltungspflicht nach Absatz 1 gilt auch für die
Personen, denen nach Absatz 3 Einzelangaben zugeleitet werden.
(5) Einzelangaben,
die so anonymisiert werden, daß sie Auskunftspflichtigen oder
Betroffenen nicht mehr zuzuordnen sind, dürfen vom
Statistischen Bundesamt und von den Statistischen Landesämtern
übermittelt werden.
(6) Eine
Zusammenfassung von Angaben mehrerer Auskunftspflichtiger ist keine
Einzelangabe im Sinne dieses Gesetzes.
(7) Die zur
Identifizierung der Auskunftspflichtigen sowie sonstiger Betroffener
dienenden Daten, insbesondere Namen und Anschriften, sind zu
löschen, wenn ihre Kenntnis für die
Erfüllung der Aufgaben auf dem Gebiet der Statistik
für Bundeszwecke nicht mehr erforderlich ist. Namen und
Anschriften der Auskunftspflichtigen sollen von den übrigen
Angaben getrennt und unter besonderem Verschluß gehalten
werden."
Sofern nicht speziellere
Vorschriften eingreifen, gelten im übrigen das Gesetz zum
Schutz vor Mißbrauch personenbezogener Daten bei der
Datenverarbeitung (Bundesdatenschutzgesetz - BDSG) vom 27. Januar 1977
(BGBl. I S. 201), zuletzt geändert durch Art II § 36
des Sozialgesetzbuchs (SGB) - Verwaltungsverfahren - vom 18. August
1980 (BGBl. I S. 1469), und die Datenschutzgesetze der Länder.
Wesentlich sind die §§ 5 und 13 BDSG.
"§ 5
Datengeheimnis
(1) Den im Rahmen
des § 1 Abs. 2 oder im Auftrag der dort genannten Personen
oder Stellen bei der Datenverarbeitung beschäftigten Personen
ist untersagt, geschützte personenbezogene Daten unbefugt zu
einem anderen als dem zur jeweiligen rechtmäßigen
Aufgabenerfüllung gehörenden Zweck zu verarbeiten,
bekanntzugeben, zugänglich zu machen oder sonst zu nutzen.
(2) Diese Personen
sind bei der Aufnahme ihrer Tätigkeit nach Maßgabe
von Absatz 1 zu verpflichten. Ihre Pflichten bestehen auch nach
Beendigung ihrer Tätigkeit fort.
§ 13
Auskunft an den Betroffenen
(1) Dem Betroffenen
ist auf Antrag Auskunft über die zu seiner Person
gespeicherten Daten zu erteilen. In dem Antrag soll die Art der
personenbezogenen Daten, über die Auskunft erteilt werden
soll, näher bezeichnet werden. Die speichernde Stelle bestimmt
das Verfahren, insbesondere die Form der Auskunftserteilung nach
pflichtgemäßem Ermessen.
(2) ... .
(3) Die
Auskunftserteilung unterbleibt, soweit
1. die Auskunft die
rechtmäßige Erfüllung der in der
Zuständigkeit der speichernden Stelle liegenden Aufgaben
gefährden würde,
2. die Auskunft die
öffentliche Sicherheit oder Ordnung gefährden oder
sonst dem Wohle des Bundes oder eines Landes Nachteile bereiten
würde,
3. die
personenbezogenen Daten oder die Tatsache ihrer Speicherung nach einer
Rechtsvorschrift oder ihrem Wesen nach, namentlich wegen der
überwiegenden berechtigten
Interessen einer dritten Person, geheimgehalten werden müssen,
4. ... .
(4) ... ."
2. Nachdem der Entwurf eines Volkszählungsgesetzes in der 8.
Legislaturperiode am Streit um die Kosten gescheitert war, brachte die
Bundesregierung Anfang 1981 den im wesentlichen unveränderten
Entwurf eines Volkszählungsgesetzes erneut ein. In der
Begründung war unter anderem ausgeführt (BTDrucks
9/451, S. 7 ff.):
Volkszählungen, Berufszählungen und
Arbeitsstättenzählungen bildeten ein
Kernstück der statistischen Bestandsaufnahme. Angaben
über den neuesten Stand der Bevölkerung, ihre
räumliche Verteilung und ihre Zusammensetzung nach
demographischen und sozialen Merkmalen sowie über ihre
wirtschaftliche Betätigung seien unentbehrliche Grundlagen
für gesellschaftspolitische und wirtschaftspolitische
Entscheidungen des Bundes, der Länder und Gemeinden. In
verschiedenen Rechtsvorschriften werde auf Zählungsergebnisse
Bezug genommen. Auch die Parteien, die Tarifpartner, die
Wirtschaftsverbände und Berufsverbände, die
Wissenschaft und sonstige wichtige Gruppen des öffentlichen
Lebens seien auf die Zählungsergebnisse angewiesen. Diese
seien ferner Ausgangspunkt für die Fortschreibung der
laufenden Entwicklung und Auswahlgrundlage für gesetzlich
angeordnete Erhebungen auf Stichprobenbasis. Die Ergebnisse der letzten
Zählung vom 27. Mai 1970 seien überholt. Bund,
Länder und Gemeinden, aber auch zahlreiche soziale und
wirtschaftliche Organisationen sähen ihre Arbeiten in den
kommenden Jahren wesentlich beeinträchtigt und
befürchteten Fehlplanungen und Fehlinvestitionen. Die zur
Aktualisierung zu erhebenden Daten seien zur Entlastung der
Auskunftspflichtigen und zur Minimierung der Kosten auf das unbedingt
Notwendige beschränkt.
Mit der Volkszählung und Berufszählung werde ein
vielfältiges Strukturbild der Bevölkerung in tiefer
regionaler Gliederung gewonnen.
Ihre Ergebnisse seien Unterlage für zahlreiche
Verwaltungszwecke. Allein die Einwohnerzahl sei zum Beispiel
für die Stimmen der Länder im Bundesrat, für
die Abgrenzung der Bundestagswahlkreise, für den
Finanzausgleich, für die Größe der
Gemeindeparlamente und vieles andere mehr von Bedeutung. Für
das Land Bayern seien hundert Rechtsvorschriften gezählt
worden, die auf die Bevölkerungszahl Bezug nähmen.
Durch einen Vergleich der Angaben über die Wohnungsanschriften
mit den Melderegistern könne erreicht werden, daß
die im Rahmen der Volkszählung ermittelten und
anschließend auf der Basis der Zählung
fortgeschriebenen Einwohnerzahlen mit dem Inhalt der Melderegister
weitgehend identisch seien.
Die gebäudestatistischen Fragen würden in erster
Linie für im ganzen Bundesgebiet interessierende regionale und
städtebauliche Auswertungszwecke und als Basis für
die gesetzlich angeordnete Fortschreibung der Gebäude
benötigt. Die wohnungsstatistischen Fragen bezweckten, Umfang
und Struktur des Wohnungsbestandes regional tiefgegliedert zu erfassen.
Sie sollten wesentliche Hinweise für die richtige
Einschätzung des Wohnungsbestandes liefern, wie zum Beispiel
Belegung der Wohnungen, Angaben über leerstehende Wohnungen
und Mietenbelastung. Die Daten seien zugleich die Basis für
die gesetzlich angeordnete Fortschreibung des Wohnungsbestandes.
Die Arbeitsstättenzählung erstrecke sich als
Rahmenzählung auf alle Wirtschaftsbereiche mit Ausnahme der
Landwirtschaft. Sie liefere in fachlicher und regionaler Gliederung
einen Überblick über Zahl und
Größe der Arbeitsstätten und Unternehmen
und über deren Rechtsform. Ihre Ergebnisse seien insbesondere
für die Raumordnung, die Landesplanung und Regionalplanung,
die Strukturpolitik, die Arbeitsmarktpolitik und die Verkehrspolitik
eine wertvolle Informationsbasis.
§ 9 des Regierungsentwurfs sah in Absatz 1 einen
Melderegisterabgleich lediglich für Vornamen und
Familiennamen, Geburtstag, Familienstand und Anschrift vor. Die
Weitergabe von Daten an die Gemeinden und Gemeindeverbände
nach Absatz 3 war an die Bedingung
geknüpft, daß durch Satzung die Voraussetzungen
geschaffen seien und erhalten blieben, die eine
ausschließliche statistische Nutzung der Daten sicherstellten.
Der vom Bundesrat vorgeschlagenen erweiterten Fassung des § 9
Abs. 1 VZG 1983 stimmte die Bundesregierung zu (BTDrucks 9/451, S. 14
f.): Danach sollten lediglich Telefonanschluß, rechtliche
Zugehörigkeit oder Nichtzugehörigkeit zu einer
Religionsgesellschaft und Staatsangehörigkeit vom
Melderegisterabgleich ausgeschlossen sein.
Die kommunalen Spitzenverbände hatten vorgeschlagen, das
Erfordernis einer Datenschutzsatzung in § 9 Abs. 3 des
Entwurfs zu streichen. Dagegen wurde in den
Ausschußberatungen eingewandt, die sensiblen Daten, wegen
derer das Satzungserfordernis für notwendig gehalten werde,
würden trotz des verringerten Fragenprogramms auch weiterhin
erhoben. In einzelnen Gemeinden seien keine für die
Bearbeitung von Statistiken zuständigen Stellen benannt, so
daß eine Nutzung der Daten ausschließlich
für statistische Zwecke nicht sichergestellt sei. Das
Statistikgeheimnis müsse so weit wie möglich gewahrt
und alles vermieden werden, was Zweifel an seiner Einhaltung
hervorrufen könnte. Es sei notwendig, daß das
Vertrauen der Bevölkerung, die in diesen Fragen
außerordentlich sensibilisiert sei, geschützt werde.
Auch die Kommunalverwaltungen müßten ein Interesse
daran haben, daß keinerlei Verdacht in bezug auf
Mißbrauchsmöglichkeiten aufkommen könne.
Die damaligen Koalitionsfraktionen sind dieser Auffassung gefolgt und
haben mehrheitlich beschlossen, dem Deutschen Bundestag die Annahme des
§ 9 Abs. 3 in der Fassung des Regierungsentwurfs (also mit dem
Erfordernis einer Datenschutzsatzung) zu empfehlen. In der
Gesamtabstimmung hat auch die Fraktion der CDU/CSU zugestimmt (BTDrucks
9/1068, S. 17). Diesem Beratungsergebnis des Innenausschusses folgte
auch der Deutsche Bundestag bei der zweiten und dritten Beratung des
Volkszählungsgesetzes 1983.
Der Bundesrat verlangte einmal die Einführung des § 5
Abs. 2 VZG 1983, demzufolge
Widerspruch und Anfechtungsklage gegen die Aufforderung zur
Auskunftserteilung keine aufschiebende Wirkung haben. Zur
Begründung wurde ausgeführt, der mit der
Volkszählung verbundene Kostenaufwand sei nur gerechtfertigt,
wenn in möglichst kurzer Zeit vollständige Ergebnisse
vorlägen. Dieses Ziel sei gefährdet, wenn
Rechtsbehelfe aufschiebende Wirkung hätten. Die
Voraussetzungen der Anordnung einer sofortigen Vollziehung
könnten jeweils im Einzelfall nicht hinreichend dargetan
werden. Diese Unsicherheit sei dadurch auszuräumen,
daß im Gesetz selbst die aufschiebende Wirkung der
Rechtsbehelfe ausgeschlossen werde.
Ferner hielt es der Bundesrat für erforderlich,
sämtliche Angaben nach § 2 Nr. 1 und 2 VZG 1983 in
den Melderegisterabgleich einzubeziehen. Zur Begründung wurde
ausgeführt, die Kirchen hielten eine
Überprüfung der statistischen Zahlen über
die Zugehörigkeit zu einer Religionsgesellschaft für
dringend notwendig. Es bestünden Abweichungen zwischen den
Zahlen der amtlichen Statistik, den Melderegistern und den Zahlen, die
die Kirchen selbst ermittelt hätten. Eine Bereinigung setze
den Melderegisterabgleich voraus. Um möglichst zutreffende
Ergebnisse über den Ausländeranteil zu erhalten,
solle der Melderegisterabgleich auch für das Merkmal der
Staatsangehörigkeit ermöglicht werden. Da der
Telefonanschluß nicht im Melderegister eingetragen werde, sei
ein Abgleich gegenstandslos. Dieses Merkmal müsse daher nicht
ausdrücklich ausgenommen werden. Für die Richtigkeit
des Melderegisters und die Richtigkeit und Vollständigkeit des
Volkszählungsergebnisses hätten die in § 2
Nr. 1 und 2 VZG 1983 aufgeführten Merkmale mit Ausnahme des
Telefonanschlusses nahezu gleiche Bedeutung, so daß sie beim
Abgleich auch gleichbehandelt werden sollten.
Weiter schlug der Bundesrat die später Gesetz gewordene
umfassende Formulierung des § 9 Abs. 3 Satz 2 VZG 1983 vor.
Das Satzungserfordernis und die Einschränkung hinsichtlich der
zu übermittelnden Einzelangaben seien zu streichen. Zur
Begründung wurde ausgeführt, die Gemeinden seien auch
ohne eine Satzung gehalten, die
Vorschriften der Geheimhaltung statistischer Daten zu beachten und dies
durch organisatorische Maßnahmen sicherzustellen. Der
Gesetzestext besage auch eindeutig, daß die Einzelangaben nur
für statistische Zwecke verwendet werden dürften. Das
Informationsbedürfnis der Gemeinden beziehe sich auf alle in
den §§ 2 bis 4 VZG 1983 genannten Merkmale, so
daß keine Unterschiede hinsichtlich der Übermittlung
an die Gemeinden gemacht werden sollten.
Der Vermittlungsausschuß machte sich diese Auffassung des
Bundesrates zu eigen (BTDrucks 9/1350).
Der Vorschlag des Vermittlungsausschusses wurde vom Bundestag
einstimmig gebilligt; der Bundesrat stimmte dem Gesetz durch
einstimmigen Beschluß zu.
II.
Die Beschwerdeführer rügen die Verletzung ihrer
Grundrechte aus Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1, Art. 4
Abs. 1, Art. 5 Abs. 1, Art. 13, Art. 19 Abs. 4 GG sowie einen
Verstoß gegen das Rechtsstaatsprinzip (Art. 20 Abs. 3 GG).
Sie tragen im wesentlichen folgendes vor:
Aus dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht des Art. 2 Abs. 1 in
Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG folge für eine
Volkszählung das Gebot der Anonymität. Dies habe auch
das Bundesverfassungsgericht in seiner Entscheidung vom 16. Juli 1969
zur Verfassungsmäßigkeit einer
Repräsentativstatistik (BVerfGE 27, 1 - Mikrozensus)
festgestellt und beim damaligen Mikrozensus als gegeben vorausgesetzt.
Das Anonymitätsgebot des Grundgesetzes erfordere,
daß kein Zusammenhang zwischen erhobenen Daten und
individualisierbaren Personen oder Personengruppen hergestellt werden
könne. Ein wirksam anonymisiertes und in seiner
Verfügbarkeit strikt begrenztes Datum könne auf die
Einzelperson keinerlei Rückwirkung haben. Sei die
Anonymität dagegen nicht oder nicht voll
gewährleistet, so mache eine Befragung Daten über
individuelle Personen und Personengruppen für beliebige
fremdbestimmte Zwecke verfügbar. Dadurch könne die Einzelperson der freien
Selbstbestimmung beraubt und zum Gegenstand fremder
Willensausübung und Kontrolle werden. Bei der
Volkszählung würden die Daten nicht anonymisiert,
sondern blieben in allen Fällen personenbezogen. Dies gelte
auch dort, wo der Name entfalle. Nach dem gesicherten Stand der
Forschung könnten scheinbar undurchbrechbare Anonymisierungen
heute mit einfachen mathematischen Verfahren repersonalisiert werden.
Besonders leicht sei die Reidentifizierung mit Hilfe der
Haushaltskennummern sowie der Zählerlisten, die für
die Durchführung der Volkszählung ohne gesetzliche
Grundlage vorgesehen seien.
Seit der Mikrozensus-Entscheidung hätten sich die technischen
Voraussetzungen der Datenerhebung und Datenverarbeitung grundlegend
verändert. Die Statistischen Landesämter
hätten sich zu Landesdatenzentralen entwickelt, zahlreiche
Sonderverwaltungen hätten eigene Datenbanken mit eigenen
Personenkennzeichen eingeführt; auf Gemeindeebene entwickelten
sich die Melderegister zunehmend zu einer umfassenden
Einwohnerdatenbank, deren Daten im Prinzip für jede staatliche
Stelle abrufbar seien. Dies habe zur Folge, daß die
Volkszählungsdaten auf den gleichen Rechnern mit denselben
Programmen durch dieselben Personen verarbeitet würden, wie
die Daten für andere staatliche Funktionen. Deshalb reichten
die herkömmlichen Sicherungen für einen wirksamen
Datenschutz nicht aus. Es sei möglich, einen riesigen
Datenbestand für eine beliebige Vielzahl von abrufenden
Stellen ständig verfügbar zu halten.
Außerdem verfügten die unbestimmt vielen
möglichen Empfänger der Volkszählungsdaten
in der Regel über eigene Datenbanken. Diese lieferten
Zusatzwissen, das mit den Volkszählungsdaten
verknüpft werden könne. Dadurch werde die Schwelle
der Reidentifikation weiter herabgesetzt. Aufgrund dieser gewandelten
technologischen Bedingungen sei die Erstellung eines umfassenden und
detaillierten Bildes der jeweiligen Person - ein
Persönlichkeitsprofil - möglich, und zwar auch im
Intimbereich; der Bürger werde zum "gläsernen
Menschen". Die fehlende Anonymität bedeute nicht nur einen verfassungsrechtlichen
Mangel der zu erwartenden Zählpraxis und Auswertungspraxis,
sondern stelle einen Mangel des Volkszählungsgesetzes 1983
selbst dar.
Das Gesetz gerate durch sein Schweigen zu bestimmten wichtigen Fragen
seiner Anwendung in Konflikt mit dem vom Bundesverfassungsgericht
aufgestellten Wesentlichkeitsgebot. Erhebungszweck und
Erhebungsprogramm müßten im Gesetz geregelt werden.
Das Volkszählungsgesetz regele den Zählvorgang selbst
aber nur mit einem unwesentlichen Satz und lasse damit die Form der
grundrechtsbeeinträchtigenden Maßnahmen offen.
Darüber hinaus sei es verfassungsrechtlich geboten,
daß der Bürger von der Verarbeitung, insbesondere
der Weitergabe seiner Daten, informiert werde; denn sonst sei das
Statistikgeheimnis durch den als Antragsdelikt ausgestalteten
Straftatbestand des § 203 StGB nicht ausreichend
geschützt.
Die vorgesehene Erhebung sei in dieser Form nicht erforderlich und
verstoße daher gegen das Übermaßverbot.
Aufgrund der Fortschritte der empirischen Sozialforschung und neuerer
statistischer Methoden seien Zwangserhebungen nach Art und Umfang des
Volkszählungsgesetzes 1983 methodisch überholt.
Gezielte freiwillige Erhebungen könnten mit wesentlich
geringerem Aufwand und erheblich geringerer Eingriffstiefe bessere
Ergebnisse liefern. Außerdem habe die Befragung ohne weiteres
weniger einschneidend ausgestaltet werden können, zumal heute
das Erhebungsinstrumentarium der "anonymen Datenerhebung" entwickelt
sei, welches zu weitaus geringeren Eingriffen in die
Privatsphäre führe. Auch die namensbezogene
Weitergabe der Daten an Gemeinden, welche insbesondere bei kleineren
Gemeinden unkontrollierbare Nebenfolgen nach sich ziehe, sei allenfalls
aus der früher beschränkten Möglichkeit der
Statistikämter zur Datenverarbeitung erklärbar.
Damals hätten die Gemeinden selbst statistische Auswertungen
vornehmen müssen. Die Notwendigkeit hierfür sei
jedoch heute entfallen.
Verfassungsrechtliche Bedenken bestehen nach Auffassung der
Beschwerdeführer vor allem gegen die Vorschriften des
§ 9 VZG 1983. Der
Melderegisterabgleich nach Absatz 1 sei bereits deshalb
verfassungswidrig, weil es an der Gesetzgebungskompetenz des Bundes
fehle. Unter den Bedingungen einer sich weiterentwickelnden
Datenverarbeitungstechnologie komme der verfassungsrechtlichen
Kompetenzverteilung eine neue Funktion zu. Es lasse sich aus ihr das
verfassungsrechtliche Gebot der Dezentralisierung von bestimmten
Datenspeicherungen ableiten, welches selbst schon ein Element von
Datenschutz sei. § 9 Abs. 1 VZG 1983 verknüpfe in
verfassungswidriger Weise Statistik und Verwaltungsvollzug. Der
Zähler, der unvermeidlich Einblick in sämtliche
erhobenen Daten der Befragten gewinne, befinde sich in einer
Doppelrolle: Er sei zugleich "Kundschafter der örtlichen
Meldebehörde und Vollzieher der Bundesstatistik". Bei einer
rein melderechtlichen Befragung sei eine Anonymisierung der Daten nicht
nötig, und bei einer rein statistischen Befragung brauchten
die persönlichen Daten gar nicht erst erhoben zu werden. Der
Versuch des Gesetzgebers, in einer gemischten, sowohl anonymen als auch
individuellen Erhebung beiden Zwecken gerecht zu werden,
gefährde die für Zwecke der Statistik gebotene
Anonymität. Der klaren funktionellen Trennung von Statistik
und Meldewesen komme in einer veränderten technischen Umwelt,
die den Sicherheitsbehörden einen direkten Zugriff auf den
gesamten Datenbestand eröffne, eine erhöhte
verfassungsrechtliche Bedeutung zu. Die gesetzlich vorgesehene
Auskunftspflicht führe in Verbindung mit dem
Melderegisterabgleich zum Gebot der Selbstbezichtigung und
verstoße deshalb gegen das Rechtsstaatsprinzip. Das
Nachteilsverbot in § 9 Abs. 1 Satz 2 VZG 1983 biete dagegen
keinen ausreichenden Schutz; es stehe zudem in Widerspruch zum
Legalitätsprinzip.
Die Übermittlungsregelungen des § 9 Abs. 2 bis 4 VZG
1983 verstießen gegen das verfassungsrechtliche
Bestimmtheitsgebot. Sowohl der Personenkreis, dem Daten
übermittelt werden dürften, als auch die Ziele,
für welche die übermittelten Daten verwendet werden
dürften, seien unbestimmt geregelt. Die lediglich funktionelle
Umschreibung des Empfängerkreises führe dazu, daß dieser für den
Bürger aus dem Gesetz selbst nicht ersichtlich sei. Der
Verwendungszweck für die nach § 9 Abs. 2 und 3 VZG
1983 übermittelten Daten sei so unbestimmt geregelt,
daß er juristisch nicht abschließend
faßbar sei. Auch die "wissenschaftlichen Zwecke" des
§ 9 Abs. 4 VZG 1983 seien nur auf den ersten Blick klar.
Angesichts des herrschenden weiten Wissenschaftsbegriffs
könnten Daten auch an die wissenschaftlichen Stäbe
der Arbeitsverwaltung und Sozialverwaltung, des Bundeskriminalamts und
der Verfassungsschutzbehörden übermittelt werden. Der
Befragte kenne weder die über die statistischen Zwecke
hinausgehenden Zwecke der Erhebung noch den Umfang der gesetzlich
zugelassenen Übermittlung von Daten; er könne ferner
nicht die zahlreichen möglichen Empfänger der Daten
bestimmen. Deshalb sei auch das Nachteilsverbot für die
Datenweitergabe in § 9 Abs. 2 Satz 3 und Abs. 3 Satz 3 VZG
1983 unklar. Da die Menge der möglichen Verwendungszwecke
offen sei, könnten praktisch alle Angaben allein oder in
Verknüpfung zu Nachteilen führen. Für den
Befragten sei dies nicht vorauszusehen.
Die Frage nach der Zugehörigkeit zu einer
Religionsgesellschaft verstoße wegen der Vermischung von
Statistik und Verwaltungsvollzug gegen das Grundrecht aus Art. 4 Abs. 1
GG. Auch die durch Art. 5 Abs. 1 GG gewährleistete
Meinungsfreiheit sei verletzt. Zu ihr gehöre auch die
Freiheit, bestimmte Tatsachen nicht mitzuteilen. § 3 VZG 1983
verstoße gegen Art. 13 GG. Es mache keinen Unterschied, ob
die Wohnung von Staatsorganen betreten oder der Wohnungsinhaber zur
Selbstoffenbarung gezwungen werde.
Schließlich sei die Rechtsschutzgarantie des Art. 19 Abs. 4
GG verletzt. Die Vorschrift des § 5 Abs. 2 VZG 1983
ermögliche eine Erfassung und Speicherung von Daten, ehe es in
erster Instanz überhaupt zur Verhandlung gekommen sei.
Außerdem sei wegen der Unbestimmtheit des
Empfängerkreises und der möglichen Verwendungszwecke
der ermittelten Daten dem Bürger jeglicher Überblick
darüber vorenthalten, wer wo über welche seiner Daten
in welcher Weise und zu welchem Zweck verfüge. Einmal weitergegebene Daten seien in komplex
verbundenen und zunehmend "vernetzten" Systemen unterwegs, so
daß sie nicht mehr zurückgehalten werden
könnten. Auch deshalb laufe die Rechtsschutzgarantie leer.
III.
Das Bundesverfassungsgericht hat an die Beteiligten und die
Datenschutzbeauftragten des Bundes und der Länder Fragen
gerichtet, die im wesentlichen folgende Punkte betrafen:
Klärung der Zwecke des Volkszählungsgesetzes 1983 und
ihrer Erkennbarkeit aus dem Gesetz; verfassungsrechtliche Bedeutung des
Grundsatzes der Zweckbindung der Daten; Zulässigkeit der
Weitergabe statistischer Daten für den Verwaltungsvollzug;
Notwendigkeit einer näheren Regelung des Vollzugs des
Volkszählungsgesetzes 1983 durch den Gesetzgeber;
Vereinbarkeit der Volkszählung als Totalerhebung mit dem
Grundsatz der Verhältnismäßigkeit;
Möglichkeiten milderer Vollzugsmittel bei einer Totalerhebung;
Wert der Volkszählung für die öffentliche
Hand, wenn Datenübermittlungen nach § 9 VZG 1983 aus
verfassungsrechtlichen Gründen nicht erlaubt sein sollten.
Zu den Verfassungsbeschwerden und den vom Bundesverfassungsgericht
gestellten Fragen haben sich für die Bundesregierung der
Bundesminister des Innern, ferner die Regierung des Landes
Baden-Württemberg, die Bayerische Staatsregierung, der Senat
der Freien und Hansestadt Hamburg, die Niedersächsische
Landesregierung, die Landesregierung des Landes Nordrhein-Westfalen,
die Landesregierung Rheinland-Pfalz und die Landesregierung
Schleswig-Holstein geäußert. Außerdem
haben der Bundesbeauftragte für den Datenschutz, die
Landesbeauftragte für den Datenschutz
Baden-Württemberg, der Bayerische Landesbeauftragte
für den Datenschutz, der Berliner Datenschutzbeauftragte, der
Landesbeauftragte für den Datenschutz der Freien Hansestadt
Bremen, der Hamburgische Datenschutzbeauftragte, der Hessische
Datenschutzbeauftragte, der Landesbeauftragte für den Datenschutz Nordrhein-Westfalen und die
Datenschutzkommission Rheinland-Pfalz Stellung genommen.
1. Die Bundesregierung und die genannten Landesregierungen, mit
Ausnahme des Senats der Freien und Hansestadt Hamburg, halten das
Volkszählungsgesetz 1983 für mit dem Grundgesetz
vereinbar und die Verfassungsbeschwerden für
unbegründet.
Die Auskunftspflichten nach dem Volkszählungsgesetz 1983, die
Durchführung der Zählung und die Verarbeitung und
Verwendung der erhobenen Daten seien durch den statistischen
Gesetzeszweck bestimmt. Mit der statistischen Erhebung seien einige
Datenverwendungen für andere Zwecke als solche der
Volkszählung verbunden (§ 9 VZG 1983).
Die Ergebnisse der Statistik als einer der vielseitigsten
Informationsquellen seien unverzichtbar für die Beobachtung
der gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Situation und ihre
Entwicklung sowie für die Vorbereitung und Kontrolle von
Entscheidungen, Maßnahmen und Planungsvorhaben. Das Programm
der amtlichen Statistik habe laufend erweitert und den aktuellen
Bedürfnissen angepaßt werden müssen. Dabei
sei Wert auf ein in sich geschlossenes, vielseitig verwendbares und gut
koordiniertes statistisches Gesamtbild von Staat, Gesellschaft und
Wirtschaft gelegt worden. Von Anfang an habe die Bundesstatistik auch
Zahlen in tiefer regionaler Gliederung geliefert, an denen unter
anderem die Länder ein starkes Interesse hätten. Der
eigene Bedarf des Bundes an regionalisierten Ergebnissen habe
zugenommen, unter anderem für die regionale Strukturpolitik im
Rahmen der Gemeinschaftsaufgabe "Verbesserung der regionalen
Wirtschaftsstruktur" (Art. 91a Abs. 1 Nr. 2 GG), für die
Raumordnungspolitik, regionale Arbeitsmarktpolitik, Sozialpolitik,
Bildungspolitik und Verkehrspolitik. Bei Statistikgesetzen mit
komplexer Aufgabenstellung sei es ausgeschlossen, alle Erhebungszwecke
oder gar die Erhebungsprogramme im Gesetz oder in der
Gesetzesbegründung darzustellen. Dies gelte auch für
das angegriffene Volkszählungsgesetz 1983. Dieses sei
sorgfältig und kritisch unter Beteiligung der
Datenschutzbeauftragten beraten worden. Es bleibe im Umfang des Fragenkatalogs hinter dem
Volkszählungsgesetz 1970 zurück und umfasse keine
Fragen, die den unantastbaren Bereich privater Lebensgestaltung
berührten.
Vorschriften über den Melderegisterabgleich und
Übermittlungsregelungen habe es auch im
Volkszählungsgesetz 1970 gegeben. § 9 VZG 1983
fülle den durch § 11 BStatG vorgegebenen Rahmen im
einzelnen aus. Danach sei die Übermittlung von Daten nur
für "statistisch-planerische" Zwecke zugelassen, eine
Verwendung für Vollzugszwecke dagegen ausdrücklich
untersagt. Die bereichsspezifischen Datenschutzregelungen des
Bundesstatistikgesetzes und des Volkszählungsgesetzes 1983
gingen erheblich über die Regelungen des
Bundesdatenschutzgesetzes hinaus und verdeutlichten die große
Sensibilität des Gesetzgebers für die besondere
Schutzbedürftigkeit von Einzelangaben, die für Zwecke
der Volkszählung mitgeteilt werden. Die Einhaltung der
einschlägigen Vorschriften sei auch sichergestellt,
insbesondere durch die Kontrollen des Bundesbeauftragten für
den Datenschutz und des Bundesministers des Innern als
Aufsichtsbehörde des Statistischen Bundesamtes. Auch habe sich
die Effektivität der Sicherungseinrichtungen und
Kontrolleinrichtungen der in den Statistischen Ämtern
benutzten elektronischen Datenverarbeitungsanlagen gegenüber
der Zeit der Mikrozensus-Entscheidung entscheidend erhöht.
Verfassungsrechtlicher Prüfungsmaßstab sei das
allgemeine Persönlichkeitsrecht aus Art. 2 Abs. 1 in
Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG. Eine Verletzung oder
Gefährdung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts sei
nicht gegeben. Der gemeinschaftsgebundenen und gemeinschaftsbezogenen
Persönlichkeit sei ein Sozialbezug immanent, der es
ausschließe, schlechterdings von einer grundsätzlich
umfassenden Selbstbestimmung des Einzelnen über die
Darstellung der eigenen Person auszugehen. Dem Staat sei es nicht von
vornherein untersagt, sich Zugang zu personenbezogenen Daten zu
verschaffen und ihre Verwertung zu regeln. Der Gesetzgeber
könne das Interesse des Einzelnen, für sich oder
anonym zu bleiben, gegen das Informationsinteresse der Allgemeinheit
abwägen. Bei der Abwägung sei zu
berücksichtigen, daß Volkszählungen eine Vorbedingung für die
Planmäßigkeit staatlichen Handelns seien. Der Staat
sei als Sozialstaat nach Art. 20 Abs. 1 und Art. 28 Abs. 1 Satz 1 GG
zur Daseinsvorsorge verpflichtet. Das Informationsinteresse von
Regierung und Parlament sei deshalb verfassungsrechtlich legitimiert,
weil anders an der Lebenswirklichkeit orientierte Gesetzgebung nicht
möglich sei. Entsprechendes gelte für
Maßnahmen der Datenverarbeitung. Die sozialstaatliche
Legitimation rechtfertige aber selbstverständlich nicht jedes
Mittel. Vielmehr setze eine statistische Erhebung voraus, daß
die Anonymität hinreichend gesichert sei. Das
Bundesverfassungsgericht habe keine absolute, gleichsam mathematische
Anonymität für verfassungsrechtlich geboten gehalten
(BVerfGE 27, 1 [7]). Die in der genannten Entscheidung für
ausreichend angesehenen Vorkehrungen seien nach wie vor geltendes Recht
und würden durch vielfältige weitere Sicherungen
rechtlicher und technischer Art verstärkt. Damit unterscheide
sich die für die Datenverarbeitung der Statistischen
Ämter zu fordernde Anonymität auch von dem
Anonymitätsbegriff des § 11 Abs. 5 BStatG. Diese
Vorschrift setze für die Übermittlung von
Einzelangaben voraus, daß sie Auskunftspflichtigen nicht mehr
zugeordnet werden könnten. Diese hohe
Anonymitätsschwelle habe lediglich insofern Bedeutung, als die
Statistischen Ämter unter diesen Voraussetzungen Einzelangaben
beliebigen Adressaten übermitteln dürften.
Das Volkszählungsgesetz 1983 entspreche auch dem Grundsatz der
Verhältnismäßigkeit. Dem Gesetzgeber komme
bei der Beurteilung komplexer Sachverhalte ein Beurteilungsspielraum
und Einschätzungsspielraum und damit eine
Entscheidungsprärogative zu. Ähnlich wie für
die Voraussetzungen des Gleichheitssatzes sei auch für die
Anwendung des
Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes dem
Gesetzgeber bei der Festlegung der Prioritäten und bei der
Auswahl der Mittel ein entsprechender Freiraum zuzubilligen. Nur durch
richterliche Zurückhaltung könne der Gefahr begegnet
werden, jeden letztlich politischen Streit über Sinn und
Unsinn eines Gesetzes verfassungsgerichtlich zu führen. Das
Bundesverfassungsgericht habe
mehrfach die Frage nach der Zwecktauglichkeit einer gesetzlichen
Regelung mit großer Zurückhaltung danach beurteilt,
ob der Gesetzgeber aus seiner Sicht davon ausgehen durfte,
daß die Maßnahmen zur Erreichung des Zieles
geeignet waren. Auch hinsichtlich der Erforderlichkeit habe das
Bundesverfassungsgericht dem Gesetzgeber einen weiten Ermessungsbereich
zugestanden. Diese Rechtsprechung trage der Tatsache Rechnung,
daß jeder Prognose ein gewisses Maß an Unsicherheit
anhafte, das um so größer werde, je weiterreichend
und komplexer die Zusammenhänge seien. Wesentlich sei,
daß der Gesetzgeber die ihm zugänglichen
Erkenntnisquellen ausgeschöpft habe, wie dies für das
Volkszählungsgesetz 1983 geschehen sei.
Bei der Abwägung sei auch zu berücksichtigen,
daß das Volkszählungsgesetz 1983 zwar in die
Privatsphäre jedes einzelnen Einwohners eingreife,
daß der Eingriff aber von geringer Intensität sei,
weil die Erhebung keine den Intimbereich betreffenden Daten erfasse und
die Fragen auch in ihrer Kumulierung keine wesentliche
Beeinträchtigung der Persönlichkeitssphäre
ergäben. Die Gefahr einer Herstellung von
Persönlichkeitsprofilen sei nicht vorhanden, da die
vorgesehenen Tabellenprogramme dies ausschlössen und zudem
kein Datenverbund mit Stellen außerhalb der Statistischen
Ämter bestehe; gegen eine mißbräuchliche
Verwendung der Daten seien wirksame Vorkehrungen getroffen. Das Gesetz
trage auch den mit dem technischen Fortschritt der automatischen
Datenverarbeitung gesteigerten Möglichkeiten der
Datenverknüpfung und dem verstärkten
Problembewußtsein der Bürger Rechnung. Das sei
geschehen durch die Reduzierung des Fragenumfangs gegenüber
früheren Zählungen, durch Verzicht auf die die
Intimsphäre berührende Fragen, durch umfassende
Regelungen des Datenschutzes im Volkszählungsgesetz 1983
selbst wie auch in den Datenschutzgesetzen des Bundes und der
Länder, ferner durch andere institutionelle Vorkehrungen gegen
einen Mißbrauch der Daten. Auch sei den mit Statistik und
Datenverarbeitung betrauten Stellen nicht von vornherein ein
gesetzwidriges Handeln zu unterstellen. Vielmehr sei davon auszugehen, daß die
datenschutzrechtlichen Regelungen und das gesetzlich
gewährleistete Statistikgeheimnis beachtet würden.
Gesetzliche Reglementierung und Vorkehrungen gegen Mißbrauch
seien nicht schon für das Erheben der Daten geboten, sondern
erst für das Speichern und die weitere Verwendung.
Der Gesichtspunkt der Akzeptanz könne im Rahmen der
Prüfung des
Verhältnismäßigkeitsprinzips zu
berücksichtigen sein. Der Gesetzgeber sei in einer
repräsentativen Demokratie zwar gehalten, beim Bürger
um Verständnis zu werben. Dies könne
Aufklärung, Erläuterung, aber auch Auseinandersetzung
mit Stimmungen, Gefühlen, ja Ängsten erfordern, die
im Einzelfall in ernst zu nehmenden Kreisen der Bevölkerung
vorhanden sein könnten. Der Ort dafür sei nicht
zuletzt das parlamentarische Gesetzgebungsverfahren, das, verbunden mit
vielfältigen Möglichkeiten der Einflußnahme
durch Bürger, Gruppen und Verbände, eine
"Entscheidungssuche vor den Augen der Öffentlichkeit"
gewährleiste und damit für das Vertrauen des
Bürgers notwendige Transparenz schaffe. Nehme aber der
Bürger die ihm damit eröffneten
Möglichkeiten nicht wahr oder bleibe er mit seinen
Vorstellungen, Meinungen und Auffassungen in der Minderheit,
könne die Gültigkeit des vom demokratisch
legitimierten Gesetzgeber ordnungsgemäß und unter
Beachtung materieller verfassungsrechtlicher Kriterien beschlossenen
Gesetzes nicht davon abhängig sein, daß es allgemein
und von jedermann akzeptiert werde.
Ein Verzicht auf die Volkszählung sei nur möglich,
wenn entsprechende Daten aus anderen Dateien gewonnen werden
könnten, zum Beispiel aus dem Melderegister, den Dateien der
Krankenversicherung und Rentenversicherung, der Arbeitsverwaltung, der
Katasterämter und der Grundsteuerämter. Diese Dateien
wiesen jedoch erhebliche Fehler auf. Für die
Arbeitsstättenzählung gebe es derzeit
überhaupt kein Äquivalent in anderen Dateien und
Registern. Im übrigen müßten die
gesetzlichen und rechtlichen Schranken des Datenschutzes, wie zum
Beispiel das Steuergeheimnis, beachtet werden. Eine Nutzung von Daten
aus verschiedenen Registern und
Dateien würde zudem die Einführung eines
einheitlichen Personenkennzeichens voraussetzen. Dies allerdings
wäre ein entscheidender Schritt, den einzelnen Bürger
in seiner ganzen Persönlichkeit zu registrieren und zu
katalogisieren. Aus der Sicht des Datenschutzes und des mit ihm
beabsichtigten Persönlichkeitsschutzes sei es deshalb
unabweisbar, daß Volkszählungen und andere
Statistiken unabhängig von vorhandenen Verwaltungsunterlagen
selbständig durchgeführt würden und nicht
auf der Verknüpfung von Verwaltungsdateien basierten.
Zum Mittel der Stichprobe meint die Bundesregierung, daß es
für den einzelnen Bürger letztlich unerheblich sei,
ob er im Rahmen einer Stichprobe oder einer Gesamterhebung befragt
werde. Selbst wenn man die Stichprobe trotzdem als milderes Mittel
ansehe, sei sie kein Äquivalent zur Volkszählung,
weil sie nur ungenaue Ergebnisse liefere. Zahlreiche Gesetze stellten
aber nicht auf ungefähre, sondern auf genaue Einwohnerzahlen
ab. Auch Stichprobenbefragungen nach Art der empirischen
Sozialforschung könnten die Volkszählung nicht
ersetzen, weil amtliche Statistik und empirische Sozialforschung
unterschiedliche Aufgabenstellungen hätten, die auch die
statistischen Methoden beeinflußten. Für die
amtliche Statistik seien in vielen Fällen tiefgegliederte
Angaben erforderlich, die nur eine Totalerhebung liefern
könne. Deshalb sei auch eine auf freiwilliger Basis beruhende
Volkszählung keine realistische Alternative. Die bei der
Volkszählung geforderte Genauigkeit des Nachweises
zuverlässiger Basisinformationen sei nach den praktischen
Erfahrungen mit der Teilnehmerquote bei freiwilligen Erhebungen nicht
zu erreichen. Auch eine Kombination von Vollerhebung und Stichproben
setze voraus, daß eine geeignete und zuverlässige
Auswahlgrundlage verfügbar sei. Dies sei bei der
Volkszählung 1970 der Fall gewesen; damals habe die
Gebäudezählung und Wohnungszählung 1968 als
Auswahlgrundlage zur Verfügung gestanden. Für die
Volkszählung 1983 seien derartige Voraussetzungen nicht
vorhanden. Im übrigen ergebe sich auch im Falle einer
Kombination von Vollerhebung und
Stichprobe keine spürbare Erleichterung für den
Bürger.
Dem Grundgesetz lasse sich kein absoluter Grundsatz entnehmen,
daß zulässigerweise für einen bestimmten
Verwaltungszweck erhobene Daten ein für allemal an dieses
Verwendungsziel gebunden seien und deshalb schlechterdings nicht in den
Dienst anderer Verwendungszwecke gestellt werden dürften. Dies
gelte auch für statistische Daten. Statistik sei stets
Registrierung ohne Beeinflussung der zu registrierenden
Verhältnisse. Sie diene nicht notwendig bestimmten
Einzelzwecken, sondern dem Gesamtzweck, die für
künftiges Planen und Handeln benötigten Informationen
zu verschaffen. Dies sei eingeschränkt aus gesetzlichen
Gründen des Datenschutzes und aus verfassungsrechtlichen
Gründen des allgemeinen Persönlichkeitsrechts. Der
Staat benötige hinsichtlich der Datenverwendung eine gewisse
Flexibilität. Würde ihm diese durch starre
Zweckbestimmungen genommen, könne er nicht auf neue,
häufig nicht vorhersehbare Fragestellungen reagieren. Die
Übermittlung von Daten, die der Staat
rechtmäßig gewonnen habe, sei unter dem Blickwinkel
der Verfassung nicht stets und in allen Bereichen an den
ursprünglichen Verwendungszusammenhang gebunden. Art. 35 Abs.
1 GG könne grundsätzlich die formelle Grundlage auch
für die Weitergabe personenbezogener Daten für einen
anderen Verwendungszweck bieten. Auch das Bundesverfassungsgericht habe
die Verpflichtung zur Amtshilfe und Rechtshilfe als ausreichende
formelle Grundlage anerkannt und zur Begrenzung nur auf das
Verhältnismäßigkeitsgebot abgehoben
(BVerfGE 27, 344 [352]). Ob darüber hinaus die Weitergabe
einer ausdrücklichen Rechtsgrundlage bedürfe,
könne dahinstehen; denn allgemeine Regelungen wie §
10 Abs. 1 Satz 1 BDSG in Verbindung mit § 5 Abs. 2 Satz 2 des
Verwaltungsverfahrensgesetzes (VwVfG) reichten als solche jedenfalls
aus. Der Grundsatz der Zweckbindung sei von den Vertretern der
Zweckbindungslehre überbewertet worden. Meinungsumfragen
zufolge empfänden gerade Empfänger staatlicher Hilfen
wiederkehrende Datenerhebungen als Belästigung und
gäben dem
verwaltungsinternen Datenaustausch den Vorzug. Dieser könne im
Sinne des Übermaßverbots das mildere Mittel im
Vergleich zur nochmaligen unmittelbaren Informationserhebung
darstellen. Deshalb habe auch der Gesetzgeber des
Bundesdatenschutzgesetzes und der Landesdatenschutzgesetze jeweils auf
ein generelles Zweckentfremdungsverbot verzichtet und sei statt dessen
den durch den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz
gewiesenen Weg gegangen. Nur für Daten, die einem besonderen
Berufsgeheimnis oder Amtsgeheimnis unterlägen, habe das
Prinzip der Zweckbindung Vorrang (§ 10 Abs. 1 Satz 2 BDSG),
ferner in einzelgesetzlich geregelten Sonderfällen (zum
Beispiel §§ 3, 18 Abs. 2 und 3 des
Melderechtsrahmengesetzes - MRRG -).
Für die Übermittlung statistischer Daten habe der
Gesetzgeber Vorkehrungen getroffen, die über die Anforderungen
des allgemeinen Datenschutzrechts erheblich hinausgingen. In den
detaillierten Regelungen des § 11 BStatG werde deutlich,
daß sich der Gesetzgeber der besonderen
Schutzbedürftigkeit der durch statistische Erhebungen
gewonnenen Daten bewußt sei. Sie trügen den
verfassungsrechtlichen Anforderungen des
Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes in
zweifacher Hinsicht Rechnung. Einmal würden bereits im
Bundesstatistikgesetz selbst abschließende Festlegungen
getroffen, die sicherstellten, daß
Datenübermittlungen auf das unabweisbar Notwendige
beschränkt blieben. Zum anderen würden für
den Erlaß der einzelnen Statistikgesetze Rahmenvorgaben
gesetzt, die darauf ausgerichtet seien, in diesen Gesetzen je nach
Gegenstand und Besonderheit der einzelnen statistischen Erhebung die
Belange der Auskunftspflichtigen und die Interessen der Allgemeinheit
miteinander abzustimmen und zum Ausgleich zu bringen. Für die
geplante Volkszählung sei das im Volkszählungsgesetz
1983 geschehen. Es schränke nicht nur die
Möglichkeiten der Datenweitergabe, wie sie nach den
allgemeinen Vorschriften des Datenschutzrechts bestünden,
erheblich ein, sondern verfeinere dabei zugleich das Geflecht an
Sicherungen, die das Bundesstatistikgesetz zum Schutz statistischer
Daten enthalte.
§ 9 Abs. 1 VZG 1983 nenne ausdrücklich den Zweck der
Weitergabe (Berichtigung der
Melderegister). Die Vorschrift bezeichne weiter enumerativ diejenigen
Daten, die den Meldebehörden zugänglich gemacht
werden dürften. Sie gebe nur solche Angaben aus statistischen
Erhebungen für eine Korrektur der Melderegister frei, die dort
nach den einschlägigen Vorschriften der Meldegesetze
gespeichert werden dürften. Wäre ein solcher
Melderegisterabgleich nicht zulässig, so
müßten im übrigen verstärkt
umfangreiche, eigenständige, kostenaufwendige, den
Bürger zusätzlich belastende Erhebungen zur
Überprüfung und Berichtigung der Melderegister
durchgeführt werden. Durch § 12 Abs. 2 MRRG und die
entsprechenden Regelungen der Landesmeldegesetze sei der Begriff der
Hauptwohnung neu definiert worden. Er sei eine wesentliche
Voraussetzung für die Zuverlässigkeit der
Fortschreibung der Bevölkerungszahlen. Die Verzahnung der
Bevölkerungsfortschreibung mit den Melderegistern folge aus
dem Gesetz über die Statistik der
Bevölkerungsbewegung und die Fortschreibung des
Bevölkerungsstandes in der Fassung vom 14. März 1980
(BGBl. I S. 308); die in § 4 dieses Gesetzes angeordnete
Wanderungsstatistik werde auf der Grundlage der
meldebehördlichen Anmeldungen, Abmeldungen und Ummeldungen
erstellt. Ohne die Registerberichtigung würde die schon bisher
bestehende Diskrepanz zwischen Bevölkerungsfortschreibung und
Melderegister noch verschärft. Die Meldebehörden
müßten bei jedem Einwohner prüfen, ob er
mehrere Wohnungen innehabe, um die Hauptwohnung bestimmen zu
können. Bei dieser Sachlage und Rechtslage sei die Weitergabe
der in § 9 Abs. 1 VZG 1983 genannten Angaben keine die
Privatsphäre des Einzelnen verletzende Zweckentfremdung.
Entsprechendes gelte für die Übermittlungsregelungen
des § 9 Abs. 2 bis 4 VZG 1983, soweit darin überhaupt
eine Herauslösung der Daten aus dem ursprünglichen
Verwendungszusammenhang gesehen werden könne. Diese Regelungen
machten entweder die Datenweitergabe von der
Rechtmäßigkeit der Aufgabenerfüllung der
obersten Bundesbehörden und Landesbehörden
abhängig (§ 9 Abs. 2 VZG 1983) oder gäben
jeweils die Verwendungszwecke an,
für die allein die statistisch erhobenen Daten zur
Verfügung gestellt werden dürften (§ 9 Abs.
3 und 4 VZG 1983). Im übrigen würden auch hier, je
nach Empfänger und Übermittlungsanlaß,
bestimmte Daten von vornherein von der Weitergabe ausgeschlossen. Die
Abstufungen, die dabei vorgenommen worden seien, zeigten in besonderer
Weise, wie sehr sich der Gesetzgeber dem Grundsatz der
Verhältnismäßigkeit verpflichtet gesehen
habe. § 9 Abs. 2 VZG 1983 sei nach eingehenden Beratungen, an
denen auch die Datenschutzbeauftragten von Bund und Ländern
teilgenommen hätten, zustandegekommen. Die Vorschrift
schränke die Datenübermittlung gegenüber dem
früher geltenden Verfahren und gegenüber dem
allgemeinen Datenschutzrecht wesentlich ein und sichere sie gegen
Mißbrauch. Auf die Übermittlung von Einzelangaben
ohne Namen sei zum Beispiel die Deutsche Bundespost bei
Einführung neuer Techniken und der Gestaltung
künftiger Netze angewiesen. Von besonderer Bedeutung sei die
Datenübermittlung nach § 9 Abs. 2 VZG 1983
für aktuelle und komplexe Auswertungen auf den Gebieten der
Raumordnung und der Baupolitik und Wohnungsbaupolitik des
Bundesministers für Raumordnung, Bauwesen und
Städtebau. Die Nutzung der Volkszählungsdaten durch
Wissenschaft und Forschung (§ 9 Abs. 4 VZG 1983) sei vom
Innenausschuß des Deutschen Bundestages im Interesse des
Datenschutzes entgegen der Auffassung der Datenschutzbeauftragten
stärker eingegrenzt worden. Eine Übermittlung sei nur
an den Empfängerkreis im Sinne des § 11 Abs. 3
BStatG, das heißt an Amtsträger und für den
öffentlichen Dienst besonders Verpflichtete, zugelassen.
An der Verfassungsmäßigkeit des § 9 VZG
1983 ändere sich auch nichts dadurch, daß die Daten,
soweit sie für Zwecke des Verwaltungsvollzugs dienstbar
gemacht werden sollten, unter bußgeldbewehrter
Auskunftsverpflichtung erhoben werden sollten. Allerdings
berühre ein Zwang zur Selbstbezichtigung die Würde
des Menschen; jedoch seien Auskunftspflichten, die der Gesetzgeber nach
Abwägung mit den Belangen der Betroffenen zur
Erfüllung eines berechtigten staatlichen
Informationsbedürfnisses
anordne, als Teil der verfassungsmäßigen Ordnung im
Sinne des Art. 2 Abs. 1 GG verfassungsrechtlich unbedenklich.
Verfassungswidrig wäre ein Zwang, durch eigene Aussagen die
Voraussetzungen für eine strafgerichtliche Verfolgung oder
eine entsprechende Sanktion liefern zu müssen. Diesem
Gesichtspunkt trage § 9 VZG 1983 Rechnung. Beim
Melderegisterabgleich nach § 9 Abs. 1 VZG 1983 gehe es nicht
um Daten, durch die strafbare Handlungen offenbart werden
könnten. Für melderechtliche
Verstöße gelte das strikte Nachteilsverbot des
§ 9 Abs. 1 Satz 2 VZG 1983. Um strafbare Handlungen zu
offenbaren, müßten noch zusätzliche Fakten
hinzukommen. Auch im Anwendungsbereich von § 9 Abs. 2 bis 4
VZG 1983 sei eine Verwendung der Daten nur für
"statistisch-planerische" und wissenschaftliche Zwecke vorgesehen. Eine
Nutzung für Vollzugsmaßnahmen sei nicht gestattet
(§ 9 Abs. 2 Satz 3 und Abs. 3 Satz 3 VZG 1983). Hinzu komme
die Geheimhaltungspflicht nach § 11 Abs. 1 in Verbindung mit
§ 11 Abs. 4 BStatG und § 9 Abs. 7 VZG 1983. Auch bei
der Datenübermittlung führe daher kein rechtlich
zulässiger Weg zu einer möglichen Aufdeckung
strafbarer Handlungen oder anderer Rechtsverstöße.
Das Grundrecht des Art. 2 Abs. 1 GG gebiete im übrigen keinen
lückenlosen Schutz gegen Selbstbezichtigung. Handele es sich
um Auskünfte zur Erfüllung eines berechtigten
Informationsbedürfnisses, so sei der Gesetzgeber befugt, die
Belange der verschiedenen Beteiligten gegeneinander abzuwägen.
Er könne hierbei berücksichtigen, daß der
Staat auf die Angaben der Bürger im Interesse der
Allgemeinheit angewiesen sei. Da der Melderegisterabgleich auf die
wenigen Angaben in § 2 Nr. 1 und 2 VZG 1983
beschränkt sei und § 9 Abs. 1 Satz 2 VZG 1983 ein
Nachteilsverbot vorsehe, sei die uneingeschränkte
Auskunftspflicht des § 5 Abs. 1 VZG 1983 in Verbindung mit
§ 10 BStatG verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Sollte
jedoch bei den wenigen Tatbeständen, bei denen schon die
unmittelbar aus den Angaben nach § 2 Nr. 1 und 2 VZG 1983
gewonnenen Erkenntnisse ausreichten, um strafrechtliche Sanktionen
auszulösen, das Bundesverfassungsgericht ein
Verwertungsverbot für
verfassungsrechtlich erforderlich halten, so könnte §
9 VZG 1983 in diesem Sinne verfassungskonform ausgelegt werden.
Die Anforderungen des Vorbehalts des Gesetzes in der
Ausprägung der durch das Bundesverfassungsgericht entwickelten
Wesentlichkeitstheorie seien erfüllt. Soweit es gesetzlicher
Regelungen bedürfe, seien sie im Volkszählungsgesetz
1983 oder in den bei seiner Durchführung anzuwendenden
Gesetzen, dem Bundesstatistikgesetz, dem Bundesdatenschutzgesetz und
subsidiär im Verwaltungsverfahrensgesetz des Bundes enthalten.
Darüber hinaus notwendige Regelungen könnten durch
Verwaltungsvorschriften getroffen werden. Zurückhaltung des
Gesetzgebers liege gerade auch im Interesse des durch die Normenflut
bedrängten Bürgers. Soweit den Bund - neben der
grundsätzlichen Zuständigkeit der Länder
für Verwaltungsverfahrensregelungen zur Durchführung
von Bundesgesetzen - überhaupt eine Verpflichtung zum
Erlaß derartiger Regelungen treffe, habe er dieser
Genüge getan. Im übrigen sei es
grundsätzlich Sache des Gesetzgebers, im Rahmen seiner
politischen Gestaltungsfreiheit zu entscheiden, was als wesentlich
anzusehen sei.
Es gebe kein milderes Vollzugsmittel für eine Totalerhebung.
Die Volkszählung setze voraus, daß
sämtliche Auskunftspflichtigen befragt und ihre Antworten auf
Plausibilität und Vollständigkeit
überprüft würden. Der
Plausibilitätskontrolle komme erhebliche Bedeutung zu. Bei der
letzten Volkszählung im Jahre 1970 seien beispielsweise allein
in Stuttgart etwa 100.000 Rückfragen notwendig gewesen. Eine
vollständige und richtige Erhebung setze eine Begehung des
Gemeindegebietes durch Zähler voraus. Ein Postversand der
Fragebogen erreiche nicht alle Auskunftspflichtigen, weil dann auf
Adressen in vorhandenen Registern zurückgegriffen werden
müsse, die in aller Regel fehlerhaft seien. Auch sei der
vollständige Rücklauf der Erhebungsbogen nicht
sicherzustellen. Es könne allerdings daran gedacht werden, den
Zähler die Fragebogen lediglich austeilen und eine
Adressatenliste anlegen zu lassen. Die Bürger hätten
dann die Bogen bei der
Zählungsdienststelle vorzulegen. Eine solche Regelung habe das
Volkszählungsgesetz 1980 der Republik Österreich
vorgesehen. Auch dieses Verfahren sei nicht ohne Zähler und
Zählungsdienststellen ausgekommen. Wegen
Verzögerungen bei der Abgabe der Fragebogen habe
häufig die Zeitnähe zum Zählungsstichtag
gefehlt. Der von Hamburg gewählte Weg des sogenannten
Mantelbogens sei ebenfalls kein milderes Vollzugsmittel. Auch bei
diesem Verfahren habe der Zähler Einblick in die Daten des
Auskunftspflichtigen. Der Vorteil liege lediglich in der formellen
Trennung des Namens und der Anschrift von den übrigen Angaben.
Dies führe aber im Ergebnis zu keiner
größeren Datensicherung zugunsten des
Bürgers.
2. Demgegenüber hat der Senat der Freien und Hansestadt
Hamburg verfassungsrechtliche Bedenken gegen das
Volkszählungsgesetz 1983 geäußert: Eine
allgemeine verfassungsrechtliche Problematik des
Volkszählungsgesetzes 1983 ergebe sich daraus, daß
zweifelhaft sei, ob und inwieweit die Anonymität der dem
Bürger abverlangten Auskünfte garantiert sei. Auch
wenn die einzelnen Fragen nicht in den unantastbaren Bereich privater
Lebensgestaltung eindrängen, stelle sich das grundlegende
Problem, ob die Angaben durch die Anonymität ihrer Auswertung
den Persönlichkeitsbezug verlören und diese
Anonymität hinreichend gesichert sei. Möglichkeiten
unmittelbarer und mittelbarer Identifizierung hätten in der
Bevölkerung und im juristischen Schrifttum erhebliche Bedenken
hervorgerufen. Die Anonymitätsgarantie für
statistische Erhebungen sei nicht nur ein rechtsstaatliches Gebot,
sondern zugleich eine unabdingbare Voraussetzung für den
Erfolg einer auf die vertrauensvolle Mitwirkung der
Bevölkerung angewiesenen Befragung.
Der Melderegisterabgleich nach § 9 Abs. 1 VZG 1983 sei
problematisch, weil dabei die Verbindung von melderegisterlichen und
statistischen Zwecken vorgesehen sei. Der Regelungsgehalt des
Nachteilsverbots in § 9 Abs. 1 Satz 2 VZG 1983 sei zweifelhaft.
3. Der Bundesbeauftragte für den Datenschutz und die genannten Datenschutzbeauftragten der
Länder haben unterschiedliche verfassungsrechtliche Bedenken
gegen das Volkszählungsgesetz 1983
geäußert. Einige sind der Auffassung, daß
dem durch eine verfassungskonforme Auslegung und einen
verfassungskonformen restriktiven Gesetzesvollzug Rechnung getragen
werden kann. Andere halten die angegriffene Regelung für
verfassungswidrig.
IV.
In der mündlichen Verhandlung haben sich die
Beschwerdeführer geäußert. Für die
Bundesregierung haben der Bundesminister des Innern Dr Zimmermann, Prof
Dr Badura und der Vizepräsident des Statistischen Bundesamts
Dr Hamer Stellung genommen; auf Antrag der Bundesregierung wurde
außerdem Prof Dr Seegmüller gehört.
Für die Bayerische Staatsregierung haben sich der
Staatsminister des Innern Dr Hillermeier und Ministerialdirigent Dr
Giehl geäußert, für den Senat der Freien
und Hansestadt Hamburg Frau Senatorin Leithäuser, für
die Niedersächsische Landesregierung der Minister des Innern
Dr Möcklinghoff, für die Landesregierung des Landes
Nordrhein-Westfalen Leitender Ministerialrat Dr Rombach, für
die Landesregierung Rheinland-Pfalz Staatssekretär Prof Dr
Rudolf und für die Landesregierung Schleswig-Holstein der
Minister des Innern Claussen. Ferner haben Stellung genommen der
Bundesbeauftragte für den Datenschutz Dr Baumann, die
Landesbeauftragte für den Datenschutz
Baden-Württemberg Frau Dr Leuze, der Bayerische
Landesbeauftragte für Datenschutz Dr Stollreither, der
Landesbeauftragte für den Datenschutz der Freien Hansestadt
Bremen Büllesbach, der Hamburgische Datenschutzbeauftragte
Schapper, der Hessische Datenschutzbeauftragte Prof Dr Simitis, der
Landesbeauftragte für den Datenschutz Nordrhein-Westfalen Dr
Weyer und für die Datenschutzkommission Rheinland-Pfalz deren
geschäftsführendes Mitglied, Direktor beim Landtag
Becker.
B.
Die Verfassungsbeschwerden sind im wesentlichen zulässig.
Eine für alle geltende Norm kann ein einzelner
Staatsbürger nach ständiger Rechtsprechung nur dann
direkt mit der Verfassungsbeschwerde angreifen, wenn er durch diese
Bestimmung selbst, gegenwärtig und unmittelbar in seinen
Grundrechten betroffen ist (BVerfGE 40, 141 [156]; 43, 291 [385]; 50,
290 [319]; 58, 81 [104]; 59, 1 [17f]; 60, 360 [370]).
I.
Die Beschwerdeführer sind nicht alle von sämtlichen
Vorschriften des Gesetzes selbst betroffen.
Die Frage nach der Eigenschaft als Anstaltsinsasse nach § 2
Nr. 8 VZG 1983 betrifft keinen der Beschwerdeführer, da sie
weder Insassen einer Anstalt noch als Anstaltsleiter auskunftspflichtig
sind (§ 5 Abs. 1 Nr. 1 VZG 1983). In soweit sind alle
Verfassungsbeschwerden unzulässig.
Hinsichtlich der gebäudestatistischen Fragen nach § 3
Abs. 1 VZG 1983 sind nur Gebäudeeigentümer und ihnen
gleichgestellte Personen auskunftspflichtig (§ 5 Abs. 1 Nr. 2
VZG 1983). Davon ist nach den Beschwerdevorbringen allein der
Beschwerdeführer zu a) als Eigentümer einer
Eigentumswohnung betroffen. Für die
Arbeitsstättenzählung nach § 4 VZG 1983 sind
nur die Inhaber oder Leiter der Arbeitsstätten und Unternehmen
auskunftspflichtig (§ 5 Abs. 1 Nr. 4 VZG 1983). Diese Regelung
betrifft nur die beschwerdeführenden
Rechtsanwältinnen zu b) und die beschwerdeführenden
Rechtsanwälte zu e 1) bis e 4), e 7) und e 9). Die
übrigen Verfassungsbeschwerden sind unzulässig,
soweit sie sich gegen § 3 Abs. 1 und § 4 VZG 1983
richten.
II.
Soweit die Beschwerdeführer durch das
Volkszählungsgesetz 1983 selbst betroffen sind, besteht auch
eine unmittelbare und gegenwärtige Betroffenheit.
Allerdings fehlt nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts die unmittelbare Betroffenheit,
wenn die Durchführung der angegriffenen Vorschrift einen
besonderen Vollziehungsakt der Verwaltung erfordert. Denn in der Regel
greift erst dieser Vollziehungsakt in die Rechtssphäre des
Bürgers ein; der gegen diesen Eingriff gegebene Rechtsweg
ermöglicht auch die Nachprüfung der
Verfassungsmäßigkeit des angewandten Gesetzes
(BVerfGE 58, 81 [104]; vgl. BVerfGE 59, 1 [17]; 60, 360 [369f]).
Zur Durchführung des Volkszählungsgesetzes 1983
bedurfte es der Aufforderung zur Auskunftserteilung; erst hierdurch
konnte die Rechtssphäre der Beschwerdeführer
betroffen werden (vgl. § 5 Abs. 2 VZG 1983). Gegen diesen
Vollzugsakt wäre der Rechtsweg vor den Verwaltungsgerichten
eröffnet gewesen. Dies steht jedoch der Zulässigkeit
der Verfassungsbeschwerden nicht entgegen.
In besonders gelagerten Fällen hat das
Bundesverfassungsgericht die Zulässigkeit einer unmittelbar
gegen das Gesetz gerichteten Verfassungsbeschwerde ausnahmsweise vor
Erlaß des Vollziehungsaktes bejaht, wenn das Gesetz die
Normadressaten bereits gegenwärtig zu später nicht
mehr korrigierbaren Entscheidungen zwingt oder schon jetzt zu
Dispositionen veranlaßt, die sie nach dem späteren
Gesetzesvollzug nicht mehr nachholen können (BVerfGE 60, 360
[372] m.w.N.). Auch die unmittelbar gegen das
Volkszählungsgesetz 1983 gerichteten Verfassungsbeschwerden
sind ausnahmsweise bereits vor Erlaß des Vollziehungsaktes
zulässig.
Dieses Gesetz war gegenüber allen Bürgers innerhalb
eines sehr kurzen Zeitraumes zu vollziehen. Die Erhebungsbogen sollten
vom 18. April 1983 an ausgeteilt und bis Anfang Mai 1983 wieder
eingesammelt werden. Zur Erlangung vorläufigen Rechtsschutzes
vor den Verwaltungsgerichten hätte daher nur ein Zeitraum von
etwa zwei Wochen zur Verfügung gestanden. In dieser knapp
bemessenen Zeitspanne hätten sich die Gerichte der Problematik
nicht so annehmen können, daß eine für das
Bundesverfassungsgericht wesentliche Vorklärung hätte
erwartet werden können.
Gleichwohl wäre gegen ablehnende Entscheidungen im Verfahren
nach § 80 Abs. 5, § 123, § 146 Abs. 1 VwGO
die Verfassungsbeschwerde zulässig gewesen (vgl. BVerfGE 51,
130 [138 ff.]; 53, 30 [49, 52]; 173 [190]). Jedenfalls wäre,
nachdem die Aufforderung zur Auskunftserteilung auf dem
Verwaltungsrechtsweg angefochten war, eine verfassungsgerichtliche
Entscheidung vor Erschöpfung des Rechtswegs nach § 90
Abs. 2 Satz 2 BVerfGG in Betracht gekommen (vgl. BVerfGE 59, 1 [19f]).
Das Bundesverfassungsgericht hätte sich dann jedoch mit
zahlreichen, möglicherweise einander widersprechenden
verwaltungsgerichtlichen Entscheidungen auseinandersetzen
müssen. Es hätte außerdem dadurch
Rechtsunsicherheit drohen können, daß einige
Gerichte den Betroffenen vorläufigen Rechtsschutz
gewährt hätten, andere dagegen nicht. Unter diesen
Umständen wäre das Subsidiaritätsprinzip,
welches den Bürger grundsätzlich zunächst an
die Fachgerichte verweist, geradezu in sein Gegenteil verkehrt worden:
Es hätte nicht mehr dazu gedient, das Bundesverfassungsgericht
zu entlasten und ihm die Fallanschauung der Fachgerichte zu vermitteln,
sondern es einem sachlich und zeitlich besonders hohen
Entscheidungsdruck ausgesetzt. Bei dieser Sachlage konnten die
Beschwerdeführer das Gesetz mit der Verfassungsbeschwerde
ausnahmsweise unmittelbar angreifen.
C.
Die Verfassungsbeschwerden sind - soweit zulässig - teilweise
begründet.
I.
Soweit den Beschwerdeführern durch § 5 Abs. 1 VZG
1983 unmittelbar eine Auskunftspflicht zu bestimmten, in den
§§ 2 bis 4 VZG 1983 im einzelnen
aufgeführten Sachverhalten auferlegt wird, werden sie dadurch
nicht in ihren Grundrechten aus Art. 4, 5 und 13 GG verletzt.
1. Die Verpflichtung zu wahrheitsgemäßen Angaben
(§ 5 Abs. 1 Nr. 1 VZG 1983 in Verbindung mit § 10
Abs. 3 BStatG) über die rechtliche Zugehörigkeit oder
Nichtzugehörigkeit zu einer Religionsgesellschaft (§ 2 Nr. 1 VZG 1983)
verstößt nicht gegen das Grundrecht der
Beschwerdeführer auf Bekenntnisfreiheit (Art. 4 Abs. 1 GG).
Zur Bekenntnisfreiheit gehört nicht nur das Recht, seine
religiöse Überzeugung zu bekennen, sondern auch zu
schweigen, wie dies durch Art. 140 GG in Verbindung mit Art. 136 Abs. 3
der Weimarer Reichsverfassung (WRV) besonders anerkannt ist. Diese
negative Bekenntnisfreiheit wird aber durch den Vorbehalt des Art. 136
Abs. 3 Satz 2 WRV eingeschränkt, der es den Behörden
gestattet, nach der Zugehörigkeit zu einer
Religionsgesellschaft zu fragen, wenn davon Rechte und Pflichten
abhängen oder eine gesetzlich angeordnete statistische
Erhebung dies erfordert. Eine solche zulässige Ausnahme liegt
hier vor, da es sich um eine gesetzlich angeordnete statistische
Erhebung für Bundeszwecke (Art. 73 Nr. 11 GG) handelt.
Für die Beurteilung der Bundeskompetenz ist entscheidend, ob
die Erhebung der Erfüllung einer Bundesaufgabe dient. Diese
Voraussetzung ist nach der Begründung des Gesetzentwurfs
gegeben, weil die Ergebnisse der Erhebung über die
Religionszugehörigkeit wichtige Informationen für das
Verhalten von Bund und Ländern darstellen (vgl. BTDrucks
9/451, S. 9). Ferner ist die Staatspraxis zu berücksichtigen,
der bei der Ermittlung des Umfanges einer Kompetenznorm wesentliche
Bedeutung zukommt (vgl. BVerfGE 41, 205 [220]). Danach kann in den
Programmen für Bundesstatistiken auch statistischen
Anforderungen der Länder Rechnung getragen werden, weil sich
Gesetzeszuständigkeiten, Verwaltungszuständigkeiten
und Planungszuständigkeiten von Bund und Ländern
vielfältig überschneiden. Nach der bisherigen
Staatspraxis wurden bei Volkszählungen nicht nur unter der
Geltung der Weimarer Reichsverfassung, sondern auch des Grundgesetzes
Angaben über die Zugehörigkeit oder
Nichtzugehörigkeit zu einer Religionsgesellschaft verlangt. So
waren entsprechende Fragen bereits nach § 5 Satz 1 in
Verbindung mit Anlage 1 Abschnitt I des Volkszählungsgesetzes
vom 27. Juli 1950 (BGBl. I S. 335), nach § 3 Nr. 1 Buchst a in
Verbindung mit § 6 Nr. 1 des Volkszählungsgesetzes
vom 13. April 1961 (BGBl. I S. 437) und nach § 2 Nr. 1 in Verbindung mit § 5 Nr. 1 des
Volkszählungsgesetzes vom 14. April 1969 (BGBl. I S. 292)
vorgesehen. Bei dieser Sachlage war der Bund befugt, die Erhebung der
Zugehörigkeit oder Nichtzugehörigkeit zu einer
Religionsgesellschaft gesetzlich anzuordnen.
2. Durch die Vorschriften des Volkszählungsgesetzes 1983 wird
auch nicht gegen das Grundrecht auf Unverletzlichkeit der Wohnung (Art.
13 Abs. 1 GG) verstoßen.
Dieses Grundrecht ist nicht - wie einige Beschwerdeführer
meinen - deshalb verletzt, weil sie nach § 3 Abs. 2 in
Verbindung mit § 5 Abs. 1 Nr. 3 VZG 1983 gezwungen sind, ihre
privaten Wohnverhältnisse offenzulegen. Wohnung im Sinne des
Art. 13 GG ist allein die räumliche Privatsphäre
(BVerfGE 32, 54 [72]). Das Grundrecht normiert für die
öffentliche Gewalt ein grundsätzliches Verbot des
Eindringens in die Wohnung oder des Verweilens darin gegen den Willen
des Wohnungsinhabers. Dazu gehören etwa der Einbau von
Abhörgeräten und ihre Benutzung in der Wohnung, nicht
aber Erhebung und die Einholung von Auskünften, die ohne
Eindringen oder Verweilen in der Wohnung vorgenommen werden
können. Sie werden von Art. 13 GG nicht erfaßt. Die
nach § 4 Abs. 2 in Verbindung mit § 5 Abs. 1 Nr. 3
VZG 1983 vorgeschriebene Auskunftspflicht über
wohnungsstatistische Fragen ist mit einem zwangsweisen Eindringen oder
Verweilen in der Wohnung der Auskunftspflichtigen nicht verbunden.
3. Die Verpflichtung zur Auskunft zu bestimmten, in den
§§ 2 bis 4 VZG 1983 im einzelnen
aufgeführten Sachverhalten verstößt auch
nicht gegen das Grundrecht auf
Meinungsäußerungsfreiheit (Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG).
Der Auffassung, die durch Art. 5 Abs. 1 GG gewährleistete
Freiheit, seine Meinung nicht zu äußern (negative
Meinungsäußerungsfreiheit), schütze auch
gegenüber der Ermittlung, Speicherung und Weitergabe von
Tatsachen, so daß der grundrechtliche Schutz vor
Informationseingriffen ausschließlich durch Art. 5 Abs. 1
Satz 1 GG gewährleistet werde, kann nicht gefolgt werden. Ein solcher Schutz würde von
vornherein bei Informationseingriffen durch Datenerhebungen versagen,
die bei Dritten oder durch heimliche Beobachtungen (Observationen)
vorgenommen werden. An einer Meinungsäußerung fehlt
es aber auch, wenn der Betroffene selbst Angaben zu einer statistischen
Erhebung macht.
Konstitutiv für die Bestimmung dessen, was als
Äußerung einer "Meinung" vom Schutz des Grundrechts
umfaßt wird, ist das Element der Stellungnahme, des
Dafürhaltens, des Meinens im Rahmen einer geistigen
Auseinandersetzung; auf den Wert, die Richtigkeit, die
Vernünftigkeit der Äußerung kommt es nicht
an. Die Mitteilung einer Tatsache ist im strengen Sinne keine
Äußerung einer "Meinung", weil ihr jedes Element
fehlt. Durch das Grundrecht der
Meinungsäußerungsfreiheit geschützt ist sie
nur, soweit sie Voraussetzung der Bildung von Meinungen ist, welche
Art. 5 Abs. 1 GG in seiner Gesamtheit gewährleistet (BVerfGE
61, 1 [8f]). Demgegenüber sind Angaben im Rahmen statistischer
Erhebungen wie denen des Volkszählungsgesetzes 1983 reine
Tatsachenmitteilungen, die mit Meinungsbildung nichts zu tun haben.
II.
Prüfungsmaßstab ist in erster Linie das durch Art. 2
Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG geschützte
allgemeine Persönlichkeitsrecht.
1. a) Im Mittelpunkt der grundgesetzlichen Ordnung stehen Wert und
Würde der Person, die in freier Selbstbestimmung als Glied
einer freien Gesellschaft wirkt. Ihrem Schutz dient - neben speziellen
Freiheitsverbürgungen - das in Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit
Art. 1 Abs. 1 GG gewährleistete allgemeine
Persönlichkeitsrecht, das gerade auch im Blick auf moderne
Entwicklungen und die mit ihnen verbundenen neuen Gefährdungen
der menschlichen Persönlichkeit Bedeutung gewinnen kann (vgl.
BVerfGE 54, 148 [153]). Die bisherigen Konkretisierungen durch die
Rechtsprechung umschreiben den Inhalt des
Persönlichkeitsrechts nicht abschließend. Es
umfaßt - wie bereits in der Entscheidung BVerfGE 54, 148 (155) unter Fortführung
früherer Entscheidungen (BVerfGE 27, 1 [6] - Mikrozensus; 27,
344 [350f] - Scheidungsakten; 32, 373 [379] - Arztkartei; 35, 202 [220]
- Lebach; 44, 353 [372f] - Suchtkrankenberatungsstelle) angedeutet
worden ist - auch die aus dem Gedanken der Selbstbestimmung folgende
Befugnis des Einzelnen, grundsätzlich selbst zu entscheiden,
wann und innerhalb welcher Grenzen persönliche
Lebenssachverhalte offenbart werden (vgl. ferner BVerfGE 56, 37 [41
ff.] - Selbstbezichtigung; 63, 131 [142f] - Gegendarstellung).
Diese Befugnis bedarf unter den heutigen und künftigen
Bedingungen der automatischen Datenverarbeitung in besonderem
Maße des Schutzes. Sie ist vor allem deshalb
gefährdet, weil bei Entscheidungsprozessen nicht mehr wie
früher auf manuell zusammengetragene Karteien und Akten
zurückgegriffen werden muß, vielmehr heute mit Hilfe
der automatischen Datenverarbeitung Einzelangaben über
persönliche oder sachliche Verhältnisse einer
bestimmten oder bestimmbaren Person (personenbezogene Daten [vgl.
§ 2 Abs. 1 BDSG]) technisch gesehen unbegrenzt speicherbar und
jederzeit ohne Rücksicht auf Entfernungen in Sekundenschnelle
abrufbar sind. Sie können darüber hinaus - vor allem
beim Aufbau integrierter Informationssysteme - mit anderen
Datensammlungen zu einem teilweise oder weitgehend
vollständigen Persönlichkeitsbild
zusammengefügt werden, ohne daß der Betroffene
dessen Richtigkeit und Verwendung zureichend kontrollieren kann. Damit
haben sich in einer bisher unbekannten Weise die Möglichkeiten
einer Einsichtnahme und Einflußnahme erweitert, welche auf
das Verhalten des Einzelnen schon durch den psychischen Druck
öffentlicher Anteilnahme einzuwirken vermögen.
Individuelle Selbstbestimmung setzt aber - auch unter den Bedingungen
moderner Informationsverarbeitungstechnologien - voraus, daß
dem Einzelnen Entscheidungsfreiheit über vorzunehmende oder zu
unterlassende Handlungen einschließlich der
Möglichkeit gegeben ist, sich auch entsprechend dieser
Entscheidung tatsächlich
zu verhalten. Wer nicht mit hinreichender Sicherheit
überschauen kann, welche ihn betreffende Informationen in
bestimmten Bereichen seiner sozialen Umwelt bekannt sind, und wer das
Wissen möglicher Kommunikationspartner nicht
einigermaßen abzuschätzen vermag, kann in seiner
Freiheit wesentlich gehemmt werden, aus eigener Selbstbestimmung zu
planen oder zu entscheiden. Mit dem Recht auf informationelle
Selbstbestimmung wären eine Gesellschaftsordnung und eine
diese ermöglichende Rechtsordnung nicht vereinbar, in der
Bürger nicht mehr wissen können, wer was wann und bei
welcher Gelegenheit über sie weiß. Wer unsicher ist,
ob abweichende Verhaltensweisen jederzeit notiert und als Information
dauerhaft gespeichert, verwendet oder weitergegeben werden, wird
versuchen, nicht durch solche Verhaltensweisen aufzufallen. Wer damit
rechnet, daß etwa die Teilnahme an einer Versammlung oder
einer Bürgerinitiative behördlich registriert wird
und daß ihm dadurch Risiken entstehen können, wird
möglicherweise auf eine Ausübung seiner
entsprechenden Grundrechte (Art. 8, 9 GG) verzichten. Dies
würde nicht nur die individuellen Entfaltungschancen des
Einzelnen beeinträchtigen, sondern auch das Gemeinwohl, weil
Selbstbestimmung eine elementare Funktionsbedingung eines auf
Handlungsfähigkeit und Mitwirkungsfähigkeit seiner
Bürger begründeten freiheitlichen demokratischen
Gemeinwesens ist.
Hieraus folgt: Freie Entfaltung der Persönlichkeit setzt unter
den modernen Bedingungen der Datenverarbeitung den Schutz des Einzelnen
gegen unbegrenzte Erhebung, Speicherung, Verwendung und Weitergabe
seiner persönlichen Daten voraus. Dieser Schutz ist daher von
dem Grundrecht des Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG
umfaßt. Das Grundrecht gewährleistet insoweit die
Befugnis des Einzelnen, grundsätzlich selbst über die
Preisgabe und Verwendung seiner persönlichen Daten zu
bestimmen.
b) Dieses Recht auf "informationelle Selbstbestimmung" ist nicht
schrankenlos gewährleistet. Der Einzelne hat nicht ein Recht
im Sinne einer absoluten, uneinschränkbaren Herrschaft
über "seine" Daten; er ist
vielmehr eine sich innerhalb der sozialen Gemeinschaft entfaltende, auf
Kommunikation angewiesene Persönlichkeit. Information, auch
soweit sie personenbezogen ist, stellt ein Abbild sozialer
Realität dar, das nicht ausschließlich dem
Betroffenen allein zugeordnet werden kann. Das Grundgesetz hat, wie in
der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts mehrfach hervorgehoben
ist, die Spannung Individuum - Gemeinschaft im Sinne der
Gemeinschaftsbezogenheit und Gemeinschaftsgebundenheit der Person
entschieden (BVerfGE 4, 7 [15]; 8, 274 [329]; 27, 1 [7]; 27, 344
[351f]; 33, 303 [334]; 50, 290 [353]; 56, 37 [49]).
Grundsätzlich muß daher der Einzelne
Einschränkungen seines Rechts auf informationelle
Selbstbestimmung im überwiegenden Allgemeininteresse hinnehmen.
Diese Beschränkungen bedürfen nach Art. 2 Abs. 1 GG -
wie in § 6 Abs. 1 des Bundesstatistikgesetzes auch zutreffend
anerkannt worden ist - einer (verfassungsmäßigen)
gesetzlichen Grundlage, aus der sich die Voraussetzungen und der Umfang
der Beschränkungen klar und für den Bürger
erkennbar ergeben und die damit dem rechtsstaatlichen Gebot der
Normenklarheit entspricht (BVerfGE 45, 400 [420] m.w.N.). Bei seinen
Regelungen hat der Gesetzgeber ferner den Grundsatz der
Verhältnismäßigkeit zu beachten. Dieser mit
Verfassungsrang ausgestattete Grundsatz folgt bereits aus dem Wesen der
Grundrechte selbst, die als Ausdruck des allgemeinen Freiheitsanspruchs
des Bürgers gegenüber dem Staat von der
öffentlichen Gewalt jeweils nur soweit beschränkt
werden dürfen, als es zum Schutz öffentlicher
Interessen unerläßlich ist (BVerfGE 19, 342 [348];
st Rspr). Angesichts der bereits dargelegten Gefährdungen
durch die Nutzung der automatischen Datenverarbeitung hat der
Gesetzgeber mehr als früher auch organisatorische und
verfahrensrechtliche Vorkehrungen zu treffen, welche der Gefahr einer
Verletzung des Persönlichkeitsrechts entgegenwirken (vgl.
BVerfGE 53, 30 [65]; 63, 131 [143]).
2. Die Verfassungsbeschwerden geben keinen Anlaß zur
erschöpfenden Erörterung des Rechts auf
informationelle Selbstbestimmung.
Zu entscheiden ist nur über die Tragweite dieses Rechts
für Eingriffe, durch welche der Staat die Angabe
personenbezogener Daten vom Bürger verlangt. Dabei kann nicht
allein auf die Art der Angaben abgestellt werden. Entscheidend sind
ihre Nutzbarkeit und Verwendungsmöglichkeit. Diese
hängen einerseits von dem Zweck, dem die Erhebung dient, und
andererseits von den der Informationstechnologie eigenen
Verarbeitungsmöglichkeiten und
Verknüpfungsmöglichkeiten ab. Dadurch kann ein
für sich gesehen belangloses Datum einen neuen Stellenwert
bekommen; insoweit gibt es unter den Bedingungen der automatischen
Datenverarbeitung kein "belangloses" Datum mehr.
Wieweit Informationen sensibel sind, kann hiernach nicht allein davon
abhängen, ob sie intime Vorgänge betreffen. Vielmehr
bedarf es zur Feststellung der persönlichkeitsrechtlichen
Bedeutung eines Datums der Kenntnis seines Verwendungszusammenhangs:
Erst wenn Klarheit darüber besteht, zu welchem Zweck Angaben
verlangt werden und welche Verknüpfungsmöglichkeiten
und Verwendungsmöglichkeiten bestehen, läßt
sich die Frage einer zulässigen Beschränkung des
Rechts auf informationelle Selbstbestimmung beantworten. Dabei ist zu
unterscheiden zwischen personenbezogenen Daten, die in
individualisierter, nicht anonymisierter Form erhoben und verarbeitet
werden (dazu unter a), und solchen, die für statistische
Zwecke bestimmt sind (dazu unter b).
a) Schon bislang ist anerkannt, daß die zwangsweise Erhebung
personenbezogener Daten nicht unbeschränkt statthaft ist,
namentlich dann, wenn solche Daten für den Verwaltungsvollzug
(etwa bei der Besteuerung oder der Gewährung von
Sozialleistungen) verwendet werden sollen. Insoweit hat der Gesetzgeber
bereits verschiedenartige Maßnahmen zum Schutz der
Betroffenen vorgesehen, die in die verfassungsrechtlich gebotene
Richtung weisen (vgl. beispielsweise die Regelungen in den
Datenschutzgesetzen des Bundes und der Länder;
§§ 30, 31 der Abgabenordnung - AO -; § 35
des Ersten Buches des Sozialgesetzbuches - SGB I - in Verbindung mit
§§ 67 bis 86 SGB X). Wieweit das Recht auf informationelle Selbstbestimmung und im
Zusammenhang damit der Grundsatz der
Verhältnismäßigkeit sowie die Pflicht zu
verfahrensrechtlichen Vorkehrungen den Gesetzgeber zu diesen Regelungen
von Verfassungs wegen zwingen, hängt von Art, Umfang und
denkbaren Verwendungen der erhobenen Daten sowie der Gefahr ihres
Mißbrauchs ab (vgl. BVerfGE 49, 89 [142]; 53, 30 [61]). Ein
überwiegendes Allgemeininteresse wird
regelmäßig überhaupt nur an Daten mit
Sozialbezug bestehen unter Ausschluß unzumutbarer intimer
Angaben und von Selbstbezichtigungen. Nach dem bisherigen
Erkenntnisstand und Erfahrungsstand erscheinen vor allem folgende
Maßnahmen bedeutsam:
Ein Zwang zur Angabe personenbezogener Daten setzt voraus,
daß der Gesetzgeber den Verwendungszweck bereichsspezifisch
und präzise bestimmt und daß die Angaben
für diesen Zweck geeignet und erforderlich sind. Damit
wäre die Sammlung nicht anonymisierter Daten auf Vorrat zu
unbestimmten oder noch nicht bestimmbaren Zwecken nicht zu vereinbaren.
Auch werden sich alle Stellen, die zur Erfüllung ihrer
Aufgaben personenbezogene Daten sammeln, auf das zum Erreichen des
angegebenen Zieles erforderliche Minimum beschränken
müssen.
Die Verwendung der Daten ist auf den gesetzlich bestimmten Zweck
begrenzt. Schon angesichts der Gefahren der automatischen
Datenverarbeitung ist ein - amtshilfefester - Schutz gegen
Zweckentfremdung durch Weitergabeverbote und Verwertungsverbote
erforderlich. Als weitere verfahrensrechtliche Schutzvorkehrungen sind
Aufklärungspflichten, Auskunftspflichten und
Löschungspflichten wesentlich.
Wegen der für den Bürger bestehenden
Undurchsichtigkeit der Speicherung und Verwendung von Daten unter den
Bedingungen der automatischen Datenverarbeitung und auch im Interesse
eines vorgezogenen Rechtsschutzes durch rechtzeitige Vorkehrungen ist
die Beteiligung unabhängiger Datenschutzbeauftragter von
erheblicher Bedeutung für einen effektiven Schutz des Rechts
auf informationelle Selbstbestimmung.
Die Erhebung und Verarbeitung
von Daten für statistische Zwecke weisen Besonderheiten auf,
die bei der verfassungsrechtlichen Beurteilung nicht außer
acht bleiben können.
aa) Die Statistik hat erhebliche Bedeutung für eine staatliche
Politik, die den Prinzipien und Richtlinien des Grundgesetzes
verpflichtet ist. Wenn die ökonomische und soziale Entwicklung
nicht als unabänderliches Schicksal hingenommen, sondern als
permanente Aufgabe verstanden werden soll, bedarf es einer umfassenden,
kontinuierlichen sowie laufend aktualisierten Information über
die wirtschaftlichen, ökologischen und sozialen
Zusammenhänge. Erst die Kenntnis der relevanten Daten und die
Möglichkeit, die durch sie vermittelten Informationen mit
Hilfe der Chancen, die eine automatische Datenverarbeitung bietet,
für die Statistik zu nutzen, schafft die für eine am
Sozialstaatsprinzip orientierte staatliche Politik unentbehrliche
Handlungsgrundlage (vgl. BVerfGE 27, 1 [9]).
Bei der Datenerhebung für statistische Zwecke kann eine enge
und konkrete Zweckbindung der Daten nicht verlangt werden. es
gehört zum Wesen der Statistik, daß die Daten nach
ihrer statistischen Aufbereitung für die verschiedensten,
nicht von vornherein bestimmbaren Aufgaben verwendet werden sollen;
demgemäß besteht auch ein Bedürfnis nach
Vorratsspeicherung. Das Gebot einer konkreten Zweckumschreibung und das
strikte Verbot der Sammlung personenbezogener Daten auf Vorrat kann nur
für Datenerhebungen zu nichtstatistischen Zwecken gelten,
nicht jedoch bei einer Volkszählung, die eine gesicherte
Datenbasis für weitere statistische Untersuchungen ebenso wie
für den politischen Planungsprozeß durch eine
verläßliche Feststellung der Zahl und der
Sozialstruktur der Bevölkerung vermitteln soll. Die
Volkszählung muß Mehrzweckerhebung und
Mehrzweckverarbeitung, also Datensammlung und Datenspeicherung auf
Vorrat sein, wenn der Staat den Entwicklungen der industriellen
Gesellschaft nicht unvorbereitet begegnen soll. Auch wären
Weitergabeverbote und Verwertungsverbote für statistisch
aufbereitete Daten zweckwidrig.
bb) Ist die Vielfalt der
Verwendungsmöglichkeiten und
Verknüpfungsmöglichkeiten damit bei der Statistik von
der Natur der Sache her nicht im voraus bestimmbar, müssen der
Informationserhebung und Informationsverarbeitung innerhalb des
Informationssystems zum Ausgleich entsprechende Schranken
gegenüberstehen. Es müssen klar definierte
Verarbeitungsvoraussetzungen geschaffen werden, die sicherstellen,
daß der Einzelne unter den Bedingungen einer automatischen
Erhebung und Verarbeitung der seine Person betreffenden Angaben nicht
zum bloßen Informationsobjekt wird. Beides, die mangelnde
Anbindung an einen bestimmten, jederzeit erkennbaren und
nachvollziehbaren Zweck sowie die multifunktionale Verwendung der
Daten, verstärkt die Tendenzen, welche durch die
Datenschutzgesetze aufgefangen und eingeschränkt werden
sollen, die das verfassungsrechtlich gewährleistete Recht auf
informationelle Selbstbestimmung konkretisieren. Gerade weil es von
vornherein an zweckorientierten Schranken fehlt, die den Datensatz
eingrenzen, bringen Volkszählungen tendenziell die schon im
Mikrozensus-Beschluß (BVerfGE 27, 1 [6]) hervorgehobene
Gefahr einer persönlichkeitsfeindlichen Registrierung und
Katalogisierung des Einzelnen mit sich. Deshalb sind an die
Datenerhebung und Datenverarbeitung für statistische Zwecke
besondere Anforderungen zum Schutz des Persönlichkeitsrechts
der auskunftspflichtigen Bürger zu stellen.
Unbeschadet des multifunktionalen Charakters der Datenerhebung und
Datenverarbeitung zu statistischen Zwecken ist Voraussetzung,
daß diese allein als Hilfe zur Erfüllung
öffentlicher Aufgaben erfolgen. Es kann auch hier nicht jede
Angabe verlangt werden. Selbst bei der Erhebung von Einzelangaben, die
für statistische Zwecke gebraucht werden, muß der
Gesetzgeber schon bei der Anordnung der Auskunftspflicht
prüfen, ob sie insbesondere für den Betroffenen die
Gefahr der sozialen Abstempelung (etwa als Drogensüchtiger,
Vorbestrafter, Geisteskranker, Asozialer) hervorrufen können
und ob das Ziel der Erhebung nicht auch durch eine anonymisierte
Ermittlung erreicht werden kann. Dies dürfte beispielsweise
bei dem in § 2 Nr. 8 VZG 1983 geregelten Erhebungstatbestand der Fall sein, wonach die
Volkszählung und Berufszählung im Anstaltsbereich die
Eigenschaft als Insasse oder die Zugehörigkeit zum Personal
oder zum Kreis der Angehörigen des Personals erfaßt.
Diese Erhebung soll Anhaltspunkte über die Belegung der
Anstalten liefern (BTDrucks 9/451, S. 9). Ein solches Ziel ist -
abgesehen von der Gefahr sozialer Etikettierung - auch ohne
Personenbezug zu erreichen. Es genügt, daß der
Leiter der Anstalt verpflichtet wird, zum Stichtag der
Volkszählung die zahlenmäßige Belegung nach
den in § 2 Nr. 8 VZG 1983 aufgeführten Merkmalen ohne
jeden Bezug auf die einzelne Person mitzuteilen. Eine personenbezogene
Erhebung des Tatbestandes des § 2 Nr. 8 VZG 1983 wäre
deshalb von vornherein ein Verstoß gegen das durch Art. 2
Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG geschützte
Persönlichkeitsrecht.
Zur Sicherung des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung bedarf es
ferner besonderer Vorkehrungen für Durchführung und
Organisation der Datenerhebung und Datenverarbeitung, da die
Informationen während der Phase der Erhebung - und zum Teil
auch während der Speicherung - noch individualisierbar sind;
zugleich sind Löschungsregelungen für solche Angaben
erforderlich, die als Hilfsangaben (Identifikationsmerkmale) verlangt
wurden und die eine Deanonymisierung leicht ermöglichen
würden, wie Name, Anschrift, Kennummer und
Zählerliste (vgl. auch § 11 Abs. 7 Satz 1 BStatG).
Von besonderer Bedeutung für statistische Erhebungen sind
wirksame Abschottungsregelungen nach außen. Für den
Schutz des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung ist - und zwar
auch schon für das Erhebungsverfahren - die strikte
Geheimhaltung der zu statistischen Zwecken erhobenen Einzelangaben
unverzichtbar, solange ein Personenbezug noch besteht oder herstellbar
ist (Statistikgeheimnis); das gleiche gilt für das Gebot einer
möglichst frühzeitigen (faktischen) Anonymisierung,
verbunden mit Vorkehrungen gegen eine Deanonymisierung.
Erst die vom Recht auf informationelle Selbstbestimmung geforderte und
gesetzlich abzusichernde Abschottung der Statistik BVerfGE 65, 1
(49)BVerfGE 65, 1 (50)durch Anonymisierung der Daten und deren
Geheimhaltung, soweit sie zeitlich begrenzt noch einen Personenbezug
aufweisen, öffnet den Zugang der staatlichen Organe zu den
für die Planungsaufgaben erforderlichen Informationen. Nur
unter dieser Voraussetzung kann und darf vom Bürger erwartet
werden, die von ihm zwangsweise verlangten Auskünfte zu
erteilen. Dürften personenbezogene Daten, die zu statistischen
Zwecken erhoben wurden, gegen den Willen oder ohne Kenntnis des
Betroffenen weitergeleitet werden, so würde das nicht nur das
verfassungsrechtlich gesicherte Recht auf informationelle
Selbstbestimmung unzulässig einschränken, sondern
auch die vom Grundgesetz selbst in Art. 73 Nr. 11 vorgesehene und damit
schutzwürdige amtliche Statistik gefährden.
Für die Funktionsfähigkeit der amtlichen Statistik
ist ein möglichst hoher Grad an Genauigkeit und
Wahrheitsgehalt der erhobenen Daten notwendig. Dieses Ziel kann nur
erreicht werden, wenn bei dem auskunftspflichtigen Bürger das
notwendige Vertrauen in die Abschottung seiner für
statistische Zwecke erhobenen Daten geschaffen wird, ohne welche seine
Bereitschaft, wahrheitsgemäße Angaben zu machen,
nicht herzustellen ist (so bereits zutreffend die Begründung
der Bundesregierung zum Entwurf des Volkszählungsgesetzes
1950; vgl. BTDrucks I/982, S. 20 zu § 10). Eine Staatspraxis,
die sich nicht um die Bildung eines solchen Vertrauens durch
Offenlegung des Datenverarbeitungsprozesses und strikte Abschottung
bemühte, würde auf längere Sicht zu
schwindender Kooperationsbereitschaft führen, weil
Mißtrauen entstünde. Da staatlicher Zwang nur
begrenzt wirksam werden kann, wird ein die Interessen der
Bürger überspielendes staatliches Handeln allenfalls
kurzfristig vorteilhaft erscheinen; auf Dauer gesehen wird es zu einer
Verringerung des Umfangs und der Genauigkeit der Informationen
führen (BTDrucks I/982, a.a.O.). Läßt sich
die hochindustrialisierte Gesellschaften kennzeichnende
ständige Zunahme an Komplexität der Umwelt nur mit
Hilfe einer zuverlässigen Statistik aufschlüsseln und
für gezielte staatliche Maßnahmen aufbereiten, so
läuft die Gefährdung der amtlichen Statistik darauf hinaus, eine wichtige Voraussetzung
sozialstaatlicher Politik in Frage zu stellen. Kann damit nur durch
eine Abschottung der Statistik die Staatsaufgabe "Planung"
gewährleistet werden, ist das Prinzip der Geheimhaltung und
möglichst frühzeitigen Anonymisierung der Daten nicht
nur zum Schutz des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung des
Einzelnen vom Grundgesetz gefordert, sondern auch für die
Statistik selbst konstitutiv.
cc) Wird den erörterten Anforderungen in wirksamer Weise
Rechnung getragen, ist die Erhebung von Daten zu
ausschließlich statistischen Zwecken nach dem derzeitigen
Erkenntnisstand und Erfahrungsstand verfassungsrechtlich unbedenklich.
Es ist nicht erkennbar, daß das Persönlichkeitsrecht
der Bürger beeinträchtigt werden könnte,
wenn die erhobenen Daten nach ihrer Anonymisierung oder statistischen
Aufbereitung (vgl. § 11 Abs. 5 und 6 BStatG) von Statistischen
Ämtern anderen staatlichen Organen oder sonstigen Stellen zur
Verfügung gestellt werden.
Besondere Probleme wirft eine etwaige Übermittlung
(Weitergabe) der weder anonymisierten noch statistisch aufbereiteten,
also noch personenbezogenen Daten auf. Erhebungen zu statistischen
Zwecken umfassen auch individualisierte Angaben über den
einzelnen Bürger, die für die statistischen Zwecke
nicht erforderlich sind und die - davon muß der befragte
Bürger ausgehen können - lediglich als Hilfsmittel
für das Erhebungsverfahren dienen. Alle diese Angaben
dürfen zwar kraft ausdrücklicher gesetzlicher
Ermächtigung weitergeleitet werden, soweit und sofern dies zur
statistischen Aufbereitung durch andere Behörden geschieht und
dabei die zum Schutz des Persönlichkeitsrechts gebotenen
Vorkehrungen, insbesondere das Statistikgeheimnis und das Gebot der
frühzeitigen Anonymisierung, ebenso durch Organisation und
Verfahren zuverlässig sichergestellt sind wie bei den
Statistischen Ämtern des Bundes und der Länder. Eine
Weitergabe der für statistische Zwecke erhobenen, nicht
anonymisierten oder statistisch aufbereiteten Daten für Zwecke
des Verwaltungsvollzugs kann hingegen in unzulässiger Weise in
das Recht auf informationelle
Selbstbestimmung eingreifen (vgl. ferner unten C IV 1).
III.
Den dargelegten verfassungsrechtlichen Anforderungen genügt
das Erhebungsprogramm des Volkszählungsgesetzes 1980 im
wesentlichen. Gegenstand der Nachprüfung sind insoweit die
§§ 2 bis 4 in Verbindung mit § 5 Abs. 1 des
Gesetzes mit Ausnahme der Frage nach der Eigenschaft als
Anstaltsinsasse oder der Zugehörigkeit zum Anstaltspersonal
(§ 2 Nr. 8 in Verbindung mit § 5 Abs. 1 Nr. 1
Halbsatz 2). Diese Vorschriften sind mit dem allgemeinen
Persönlichkeitsrecht aus Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art.
1 Abs. 1 GG mit der Maßgabe vereinbar, daß der
Gesetzgeber ergänzend für bisher fehlende
grundrechtssichernde Organisationsregelungen und Verfahrensregelungen
sorgt und damit die an eine Totalerhebung nach Art der
Volkszählung 1983 zu stellenden verfassungsrechtlichen
Anforderungen gewährleistet.
1. Das Volkszählungsgesetz 1983 verpflichtet in § 5
die Beschwerdeführer unter Androhung einer Geldbuße
(§ 14 in Verbindung mit § 10 BStatG) zur Auskunft
über die in § 2 Nr. 1 bis 7, §§ 3,
4 VZG 1983 genannten Erhebungstatbestände. Dadurch greift es
in das durch Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG
gewährleistete Persönlichkeitsrecht ein. Die
erhobenen Daten sollen auch für künftige, zur Zeit
der Erhebung noch nicht vorhersehbare Aufgaben nutzbar sein. Diesen
Informationseingriff hat der Auskunftspflichtige hinzunehmen. Er
erfolgt im überwiegenden Interesse der Allgemeinheit und
genügt den Geboten der Normenklarheit und der
Verhältnismäßigkeit.
a) Das Erhebungsprogramm des Volkszählungsgesetzes 1983
führt nicht zu einer mit der Würde des Menschen
unvereinbaren gänzlichen oder teilweisen Registrierung und
Katalogisierung der Persönlichkeit.
Volkszählungen, Wohnungszählungen,
Berufszählungen und Arbeitsstättenzählungen
sollen nach der Begründung des Regierungsentwurfs (BTDrucks. 9/451, S. 7 ff.) Angaben
über den neuesten Stand der Bevölkerung, ihre
räumliche Verteilung und ihre Zusammensetzung nach
demographischen und sozialen Merkmalen sowie über ihre
wirtschaftliche Betätigung, also im Ergebnis lediglich
entpersönlichte Aussagen liefern.
Das Erhebungsprogramm vermag zwar einzelne Lebensbereiche, zum Beispiel
den Wohnbereich des Bürgers, jedoch nicht dessen
Persönlichkeit abzubilden. Etwas anderes würde nur
gelten, soweit eine unbeschränkte Verknüpfung der
erhobenen Daten mit den bei den Verwaltungsbehörden
vorhandenen, zum Teil sehr sensitiven Datenbeständen oder gar
die Erschließung eines derartigen Datenverbundes durch ein
einheitliches Personenkennzeichen oder sonstiges Ordnungsmerkmal
möglich wäre; denn eine umfassende Registrierung und
Katalogisierung der Persönlichkeit durch die
Zusammenführung einzelner Lebensdaten und Personaldaten zur
Erstellung von Persönlichkeitsprofilen der Bürger ist
auch in der Anonymität statistischer Erhebungen
unzulässig (BVerfGE 27, 1 [6]). Derartigen Datenverbindungen -
Totalabbildern - steht schon § 11 BStatG entgegen, der sogar
die Übermittlung von nicht anonymisierten Einzelangaben
zwischen den mit der Durchführung einer Bundesstatistik
betrauten Personen und Stellen nur erlaubt, soweit dies zur Erstellung
der Bundesstatistik erforderlich ist (§ 11 Abs. 2 BStatG).
Die Zusammenführung von im Rahmen der Volkszählung
1983 erhobenen Daten oder deren Verbindung mit bei den Statistischen
Ämtern bereits vorhandenen Informationen ermöglicht
es auch nicht, Teilabbilder der Persönlichkeit anzufertigen,
die mit der Würde des Menschen nicht vereinbar sind. Einmal
muß sich die Verarbeitung und Verwendung der Daten innerhalb
des mit der Bezeichnung als Volkszählung,
Berufszählung, Wohnungszählung und
Arbeitsstättenzählung gekennzeichneten und gesetzlich
festgelegten Zweckes der Befragung bewegen; zum anderen gilt der die
amtliche Statistik generell verpflichtende Grundsatz, daß die
Aufbereitung der Individualdaten immer zu einer "strukturierten" -
anonymen - Form führen muß, so daß im
Ergebnis die Erstellung von
"Bildern" mit Persönlichkeitsbezug auch in der Form von
Teilabbildern unzulässig ist.
b) Das Erhebungsprogramm des Volkszählungsgesetzes 1983
genügt auch dem Gebot der Normenklarheit.
Hinreichend bestimmt ist ein Gesetz, wenn sein Zweck aus dem
Gesetzestext in Verbindung mit den Materialien deutlich wird (BVerfGE
27, 1 [8]); dabei reicht es aus, wenn sich der Gesetzeszweck aus dem
Zusammenhang ergibt, in dem der Text des Gesetzes zu dem zu regelnden
Lebensbereich steht (vgl. BVerfGE 62, 169 [183f]). Diesen Anforderungen
genügt die Beschreibung der zu erhebenden Merkmale im
Volkszählungsgesetz 1983; der Bürger kann erkennen,
über welche Grundtatbestände der Sozialstruktur er
befragt werden soll. Die Hauptzwecke lassen sich aus der Art der
Erhebung - einer Volkszählung, Berufszählung,
Wohnungszählung und Arbeitsstättenzählung -,
dem Erhebungsprogramm und den Gesetzesmaterialien hinreichend deutlich
entnehmen. Nicht erforderlich ist, daß der Gesetzgeber zu
jeder einzelnen gesetzlichen Verpflichtung auch den konkreten Zweck im
Gesetz selbst erläutert. Dies gilt namentlich mit
Rücksicht auf die Besonderheiten der Erhebung von Daten
für statistische Zwecke, zumal bei einer
Volkszählung; hier ist eine Auflistung der einzelnen Zwecke
aufgrund ihrer multifunktionalen Zielsetzung unmöglich.
c) Das Erhebungsprogramm des Volkszählungsgesetzes 1983
entspricht, soweit es Prüfungsgegenstand ist, auch dem
Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. Danach
muß eine Maßnahme zur Erreichung des angestrebten
Zweckes geeignet und erforderlich sein; der mit ihr verbundene Eingriff
darf seiner Intensität nach nicht außer
Verhältnis zur Bedeutung der Sache und den vom Bürger
hinzunehmenden Einbußen stehen (vgl. BVerfGE 27, 344 [352
f.]; st. Rspr).
Das Volkszählungsgesetz 1983 soll dem Staat die für
künftiges Planen und Handeln benötigten Informationen
verschaffen. Als Vorbedingung für die
Planmäßigkeit staatlichen Handelns (vgl. BVerfGE 27,
1 [7]) dient die Volkszählung 1983 einem einleuchtenden, zur Erfüllung legitimer
Staatsaufgaben angestrebten Zweck.
Mit dem eingesetzten Mittel der Volkszählung als Totalerhebung
(Vollerhebung) und dem Fragenkatalog des § 2 Nr. 1 bis 7 und
der §§ 3, 4 VZG 1983 ist die Bundesrepublik
Deutschland ihrer Verpflichtung aufgrund der Richtlinien des Rates der
Europäischen Gemeinschaften vom 22. November 1973 zur
Synchronisierung der allgemeinen Volkszählungen - 73/403/EWG -
(ABlEG Nr. L 347 vom 17.12.1973, S. 50) nachgekommen. Erhebungsmethode
und Erhebungsprogramm sind geeignet und erforderlich, um den
angestrebten Zweck zu erreichen, und für die
Auskunftspflichtigen zumutbar.
aa) Es ist derzeit nicht zu beanstanden, wenn der Gesetzgeber davon
ausgegangen ist, daß Erhebungen aufgrund von Stichproben auf
ausnahmslos freiwilliger Basis oder eine Kombination von
Vollprobenerhebung und Stichprobenerhebung die Volkszählung
als Totalerhebung nicht zu ersetzen vermögen. Diese
Alternativen zu einer Totalerhebung sind noch mit zu großen
Fehlerquellen behaftet. Außerdem setzen sie
verläßliche Daten über die
Gesamtbevölkerung voraus, die zur Zeit nur periodische
Volkszählungen liefern können.
Diese Würdigung beruht auf dem gegenwärtigen
Erkenntnisstand und Erfahrungsstand. Vor künftigen
Entscheidungen für eine Erhebung wird sich der Gesetzgeber
erneut mit dem dann erreichten Stand der Methodendiskussion
auseinandersetzen müssen, um festzustellen, ob und in welchem
Umfang die herkömmlichen Methoden der Informationserhebung und
Informationsverarbeitung beibehalten werden können. Die
Methoden der amtlichen Statistik und der Sozialforschung entwickeln
sich stetig weiter. Diese Entwicklung darf der Gesetzgeber nicht
unberücksichtigt lassen. Er muß ungewissen
Auswirkungen eines Gesetzes dadurch Rechnung tragen, daß er
die ihm zugänglichen Erkenntnisquellen ausschöpft, um
die Auswirkungen so zuverlässig wie möglich
abschätzen zu können (BVerfGE 50, 290 [334]); bei
einer sich später zeigenden Fehlprognose ist er zur Korrektur
verpflichtet (vgl. BVerfGE, a.a.O.
[335]). Der Gesetzgeber kann aufgrund veränderter
Umstände zur Nachbesserung einer ursprünglich
verfassungsgemäßen Regelung gehalten sein (vgl.
BVerfGE 56, 54 [78f] m.w.N.). Ebenso muß er bei der Anordnung
einer statistischen Erhebung anhand des erreichbaren Materials
prüfen, ob eine Totalerhebung trotz einer inzwischen
fortgeschrittenen Entwicklung der statistischen und
sozialwissenschaftlichen Methoden noch
verhältnismäßig ist. Es reicht insoweit zur
Begründung nicht aus, lediglich darauf zu verweisen,
daß Volkszählungen schon immer in Form von
Totalerhebungen durchgeführt worden seien.
In diesem Sinne hat der Deutsche Bundestag in einem Beschluß
vom 15. Dezember 1982 zum Gesetz über die
Durchführung einer Repräsentativstatistik der
Bevölkerung und des Erwerbslebens (Mikrozensusgesetz) die
Bundesregierung ersucht darzulegen (BTDrucks 9/2261, S. 3),
"1. in welchem
Umfang auf Erhebungen nach dem Mikrozensusgesetz wegen Reduzierung oder
Wegfalls der sachlichen Notwendigkeit dieser Erhebung verzichtet werden
kann,
2. in welchem Umfang
Erhebungen nach dem Mikrozensusgesetz durch weniger kostenintensive und
gleichwertige oder bessere Umfragemethoden ersetzt werden
können.
Dabei sollen auch
die neuesten Erkenntnisse der empirischen Sozialforschung und die
Erfahrungen mit statistischen Erhebungen im Ausland bewertet und sofern
sie auf anderen Systemen beruhen, ihre Geeignetheit für die
Bundesrepublik Deutschland geprüft werden."
Wie aus den Stellungnahmen mehrerer Datenschutzbeauftragter hervorgeht,
wird neuerdings im Inland und Ausland diskutiert, ob auf
Totalerhebungen verzichtet werden kann. Diese Diskussion wird der
Gesetzgeber aufmerksam zu verfolgen haben. Zur Zeit liegen aber noch
keine sicheren Ergebnisse vor, die das Mittel der Totalerhebung schon
jetzt unverhältnismäßig erscheinen las-sen.
bb) Auch die Übernahme sämtlicher Daten aus bereits
vorhandenen Dateien der Verwaltung ist keine zulässige
Alternative zu der vorgesehenen Totalzählung. Denn die Nutzung
von Daten aus verschiedenen Registern und Dateien würde
voraussetzen, daß
technische, organisatorische und rechtliche Maßnahmen
getroffen werden, die es erst erlauben, diese Daten, bezogen auf
bestimmte Personen oder Institutionen, zusammenzuführen. Eine
solche Maßnahme wäre zum Beispiel die
Einführung eines einheitlichen, für alle Register und
Dateien geltenden Personenkennzeichens oder dessen Substituts. Dies
wäre aber gerade ein entscheidender Schritt, den einzelnen
Bürger in seiner ganzen Persönlichkeit zu
registrieren und zu katalogisieren. Die Verknüpfung
vorhandener Dateien wäre danach auch nicht das mildere Mittel.
cc) Auch die bei Wahlen und Abstimmungen geläufigen, der
Briefwahl nachgebildeten und damit anonymeren Erhebungsformen sind
allgemein kein Ersatz für die vorgesehene Zählung.
Eine vollständige und regional richtige Feststellung der
Einwohner, Gebäude, Wohnungen und Arbeitsstätten
setzt eine Begehung des Gemeindegebietes voraus. Ein Postversand der
Fragebogen erreicht nicht alle Auskunftspflichtigen. Denn es
müßte hierbei auf Adressen in vorhandenen Registern
zurückgegriffen werden, die in aller Regel die Situation am
Zählungsstichtag nicht vollständig wiedergeben.
Ein gegenüber dem bisher vorgesehenen
Volkszählungsverfahren milderes Mittel besteht jedoch darin,
die Zähler die Fragebogen lediglich austeilen und eine
Adressenliste anlegen zu lassen, in der Namen und Anschriften der
Auskunftspflichtigen aufgeführt sind, die Fragebogen erhalten
haben. Die Auskunftspflichtigen hätten dann die
ausgefüllten Bögen in verschlossenem Umschlag dem
Zähler zu übergeben, bei der
Zählungsdienststelle abzugeben oder an diese
zurückzusenden. Diese Erhebungsmethode vermeidet die
Gefährdungen, die durch die Einsichtnahme der Zähler
in die personenbezogenen Angaben der Bürger entstehen. Sie
berücksichtigt andererseits, daß zur
vollständigen und richtigen Zählung das
Gemeindegebiet begangen werden muß, und ermöglicht
es, Unstimmigkeiten durch Rückfragen zu klären.
Eine solche Erhebungsmethode läßt § 5 Abs.
1 VZG 1983 in Verbindung mit § 10 Abs. 2 und 3 BStatG zu. Die
Auskunftspflicht besteht nach
§ 10 Abs. 2 BStatG gegenüber den mit der
Durchführung der Bundesstatistik amtlich betrauten Stellen und
Personen. Nach § 10 Abs. 3 BStatG ist die Antwort unter
anderem kostenfrei und portofrei zu erteilen. Die Auskunftspflicht kann
somit auf dem Postwege erfüllt werden; der Bürger ist
berechtigt, den Erhebungsbogen zur Volkszählung im
verschlossenen Umschlag kostenfrei und portofrei an die
Zählungsdienststellen zu senden. Eine andere Auslegung
hätte zur Folge, daß die Erhebungsform der
Volkszählung 1983
unverhältnismäßig wäre und deshalb
das allgemeine Persönlichkeitsrecht aus Art. 2 Abs. 1 in
Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG verletzen würde.
dd) Die Erhebungstatbestände des § 2 Nr. 1 bis 7 und
der §§ 3, 4 VZG 1983 sind auch in ihrer Gesamtheit
erforderlich, um den Zweck der Volkszählung zu erreichen. Die
Volkszählung soll ein vielseitiges koordiniertes statistisches
Gesamtbild von Gesellschaft und Wirtschaft liefern. Dazu werden die
Daten aus allen Zählungsteilen - für die
Volkszählung und Berufszählung sowie für die
Gebäudezählung, Wohnungszählung und
Arbeitsstättenzählung - in Verbindung miteinander
benötigt. Die Erhebungstatbestände des
Volkszählungsgesetzes 1983 dienen in der Regel mehreren nicht
abschließend zu benennenden Zwecken. Das jeweilige Merkmal
darf aber nicht isoliert gesehen werden. Denn nur in der Kombination
mit weiteren Merkmalen - in Abhängigkeit von den jeweiligen
Fragestellungen - sind die vielfältigen von der
Bundesregierung in ihrer Stellungnahme im einzelnen genannten Zwecke zu
erfüllen. Deshalb werden die Daten gerade in ihrer Gesamtheit
benötigt.
2. Indessen bedarf es zur Sicherung des Rechts auf informationelle
Selbstbestimmung noch ergänzender verfahrensrechtlicher
Vorkehrungen für Durchführung und Organisation der
Datenerhebung. Die verfassungsrechtlichen Anforderungen (oben C II 2 b
bb) sind für die durch das Volkszählungsgesetz 1983
vorgesehene Erhebung nur zum Teil erfüllt. Zwar trägt
§ 11 BStatG dem Schutz des Rechts auf informationelle
Selbstbestimmung durch eine
Regelung über das Statistikgeheimnis Rechnung. Auch schreibt
§ 11 Abs. 7 Satz 1 BStatG die Löschung der zur
Identifizierung dienenden Daten vor, sobald diese nicht mehr
für statistische Zwecke des Bundes benötigt werden.
Bis zu diesem Zeitpunkt sollen nach Satz 2 der Vorschrift Namen und
Anschriften von den übrigen Angaben getrennt und unter
besonderem Verschluß gehalten werden. Diese Bestimmungen
reichen jedoch nicht aus, um für die Volkszählung
verfassungsgemäße Bedingungen der Datenerhebung und
Datenverarbeitung zu gewährleisten. Vielmehr hat der
Gesetzgeber darüber hinaus für notwendige
Sicherungsvorkehrungen zum Schutz des informationellen
Selbstbestimmungsrechts Sorge zu tragen. Er braucht nicht alles selbst
zu regeln, muß aber dafür sorgen, daß das
Notwendige geschieht. Im einzelnen sind folgende grundrechtssichernde
Maßnahmen geboten:
a) Es bestehen Aufklärungspflichten und Belehrungspflichten.
Zwar braucht der Auskunftspflichtige sich nicht mit anderen einem
Haushalt zurechnen zu lassen, sondern wird, sofern er es
wünscht, anhand eines eigenen Haushaltsbogens
gezählt; denn § 5 Abs. 1 VZG 1983 sieht
grundsätzlich eine persönliche Auskunftspflicht jedes
einzelnen Bürgers vor. Auch steht diesem - wie bereits
ausgeführt - das Recht zu, den ausgefüllten
Erhebungsbogen in verschlossenem Umschlag dem Zähler zu
übergeben, bei der Zählungsdienststelle abzugeben
oder ihn ihr mit der Post zuzusenden. Diese Rechte sind für
den Bürger bei Massenerhebungen der streitigen Art aber nur
schwer erkennbar und der gesetzlichen Regelung erst im Wege der
Auslegung zu entnehmen; die vorgesehene Durchführung der
Erhebung lenkt von ihnen eher ab. Daher hat der Gesetzgeber
sicherzustellen, daß die Bürger über diese
Rechte schriftlich belehrt werden. Auch ist deutlich kenntlich zu
machen, soweit bestimmte Angaben (wie etwa die Telefonnummer) lediglich
auf freiwilliger Basis erhoben werden.
b) Die zur Identifizierung dienenden Merkmale (insbesondere Namen,
Anschriften, Kennummern und Zählerlistennummern) sind zum
frühest möglichen Zeitpunkt zu löschen und
bis dahin von den übrigen Angaben getrennt unter
Verschluß zu halten. Die
Handhabung der Vorschrift des § 11 Abs. 7 BStatG, der insoweit
grundrechtssichernde Funktion zukommt, darf nicht allein dem Ermessen
der Verwaltung überlassen bleiben. Zugleich ist eine effektive
Kontrolle durch die Datenschutzbeauftragten notwendig. Sinnvollerweise
wird der Auskunftspflichtige genauer darüber zu belehren sein,
welche Merkmale lediglich Hilfsmittel der Erhebung sind (vgl.
§ 5 des Mikrozensusgesetzes vom 21. Februar 1983 [BGBl. I S.
201]).
c) Den Bürgern treten Zähler entgegen, die Einblick
in die Unterlagen erhalten, wenn der ausgefüllte
Erhebungsbogen offen abgegeben wird. Deshalb müssen
Maßnahmen getroffen werden, um Interessenkollisionen
möglichst zu vermeiden. Dem Schutzbedürfnis wird zwar
schon weitgehend durch die aufgeführten Möglichkeiten
der Abgabe des ausgefüllten Fragebogens Rechnung getragen.
Dies allein reicht jedoch bei einer Massenerhebung mit etwa 600.000
Zählern (vgl. BTDrucks 9/451, S. 10) für einen
effektiven Schutz des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung nicht
aus. Mit Recht haben die Datenschutzbeauftragten deshalb in ihrer
Besprechung vom 22. März 1983 angeregt, auf den Einsatz von
Zählern zu verzichten, bei denen im Hinblick auf ihre
dienstliche Tätigkeit Interessenkonflikte nicht
auszuschließen sind. Als weitere Maßnahme ist eine
Vorschrift geboten, daß Zähler - darüber
besteht zwischen dem Bundesminister des Innern und den
Datenschutzbeauftragten Einvernehmen - nicht in der unmittelbaren
Nähe ihrer Wohnung eingesetzt werden sollen, damit in der
Nachbarschaft die Auskunftsbereitschaft nicht beeinträchtigt
wird.
d) Schließlich hat der Gesetzgeber dafür Sorge zu
tragen, daß der Inhalt des Fragebogens mit dem Gesetz
übereinstimmt. So ist es nicht angängig, alle
Auskunftspflichtigen von vornherein nach Haushalten zu erfassen, obwohl
§ 5 VZG 1983 grundsätzlich eine persönliche
Auskunftspflicht jedes Bürgers vorsieht. Auch darf der Inhalt
der einzelnen Fragen im Fragebogen nicht weiter gehen, als der
Gesetzestext es zuläßt. Die Entscheidung, wie die
Erfüllung dieser Anforderungen an den Fragebogen
sicherzustellen ist, hat der
Gesetzgeber zu treffen. Dazu stehen ihm verschiedene
Möglichkeiten offen, einschließlich der
Ermächtigung, den Inhalt des Fragebogens durch eine
Rechtsverordnung festzulegen.
IV.
1. Die zu statistischen Zwecken erhobenen, noch nicht anonymisierten,
also noch personenbezogenen Daten dürfen - wie bereits
ausgeführt (oben C II 2 cc) - kraft ausdrücklicher
gesetzlicher Ermächtigung weitergeleitet werden, soweit und
sofern dies zur statistischen Aufbereitung durch andere
Behörden erfolgt und wenn dabei die zum Schutz des
Persönlichkeitsrechts gebotenen Vorkehrungen, insbesondere das
Statistikgeheimnis und das Gebot der Anonymisierung, in gleicher Weise
zuverlässig sichergestellt sind wie bei den Statistischen
Ämtern des Bundes und der Länder. Würden
hingegen personenbezogene, nicht anonymisierte Daten, die zu
statistischen Zwecken erhoben wurden und nach der gesetzlichen Regelung
dafür bestimmt sind, für Zwecke des
Verwaltungsvollzuges weitergegeben (Zweckentfremdung), würde
in unzulässiger Weise in das Recht auf informationelle
Selbstbestimmung eingegriffen. Es kann offenbleiben, ob eine direkte
Weiterleitung dieser Daten generell und selbst dann als unvereinbar mit
dem Grundsatz der Trennung von Statistik und Vollzug zu beanstanden
wäre, wenn der Gesetzgeber diese Weiterleitung
ausdrücklich vorsähe. Es bedarf auch keiner
abschließenden Erörterung, ob die gleichzeitige
Durchführung einer an sich statthaften Erhebung
personenbezogener Daten für statistische Zwecke mit einer an
sich statthaften Erhebung personenbezogener Daten für
bestimmte Zwecke des Verwaltungsvollzugs auf verschiedenen
Bögen (kombinierte Erhebung) zulässig wäre.
Sowohl die direkte Übermittlung von zu statistischen Zwecken
erhobenen Daten als auch die kombinierte Erhebung wären schon
deshalb nicht bedenkenfrei, weil die Verknüpfung zweier
unterschiedlicher Zwecke mit unterschiedlichen Anforderungen den
Bürger angesichts der für ihn undurchsichtigen
Möglichkeiten der automatischen Datenverarbeitung in hohem Maße
verunsichert und dadurch die Zuverlässigkeit der Angaben und
deren Eignung für statistische Zwecke gefährden kann.
Ferner wären die unterschiedlichen Voraussetzungen zu
beachten: So gelten für die Erhebung und Verwertung zu
statistischen Zwecken das Statistikgeheimnis, das Gebot der
Anonymisierung und das Nachteilsverbot; für die Erhebung zu
Verwaltungsvollzugszwecken ist dies hingegen nicht oder nicht in
gleicher Weise der Fall; während für die Statistik
Identifikationsmerkmale (etwa Name und Anschrift) nur als Hilfsmittel
dienen, sind sie in aller Regel für die Erhebung zu
Verwaltungsvollzugszwecken wesentlicher Bestandteil. Zudem wird dabei
die auf statistische Datensammlung zugeschnittene
Ermittlungsorganisation zugleich für andere Erhebungszwecke
eingesetzt, die für sich allein eine solche Organisation
schwerlich rechtfertigen würden. Auch wäre zu
beachten, daß das Rechtsschutzverfahren bei den beiden
Erhebungsarten auseinanderlaufen kann.
Eine Regelung, die dennoch beide Zwecke gleichzeitig erreichen will,
ist zur Erreichung der beabsichtigten Zwecke jedenfalls dann untauglich
und damit verfassungswidrig, wenn sie tendenziell Unvereinbares
miteinander verbindet. In einem solchen Fall kann die Verbindung
statistischer Zwecke mit Verwaltungsvollzugszwecken in einer
Zählung nicht nur zu Unklarheit und
Unverständlichkeit der Norm führen, sondern bewirkt
darüber hinaus ihre
Unverhältnismäßigkeit. Anders als bei
Datenerhebungen zu ausschließlich statistischen Zwecken ist
hier eine enge und konkrete Zweckbindung der weitergeleiteten Daten
unerläßlich (oben C II 2 a). Zudem ist das Gebot der
Normenklarheit von besonderer Bedeutung. Der Bürger
muß aus der gesetzlichen Regelung klar erkennen
können, daß seine Daten nicht allein zu
statistischen Zwecken verwendet werden, für welche konkreten
Zwecke des Verwaltungsvollzugs seine personenbezogenen Daten bestimmt
und erforderlich sind und daß ihre Verwendung unter Schutz gegen Selbstbezichtigungen auf
diesen Zweck begrenzt bleibt.
2. Die Kombination der Volkszählung für statistische
Zwecke mit dem Melderegisterabgleich nach § 9 Abs. 1 VZG 1983
entspricht nicht den verfassungsrechtlichen Anforderungen.
a) Entgegen der Auffassung der Beschwerdeführer fehlt dem Bund
zur Regelung des Melderegisterabgleichs allerdings nicht die
Zuständigkeit; sie ist nach Art. 75 Nr. 5 GG gegeben.
Die Rahmengesetzgebungskompetenz des Bundes (Art. 75 GG) gestattet
diesem nach der ständigen Rechtsprechung des
Bundesverfassungsgerichts auch Vollregelungen für einzelne
Teile einer Gesetzgebungsmaterie, sofern dem Landesgesetzgeber
für die Gesamtmaterie noch ausreichender Regelungsspielraum
verbleibt, den dieser aufgrund eigener Entschließung
ausfüllen kann (vgl. BVerfGE 43, 291 [343] - Numerus clausus).
Da § 9 Abs. 1 Satz 1 VZG 1983 nur die Möglichkeit des
Melderegisterabgleichs einräumt, bleibt dem Landesgesetzgeber,
der sowohl das Ob als auch das Wie des Abgleichs der Angaben der
Volkszählung nach § 2 Nr. 1 und 2 VZG 1983 bestimmen
kann, noch ausreichender Regelungsspielraum, den er aufgrund eigener
Entschließung ausfüllen kann, aber nicht
muß. Die Entscheidung darüber, ob ein
Bedürfnis nach bundesgesetzlicher Regelung des
Melderegisterabgleichs im Sinne des Art. 72 Abs. 2 GG besteht, ist in
das Ermessen des Bundesgesetzgebers gestellt (vgl. BVerfGE 33, 224
[229]; st Rspr). Für den Melderegisterabgleich besteht nach
der nicht zu beanstandenden Einschätzung des Gesetzgebers ein
Bedürfnis nach bundesgesetzlicher Regelung zur Wahrung der
Rechtseinheit oder Wirtschaftseinheit (Art. 72 Abs. 2 Nr. 3 GG); denn
die Berichtigung der Melderegister sollte insbesondere im Hinblick auf
§ 12 Abs. 2 des Melderechtsrahmengesetzes (MRRG) vom 16.
August 1980 (BGBl. I S. 1429) in allen Bundesländern zur
gleichen Zeit und in gleichem Umfang erfolgen. Da somit die
Zuständigkeit des Bundes zur Regelung des
Melderegisterabgleichs nach Art. 75 Nr. 5 GG gegeben ist, kann
dahingestellt bleiben, ob seine Zuständigkeit zu dieser
Regelung auch aus Art. 73 Nr. 11 GG folgt.
b) § 9 Abs. 1 VZG 1983
verletzt aber das in Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG
gesicherte Recht auf informationelle Selbstbestimmung, weil die
Regelung tendenziell Unvereinbares miteinander verbindet, deshalb zur
Erreichung der angestrebten Zwecke ungeeignet, in ihrem Inhalt unklar
und daher in ihrer Tragweite für den Bürger
unverständlich ist.
§ 9 Abs. 1 Satz 1 VZG 1983 gestattet den Gemeinden, bestimmte
Angaben aus den Erhebungsunterlagen mit den Melderegistern zu
vergleichen und zu deren Berichtigung zu verwenden.
Ausgewählte Personendaten der Volkszählung 1983
können so nicht nur zu statistischen Zwecken, sondern
zusätzlich zu einem Verwaltungsvollzug verwandt werden, dem
keine konkrete Zweckbindung entspricht. Zwar ergibt sich aus der
gesetzlichen Regelung, daß die gemäß
§ 2 Nr. 1 und 2 VZG 1983 erhobenen Daten nicht nur zu
statistischen Zwecken, sondern zusätzlich für den
Melderegisterabgleich erhoben werden; es ist jedoch infolge der
Aufgaben der Meldebehörden, die Daten ihrerseits nach
Maßgabe des Vierten Abschnitts des Melderechtsrahmengesetzes
und der entsprechenden Vorschriften der Länder weiterzugeben,
nicht vorhersehbar, zu welchem konkreten Zweck welche Behörden
die Daten verwenden. Dies hat zur Folge, daß sich die Zwecke
beider Erhebungen (Statistik - Melderegisterabgleich) nicht nur
gegenseitig beeinträchtigen, sondern sogar
ausschließen; denn während die Effizienz der
Statistik eine strenge Beachtung des Statistikgeheimnisses verlangt,
ist dieses, wie die weitergehenden Übermittlungsregelungen des
Melderechtsrahmengesetzes zeigen, mit den Aufgaben der
Meldebehörden (§ 1 Abs. 3 MRRG) unvereinbar.
Wie sehr durch die gleichzeitige Verfolgung beider Zwecke die
Funktionsfähigkeit der amtlichen Statistik gefährdet
wird, die ein Kernstück der statistischen Bestandsaufnahme
bildet (vgl. Begründung der Bundesregierung zu dem Entwurf
eines Gesetzes über eine Volkszählung,
Berufszählung, Wohnungszählung und
Arbeitsstättenzählung - Volkszählungsgesetz
1982 [BTDrucks 9/451, S. 7, A I]), hat auch der Gesetzgeber gesehen;
denn in § 9 Abs. 1 Satz 2 hat er es ausdrücklich
untersagt, aus den statistischen Einzelangaben gewonnene Erkenntnisse zu Maßnahmen
gegen den einzelnen Auskunftspflichtigen zu verwenden. Dieses
Nachteilsverbot verspricht jedoch mehr, als es leisten kann. Es vermag
das Defizit für die Funktionsfähigkeit der Statistik
und für den Schutz der Betroffenen nicht auszugleichen, das
durch die Verbindung von Statistik und Vollzug entsteht. Das Verbot,
das wörtlich aus § 1 Abs. 3 Satz 2 BStatG
übernommen und welches auf das Statistikgeheimnis
zugeschnitten ist, kann zwar einen ausreichenden Schutz
gewähren, wenn die Daten allein zu statistischen Zwecken
weitergegeben werden. Seine Übernahme in eine Vorschrift
über den Melderegisterabgleich erhöht aber die
Unverständlichkeit der gesamten Regelung und führt
dazu, daß der auskunftspflichtige Bürger die
Auswirkungen dieser Bestimmung nicht mehr zu übersehen vermag.
Für den Betroffenen ist nicht erkennbar, daß seine
statistischen Angaben nach Maßgabe der melderechtlichen
Vorschriften in weitem Umfang an Behörden und
öffentliche Stellen übermittelt werden
können, ohne daß diese den statistischen Ursprung
dieser Daten feststellen und dem Nachteilsverbot Rechnung tragen
können. Damit kann das Nachteilsverbot (§ 9 Abs. 1
Satz 2 VZG 1983) seine Aufgabe nicht erfüllen; zugleich
verletzt es das Gebot der Normenklarheit (oben C II 1 b).
3. Auch § 9 Abs. 2 VZG 1983 verstößt gegen
Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG. Diese Vorschrift
gestattet die Übermittlung von personenbezogenen Einzelangaben
an die fachlich zuständigen obersten Bundesbehörden
und Landesbehörden sowie an die von ihnen bestimmten Stellen,
soweit diese personenbezogenen Daten von den Empfängern zur
rechtmäßigen Erfüllung der in ihrer
Zuständigkeit liegenden Aufgaben benötigt werden. Sie
geht über § 11 Abs. 5 und 6 BStatG hinaus, da die
Daten lediglich ohne Namen, nach § 9 Abs. 2 Satz 2 VZG 1983
auch ohne die Angaben der Zugehörigkeit oder
Nichtzugehörigkeit zu einer Religionsgesellschaft
übermittelt werden können und dem Betroffenen daher
noch ohne Schwierigkeiten zuzuordnen sind. Ob die Übermittlung
nur zu statistischen Zecken oder auch für den Verwaltungsvollzug zulässig ist, kann
der Vorschrift nicht entnommen werden. Eine Begrenzung auf die
Übermittlung zu statistischen Zwecken scheitert an der
fehlenden Normenklarheit. Damit ist aber die Möglichkeit der
Verwendung für Verwaltungsvollzugszwecke gegeben. Selbst wenn
die Übermittlung von zu statistischen Zwecken erhobenen
personenbezogenen Daten zu Verwaltungsvollzugszwecken oder eine
Kombination einer für sich allein zulässigen
statistischen Erhebung mit einer für sich allein
zulässigen Erhebung zu Verwaltungsvollzugszwecken nicht von
vornherein gegen das Persönlichkeitsrecht verstoßen
sollte, verletzt § 9 Abs. 2 VZG 1983 die Bürger doch
bereits deshalb in ihrem Recht auf informationelle Selbstbestimmung,
weil weder aus der Vorschrift klar zu erkennen ist, daß diese
überhaupt eine Weitergabe zu Verwaltungszwecken vorsieht, noch
um welche konkreten, klar definierten Zwecke es sich dabei handelt, wie
dies bei nicht anonymisierten Daten geboten ist. Wenn aber schon eine
klare Zweckbestimmung fehlt, ist auch nicht mehr abzusehen, ob sich die
Weitergabe in den Grenzen des zur Zweckerfüllung
Erforderlichen hält.
4. § 9 Abs. 3 VZG 1983 verstößt ebenfalls
gegen Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG.
a) Satz 1 des § 9 Abs. 3 VZG 1983 ermöglicht es, die
mit Hilfe der Gemeinden erhobenen personenbezogenen Daten ohne Namen
auch dem kommunalen Bereich für bestimmte Verwaltungszwecke
zur Verfügung zu stellen. Übermittelt werden
dürfen die erforderlichen (personenbezogenen) Einzelangaben
über die nach den §§ 2 bis 4 VZG 1983
erfaßten Tatbestände - mit Ausnahme der nach
§ 4 Nr. 1 Buchstabe c und § 4 Nr. 3 Buchstabe c VZG
1983 verlangten Angaben und des Merkmals der rechtlichen
Zugehörigkeit oder Nichtzugehörigkeit zu einer
Religionsgesellschaft - für Zwecke der Regionalplanung, des
Vermessungswesens, der gemeindlichen Planung und des Umweltschutzes. Zu
welchem konkreten Zweck die Daten indessen weitergegeben werden,
insbesondere ob nur zu statistischen oder auch zu
Verwaltungsvollzugszwecken, ist danach nicht hinreichend erkennbar. So besteht Regionalplanung auf
gemeindlicher Ebene aus den Flächennutzungsplänen und
den aus ihnen hervorgegangenen Bebauungsplänen. Diese sind
ebenso Bestandteil gemeindlicher Planung und treffen für die
im jeweiligen Planungsgebiet belegenen Grundstücke
spezifizierte und eindeutige Festsetzungen über Art und
Ausmaß der zugelassenen baulichen Nutzung, mithin
Verwaltungsentscheidungen gegenüber dem einzelnen
Bürger. Auch die für Zwecke des Vermessungswesens und
des Umweltschutzes übermittelten personenbezogenen
Einzelangaben können von den Übermittlungsadressaten
nicht nur zu statistischen, sondern ebenso zu
Verwaltungsvollzugszwecken verwendet werden. So wurde in der
Berichterstattergruppe "Statistik" des Innenausschusses
anläßlich der Beratung des Gesetzentwurfs der
Bundesregierung ausdrücklich darauf hingewiesen, daß
mit der Formulierung "für Zwecke des Vermessungswesens" gerade
nicht nur eine statistische Aufbereitung für eine gemeindliche
Planung gemeint sei, sondern mit Rücksicht auf die
Landesvermessungsbehörden an einen Abgleich der Unterlagen und
an eine Verbesserung der vorhandenen Liegenschaftskataster gedacht sei
(vgl. S. 14 des Kurzprotokolls der 4. Sitzung der
Berichterstattergruppe "Statistik" vom 8. Mai 1979). Überdies
verfolgen der Umweltschutz und das Vermessungswesen im Bereich der
Gemeinden weniger statistische, sondern eher Verwaltungsvollzugszwecke;
hierauf hatte bereits der Bayerische Landesbeauftragte für den
Datenschutz in seiner Stellungnahme vom 31. Mai 1979 an den
Innenausschuß des Deutschen Bundestages ausdrücklich
hingewiesen. § 9 Abs. 3 Satz 1 VZG 1983
verstößt daher bereits deshalb gegen das durch Art.
2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG geschützte
allgemeine Persönlichkeitsrecht, weil die Vorschrift weder
klar erkennen läßt, daß die
übermittelten personenbezogenen Daten auch zu
Verwaltungsvollzugszwecken verwendet werden können, noch um
welche konkreten klar definierten Zwecke es sich dabei handelt.
Angesichts der Unklarheit der vorgesehenen Zwecke ist es den
Statistischen Ämtern des Bundes und der Länder auch
nicht möglich festzustellen, ob zur Erfüllung der jeweiligen Zwecke nicht die
Übermittlung - faktisch - anonymisierter Einzelangaben
(§ 11 Abs. 5 BStatG) an die Gemeinden oder ihre
Verbände genügt.
b) Auch Satz 2 des § 9 Abs. 3 VZG 1983
verstößt gegen das Recht auf informationelle
Selbstbestimmung. Für eigene statistische Aufbereitungen
können den Gemeinden und Gemeindeverbänden nach
dieser Vorschrift die nach den §§ 2 bis 4 VZG 1983
erfaßten Tatbestände sogar einschließlich
der Namen zur Verfügung gestellt werden.
Zwar begrenzt die Bestimmung damit die Verwendung personenbezogener
Einzelangaben im kommunalen Bereich auf statistische Aufbereitungen.
Unberücksichtigt bleibt jedoch, daß es zur Sicherung
des informationellen Selbstbestimmungsrechts der Bürger
darüber hinaus bei der Verarbeitung personenbezogener Daten
auch außerhalb der Statistischen Ämter einer
Organisation bedarf, welche die Zweckbindung ebenso sichert wie
innerhalb der Statistischen Ämter des Bundes und der
Länder. Eine derartige Sicherung ist insbesondere deshalb
geboten, weil in vielen Gemeinden keine für die Bearbeitung
von Statistiken zuständigen Stellen vorhanden sind, so
daß eine ausschließlich für statistische
Zwecke vorgesehene Nutzung der Daten nicht als ausreichend
gewährleistet angesehen werden kann. Hinzu kommt,
daß die Kommunalstatistik im Gegensatz zur Bundesstatistik
nicht gesetzlich geregelt und damit von anderen Verwaltungsaufgaben
nicht von vornherein abgeschottet ist. Damit ist der
Datenfluß personenbezogener Daten über die nach den
§§ 2 bis 4 VZG 1983 erfaßten
Tatbestände innerhalb der Kommunen und ihrer Verbände
nur unzureichend allein durch die Verwendungsschranke "statistische
Aufbereitungen" gehemmt. Diese Formulierung ist aber so ungenau,
daß sie herangezogen werden kann, um die verschiedensten
Aktivitäten zu decken. Im kommunalen Bereich sind die Grenzen
statistischer Nutzung fließend: Darunter werden nicht nur
herkömmliche Tabellenwerke verstanden, sondern auch
Spezialaufbereitungen für Planungszwecke, die bei
kleinräumigem Bezug - wegen des besonders großen
Zusatzwissens der Kommunen - leicht
an die Grenze der Deanonymisierung stoßen. Gemeindliche
Statistik wird insoweit heute weitgehend als "Stadtentwicklung" oder
"Stadtentwicklungsforschung" verstanden. Gerade wenn sich die Angaben -
wie im gemeindlichen Bereich - auf kleinere Personengruppen beziehen,
muß der Gesetzgeber für organisatorische
Vorkehrungen sorgen, welche die vorgesehene Zweckbindung garantieren.
Dazu ist die Trennung der Kommunalstatistik von anderen
Aufgabenbereichen der Gemeinden und ihrer Verbände
("informationelle Gewaltenteilung") unerläßlich. Da
§ 9 Abs. 3 Satz 2 VZG 1983 eine Übermittlung von
personenbezogenen Einzelangaben für statistische
Aufbereitungen der Gemeinden und ihrer Verbände gestattet,
ohne die Zweckbindung zu statistischen Zwecken wie in den Statistischen
Ämtern des Bundes und der Länder zu sichern, ist die
Vorschrift mit Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG
unvereinbar.
5. Demgegenüber verletzt § 9 Abs. 4 VZG 1983 nicht
das allgemeine Persönlichkeitsrecht. Diese Vorschrift
gestattet für wissenschaftliche Zwecke die
Übermittlung bestimmter Einzelangaben an Amtsträger
und für den öffentlichen Dienst besonders
Verpflichtete. Die Übermittlung hat sich in den Grenzen des
für wissenschaftliche Zwecke Erforderlichen zu halten; Name
und Anschrift dürfen überhaupt nicht weitergegeben
werden. Die Regelung folgt damit der Erkenntnis, daß
für die meisten Untersuchungsbereiche ein direkter
Personenbezug nicht erforderlich ist; denn der Wissenschaftler ist
regelmäßig nicht an der einzelnen Person
interessiert, sondern an dem Individuum als Träger bestimmter
Merkmale. Da bei den Übermittlungsadressaten des § 9
Abs. 4 VZG 1983 regelmäßig kaum Zusatzwissen
vorhanden sein wird, ist nach dem derzeitigen Erkenntnisstand und
Verfahrensstand nicht davon auszugehen, daß der Schutz des
informationellen Selbstbestimmungsrechts bei der Verarbeitung von Daten
nach § 9 Abs. 4 VZG 1983 über die durch § 5
BDSG, § 11 Abs. 5 BStatG, § 9 Abs. 5 VZG 1983 und die
Kontrolle der Datenschutzbeauftragten des Bundes und der
Länder gewährleisteten Sicherungen hinaus weitere Vorkehrungen von Verfassungs wegen
erfordert.
V.
Die Beschwerdeführer werden nicht in ihrem Grundrecht aus Art.
19 Abs. 4 GG verletzt.
1. Art. 19 Abs. 4 GG garantiert nicht nur das formelle Recht und die
Möglichkeit, die Gerichte anzurufen, sondern auch die
Effektivität des Rechtsschutzes; der Bürger hat einen
substantiellen Anspruch auf eine tatsächlich wirksame
gerichtliche Kontrolle (BVerfGE 53, 115 [127f]; st Rspr).
Würde das Volkszählungsgesetz 1983 demnach
verhindern, daß der Bürger Kenntnis davon erlangen
könnte, wer wo über welche seiner personenbezogenen
Daten in welcher Weise und zu welchen Zwecken verfügt, so
wäre sein Rechtsschutz verfassungsrechtlich unzureichend.
Gerade deshalb verpflichtet Art. 19 Abs. 4 GG die Statistischen
Ämter des Bundes und der Länder, die
Übermittlung personenbezogener Daten zu protokollieren, so
daß der Bürger von der Weitergabe seiner Daten
gemäß § 13 BDSG und den entsprechenden
Vorschriften der Datenschutzgesetze der Länder Kenntnis
erlangen und dagegen den Rechtsweg beschreiten kann.
2. Auch § 5 Abs. 2 VZG 1983, der die aufschiebende Wirkung von
Rechtsbehelfen gegen die Aufforderung zur Auskunftserteilung
ausschließt, ist mit Art. 19 Abs. 4 GG vereinbar.
Der Rechtsweggarantie kommt auch die Aufgabe zu, irreparable
Entscheidungen, wie sie durch die sofortige Vollziehung einer
staatlichen Maßnahme eintreten können, soweit als
möglich auszuschließen (BVerfGE 35, 263 [274]; 51,
268 [284]; 53, 30 [67f]). Aus dieser grundsätzlichen Garantie
folgt zugleich das Verfassungsgebot, möglichst zu verhindern,
daß durch die sofortige Vollziehung Tatsachen geschaffen
werden, die auch dann nicht mehr rückgängig gemacht
werden können, wenn sie sich bei richterlicher
Prüfung als rechtswidrig erweisen sollten (vgl. BVerfGE 35,
382 [401f]; 37, 150 [153]). Andererseits gewährleistet Art. 19
Abs. 4 GG die aufschiebende Wirkung von Rechtsbehelfen im
Verwaltungsprozeß nicht schlechthin. Überwiegende öffentliche Belange
können es rechtfertigen, den Rechtsschutzanspruch des
Einzelnen einstweilen zurückzustellen, um unaufschiebbare
Maßnahmen im Interesse des allgemeinen Wohls rechtzeitig in
die Wege zu leiten (BVerfGE 51, 268 [284]).
Bei Volkszählungen wäre eine vollständige
Erhebung, die insbesondere als Informationsbasis für regional
bezogene Entscheidungen unentbehrlich ist, für die Dauer der
aufschiebenden Wirkung von Widerspruch und Anfechtungsklage gegen die
Aufforderung zur Auskunftserteilung ausgeschlossen. Das Ziel der
Volkszählung wäre ohne § 5 Abs. 2 VZG 1983
gefährdet. Die besonderen Umstände der
Volkszählung, die auf vollständige Angaben zu einem
Stichtag angewiesen ist, rechtfertigen es, den Rechtsschutzanspruch des
einzelnen Bürgers einstweilen zurückzustellen.
VI.
1. Da die Absätze 1 bis 3 des § 9 VZG 1983 mit dem
Grundgesetz unvereinbar sind und die Beschwerdeführer in ihren
Grundrechten aus Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG
verletzen, sind diese Vorschriften gemäß §
95 Abs. 3 Satz 1 BVerfGG für nichtig zu erklären.
Gründe, die es ausnahmsweise zulassen, von einer
Nichtigerklärung abzusehen, liegen nicht vor.
2. Die Entscheidung über die Erstattung der Auslagen beruht
auf § 34 Abs. 3 und 4 BVerfGG.
Da die Verfassungsbeschwerden Anlaß zur
Gesamtüberprüfung des Gesetzes gegeben und zu
wesentlichen Beanstandungen geführt haben, ist es
gerechtfertigt, eine Auslagenerstattung auch insoweit anzuordnen, als
die Verfass
ungsbeschwerden
erfolglos geblieben sind.