Staatssicherheitsdienst
Stasi IM-Sekretär Verfassungsbeschwerde
Bundesverfassungsgericht Berlin Ministerpräsident
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Aktenzeichen: 1 BvR
1696/98
Entscheidung vom: 25. Oktober
2005
BUNDESVERFASSUNGSGERICHT
|
Im Namen
des Volkes
In
dem Verfahren
über
die
Verfassungsbeschwerde
des
Herrn Dr. S...
-
Bevollmächtigte:
Rechtsanwälte
Prof. Dr. Konrad Redeker und Koll.,
Mozartstraße
4 - 10, 53115 Bonn -
gegen
das Urteil des Bundesgerichtshofs vom 16. Juni 1998
– VI ZR 205/97 -
hat
das Bundesverfassungsgericht - Erster Senat – unter
Mitwirkung des
Präsidenten
Papier,
der
Richterin Haas,
der
Richter Hömig,
Steiner,
der
Richterin Hohmann-Dennhardt
und
der Richter Hoffmann-Riem,
Bryde,
Gaier
am 25.
Oktober 2005 beschlossen:
Das
Urteil des Bundesgerichtshofs vom 16. Juni 1998 – VI ZR
205/97 – verletzt den Beschwerdeführer in seinem
Grundrecht aus Artikel 2 Absatz 1 in Verbindung mit Artikel 1 Absatz 1
des Grundgesetzes. Es wird aufgehoben und die Sache an den
Bundesgerichtshof zurückverwiesen.
Die
Bundesrepublik Deutschland hat die notwendigen Auslagen des
Beschwerdeführers zu erstatten.
Gründe:
A.
Die
Verfassungsbeschwerde betrifft Unterlassungsansprüche
wegen der Verbreitung herabsetzender Tatsachenbehauptungen.
I.
Der
Beschwerdeführer war in Zeiten der Deutschen
Demokratischen Republik Konsistorialpräsident der
Evangelischen Kirche in Berlin-Brandenburg und danach
Ministerpräsident des Bundeslandes Brandenburg. In seiner
Eigenschaft als Vertreter der Kirche unterhielt er von 1969 bis 1989
Kontakte zu hauptamtlichen Mitarbeitern des Ministeriums für
Staatssicherheit, welches ihn in einem IM-Vorgang unter der Bezeichnung
"IM-Sekretär" als inoffiziellen Mitarbeiter registriert hatte.
Der
Beklagte des Ausgangsverfahrens (künftig: Beklagter) ist
Rechtsanwalt und Notar und war seinerzeit stellvertretender
Fraktionsvorsitzender der CDU im Abgeordnetenhaus von Berlin. Er hatte
in einer Sendung des Zweiten Deutschen Fernsehens am 2. April 1996 zu
dem Meinungsstand im Vorfeld der Volksabstimmung über die
Vereinigung der Bundesländer Berlin und Brandenburg
über den Beschwerdeführer geäußert:
Die
Tatsache, dass Herr S..., wie wir alle wissen,
IM-Sekretär, über 20 Jahre im Dienste des
Staatssicherheitsdienstes tätig, dass der die Chance
erhält, 1999 hier in Berlin, auch über Berlin
Ministerpräsident zu werden, d.h. dass ich sein Landeskind
werde, zusammen mit anderen, das verursacht mir doch erhebliche
Kopfschmerzen.
Der
Beschwerdeführer begehrt Unterlassung der
Äußerung und macht geltend, dass die
Tatsachenbehauptung, er sei über 20 Jahre im Dienste des
Staatssicherheitsdienstes tätig gewesen, eine Verleumdung
seiner Person darstelle, da er niemals als Inoffizieller Mitarbeiter im
Dienste des Ministeriums für Staatssicherheit tätig
gewesen sei. Diese Tatsachenbehauptung - unterstrichen durch die
Formulierungen "Tatsache" und "wie wir alle wissen" - sei geeignet, ihn
in der öffentlichen Meinung herabzuwürdigen und
verächtlich zu machen.
Das
Landgericht hat eine auf Unterlassung gerichtete Klage des
Beschwerdeführers abgewiesen und dies im Wesentlichen damit
begründet, dass die Äußerung vom Grundrecht
auf Meinungsfreiheit gedeckt sei.
Das
Oberlandesgericht hat die Entscheidung des Landgerichts aufgehoben
und den Beklagten verurteilt, es bei Vermeidung eines Ordnungsgelds zu
unterlassen, die Behauptung zu verbreiten oder zu wiederholen, der
Beschwerdeführer sei "IM-Sekretär, über 20
Jahre im Dienste des Staatsicherheitsdienstes tätig" gewesen.
Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt,
dass der Beklagte eine den Beschwerdeführer herabsetzende und
verächtlich machende Tatsache behauptet und verbreitet habe.
Die angegriffene Äußerung bedeute nach allgemeinem
Sprachgebrauch, dass jemand auf Grund einer ausdrücklich oder
konkludent abgegebenen Verpflichtungserklärung im Auftrag des
Staatssicherheitsdienstes Informationen über Dritte gesammelt
oder beschafft und an den "Dienstherrn" zu dessen Nutzen weitergegeben
habe.
Nach
§ 823 Abs. 2 BGB, § 186 StGB habe der Beklagte
die Wahrheit seiner Behauptung beweisen müssen. Das sei ihm
nicht gelungen. Zum Beweise für Dienste bei der
Staatssicherheit genüge nicht die Tatsache, dass der
Beschwerdeführer bei dem Ministerium für
Staatssicherheit als "IM-Sekretär" registriert gewesen sei.
Eine schriftliche Verpflichtungserklärung sei nicht bekannt.
Die über ihn bei dem Ministerium für Staatssicherheit
geführte Akte sei vernichtet. Das Gericht vermöge
auch angesichts der weiteren durch den Beklagten angeführten
Indizien nicht mit hinreichender Gewissheit zu erkennen, ob der
Beschwerdeführer in dem Bemühen, humanitäre
Hilfe zu leisten und Handlungsspielräume der Kirche zu
erweitern, in seinen Kontakten zum Ministerium für
Staatssicherheit "zu weit gegangen", gleichwohl aber ein Mann der
Kirche geblieben sei oder ob er die Seiten gewechselt und für
das Ministerium für Staatssicherheit zielgerichtet die Kirche
ausspioniert habe, um Handlungsspielräume der
Staatsführung der Deutschen Demokratischen Republik in die
Kirche hinein zu eröffnen oder zu erweitern. Die
Äußerung des Beklagten sei auch nicht durch das
Grundrecht der Meinungsfreiheit gedeckt oder nach § 193 StGB
gerechtfertigt. Zur Wahrnehmung berechtigter politischer Interessen
hätte es genügt, die Berichterstattung zu den
Vorwürfen mit den Indizien gegen den Beschwerdeführer
zusammenzufassen, sie in Erinnerung zu rufen oder gekennzeichnet als
eigene Meinung zu bewerten. Der Beklagte habe dagegen nicht
über die bewiesenen Tatsachen hinausgehende Behauptungen
verbreiten dürfen, die er zudem auf ihren Wahrheitsgehalt
nicht überprüft habe.
Der
Bundesgerichtshof hat mit dem angegriffenen Urteil (BGHZ 139, 95)
auf die Revision des Beklagten hin das Urteil des Oberlandesgerichts
aufgehoben und die Berufung des Beschwerdeführers gegen das
Urteil des Landgerichts zurückgewiesen. Das Berufungsgericht
habe zu Unrecht dem Unterlassungsbegehren des
Beschwerdeführers entsprochen.
Die
angegriffene Äußerung weise einen
Tatsachengehalt auf, der mit den Mitteln des Beweises auf seine
inhaltliche Richtigkeit überprüft werden
könne. Das Berufungsgericht habe den Aussagegehalt allerdings
fälschlicherweise nur in einem ganz bestimmten Sinn gedeutet,
ohne andere Verständnismöglichkeiten auch nur zu
erörtern. Der Hinweis auf eine Tätigkeit "im Dienst"
des Staatssicherheitsdienstes schließe nicht zwingend die
Behauptung ein, der Beschwerdeführer habe eine solche
Tätigkeit auf der Grundlage einer
Verpflichtungserklärung für den
Staatssicherheitsdienst als seinen Dienstherrn ausgeübt.
Vielmehr könne der fragliche Textabschnitt zwanglos auch
dahingehend verstanden werden, der vom Ministerium für
Staatssicherheit aktenmäßig als
"IM-Sekretär" geführte Beschwerdeführer habe
diesem - ohne hierzu auf Grund einer Verpflichtungserklärung
angehalten gewesen zu sein - Dienste geleistet, indem er im Rahmen
seiner - unstreitig intensiven - Kontakte zum Staatssicherheitsdienst
diesem entsprechend dessen Erwartungen, aus welchen Motiven auch immer,
bewusst und gewollt Informationen über Dritte oder bestimmte
Vorgänge geliefert habe; hierbei habe er in Kenntnis dessen,
dass diese Informationen dem Staatssicherheitsdienst dienlich, also
nützlich gewesen seien, der Sache nach wie ein Beauftragter
gehandelt. Jedenfalls lasse sich ein solches Verständnis nicht
ausschließen. Seien mehrere sich nicht gegenseitig
ausschließende Deutungen des Inhalts einer
Äußerung möglich, so sei der rechtlichen
Beurteilung diejenige zu Grunde zu legen, die dem auf Unterlassung in
Anspruch Genommenen günstiger ist und den Betroffenen weniger
beeinträchtigt. Dies sei aber hier die dargelegte zweite
Alternative.
Auch
bei einem derartigen Verständnis der Textpassage handele
es sich jedoch um eine Behauptung tatsächlichen Inhalts, deren
Wahrheit nicht erwiesen sei. Dies wirke sich indessen nicht zu Lasten
des Beklagten aus. Eine in einer die Öffentlichkeit wesentlich
berührenden Angelegenheit aufgestellte, nicht erweislich
ehrenrührige Behauptung dürfe so lange nicht
untersagt werden, wie der Äußernde sie zur
Wahrnehmung berechtigter Interessen habe für erforderlich
halten dürfen (unter Hinweis auf BGHZ 132, 13
<23>). Die erforderliche Güterabwägung
ergebe hier, dass das Interesse des Beklagten an der
Äußerung überwiege. Die an eine
Recherchepflicht zu knüpfenden Anforderungen dürften
nicht überspannt werden. Dem Beklagten hätten nach
diversen Ermittlungen über die Rolle des
Beschwerdeführers keine weiteren Möglichkeiten offen
gestanden, substantiell Neues über die Rolle zu erkunden, die
der Beschwerdeführer in seinen Kontakten mit dem
Staatssicherheitsdienst gespielt hat.
Für
die Zulässigkeit der Äußerung
spreche auch, dass sie im politischen Meinungskampf in einer die
Öffentlichkeit wesentlich berührenden Frage gefallen
sei und deshalb zu Gunsten des Beklagten die Vermutung für die
Zulässigkeit der freien Rede spreche. Es komme hinzu, dass der
Beschwerdeführer selbst sich engagiert an der politischen
Auseinandersetzung beteiligt und sich damit aus eigenem Entschluss ins
Rampenlicht einer öffentlichen Diskussion gestellt habe,
für die von vornherein die Thematisierung der Rolle nicht fern
gelegen habe, die er mit seinen langjährigen Kontakten zum
Staatssicherheitsdienst gespielt habe. Schließlich habe der
Beklagte seine Äußerung nicht ohne jeden
Anhaltspunkt aufgestellt, sondern könne sich darauf
stützen, dass es auch gegen den Beschwerdeführer
sprechende Indizien gebe.
Der
Bundesgerichtshof sei an einer abschließenden
Entscheidung in der Sache nicht durch einen erstmals im
Revisionsverfahren gestellten Beweisantrag des
Beschwerdeführers gehindert, wonach der ehemalige
Bundeskanzler Helmut Schmidt während seiner Amtszeit den
Beschwerdeführer darum gebeten habe, mit dem
Staatssicherheitsdienst der Deutschen Demokratischen Republik Kontakt
aufzunehmen. Abgesehen davon, dass damit die Unwahrheit der konkreten
Behauptung des Beklagten nicht zu beweisen wäre, sei ein
solcher Beweisantrag in der Revisionsinstanz unzulässig.
Außerdem habe das Berufungsgericht von seinem Standpunkt aus
keine Veranlassung gehabt, auf ergänzenden Vortrag oder
Beweisanträge des Beschwerdeführers hinzuwirken.
II.
Der
Beschwerdeführer rügt die Verletzung des
allgemeinen Persönlichkeitsrechts (Art. 2 Abs. 1 in Verbindung
mit Art. 1 Abs. 1 GG) und von Verfahrensgrundrechten (Art. 2 Abs. 1 in
Verbindung mit Art. 20 Abs. 3, Art. 103 Abs. 1 GG).
Das
Urteil des Bundesgerichtshofs verletze sein allgemeines
Persönlichkeitsrecht, indem es auf einer Umdeutung der
Behauptung des Beklagten beruhe, für die es an jeglichem
Anhalt fehle. Die Umdeutung der "Tätigkeit im Dienste der
Staatssicherheit" in die Erteilung von Informationen, die dem
Staatssicherheitsdienst dienlich oder nützlich gewesen seien,
habe mit dem Wortlaut und Inhalt der Behauptungen des Beklagten nichts
mehr zu tun. Soweit der Bundesgerichtshof die danach angenommene
Tätigkeit als ein "Handeln der Sache nach wie ein
Beauftragter" oder "gleichsam als Beauftragter dienlich" bezeichne,
deute gerade dies ein Über- oder
Unterordnungsverhältnis oder ein Weisungsverhältnis
zur Staatssicherheit an.
Der
Bundesgerichtshof komme zu einer Umkehr der Beweislast aus der
Überlegung, es handele sich um eine die
Öffentlichkeit wesentlich berührende Angelegenheit.
Mit diesem Ansatzpunkt werde der Bereich der Freiheit der
Meinungsäußerung aus Art. 5 Abs. 1 GG weit
überzogen. Die Richtigkeit der Behauptungen des Beklagten sei
zwischen dem Beschwerdeführer und dem Beklagten im Streit. Die
durchgeführten Untersuchungen hätten keinerlei Beweis
für die Richtigkeit der Behauptung des Beklagten ergeben.
Deshalb könne objektiv von der Feststellung ausgegangen
werden, dass es für die Richtigkeit der Behauptungen des
Beklagten keine Beweise gebe. Die durch den Bundesgerichtshof
angesprochene Vermutungsregel zu Gunsten der freien
Meinungsäußerung spiele dann keine Rolle, wenn
Recherchen praktisch ausschieden, weil der Sachverhalt ermittelt sei.
Wolle der Beleidiger darüber hinausgehende Behauptungen
aufstellen, trage er das Risiko der Beweisbarkeit.
Die
Verfassungsbeschwerde rügt weiter die Verletzung des
rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 GG), verbunden mit einem
Verstoß gegen die Grundrechte des fairen Verfahrens und des
effektiven Rechtsschutzes (Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 20 Abs.
3 GG). Der Bundesgerichtshof habe aus seiner Umdeutung des Inhalts der
Angriffe des Beklagten auf eine Umkehr der Beweislast geschlossen und
sei damit zur Abweisung der Klage gelangt. Wegen der Abweichung von der
Rechtsauffassung des Berufungsgerichts habe er aber die Sache
zurückverweisen müssen, um dem Tatsachengericht
Gelegenheit zu geben, sich auf der Grundlage der vom Bundesgerichtshof
geschaffenen neuen tatsächlichen und rechtlichen Beurteilung
erneut mit der Sache zu befassen, insbesondere neuen
Beweisanträgen nachzugehen. Dies sei auch notwendig, weil im
Revisionsverfahren ein Beweisantrag unzulässig ist. Durch die
Handhabung des Bundesgerichtshofs sei dem Beschwerdeführer das
rechtliche Gehör genommen worden. Insbesondere sei es nicht zu
der von ihm beantragten Vernehmung des früheren Bundeskanzlers
Helmut Schmidt zu der Behauptung gekommen, dieser habe den
Beschwerdeführer persönlich gebeten, mit dem
Staatssicherheitsdienst Kontakt aufzunehmen.
III.
1.
Der Beklagte des Ausgangsverfahrens erachtet die
Äußerung für zulässig. Sie sei
Ausdruck seiner Besorgnis über die - seiner Auffassung nach -
mangelnde Eignung des Beschwerdeführers als
Ministerpräsident und beziehe sich auf etwas der Allgemeinheit
Bekanntes. Die Richtigkeit einer Tatsachenbehauptung, wonach der
Beschwerdeführer für den Staatssicherheitsdienst
tätig gewesen sei, sei nicht zu widerlegen und werde auch
durch neuere Pressemeldungen bestätigt. Danach fänden
sich in den Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes Hinweise nicht nur
auf eine wie immer geartete Tätigkeit, sondern auch auf eine
erfolgreiche Anwerbung des Beschwerdeführers.
2.
Der V. und der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs haben sich zu
der Verfassungsbeschwerde geäußert.
Der
VI. Zivilsenat hat darauf hingewiesen, dass die in seiner
Entscheidung enthaltene Abwägung der Meinungsfreiheit gegen
das allgemeine Persönlichkeitsrecht bereits Gegenstand
mehrerer Entscheidungen gewesen sei, die in der angegriffenen
Entscheidung auch zitiert seien.
Der
V. Zivilsenat hat ausgeführt, dass die Rüge der
Verletzung rechtlichen Gehörs ihm unbegründet
erscheine. Von einer möglichen Zurückverweisung zur
abschließenden Aufklärung des Sachverhalts habe der
VI. Zivilsenat ausweislich der Urteilserwägungen abgesehen,
weil er den Sachverhalt für aufgeklärt und den
Beweisantrag für unerheblich angesehen habe. Sei dies
zutreffend und lege der Beschwerdeführer keinen anderen
Sachvortrag dar, der ihm hierdurch abgeschnitten worden sei, habe kein
Anlass zur Zurückverweisung bestanden.
B.
Die
zulässige Verfassungsbeschwerde ist begründet.
I.
Das
Urteil des Bundesgerichtshofs verletzt das allgemeine
Persönlichkeitsrecht des Beschwerdeführers aus Art. 2
Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG.
1.
Die Entscheidung berührt den Schutzbereich des allgemeinen
Persönlichkeitsrechts des Beschwerdeführers.
a)
Das in Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG verankerte
allgemeine Persönlichkeitsrecht ergänzt die im
Grundgesetz normierten Freiheitsrechte und gewährleistet die
engere persönliche Lebenssphäre und die Erhaltung
ihrer Grundbedingungen (vgl.BVerfGE 54, 148 <153> ). Der
Inhalt dieses Rechts ist nicht allgemein und abschließend
umschrieben. Zu den anerkannten Inhalten gehören das
Verfügungsrecht über die Darstellung der eigenen
Person, die soziale Anerkennung sowie die persönliche Ehre
(vgl.BVerfGE 54, 148 <153 f.>; 99, 185
<193> ). Eine wesentliche Gewährleistung ist der
Schutz vor Äußerungen, die geeignet sind, sich
abträglich auf das Ansehen der Person, insbesondere ihr Bild
in der Öffentlichkeit, auszuwirken. Das allgemeine
Persönlichkeitsrecht schützt die Person insbesondere
vor verfälschenden oder entstellenden Darstellungen, die von
nicht ganz unerheblicher Bedeutung für die
Persönlichkeitsentfaltung sind (vgl.BVerfGE 97, 125
<148 f.>; 99, 185 <193 f.>).
b)
Der grundrechtliche Schutz des Persönlichkeitsrechts in
Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG bewirkt, dass der
Staat gehalten ist, den Einzelnen vor Gefährdungen dieses
Rechts durch Dritte zu schützen. Bei der Anwendung der diesem
Schutz dienenden zivilrechtlichen Normen haben die Gerichte die
grundrechtlichen Maßgaben zu beachten. Verfehlen sie diese,
so liegt darin nicht nur eine Verletzung objektiven Verfassungsrechts,
sondern auch ein Verstoß gegen die Grundrechte des
Betroffenen. Gerichtliche Entscheidungen, die
persönlichkeitsrelevante Aussagen zulassen, gegen die sich der
Betroffene mit der Begründung wehrt, sie seien falsch,
berühren daher das allgemeine Persönlichkeitsrecht
(vgl.BVerfGE 99, 185 <194 f.>).
So
liegt es hier. Der Bundesgerichtshof verneint den Anspruch des
Beschwerdeführers auf Unterlassung der
Äußerung, dieser habe als "IM-Sekretär"
über 20 Jahre im Dienste der Staatssicherheit gestanden. Die
Äußerung ist geeignet, das soziale und politische
Ansehen des Beschwerdeführers zu mindern. Die Entscheidung des
Bundesgerichtshofs berührt daher dessen allgemeines
Persönlichkeitsrecht.
2.
Durch das Urteil des Bundesgerichtshofs wird das allgemeine
Persönlichkeitsrecht des Beschwerdeführers verletzt.
Die dem Beschwerdeführer nachteilige
Äußerung des Beklagten ist nicht durch das
Grundrecht auf Meinungsfreiheit aus Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG gedeckt.
a)
Zivilrechtliche Grundlage zur Durchsetzung des allgemeinen
Persönlichkeitsrechts durch einen Anspruch auf Unterlassung
beeinträchtigender Äußerungen sind
§ 1004 Abs. 1 und § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit
§ 186 StGB. Die Belange der Meinungsfreiheit finden
demgegenüber vor allem in § 193 StGB Ausdruck, der
bei der Wahrnehmung berechtigter Interessen eine Verurteilung wegen
ehrverletzender Äußerungen ausschließt und
- vermittelt über § 823 Abs. 2 BGB, sonst seinem
Rechtsgedanken nach - auch im Zivilrecht zur Anwendung kommt
(vgl.BVerfGE 99, 185 <195 f.> ). Diese Vorschriften
tragen dem Umstand Rechnung, dass das allgemeine
Persönlichkeitsrecht nicht vorbehaltlos gewährleistet
ist. Nach Art. 2 Abs. 1 GG wird es durch die
verfassungsmäßige Ordnung einschließlich
der Rechte anderer beschränkt. Zu diesen Rechten
gehört auch die Freiheit der
Meinungsäußerung aus Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG. Auch
diese ist nicht vorbehaltlos garantiert. Sie findet nach Art. 5 Abs. 2
GG ihre Schranken unter anderem in den allgemeinen Gesetzen und in dem
Recht der persönlichen Ehre.
Bei
der Auslegung und Anwendung der zivilrechtlichen Vorschriften
müssen die zuständigen Gerichte die betroffenen
Grundrechte interpretationsleitend berücksichtigen, damit
deren wertsetzender Gehalt auch auf der Rechtsanwendungsebene gewahrt
bleibt (vgl.BVerfGE 7, 198 <205 ff.>; 85, 1,
<13> ; stRspr). Die Zivilgerichte verstehen das
allgemeine Persönlichkeitsrecht in verfassungsrechtlich nicht
zu beanstandender Weise als einen offenen Tatbestand, bei dem die
Feststellung einer rechtswidrigen Verletzung eine
ordnungsgemäße Abwägung voraussetzt (vgl.
BGHZ 45, 296 <307 f.>; 50, 133 <143 f.>;
73, 120 <124>). In Fällen der vorliegenden Art
ist eine Abwägung zwischen der Schwere der
Persönlichkeitsbeeinträchtigung durch die
Äußerung einerseits und der Einbuße an
Meinungsfreiheit durch die Untersagung der Äußerung
andererseits vorzunehmen. Im Zuge der Abwägung sind die
grundrechtlichen Vorgaben zu berücksichtigen.
Maßgebend wird dabei eine Reihe von
Prüfungsgesichtspunkten und Vorzugsregeln, die in der
Rechtsprechung entwickelt worden sind, um eine
größtmögliche Wahrung der beiderseitigen
grundrechtlichen Positionen und Interessen bei der Beurteilung und
Entscheidung über Fälle von
Meinungsäußerungen zu ermöglichen
(vgl.BVerfGE 61, 1 <8 ff.>; 85, 1 <14 ff.>;
93, 266 <293 ff.>; 99, 185 <196 ff.> ). Das
Ergebnis dieser Abwägung lässt sich wegen der
Abhängigkeit von den Umständen des Einzelfalls nicht
generell und abstrakt vorausbestimmen.
b)
Weichenstellend für die Prüfung einer
Grundrechtsverletzung ist die Erfassung des Inhalts der Aussage,
insbesondere die Klärung, in welcher Hinsicht sie ihrem
objektiven Sinn nach das Persönlichkeitsrecht des
Beschwerdeführers beeinträchtigt.
Maßgeblich für die Deutung ist weder die subjektive
Absicht des sich Äußernden noch das subjektive
Verständnis der von der Äußerung
Betroffenen, sondern der Sinn, den sie nach dem Verständnis
eines unvoreingenommenen und verständigen
Durchschnittspublikums hat (vgl.BVerfGE 93, 266 <295>;
BGHZ 95, 212 <215>; 132, 13 <19>). Fern
liegende Deutungen sind auszuscheiden (vgl. BVerfGE 93, 266
<296> ). Ist der Sinn unter Zugrundelegung dieses
Maßstabs eindeutig, ist er der weiteren Prüfung zu
Grunde zu legen. Zeigt sich aber, dass ein unvoreingenommenes und
verständiges Publikum die Äußerung als
mehrdeutig wahrnimmt oder verstehen erhebliche Teile des Publikums den
Inhalt jeweils unterschiedlich, ist bei der weiteren Prüfung
von einem mehrdeutigen Inhalt auszugehen.
Vorliegend
hat der Bundesgerichtshof Mehrdeutigkeit angenommen. Er hat
seiner Entscheidung jedoch die vom Bundesverfassungsgericht zur
Überprüfung von straf- und zivilrechtlichen
Sanktionen wegen in der Vergangenheit erfolgter mehrdeutiger
Meinungsäußerungen entwickelten
Maßstäbe zu Grunde gelegt, ohne zu
berücksichtigen, dass sie auf Ansprüche auf
Unterlassung zukünftiger Äußerungen nicht
in gleicher Weise anwendbar sind. Daher ist schon der Ausgangspunkt der
rechtlichen Bewertung verfehlt (aa). Auch die auf dieser Grundlage vom
Bundesgerichtshof vorgenommene Abwägung widerspricht den
verfassungsrechtlichen Anforderungen (bb).
aa)
(1) Das Bundesverfassungsgericht geht bei der
Überprüfung von straf- oder zivilrechtlichen
Sanktionen wegen in der Vergangenheit erfolgter
Meinungsäußerungen von dem Grundsatz aus, dass die
Meinungsfreiheit verletzt wird, wenn ein Gericht bei mehrdeutigen
Äußerungen die zu einer Verurteilung
führende Bedeutung zu Grunde legt, ohne vorher mit
schlüssigen Gründen Deutungen ausgeschlossen zu
haben, welche die Sanktion nicht zu rechtfertigen vermögen
(vgl.BVerfGE 82, 43 <52>; 93, 266 <295
ff.>; 94, 1 <9> ). Lassen Formulierungen oder die
Umstände der Äußerung eine nicht das
Persönlichkeitsrecht verletzende Deutung zu, so
verstößt ein Strafurteil oder ein die Verurteilung
zum Schadensersatz, zum Widerruf oder zur Berichtigung aussprechendes
zivilgerichtliches Urteil nach dieser Rechtsprechung gegen Art. 5 Abs.
1 Satz 1 GG (vgl.BVerfGE 43, 130 <136>; 93, 266
<296> - zur strafrechtlichen Verurteilung -; BVerfGE 85,
1 <18>; 86, 1 <11 f.> - zur
zivilrechtlichen Verurteilung). Müsste der sich
Äußernde befürchten, wegen einer Deutung,
die den gemeinten Sinn verfehlt, mit staatlichen Sanktionen belegt zu
werden, würden über die Beeinträchtigung der
individuellen Meinungsfreiheit hinaus negative Auswirkungen auf die
generelle Ausübung des Grundrechts der Meinungsfreiheit
eintreten. Eine staatliche Sanktion könnte in einem solchen
Fall wegen ihrer einschüchternden Wirkung die freie Rede,
freie Information und freie Meinungsbildung empfindlich
berühren und damit die Meinungsfreiheit in ihrer Substanz
treffen (vgl.BVerfGE 43, 130 <136> 54, 129
<136> 94, 1 <9>).
(2)
Ein gleicher Schutzbedarf für die individuelle
Grundrechtsausübung und die Funktionsfähigkeit des
Meinungsbildungsprozesses besteht indessen nicht bei gerichtlichen
Entscheidungen über die Unterlassung zukünftiger
Äußerungen. Hier ist im Rahmen der rechtlichen
Zuordnung von Meinungsfreiheit und Persönlichkeitsschutz zu
berücksichtigen, dass der Äußernde die
Möglichkeit hat, sich in der Zukunft eindeutig
auszudrücken und damit zugleich klarzustellen, welcher
Äußerungsinhalt der rechtlichen Prüfung
einer Verletzung des Persönlichkeitsrechts zu Grunde zu legen
ist. An diesen Inhalt werden die für die Abwägung bei
Persönlichkeitsbeeinträchtigungen durch Werturteile
oder Tatsachenbehauptungen in der Rechtsprechung entwickelten
Prüfkriterien und
Abwägungsmaßstäbe angelegt. Handelt es sich
bei der Äußerung um eine Tatsachenbehauptung, wird
entscheidend, ob der Wahrheitsbeweis gelingt. Bei Werturteilen wird
maßgebend, ob sie als Schmähung, Formalbeleidigung
oder Verletzung der Menschenwürde anzusehen und deshalb zu
unterlassen sind oder, wenn dies zu verneinen ist, ob sie im Rahmen
einer Abwägung dem Persönlichkeitsschutz vorgehen
(vgl.BVerfGE 90, 241 <248 f.>; 93, 266 <293
f.>).
Ist
der Äußernde nicht bereit, der Aussage einen
eindeutigen Inhalt zu geben, besteht kein verfassungsrechtlich
tragfähiger Grund, von einer Verurteilung zum Unterlassen nur
deshalb abzusehen, weil die Äußerung mehrere
Deutungsvarianten zulässt, darunter auch solche, die zu keiner
oder nur einer geringeren Persönlichkeitsverletzung
führen. Der Abwägung mit dem
Persönlichkeitsrecht sind vielmehr alle nicht entfernt
liegenden Deutungsvarianten zu Grunde zu legen, die dieses Recht
beeinträchtigen. Dem Äußernden steht es
frei, sich in Zukunft eindeutig zu äußern und - wenn
eine persönlichkeitsverletzende Deutungsvariante nicht dem von
ihm beabsichtigten Sinn entspricht - klarzustellen, wie er seine
Aussage versteht. Eine auf Unterlassung zielende Verurteilung des
Zivilgerichts kann der Äußernde nach der
Rechtsprechung vermeiden, wenn er eine ernsthafte und inhaltlich
ausreichende Erklärung abgibt, die mehrdeutige
Äußerung, der eine Aussage mit dem
persönlichkeitsverletzenden Inhalt entnommen werden kann,
nicht oder nur mit geeigneten Klarstellungen zu wiederholen (allgemein
zur Abwendung der Verurteilung zur Unterlassung vgl. BGHZ 14, 163
<167>; 78, 9 <20>; BGH, NJW 1994, 1281
<1283>; Burkhardt, in: Wenzel, Das Recht der Wort- und
Bildberichterstattung, 5. Aufl. 2003, Kap. 12 Rn. 20 f.).
Anders
als bei straf- oder zivilrechtlichen Sanktionen, die
nachträglich an eine schon gefallene
Äußerung anknüpfen, ist ein den Prozess
freier Meinungsäußerung und -bildung
beeinträchtigender Einschüchterungseffekt durch diese
Anforderungen an den sich Äußernden nicht zu
erwarten. Sein Selbstbestimmungsrecht über den Inhalt der
Äußerung bleibt gewahrt. Zugleich wird der Schutz
des Persönlichkeitsrechts des nachteilig Betroffenen
gewährleistet. Der Äußernde kann sein
Äußerungsanliegen in freier Selbstbestimmung in
einer das Persönlichkeitsrecht nicht verletzenden Art und
Weise weiterverfolgen. Sieht er sich dazu nicht in der Lage, trifft er
auf die im Persönlichkeitsschutz begründete Schranke
der Meinungsäußerungsfreiheit.
(3)
Der Bundesgerichtshof hat der vom Beschwerdeführer und vom
Berufungsgericht zu Grunde gelegten Deutungsvariante eine andere
gegenübergestellt und die rechtliche Beurteilung der
Persönlichkeitsverletzung allein an ihr vorgenommen. Dadurch
hat er seine Entscheidung nicht an den für
Unterlassungsansprüche maßgebenden
Grundsätzen ausgerichtet.
Der
Beschwerdeführer und das Berufungsgericht verstehen die
Aussage des Beklagten als Behauptung, er habe auf Grund einer
ausdrücklichen oder konkludenten
Verpflichtungserklärung im Auftrag des
Staatssicherheitsdienstes gearbeitet und Informationen über
Dritte an diesen als "Dienstherrn" zu dessen Nutzen weitergegeben. Der
Bundesgerichtshof hält diese Auslegung zwar für
vertretbar, hat aber als weitere Deutungsvariante angenommen, die
Äußerung enthalte die Aussage, der
Beschwerdeführer habe dem Staatssicherheitsdienst Dienste
geleistet, indem er diesem im Rahmen seiner zu ihm bestehenden Kontakte
entsprechend dessen Erwartungen Informationen über Dritte oder
bestimmte Vorgänge geliefert habe; hierbei habe er in Kenntnis
dessen, dass diese Informationen dem Staatssicherheitsdienst dienlich,
also nützlich gewesen seien, der Sache nach wie ein
Beauftragter gehandelt. Dieses Verständnis der
Äußerung lasse sich jedenfalls nicht
ausschließen.
Der
Bundesgerichtshof hat diese Deutungsvariante in Anwendung der vom
Bundesverfassungsgericht für straf- und zivilrechtliche
Sanktionen entwickelten Rechtsprechung auch für den
streitgegenständlichen Unterlassungsanspruch zu Grunde gelegt.
Damit hat er dem Unterschied zivilrechtlicher Ansprüche auf
Unterlassung zukünftiger Äußerungen
gegenüber straf- oder zivilrechtlichen Sanktionen für
eine in der Vergangenheit erfolgte Äußerung nicht
Rechnung getragen. Der Prüfung hätte die das
Persönlichkeitsrecht stärker verletzende
Deutungsvariante zu Grunde gelegt werden müssen. Bereits wegen
des unzutreffend gewählten Ausgangspunkts sind die hier
maßgeblichen verfassungsrechtlichen Anforderungen verfehlt
worden.
bb)
Die unzutreffende Wahl des Ausgangspunkts der Prüfung hat
sich zum Nachteil des Beschwerdeführers auf die
Abwägung der betroffenen Rechtsgüter ausgewirkt.
Diese entspricht auch im Übrigen den verfassungsrechtlichen
Anforderungen nicht in jeder Hinsicht.
(1)
Die Aussage, der Beschwerdeführer habe als
"IM-Sekretär" im Dienste des Staatssicherheitsdienstes
gestanden, ist - wie auch der Bundesgerichtshof feststellt - eine
schwerwiegende Persönlichkeitsverletzung. Da es sich um eine
Tatsachenbehauptung handelt, ist sie dem Wahrheitsbeweis
zugänglich.
Beweisbelastet
für die Richtigkeit einer
persönlichkeitsverletzenden Tatsachenbehauptung ist nach der
fachrichterlichen Rechtsprechung derjenige, der sie aufstellt (vgl.
BGHZ 132, 13 <23>). Dies entspricht auch dem
Rechtsgedanken des § 186 StGB, dessen Anwendung im
Äußerungsrecht verfassungsrechtlich nicht zu
beanstanden ist. Für die Verbreitung unwahrer
Tatsachenbehauptungen gibt es in der Regel keinen rechtfertigenden
Grund (vgl.BVerfGE 61, 1 <8>; 94, 1 <8>;
99, 185 <197> ). Grundsätzlich tritt die
Meinungsfreiheit daher bei Tatsachenbehauptungen, die bewusst unwahr
oder erwiesenermaßen falsch sind, hinter das
Persönlichkeitsrecht zurück (vgl.BVerfGE 85, 1
<17>).
Nach
den Feststellungen des Oberlandesgerichts ist die Wahrheit oder
Unwahrheit im Hinblick auf die von ihm zu Grunde gelegte, dem Beklagten
ungünstigere Deutungsvariante nicht feststellbar. Nach
Auffassung des Bundesgerichtshofs ist der Wahrheitsbeweis ebenso wenig
für die dem Beklagten günstigere Deutung seiner
Äußerung erbracht. Es war somit bei jeder der
Deutungsvarianten von einem "non liquet" auszugehen.
Für
die Verbreitung von Tatsachenbehauptungen, deren
Wahrheitsgehalt nicht endgültig festgestellt werden kann,
prüft die Rechtsprechung der Zivilgerichte den Ausgleich
zwischen den Anforderungen der Meinungsfreiheit und den Belangen des
Persönlichkeitsschutzes daran, ob der
Äußernde die Anforderungen erfüllt hat, die
bei der Verbreitung von Tatsachenbehauptungen ungeklärten
Wahrheitsgehalts an eine Rechtfertigung durch Wahrnehmung berechtigter
Interessen (§ 193 StGB) zu stellen sind (vgl. BGH, NJW 1987,
S. 2225 <2226> m.w.N.). Jedenfalls in Fällen, in
denen es um eine die Öffentlichkeit wesentlich
berührende Angelegenheit geht, kann nach dieser Rechtsprechung
auch eine möglicherweise unwahre Behauptung demjenigen, der
sie aufstellt oder verbreitet, so lange nicht untersagt werden, wie er
vor der Aufstellung und Verbreitung seiner Behauptung hinreichend
sorgfältige Recherchen über den Wahrheitsgehalt
angestellt hat (vgl. BGHZ 132, 13 <23 f.>).
Gegen
die Entwicklung derartiger Pflichten bestehen
verfassungsrechtlich keine Einwände, sofern der Umfang dieser
Sorgfaltspflichten von den Fachgerichten im Einklang mit den
grundgesetzlichen Anforderungen bemessen wird (vgl.BVerfGE 99, 185
<198> ). Die Fachgerichte dürfen deshalb
einerseits an die Wahrheitspflicht im Interesse der Meinungsfreiheit
keine Anforderungen stellen, die die Bereitschaft zum Gebrauch des
Grundrechts herabsetzen und so auf die Meinungsfreiheit insgesamt
einschnürend wirken können (vgl.BVerfGE 54, 208
<219 f.>; 85, 1 <17> ). Sie haben
andererseits aber auch zu berücksichtigen, dass die
Wahrheitspflicht Ausdruck der Schutzpflicht ist, die aus dem
allgemeinen Persönlichkeitsrecht folgt (vgl.BVerfGE 12, 113
<130>; 99, 185 <198> ). Liegt ein
schwerwiegender Eingriff in das Persönlichkeitsrecht vor, sind
deshalb hohe Anforderungen an die Erfüllung der
Sorgfaltspflicht zu stellen (vgl. BGHZ 95, 212 <220>;
132, 13 <24>). Diese sind verletzt, wenn sich der
Äußernde selektiv und ohne dass dies für
die Öffentlichkeit erkennbar wäre, allein auf dem
Betroffenen nachteilige Anhaltspunkte stützt und hierbei
verschweigt, was gegen die Richtigkeit seiner Behauptung spricht
(vgl.BVerfGE 12, 113 <130 f.>; BGHZ 31, 308
<318>).
(2)
Diesen Anforderungen des allgemeinen Persönlichkeitsrechts
ist der Bundesgerichtshof bei der Bemessung des Umfangs der Wahrheits-
und Sorgfaltspflicht des Beklagten nicht einmal von seinem eigenen
Ausgangspunkt her bei der minder eingriffsintensiven Deutung der in
Frage stehenden Äußerung gerecht geworden. Erst
recht sind sie nicht bei der vorliegend maßgebenden
Deutungsvariante erfüllt.
Zu
Unrecht beruft sich der Bundesgerichtshof auf die Rechtsprechung des
Bundesverfassungsgerichts, wenn er meint, der Beschwerdeführer
müsse die nicht erwiesene Behauptung schon deshalb auch
für die Zukunft hinnehmen, weil diese eine Stellungnahme in
einer die Öffentlichkeit wesentlich berührenden
Angelegenheit betreffe. Auch bei solchen Äußerungen
sind die schon erwähnten Sorgfaltsanforderungen zur Sicherung
des grundrechtlichen Schutzanspruchs zu beachten. Diese sind vorliegend
nicht schon dadurch erfüllt, dass dem Beklagten keine
Nachforschungen möglich waren, die über den bereits
allgemein bekannten Kenntnisstand hinausführten.
Das
Bundesverfassungsgericht hat zwar anerkannt, dass der dem
Äußernden neben seiner Wahrheits- und
Sorgfaltspflicht obliegenden erweiterten Darlegungslast für
ehrenrührige Behauptungen durch den Verweis auf
unwidersprochene Pressemitteilungen genügt werden kann
(vgl.BVerfGE 85, 1 <21 ff.>). Jedoch gilt dies nur, wenn
diese Presseberichte zur Stützung der aufgestellten Behauptung
geeignet sind (vgl. BVerfGE 99, 185 <199> ). Ist dem
Äußernden bekannt, dass die Richtigkeit der
verbreiteten Behauptung in Frage gestellt ist, so kann er sich auf
diese Berichterstattung nicht stützen (vgl. BVerfG, 1. Kammer
des Ersten Senats, Beschluss vom 23. Februar 2000 - 1 BvR 456/95 -,
NJW-RR 2000, S. 1209 <1211>). Die Wahrheitspflicht geht
somit über die Verpflichtung hinaus, die dem
Äußernden offen stehenden
Nachforschungsmöglichkeiten auszuschöpfen. Der
Äußernde muss kenntlich machen, wenn von ihm
verbreitete Behauptungen durch das Ergebnis seiner Nachforschungen
nicht gedeckt sind. Eine nach seinem Kenntnisstand umstrittene oder
zweifelhafte Tatsache darf er nicht als feststehend hinstellen
(vgl.BVerfGE 12, 113 <130 f.> ; BVerfG, 1. Kammer des
Ersten Senats, Beschluss vom 23. Februar 2000 - 1 BvR 456/95 -, NJW-RR
2000, S. 1209 <1211>; BGHZ 132, 13 <24>).
Vorliegend
war die Art der Tätigkeit des
Beschwerdeführers im Kontakt mit dem Staatssicherheitsdienst
selbst für die vom Bundesgerichtshof gefundene weniger
eingriffsintensive Deutungsvariante streitig. Die auch von
öffentlichen Stellen verbreiteten Aussagen hierzu waren ebenso
wie die Medienberichterstattung kontrovers. Zu beurteilen war nicht die
Verbreitung einer konkreten Tatsachenbehauptung auf Grund einer in den
Medien unwidersprochen verbreiteten Meldung, sondern die selektive
Darstellung allein einer bestimmten Sicht auf die bekannten Tatsachen
als zutreffend. Über deren Richtigkeit aber herrschte Streit.
Von
dem Äußernden ist im Interesse des
Persönlichkeitsschutzes des Betroffenen zu verlangen, dass er
dann, wenn er sich eine bestimmte, das Persönlichkeitsrecht
verletzende Sicht auf bekannte Tatsachen zu Eigen macht, zum Ausdruck
bringt, dass diese Sicht umstritten und der Sachverhalt nicht wirklich
aufgeklärt ist. Steht die Wahrheit nicht fest und
lässt sie sich auch nicht mit hinreichender Sorgfalt
ermitteln, hat der Äußernde jedenfalls Sorgfalt auf
die Wiedergabe des Kenntnisstandes zu verwenden. Hiervon war der
Beklagte auch nicht schon wegen der durch den Bundesgerichtshof
angeführten Erwägung entbunden, der
Beschwerdeführer habe sich aus eigenem Entschluss in das
Rampenlicht der Öffentlichkeit begeben und der Beklagte habe
seine Behauptung nicht etwa ohne jeden Anhaltspunkt aufgestellt, wie
die bekannten Indizien über die Kontakte des
Beschwerdeführers mit dem Staatssicherheitsdienst zeigten. Es
führt nicht zu einer mit der Vermutung für die
Zulässigkeit der freien Rede unvereinbaren
Überspannung der Wahrheitspflicht des Beklagten, wenn dieser,
falls er künftig erneut Stellung nehmen will, offen legen
muss, dass eine gesicherte Tatsachengrundlage für die von ihm
aufgestellte Behauptung fehlt.
II.
Die
weiteren Rügen des Beschwerdeführers sind
unbegründet.
Die
Ansprüche auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs.1
GG), auf effektiven Rechtsschutz und auf ein faires Verfahren (Art. 2
Abs. 1 in Verbindung mit Art. 20 Abs. 3 GG) sind nicht dadurch verletzt
worden, dass der Bundesgerichtshof die Sache nicht an die
Tatsacheninstanz zurückverwiesen hat, um dem
Beschwerdeführer Gelegenheit zu geben, Beweisanträge
zu der vom Bundesgerichtshof seiner Entscheidung zu Grunde gelegten
Deutung der Äußerung zu stellen. Insbesondere ist
der Beschwerdeführer nicht dadurch in seinen
Verfahrensgrundrechten verletzt worden, dass es nicht zu einer
Vernehmung des früheren Bundeskanzlers Helmut Schmidt zu der
Behauptung gekommen ist, dieser habe den Beschwerdeführer
persönlich gebeten, mit dem Staatssicherheitsdienst Kontakt
aufzunehmen. Es ist schon nicht erkennbar, dass dieser oder ein
ähnlicher Beweisantrag zur hinreichenden Aufklärung
des Verhältnisses zwischen dem Staatssicherheitsdienst und dem
Beschwerdeführer führen kann.
III.
Es
kann nicht ausgeschlossen werden, dass der Bundesgerichtshof zu
einem anderen Ergebnis gelangt wäre, wenn er seiner
Prüfung die den Beschwerdeführer stärker
belastende Deutung der Äußerung zu Grunde gelegt und
die zum Schutz des Persönlichkeitsrechts des
Beschwerdeführers gebotenen Anforderungen an die
Wahrheitspflicht des Beklagten gestellt hätte. Die
angegriffene Entscheidung ist daher aufzuheben und die Sache an den
Bundesgerichtshof zurückzuverweisen (§ 95 Abs. 2
BVerfGG).
Die
Kostenentscheidung beruht auf § 34 a Abs. 2 BVerfGG.
Papier
Haas Hömig
Steiner
Hohmann-Dennhardt Hoffmann-Riem
Bryde Gaier