Im Namen des Volkes
Urteil
in
dem Verfahren wegen verfassungsrechtlicher Prüfung des
§2 Nr. 3 des
Gesetzes über die Durchführung einer
Repräsentativstatistik der
Bevölkerung und des Erwerbslebens (Mikrozensus) vom 16.
März 1957 -
BGBl. I S. 213 - in der Fassung des Gesetzes vom 5. Dezember 1960 -
BGBl. I S. 873 - Aussetzung und Vorlagebeschluß des
Amtsgerichts
Fürstenfeldbruck vom 30. Oktober 1963 - Gs. 168/63 -.
Entscheidungsformel
§ 1 und § 2 Nummer 3 des Gesetzes über die
Durchführung einer
Repräsentativstatistik der Bevölkerung und des
Erwerbslebens
(Mikrozensus) vom 16. März 1957 (Bundesgesetzbl. I S. 213) in
der
Fassung des Gesetzes vom 5. Dezember 1960 (Bundesgesetzbl. I S. 873)
waren mit dem Grundgesetz vereinbar, soweit bestimmt wurde,
daß für die
in § 1 des Gesetzes angeordnete Statistik auf
repräsentativer Grundlage
die Tatbestände Urlaubs- und Erholungsreisen erfaßt
werden.
Gründe:
A.
Das Gesetz über die Durchführung einer
Repräsentativstatistik der
Bevölkerung und des Erwerbslebens (Mikrozensus) vom 16.
März 1957
(BGBl. I S. 213) - Mikrozensusgesetz - bestimmte in der für
das
vorliegende Verfahren maßgebenden Fassung des Gesetzes vom 5.
Dezember
1960 (BGBl. I S. 873) u.a. folgendes:
§
1
Im Geltungsbereich dieses Gesetzes wird in den Jahren 1956 bis
einschließlich 1962 eine Statistik der Bevölkerung
und des
Erwerbslebens auf repräsentativer Grundlage (Mikrozensus)
vierteljährlich als Bundesstatistik durchgeführt, und
zwar einmal
jährlich mit einem Auswahlsatz von 1 vom Hundert und dreimal
jährlich
mit einem Auswahlsatz von 0,1 vom Hundert der Bevölkerung.
§ 2
Für diese Statistik werden folgende Tatbestände
erfaßt:
1. Anzahl und Namen der zur Haushaltung gehörenden Personen,
deren
Geschlecht, Alter, Stellung zum Haushaltsvorstand, Familienstand,
Kinderzahl, Staatsangehörigkeit, Vertriebenen
(Flüchtlings-)eigenschaft, Wohnsitz und
Wohnsitzveränderungen,
Körperbehinderung und ihre Ursachen, landwirtschaftliche
Nutzfläche der
Haushaltung;
2. Beteiligung oder Nichtbeteiligung am Erwerbs- und Berufsleben,
insbesondere Beschäftigung und Arbeitslosigkeit, Beruf,
Arbeitsstätte,
beschäftigte Arbeitskräfte, Arbeitszeit und
Versicherungsschutz;
3. Urlaubs- und Erholungsreisen, Einkommenslage, bei
erwerbstätigen
Müttern Betreuung der Kinder. Diese Tatbestände
werden während der
Geltungsdauer dieses Gesetzes nur einmal erhoben.
Die Bestimmung des § 2 Nr. 3 ist durch Art. 1 Abs. 2 Nr. 2 des
Gesetzes
zur Änderung des Gesetzes über die
Durchführung einer
Repräsentativstatistik der Bevölkerung und des
Erwerbslebens
(Mikrozensus) vom 5. Dezember 1960 (BGBl. I S. 873) eingefügt
worden.
Auf diese Befragung fand das Gesetz über die Statistik
für Bundeszwecke
vom 3. September 1953 (BGBl. I S. 1314) - StatG - Anwendung. Danach
bestand eine Verpflichtung zur Beantwortung der angeordneten Fragen
(§
10 Abs. 1 StatG). Wer dieser Pflicht vorsätzlich oder
fahrlässig nicht
nachkam, beging eine Ordnungswidrigkeit, die mit einer
Geldbuße bis zu
zehntausend Deutsche Mark geahndet werden konnte (§ 14 StatG).
B.
-- I.
1. Die Betroffene des Ausgangsverfahrens wohnt in einem Gebiet, das
nach einem statistisch-mathematischen Verfahren ermittelt worden ist
und dessen sämtliche Bewohner nach dem Mikrozensusgesetz zu
befragen
sind. Sie weigerte sich, die Beauftragten des Bayerischen Statistischen
Landesamtes zu empfangen und alle 60 Fragen zu beantworten, die in
einem weißen Fragebogen und in einem gelben
Ergänzungsfragebogen
niedergelegt waren. Auf Antrag des Bayerischen Statistischen
Landesamtes setzte darauf das Landratsamt Fürstenfeldbruck
durch
Bußgeldbescheid gegen sie eine Geldbuße von 100 DM
gemäß § 14 StatG
fest. Die Betroffene beantragte gerichtliche Entscheidung. Durch
Beschluß vom 30. Oktober 1963 - Gs 168/63 - hat das
Amtsgericht
Fürstenfeldbruck die Sache ausgesetzt und dem
Bundesverfassungsgericht
zur Entscheidung darüber vorgelegt, ob Art. 1 Abs. 2 Nr. 2 des
Änderungsgesetzes vom 5. Dezember 1960 mit dem Grundgesetz
vereinbar
ist.
2. Zur Begründung der Vorlage hat das Amtsgericht
ausgeführt: Die
Bestimmung des Art. 1 Abs. 2 Nr. 2 des Änderungsgesetzes vom
5.
Dezember 1960 widerspreche Art. 1 und Art. 2 GG
insoweit, als die Auskunftspersonen zu Angaben über Urlaubs-
und
Erholungsreisen verpflichtet seien. Die Beantwortung der in Ziffer 48
des weißen Fragebogens und Ziffer 1 bis 6 des gelben
Ergänzungsfragebogens enthaltenen Fragen über die
Urlaubs- und
Erholungsreisen sei Pflicht. Derartige Fragen über das
Unternehmen
einer Urlaubsreise, ihre Dauer und ihr Ziel mit genauer Angabe des
Ortes und des Beförderungsmittels verletzten die
Intimsphäre der
Befragten. Im anhängigen Bußgeldverfahren sei es
für die Festsetzung
der Höhe der Geldbuße von Bedeutung, ob eine
Verpflichtung zur
Beantwortung aller Punkte der beiden Fragebogen bestanden habe oder
nicht.
3. Die von der Betroffenen des Ausgangsverfahrens zu dem Tatbestand
"Urlaubs- und Erholungsreisen" zu beantwortenden Fragen lauteten:
Wer
hat eine Urlaubs- und Erholungsreise von 5 und mehr Tagen, auch wenn in
Verbindung mit einer Geschäftsreise, unternommen,
a) in der Zeit vom 1. 10. 1961 bis zum 30. 9. 1962 und/oder
b) vor dem 1. 10. 1961?
Welche Haushaltsmitglieder haben an einer Reise teilgenommen?
Welcher Art war die Reise? (Einzel-[Privat-]reise, Einzelpauschalreise,
Gesellschaftsreise, Verschickung)
Wann wurde die Reise begonnen und wie lange hat sie gedauert?
Wo wurde überwiegend Aufenthalt (im Inland oder Ausland)
genommen?
(Inland: Angabe des Aufenthaltsorts; Ausland: Angabe des bereisten
Staates)
Welches Verkehrsmittel wurde auf der Hin- und Rückreise
vorwiegend benutzt?
Welche Unterkunftsart wurde vorwiegend in Anspruch genommen?
(Beherbergungsbetrieb, Privatquartier gegen Entgelt, Unterkunft ohne
Entgelt (Verwandte, Bekannte), Kuranstalt und Sanatorium, Ferien- und
Erholungsheim, Kinderheim, Camping- und Zeltplatz, Jugendherberge).
II.
Der Bundesminister des Innern hält die zur Prüfung
gestellte Regelung für verfassungsgemäß.
Eine Befragung verletze allenfalls dann die durch Art. 1 Abs. 1, Art. 2
Abs. 1 GG
geschützte Intimsphäre, wenn ihr Umfang über
das durch einen legitimen
Befragungszweck gedeckte Maß hinausgehe oder ihr Ergebnis
für andere
als statistische Zwecke verwendet werde. Überwiege das
staatliche
Interesse das des Einzelnen an der Störungsfreiheit seines
Bereiches,
so werde insbesondere das Recht auf freie Entfaltung der
Persönlichkeit
nicht verletzt.
An der Befragung über die Urlaubs- und Erholungsreisen bestehe
ein
besonderes öffentliches Interesse. Demgegenüber sei
der mit der
Erhebungsaktion verbundene Eingriff in die Intimsphäre des
Betroffenen
minimal.
C.
- I.
Die Vorlage ist zulässig.
1. Das Amtsgericht hat die Entscheidungserheblichkeit ausreichend
dargelegt. Dem Zusammenhang des Vorlagebeschlusses
läßt sich entnehmen,
daß das Gericht bei Verfassungswidrigkeit der zur
Prüfung gestellten
Norm eine niedrigere Geldbuße festsetzen will als bei ihrer
Verfassungsmäßigkeit.
2. Der durch Art. 1 Abs. 2 Nr. 2 des Gesetzes vom 5. Dezember 1960
eingefügte § 2 Nr. 3 des Mikrozensusgesetzes
läßt sich in dem
Tatbestand "Urlaubs- und Erholungsreisen" sowohl nach Inhalt als auch
in seinem rechtlichen Gehalt nur in Verbindung mit § 1 des
Mikrozensusgesetzes erfassen, der zu diesem Befragungstatbestand die
Erhebungsart eines Mikrozensus (Repräsentativbefragung)
festlegte. Das
bedeutet, daß auch diese Vorschrift auf ihre Vereinbarkeit
mit dem
Grundgesetz insoweit überprüft werden muß,
als wegen dieses engen
Zusammenhanges die Frage nach der Gültigkeit des § 2
Nr. 3 des Gesetzes
nicht ohne Berücksichtigung der Erhebungsart beantwortet
werden kann
(vgl. BVerfGE 3, 208 [211]; 15, 80 [101]). Das Amtsgericht hat in
seinem Vorlagebeschluß die Bestimmung des § 1 des
Mikrozensusgesetzes
nicht ausdrücklich herangezogen. Das hindert das
Bundesverfassungsgericht jedoch nicht daran, auch diese Vorschrift in
dem bezeichneten Umfang als zur Prüfung vorgelegt anzusehen
(BVerfGE
12, 151 [163]) und die in der Vorlage gestellte Rechtsfrage genauer
dahin zu bestimmen, daß § 1 und § 2 Nr. 3
des Mikrozensusgesetzes auf
ihre Vereinbarkeit mit dem Grundgesetz zu prüfen sind, soweit
bestimmt
wurde, daß für die in § 1 des Gesetzes
angeordnete Statistik auf
repräsentativer Grundlage die Tatbestände "Urlaubs-
und
Erholungsreisen" erfaßt werden.
II.
Die angeordnete Repräsentativbefragung zu dem Tatbestand
"Urlaubs- und
Erholungsreisen" verstieß weder gegen Art. 1 Abs. 1 und Art.
2 Abs. 1
GG noch gegen andere Bestimmungen des Grundgesetzes.
1. a) Nach Art. 1 Abs. 1 GG ist die Würde des Menschen
unantastbar und
muß von aller staatlichen Gewalt geachtet und
geschützt werden.
In der Wertordnung des Grundgesetzes ist die Menschenwürde der
oberste
Wert (BVerfGE 6, 32 [41]). Wie alle Bestimmungen des Grundgesetzes
beherrscht dieses Bekenntnis zu der Würde des Menschen auch
den Art. 2
Abs. 1 GG. Der Staat darf durch keine Maßnahme, auch nicht
durch ein
Gesetz, die Würde des Menschen verletzen oder sonst
über die in Art. 2
Abs. 1 GG
gezogenen Schranken hinaus die Freiheit der Person in ihrem
Wesensgehalt antasten. Damit gewährt das Grundgesetz dem
einzelnen
Bürger einen unantastbaren Bereich privater Lebensgestaltung,
der der
Einwirkung der öffentlichen Gewalt entzogen ist (BVerfGE 6, 32
[41],
389 [433]).
b) Im Lichte dieses Menschenbildes kommt dem Menschen in der
Gemeinschaft ein sozialer Wert- und Achtungsanspruch zu. Es
widerspricht der menschlichen Würde, den Menschen zum
bloßen Objekt im
Staat zu machen (vgl. BVerfGE 5, 85 [204]; 7, 198 [205]). Mit der
Menschenwürde wäre es nicht zu vereinbaren, wenn der
Staat das Recht
für sich in Anspruch nehmen könnte, den Menschen
zwangsweise in seiner
ganzen Persönlichkeit zu registrieren und zu katalogisieren,
sei es
auch in der Anonymität einer statistischen Erhebung, und ihn
damit wie
eine Sache zu behandeln, die einer Bestandsaufnahme in jeder Beziehung
zugänglich ist.
Ein solches Eindringen in den Persönlichkeitsbereich durch
eine
umfassende Einsichtnahme in die persönlichen
Verhältnisse seiner Bürger
ist dem Staat auch deshalb versagt, weil dem Einzelnen um der freien
und selbstverantwortlichen Entfaltung seiner Persönlichkeit
willen ein
"Innenraum" verbleiben muß, in dem er "sich selbst besitzt"
und "in den
er sich zurückziehen kann, zu dem die Umwelt keinen Zutritt
hat, in dem
man in Ruhe gelassen wird und ein Recht auf Einsamkeit
genießt"
(Wintrich, Die Problematik der Grundrechte, 1957, S. 15 f.; vgl. auch
Dürig in Maunz-Dürig, GG 2. Aufl., Rdnr. 37 zu Art.
1). In diesen
Bereich kann der Staat unter Umständen bereits durch eine -
wenn auch
bewertungsneutrale - Einsichtnahme eingreifen, die die freie Entfaltung
der Persönlichkeit durch den psychischen Druck
öffentlicher Anteilnahme
zu hemmen vermag.
c) Nicht jede statistische Erhebung über
Persönlichkeits- und
Lebensdaten verletzt jedoch die menschliche Persönlichkeit in
ihrer
Würde oder berührt ihr Selbstbestimmungsrecht im
innersten
Lebensbereich. Als gemeinschaftsbezogener und gemeinschaftsgebundener
Bürger (vgl. BVerfGE 4, 7 [15, 16]; 7, 198 [205]; 24, 119
[144]) muß
jedermann die Notwendigkeit statistischer Erhebungen über
seine Person
in gewissem Umfang, wie z.B. bei einer Volkszählung, als
Vorbedingung
für die Planmäßigkeit staatlichen Handelns
hinnehmen.
Eine statistische Befragung zur Person kann deshalb dort als
entwürdigend und als Bedrohung des Selbstbestimmungsrechtes
empfunden
werden, wo sie den Bereich menschlichen Eigenlebens erfaßt,
der von
Natur aus Geheimnischarakter hat, und damit auch diesen inneren Bezirk
zu statistisch erschließbarem und
erschließungsbedürftigem Material
erklärt. Insoweit gibt es auch für den Staat der
modernen
Industriegesellschaft Sperren vor der verwaltungstechnischen
"Entpersönlichung". Wo dagegen die statistische Erhebung nur
an das
Verhalten des Menschen in der Außenwelt anknüpft,
wird die menschliche
Persönlichkeit von ihr in aller Regel noch nicht in ihrem
unantastbaren
Bereich privater Lebensgestaltung "erfaßt". Das gilt
jedenfalls dann,
wenn diese Angaben durch die Anonymität ihrer Auswertung den
Persönlichkeitsbezug verlieren. Voraussetzung ist dabei,
daß die
Anonymität hinreichend gesichert ist. Im vorliegenden Fall
wird sie
durch das Verbot zur Veröffentlichung von Einzelangaben
(§ 12 Abs. 4
StatG) sowie dadurch gewährleistet, daß der
Auskunftsberechtigte unter
Strafandrohung zur Geheimhaltung der Angaben verpflichtet ist
(§§ 12
Abs. 1 Satz 1, 13 StatG), daß für ihn die
gesetzlichen Beistands- und
Anzeigepflichten gegenüber den Finanzämtern nicht
gelten (§ 12 Abs. 1
Satz 2 StatG) und daß die zuständigen
Behörden und Stellen auch ihrer
vorgesetzten Dienststelle keine Einzelangaben auf dem Dienstweg
weiterleiten dürfen, wenn sie hierzu nicht gesetzlich
ausdrücklich
ermächtigt worden sind (§ 12 Abs. 2 StatG).
d) Danach verstieß die Befragung über Urlaubs- und
Erholungsreisen nicht gegen Art. 1 Abs. 1, Art. 2 Abs. 1 GG.
Diese Befragung betraf zwar einen Bereich privaten Lebens. Sie zwang
den Befragten jedoch weder zu einer Offenlegung seiner
Intimsphäre noch
gewährte sie dem Staat Einsicht in einzelne Beziehungen, die
der
Außenwelt nicht zugänglich sind und deshalb von
Natur aus
"Geheimnischarakter" haben. Sämtliche Angaben über
Ziel und Dauer der
Reisen, Unterkunftsart und die benutzten Verkehrsmittel
ließen sich,
wenn auch unter erheblich größeren Schwierigkeiten,
auch ohne eine
Befragung ermitteln. Sie gehörten damit nicht jenem innersten
(Intim-)Bereich an, in den der Staat auch nicht durch eine Befragung zu
statistischen Zwecken ohne Verletzung der Menschenwürde und
des
Selbstbestimmungsrechts des Einzelnen eingreifen könnte.
2. Auch im Blick auf das Rechtsstaatsprinzip bestehen gegen die
angeordnete Befragung keine verfassungsrechtlichen Bedenken.
Insbesondere wurde weder das Erfordernis der Normenklarheit (vgl.
BVerfGE 20, 150 [158 f.]; 21, 245 [261]) noch der Grundsatz der
Verhältnismäßigkeit (vgl. BVerfGE 17, 306
[313]; 19, 342 [348 f.])
verletzt.
a) § 2 Nr. 3 des Gesetzes ließ in seinem Tatbestand
"Urlaubs- und
Erholungsreisen" nicht die verfassungsrechtlich erforderliche
Normenklarheit vermissen. In der Tatbestandsumschreibung und ihrem
Zusammenhang mit den anderen Tatbeständen, die nach dem Gesetz
von der
statistischen Erhebung zu erfassen waren, ist hinreichend deutlich der
Wille des Gesetzgebers zum Ausdruck gekommen, daß
möglichst
vollständige Angaben in ihrem vorgezeichneten Sozialbezug
gefordert
werden sollten. Die sich hieraus ergebende Fragestellung ließ
sich
damit aus den gesetzlichen Normen sowohl für den
Bürger als auch für
die mit der Durchführung befaßten
Länderverwaltungen erkennen.
b) Nach der amtlichen Begründung sollten die Unterlagen
über den
Urlaubs- und Erholungsreiseverkehr Aufschluß über
die wirtschaftliche
und soziologische Bedeutung solcher Reisen und über die
verwendeten
Verkehrsmittel geben. Außerdem sollten dadurch Anhaltspunkte
gewonnen
werden, um die Daten der Zahlungsbilanz für den Reiseverkehr
zu prüfen
(BTDrucks. III/1925 Anlage 1 zu B). Bei der zunehmenden Bedeutung des
Tourismus ist der Staat zur Erfüllung seiner
währungs-, wirtschafts-,
sozial- und verkehrspolitischen Aufgaben auf Erkenntnisse über
die
dadurch ausgelöste Konsumverlagerung, die strukturelle
Veränderung im
Beherbergungswesen, die Unterschiede der Reisefrequenz im Staatsgebiet
und im grenzüberschreitenden Verkehr angewiesen. Die Befragung
zu dem
Tatbestand "Urlaubs- und Erholungsreisen" stand im Dienst dieser
Aufgaben und war jedenfalls kein eindeutig untaugliches Mittel, um
diese Aufschlüsse zu erlangen.
Bei Berücksichtigung des Umstandes, daß bereits die
Verweigerung der
Angaben durch wenige Befragte das Ergebnis der
Repräsentativumfrage in
Frage stellen konnte, belastete es schließlich den Einzelnen
nicht
übermäßig, daß ihm das Gesetz in
Verbindung mit § 10 Abs. 1, § 14 StatG
eine Verpflichtung zur Beantwortung der Fragen unter Sanktionsandrohung
auferlegte. Es war auch nicht zu befürchten, daß die
Angaben zu fremden
Zwecken mißbraucht wurden, da die Anonymität ihrer
Auswertung durch §
12 Abs. 1, 2 und 4, § 13 StatG hinreichend
gewährleistet wurde.
3. Schließlich bestehen auch keine verfassungsrechtlichen
Bedenken
gegen die in § 1 des Gesetzes angeordnete Erhebungsart einer
Repräsentativumfrage mit einem Auswahlsatz von 1 v.H. der
Gesamtbevölkerung der Bundesrepublik Deutschland.
Eine Repräsentativumfrage zu statistischen Zwecken, bei der
nur der
durch ein "Zufallsverfahren" bestimmte Personenkreis von der
Verpflichtung zur Auskunft betroffen wird, verstößt
insbesondere nicht
gegen den Gleichheitssatz. Dem Gesetzgeber ist durch den
Gleichheitssatz eine ungleiche Behandlung der Bürger nur dort
untersagt, wo sich unter Beachtung der Forderung der Gerechtigkeit ein
vernünftiger, sich aus der Natur der Sache ergebender oder
sonstwie
sachlich einleuchtender Grund für die gesetzliche
Differenzierung nicht
finden läßt, die Regelung also als
willkürlich bezeichnet werden muß
(so u.a. BVerfGE 1, 264 [276]; 18, 121 [124]). Deshalb steht dem
Gesetzgeber auch bei der Bestimmung des Personenkreises, für
den die
gesetzliche Regelung Anwendung finden soll, ein weiter
Gestaltungsbereich zur Verfügung (vgl. BVerfGE 9, 20 [32]; 11,
245
[253]; 17, 1 [33]; 23, 12 [28]).
Diese Grenzen wurden durch § 1 des Mikrozensusgesetzes nicht
überschritten. Die verschiedene, vom Zufall
abhängende Belastung der
Bürger durch die statistische Stichprobenerhebung ergibt sich
aus der
Eigenart einer solchen Repräsentativumfrage. Auch kann sich
die
Entscheidung des Gesetzgebers für diese
Repräsentativumfrage anstelle
einer Befragung der Gesamtbevölkerung auf sachlich
einleuchtende Gründe
stützen. Im Verhältnis zu einer Gesamtbefragung
ermöglicht die
Repräsentativumfrage eine kostensparende, kurzfristige
Unterrichtung
des Staates unter Belastung nur eines kleinen Teils der
Bevölkerung
durch die Befragung.
Dr.
Müller, Dr. Stein, Dr. Haager, Rupp-v.Brünneck, Dr.
Böhmer, Dr. Brox, Dr. Zeidler |