Bundesgerichtshof Urteil Urheberrecht Erschoepfungsgrundsatz Software Nutzungsrecht Verbreitungsrecht Erschoepfung
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Entscheidung vom:
06.07.2000
Aktenzeichen: I ZR 244/ 97
BUNDESGERICHTSHOF
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Im
Namen
des Volkes
Urteil
In Sachen
-
Kläger -
Prozeßbevollmächtigter: Rechtsanwalt
gegen
- Beklagte -
Prozeßbevollmächtigter: Rechtsanwalt
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die
mündliche Verhandlung vom 6. Juli 2000 durch den Vorsitzenden
Richter Prof. Dr. Erdmann und die Richter Starck, Prof. Dr. Bornkamm,
Pokrant und Dr. Büscher für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten wird das
Urteil des 5. Zivilsenats des
Kammergerichts vom 17. Juni 1997 aufgehoben.
Auf die
Berufung der Beklagten wird das Urteil der Zivilkammer 16 des
Landgerichts Berlin vom 27. August 1996 abgeändert.
Die Klage
wird abgewiesen.
Die
Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits.
Tatbestand:
Die
Klägerin ist die Microsoft Corporation. Sie
unterhält für die von ihr entwickelten und
vertriebenen Computerprogramme, insbesondere
für ihre Betriebssysteme, einen gespaltenen Vertrieb: Auf der
einen Seite bietet sie sogenannte
Fachhandelsversionen ihrer Programme an, die zum isolierten Erwerb
durch Endverbraucher bestimmt sind. Davon getrennt vertreibt sie ihre
Programme zur Erstausrüstung neuer Computer in einer
einfacheren Ausstattung zu einem wesentlich günstigeren Preis.
Anknüpfend an die Bezeichnung der Hardwarehersteller als
"Original Equipment Manufacturer" bezeichnet die Klägerin
diese als die OEM-Versionen. Sie werden von hierzu autorisierten
Unternehmen - die Klägerin bezeichnet sie als "authorized
replicators" - hergestellt und entweder unmittelbar oder über
Zwischenhändler an die Hardwarehersteller geliefert. Die
Klägerin schließt mit den großen
Hardwareherstellern und mit den Zwischenhändlern
Lizenzverträge für die Weiterverbreitung der
OEMVersionen ab.
Nach den
Vertragsbedingungen der Klägerin dürfen die
OEM-Versionen nur zusammen mit der Hardware
veräußert werden; außerdem verpflichtet
sie ihre Abnehmer, ihren jeweiligen Vertragspartnern eine entsprechende
Verpflichtung aufzuerlegen. Darüber hinaus
läßt die Klägerin bei den OEM Versionen
einen Hinweis auf die - einen Satz Disketten und das Benutzerhandbuch
enthaltende - Verpackung drucken, wonach das jeweilige Programm nur mit
einem neuen PC vertrieben werden darf.
Die
Beklagte stellt Computerhardware her und vertreibt neben der
Hardware auch Software. Sie veräußerte am 29. Mai
1995 die zuvor von einem Zwischenhändler erworbene OEM-Version
eines Microsoft-Betriebssystems (MS-DOS 6.2 & MS Windows for
Workgroups 3.11) isoliert, d.h. ohne einen PC, an einen Endverbraucher.
Die
Klägerin nimmt die Beklagte, mit der sie vertraglich nicht
verbunden ist, auf Unterlassung und Auskunftserteilung sowie auf
Feststellung der Schadensersatzverpflichtung in Anspruch. Die
Klägerin hat die Ansicht vertreten, daß sie durch
den aufgedruckten Hinweis auf die Verwendungsbeschränkung der
OEM-Versionen eine gegenüber jedermann wirkende
Beschränkung des urheberrechtlichen Verbreitungsrechts
begründe. Da sie die OEM-Version nur für die
gleichzeitige Veräußerung von Hardware zugelassen
habe, trete bei dem Inverkehrbringen dieser Software keine allgemeine
Erschöpfung des Verbreitungsrechts ein. Auch ein vertraglich
nicht gebundener Händler, der eine OEM-Version isoliert
anbiete, greife daher in das Verbreitungsrecht der Klägerin
ein und könne wegen Verletzung der ihr zustehenden
Urheberrechte in Anspruch genommen werden. Darüber hinaus
verstoße der isolierte Vertrieb von OEM-Versionen gegen
§ 1 UWG sowie - weil die Klägerin dem Vertrieb der
mit ihren Kennzeichen versehenen OEM-Versionen nicht zugestimmt habe -
gegen §§ 14, 15 MarkenG.
Die
Beklagte ist der Klage entgegengetreten. Sie hat sich auf den
Standpunkt gestellt, das urheberrechtliche Verbreitungsrecht der
Klägerin an der fraglichen Software sei durch das
Inverkehrbringen verbraucht. Es sei nicht möglich, das
urheberrechtliche Nutzungsrecht auf eine bestimmte Nutzungsart, hier
auf einen Vertrieb nur mit einem neuen PC, zu beschränken. Im
übrigen begegne die von der Klägerin beabsichtigte
Koppelung auch kartellrechtlichen Bedenken.
Das
Landgericht hat der Klage stattgegeben (LG Berlin NJW-RR 1997,
1065). Das Kammergericht hat die Berufung der Beklagten
zurückgewiesen (KG CR 1998, 137).
Hiergegen
richtet sich die Revision der Beklagten, mit der sie ihren
Klageabweisungsantrag weiterverfolgt.
Die
Klägerin beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe:
Die
Revision der Beklagten hat Erfolg. Sie führt zur Aufhebung
des angefochtenen Urteils und zur Abweisung der Klage.
I. Das
Berufungsgericht hat eine Verletzung der der Klägerin
zustehenden urheberrechtlichen Befugnisse an dem fraglichen Programm
bejaht und zur Begründung ausgeführt:
Es
unterliege zunächst keinem Zweifel, daß das
Betriebssystem "MSDOS" und die graphische Benutzeroberfläche
"MS-Windows for Workgroups" die für den urheberrechtlichen
Schutz erforderliche Individualität aufwiesen und daher gem.
§ 2 Abs. 1 Nr. 1, § 69a UrhG urheberrechtlich
geschützt seien. Unstreitig stünden der
Klägerin umfassende ausschließliche Nutzungsrechte
hinsichtlich dieser Programme zu. Durch das Inverkehrbringen des
fraglichen Softwarepakets durch die Klägerin sei das
urheberrechtliche Verbreitungsrecht nicht erschöpft worden.
Denn die Klägerin habe den Zwischenhändlern - auch
dem autorisierten Zwischenhändler, von dem die Beklagte die
Software erworben habe - ein in der Weise dinglich
beschränktes Verbreitungsrecht eingeräumt,
daß die betreffende Software nur zusammen mit einem neuen PC
an den Endverbraucher habe gelangen sollen. Durch die der aufgedruckten
Bestimmung zuwiderlaufende Veräußerung des
Softwarepakets an einen Endverbraucher, der nicht gleichzeitig einen
neuen PC erworben habe, sei daher in das der Klägerin
zustehende ausschließliche Verbreitungsrecht eingegriffen
worden.
Der
Möglichkeit, die Erschöpfung des
Verbreitungsrechts auf eine bestimmte Nutzungsart zu
beschränken, stehe nicht entgegen, daß sich die
Erschöpfung an Werkstücken von Computerprogrammen
nicht nach der allgemeinen Bestimmung des § 17 Abs. 2 UrhG,
sondern nach der auf europäisches Recht
zurückzuführenden Bestimmung des § 69c Nr. 3
Satz 2 UrhG richte. Denn durch die Einführung der besonderen
Regelungen zum Schutz von Computerprogrammen sei die
Möglichkeit einer dinglich wirkenden Beschränkung der
Erschöpfung erhalten geblieben. Durch die Richtlinie
über den Schutz von Computerprogrammen habe die Stellung der
Urheber verbessert werden sollen. Da eine Trennung der Vertriebswege
dem europäischen Recht nicht zuwiderlaufe - sie sei
insbesondere mit der Warenverkehrsfreiheit zu vereinbaren, weil sie
weder als Mittel zur willkürlichen Diskriminierung noch zur
verschleierten Behinderung des Handels zwischen den Mitgliedstaaten
eingesetzt werde -, stehe auch die gesetzliche Regelung einer
beschränkten Erschöpfung nicht entgegen. Dies gelte
jedenfalls im vorliegenden Fall; denn es sei durchaus sachgerecht,
danach zu unterscheiden, ob die Software als Zubehör zur
Hardware oder isoliert vertrieben werde. Bei den beiden Vertriebsformen
- einerseits zu einem günstigen Preis als OEM-Ware gekoppelt
an den Erwerb von Hardware, andererseits isoliert zu einem
höheren Preis - handele es sich um hinreichend
selbständige, wirtschaftlich genügend konturierte und
abgesetzte Nutzungsarten, die es rechtfertigten, Verbreitungsrechte
gesondert zu vergeben. Auch eine kartellrechtliche Bewertung des
Vertriebssystems der Klägerin spreche nicht gegen eine
Beschränkung der Erschöpfung.
Dem
Schadensersatzbegehren sei ebenfalls stattzugeben. Im Hinblick auf
den unübersehbaren Hinweis auf der Verpackung habe die
Beklagte zumindest fahrlässig gehandelt.
II.
Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts steht der
Klägerin kein urheberrechtlicher Unterlassungsanspruch aus
§ 97 Abs. 1 i.V. mit § 69c Nr. 3 Satz 1 UrhG gegen
die Beklagte zu.
Die
isolierte Veräußerung der OEM-Version des
Betriebsprogramms an einen Abnehmer ohne gleichzeitige
Veräußerung eines neuen PC stellt keine
Urheberrechtsverletzung dar. Denn das der Klägerin zustehende
Verbreitungsrecht an dem fraglichen Werkstück ist dadurch
erschöpft, daß es von dem von der Klägerin
autorisierten Hersteller (authorized replicator) durch die
bestimmungsgemäße Veräußerung an
einen Zwischenhändler mit Zustimmung der Klägerin in
Verkehr gesetzt worden ist.
1.
Allerdings hat es das Berufungsgericht mit Recht nicht in Zweifel
gezogen, daß die in Rede stehenden überaus komplexen
Computerprogramme nach § 2 Abs. 1 Nr. 1, § 69a Abs. 1
und 3 UrhG als individuelle geistige Werkschöpfungen der an
ihrer Entwicklung und Erstellung beteiligten Personen
Urheberrechtsschutz genießen. Daß die
Klägerin über ausschließliche
Nutzungsrechte an diesen Programmen verfügt, ist zwischen den
Parteien nicht streitig. Darüber hinaus stehen der
Klägerin ausschließliche Nutzungsrechte an dem von
der Beklagten im Rahmen der OEM-Version
mitveräußerten Benutzerhandbuch zu.
2. Entgegen
der Auffassung des Berufungsgerichts hat die Beklagte
jedoch dadurch, daß sie ein Werkstück des fraglichen
Computerprogramms einschließlich des Benutzerhandbuchs
isoliert - also ohne einen neuen PC - an einen Kunden
veräußert hat, nicht in das der Klägerin
als Inhaberin der ausschließlichen Nutzungsrechte zustehende
Verbreitungsrecht (§ 69c Nr. 3 Satz 1, § 17 Abs. 1
UrhG) eingegriffen. Denn das Verbreitungsrecht hat sich dadurch
erschöpft, daß das fragliche Werkstück
zuvor mit Zustimmung der Klägerin in Verkehr gebracht worden
ist (§ 69c Nr. 3 Satz 2, § 17 Abs. 2 UrhG).
a) Das
Berufungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, daß
- soweit es im Streitfall um die Erschöpfung des
Verbreitungsrechts an Computerprogrammen geht - dieselben
Grundsätze maßgeblich sind, die nach § 17
Abs. 2 UrhG für andere urheberrechtlich geschützte
Werke gelten. Zwar beruht die Regelung in § 69c Nr. 3 Satz 2
UrhG auf der entsprechenden Bestimmung in Art. 4 Buchst. c Satz 2 der
Richtlinie 91/250/EWG des Rates vom 14. Mai 1991 über den
Rechtsschutz von Computerprogrammen (ABl. Nr. L 122, S. 42 = GRUR Int.
1991, 545). Was die Möglichkeit einer dinglichen
Beschränkung des Verbreitungsrechts und der entsprechenden
Einschränkung der Erschöpfungswirkung angeht,
enthält die Richtlinie jedoch keine Regelung. Insofern ist
nach § 69a Abs. 4 UrhG auf die für Sprachwerke
geltende Regelung abzustellen, hier insbesondere auf die Bestimmungen
der § 17 Abs. 2 und § 32 UrhG sowie auf die dazu
entwickelten Grundsätze (vgl. nur Schricker/Loewenheim,
Urheberrecht, 2. Aufl., § 69a Rdn. 24 und § 69c Rdn.
20 u. 28).
b) Danach
sind im Streitfall die folgenden - zu §§
32, 17 Abs. 2 UrhG aufgestellten - Grundsätze heranzuziehen:
Zunächst
ergibt sich aus § 32 UrhG, daß
Nutzungsrechte räumlich, zeitlich oder inhaltlich
beschränkt eingeräumt werden können. Eine
nicht nur schuldrechtlich, sondern dinglich wirkende Aufspaltung des
Verbreitungsrechts (§ 17 Abs. 1 UrhG) kommt dabei - wegen der
damit verbundenen möglichen Einschränkung der
Verkehrsfähigkeit der betreffenden Werkstücke - nur
in Betracht, wenn es sich um übliche, technisch und
wirtschaftlich eigenständige und damit klar abgrenzbare
Nutzungsformen handelt (BGH, Urt. v. 21.11.1958 - I ZR 98/57, GRUR
1959, 200, 202 - Der Heiligenhof; Urt. v. 6.3.1986 - I ZR 208/83, GRUR
1986, 736, 737 - Schallplattenvermietung; Urt. v. 8.11.1989 - I ZR
14/88, GRUR 1990, 669, 671 - Bibelreproduktion; Urt. v. 12.12.1991 - I
ZR 165/89, GRUR 1992, 310, 311 - Taschenbuch-Lizenz;
Schricker/Schricker aaO §§ 31/32 Rdn. 8; Ulmer,
Urheber- und Verlagsrecht, 2. Aufl., S. 362 f. u. 444; Schack, Urheber-
und Urhebervertragsrecht, Rdn. 544).
Die
dinglich wirkende Begrenzung des Nutzungsrechts hat auch eine
Beschränkung der Erschöpfung nach § 17 Abs.
2 UrhG zur Folge. Denn bringt der Lizenznehmer Werkstücke auf
einem anderen als auf dem zugelassenen Absatzweg in Verkehr, so ist
diese Nutzung nicht mehr von der Zustimmung des zur Verbreitung
Berechtigten gedeckt mit der Folge, daß insoweit mangels
Zustimmung keine Erschöpfung des Verbreitungsrechts eintreten
kann (BGH GRUR 1959, 200, 202 - Der Heiligenhof; GRUR 1986, 736, 737 -
Schallplattenvermietung; Schricker/Loewenheim aaO § 17 Rdn.
49; Schack aaO Rdn. 391).
Ist ein
Werkstück jedoch einmal mit Zustimmung des
Berechtigten im Wege der Veräußerung in Verkehr
gebracht worden, kann der weitere Vertrieb vom Berechtigten nicht mehr
kontrolliert werden. Denn das Verbreitungsrecht ist nunmehr
erschöpft (BGH GRUR 1986, 736, 737 f. -
Schallplattenvermietung). Die nach § 32 UrhG
zulässige dingliche Beschränkung des Nutzungsrechts
wirkt sich nicht in der Weise aus, daß der Berechtigte nach
dem mit seiner Zustimmung erfolgten Inverkehrbringen auch alle weiteren
Verbreitungsakte daraufhin überprüfen
könnte, ob sie mit der ursprünglichen Begrenzung des
Nutzungsrechts im Einklang stehen oder nicht.
Nach dem
Erschöpfungsgrundsatz hängt der
urheberrechtliche Verbrauch des Verbreitungsrechts allein davon ab, ob
der Rechtsinhaber dem (ersten) Inverkehrbringen durch
Veräußerung zugestimmt hat. Auf die Art und Weise
der weiteren Nutzung braucht sich die Zustimmung nicht zu erstrecken.
Denn bereits mit der (ersten) durch ihn oder mit seiner Zustimmung
erfolgten Veräußerung gibt der Berechtigte die
Herrschaft über das Werkexemplar auf; es wird damit
für jede Weiterverbreitung frei. Diese Freigabe dient dem
Interesse der Verwerter und der Allgemeinheit, die in Verkehr
gebrachten Werkstücke verkehrsfähig zu halten (vgl.
BGHZ 80, 101, 106 - Schallplattenimport I; BGH GRUR 1986, 736, 737 -
Schallplattenvermietung). Könnte der Rechtsinhaber, wenn er
das Werkstück verkauft oder seine Zustimmung zur
Veräußerung gegeben hat, noch in den weiteren
Vertrieb des Werkstücks eingreifen, ihn untersagen oder von
Bedingungen abhängig machen, so wäre dadurch der
freie Warenverkehr in unerträglicher Weise behindert (vgl.
bereits RGZ 63, 394, 397 ff. - Koenigs Kursbuch).
Die
Möglichkeit, ein Nutzungsrecht nach § 32 UrhG
räumlich, zeitlich oder inhaltlich beschränkt
einzuräumen, führt danach nicht zu einer
entsprechenden Einschränkung der Erschöpfung in der
Weise, daß der Berechtigte - ist das Werkstück erst
einmal durch ihn oder mit seiner Zustimmung durch
Veräußerung in Verkehr gesetzt worden - auf den
weiteren Absatzweg Einfluß nehmen könnte. Es
verhält sich insofern nicht anders als bei einer
räumlichen oder zeitlichen Beschränkung: Wird etwa
ein zeitlich begrenztes Nutzungsrecht eingeräumt (§
32 UrhG), so würde das Verbreitungsrecht des Berechtigten
nicht erschöpft, wenn der Lizenznehmer das Werkstück
- der Beschränkung zuwider - nach Ablauf der Lizenz in Verkehr
bringt. Hat der Lizenznehmer dagegen das Werkexemplar während
der Lizenzzeit im Wege der Veräußerung in Verkehr
gesetzt, so tritt eine vollständige Erschöpfung des
Verbreitungsrechts ein. Der Berechtigte kann nun eine Weiterverbreitung
des Werkstücks auch nach Ablauf der Lizenzzeit nicht mehr
untersagen.
Diese vor
allem in der Entscheidung "Schallplattenvermietung" des
Senats vom 6. März 1986 (GRUR 1986, 736; vgl. dazu zutreffend
Hubmann, GRUR 1986, 739; Pollaud-Dulian, GRUR Int. 1989, 811, 812 f.)
herausgestellten Grundsätze werden nicht dadurch in Frage
gestellt, daß der Gesetzgeber für die Vermietung in
Umsetzung einer entsprechenden europäischen Richtlinie in
§ 17 Abs. 2 UrhG eine ausdrückliche Ausnahme
geschaffen hat; sie haben vielmehr über den damals
entschiedenen Fall hinaus Bedeutung. Dies kommt gerade auch in der
gesetzlichen Regelung des Vermiet- und Verleihrechtes zum Ausdruck,
weil seine Einführung auf der Erkenntnis beruht, daß
dem Berechtigten nach dem mit seiner Zustimmung erfolgten
Inverkehrbringen eine Einflußnahme auf die Art und Weise der
Weiterverbreitung an sich verwehrt wäre.
c) Das
Berufungsgericht hat die Bedeutung dieser Grundsätze
für den Streitfall verkannt. Sie führen dazu,
daß sich das Verbreitungsrecht der Klägerin dadurch
erschöpft hat, daß das mit der
Vervielfältigung beauftragte Unternehmen (authorized
replicator) das fragliche Vervielfältigungsstück des
Computerprogramms einschließlich Handbuch den Vorgaben der
Klägerin entsprechend an einen berechtigten
Zwischenhändler veräußert hat.
aa) Im
Streitfall kann dahinstehen, ob es sich bei dem von der
Klägerin praktizierten sogenannten OEM-Vertrieb um einen
üblichen, klar abgrenzbaren Vertriebsweg handelt, der zum
Gegenstand eines beschränkten Nutzungsrechts gemacht werden
kann (skeptisch insoweit Schricker/Loewenheim aaO § 69c Rdn.
29). Denn auch wenn diese Beschränkung wirksam ist, steht sie
der Erschöpfung des Verbreitungsrechts nicht entgegen.
bb) Der von
der Klägerin eingeschaltete Hersteller der
einzelnen Vervielfältigungsstücke des Programms war
nach den Vorgaben der Klägerin nur berechtigt, die als
OEM-Versionen gekennzeichneten Programmkopien an im einzelnen benannte
Zwischenhändler oder größere
Hardware-Hersteller abzugeben. An diese Vorgabe hat sich der Hersteller
gehalten, als er die hier in Rede stehende, als OEM-Version
gekennzeichnete Programmkopie an einen von der Klägerin
lizenzierten Zwischenhändler unter bestimmten, von der
Klägerin ebenfalls vorgegebenen Auflagen
veräußert hat.
cc)
Aufgrund dieses mit Zustimmung der Klägerin erfolgten
Inverkehrbringens hat sich das Verbreitungsrecht der Klägerin
erschöpft. Die nachfolgenden
Veräußerungshandlungen - die
Veräußerung der Programmkopie durch den
Zwischenhändler an die Beklagte sowie die
streitgegenständliche Weiterveräußerung
durch die Beklagte an einen Kunden - bedurften nicht mehr der
Zustimmung der Klägerin. Sie ist daher auch daran gehindert,
diese Weiterverbreitungshandlungen davon abhängig zu machen,
daß sie den von ihr aufgestellten Bedingungen für
den OEM-Vertrieb entsprechen (vgl. auch Schricker/Loewenheim aaO
§ 69c Rdn. 30; Haberstumpf in Lehmann (Hrsg.), Rechtsschutz
und Verwertung von Computerprogrammen, 2. Aufl. 1991, Teil II Rdn. 129;
Marly, Softwareüberlassungsverträge, 3. Aufl. 2000,
Rdn. 922; im Ergebnis ebenso OLG München NJW 1998, 1649, 1650;
OLG Frankfurt (11. ZS) NJW-RR 1997, 494; CR 1999, 7, 8 f.; Berger, NJW
1997, 300, 301; Witte, CR 1996, 533, 534; Lehmann, NJW 1993, 1822,
1825; Redeker, Der EDV-Prozeß, 1992, Rdn. 107; a.A. KG GRUR
1996, 974, 975; OLG Frankfurt (6. ZS), Urt. v. 18.5.2000 - 6 U 63/99,
Umdr. S. 7 f.; Nordemann/Vinck in Fromm/Nordemann, Urheberrecht, 9.
Aufl., § 69c Rdn. 6; Erben/Zahrnt, CR 1996, 535; dies., CR
1998, 267, 268).
Eine
beschränkte Erschöpfungswirkung aufgrund einer
beschränkten Nutzungsrechtseinräumung ist danach
nicht ausgeschlossen: Hätte das vervielfältigende
Unternehmen (authorized replicator) die Ware entgegen der
Verwendungsbeschränkung der Klägerin nicht an einen
mit der Klägerin vertraglich verbundenen
Zwischenhändler oder Hardware-Hersteller, sondern an einen
Dritten abgegeben, hätte eine Erschöpfung -
vorausgesetzt, es handelte sich um eine im Rahmen des § 32
UrhG zulässige Beschränkung - nicht eintreten
können, weil die Ware nicht mit Zustimmung der
Klägerin in Verkehr gebracht worden wäre. Eine solche
Konstellation ist aber - wie dargelegt - nicht Gegenstand des
Streitfalls.
d)
Für eine Berücksichtigung der von der
Revisionserwiderung unter Berufung auf ein von der Klägerin
vorgelegtes Gutachten von Professor S vorgebrachten Interessen der
Klägerin an einem gespaltenen Vertrieb und einer entsprechend
beschränkten Erschöpfungswirkung ist danach kein
Raum. Der Klägerin bleibt es im Rahmen des kartell- und
AGB-rechtlich Zulässigen unbenommen, ihre Vertragspartner
vertraglich zu binden und sie zu verpflichten, bestimmte
Verwendungsbeschränkungen an ihre jeweiligen Vertragspartner
weiterzugeben (vgl. auch Marly aaO Rdn. 925 ff.; Harte-Bavendamm in
Kilian/Heussen, Computerrechts-Handbuch, Stand: März 1999,
Kap. 54 Rdn. 76 f.; anders insoweit Redeker aaO Rdn. 107 f.). Die von
der Klägerin erstrebte Beschränkung der
Erschöpfungswirkung liefe demgegenüber darauf hinaus,
daß die vertraglich eingegangenen Bindungen nicht nur inter
partes, sondern gegenüber jedermann Wirkung entfalten
könnten. Eine derartige Verdinglichung schuldrechtlicher
Verpflichtungen ist dem deutschen Recht fremd; sie ist auch im
Interesse der Verkehrsfähigkeit nicht erwünscht (vgl.
BGH, Urt. v. 1.12.1999 - I ZR 130/96, WRP 2000, 734, 737 -
Außenseiteranspruch II, zur Veröffentlichung in BGHZ
bestimmt).
Im
übrigen ist nicht erkennbar, weshalb die Klägerin
darauf angewiesen ist, die vereinbarten
Verwendungsbeschränkungen ungeachtet vertraglich auferlegter
Verpflichtungen gegenüber jedermann durchzusetzen. Ihr
Interesse, gegenüber zwei verschiedenen Käufergruppen
unterschiedliche Preise für dieselbe Ware zu fordern und dies
mit Hilfe des Urheberrechts durchzusetzen, erscheint nicht ohne
weiteres schützenswert. Kann die Klägerin ihr Ziel,
neue PCs sogleich mit einem Betriebsprogramm sowie einem Grundbestand
an Standardsoftware auszustatten und auf diese Weise PC-Benutzer von
der Verwendung von Raubkopien abzuhalten, nur durch ein preisliches
Entgegenkommen erreichen, ist nicht von vornherein ersichtlich, warum
nicht auch andere Kunden von dem günstigeren Preis der im
Markt zirkulierenden Ware profitieren sollten. Weiterreichende
Gestaltungsspielräume verbleiben der Klägerin
unbestreitbar immer dann, wenn der Benutzer der jeweiligen Software auf
Nutzungsrechte angewiesen ist, die ihm die Klägerin
unmittelbar einräumen muß.
III. Der
Klägerin stehen auch keine kennzeichen- und
wettbewerbsrechtlichen Unterlassungsansprüche
gegenüber der Beklagten zu.
1. Die kennzeichenrechtlichen Befugnisse der Klägerin sind
dadurch erschöpft, daß die mit ihrer Marke und ihrer
geschäftlichen Bezeichnung versehene Ware mit ihrer
Zustimmung
in Verkehr gelangt ist (§ 24 Abs. 1 MarkenG). Ihr Interesse an
einem gespaltenen Absatz von OEM-Produkten führt nicht zu
einem Ausschluß der Erschöpfung nach § 24
Abs. 2 MarkenG.
2. Ein Anspruch aus § 1 UWG unter dem Gesichtspunkt des
Ausnutzens fremden Vertragsbruchs und der Verletzung eines
geschlossenen Vertriebssystems kommt nach der neueren
Senatsrechtsprechung (BGH WRP 2000, 734, 736 ff. -
Außenseiteranspruch II) nicht mehr in Betracht.
IV. Das
angefochtene Urteil kann danach keinen Bestand haben. Es ist
aufzuheben. Die Klage ist unter Abänderung des
landgerichtlichen Urteils abzuweisen.
Die
Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO.
(Unterschriften)