zurück Aktenzeichen: I ZR 8/51 Entscheidung vom: 26.Oktober 1951 BUNDESGERICHTSHOF
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1. Der Verleger hat für eine rechtsverletzende Veröffentlichung, die ohne sein Wissen in einer Druckschrift erscheint, die einer von ihm verlegten Zeitschrift beigefügt wird, als Störer in rechtsähnlicher Anwendung von § 1004 BGB nur einzustehen, wenn er die Möglichkeit hat, auf den Inhalt oder den Vertrieb der Beilage Einfluß zu nehmen. Er ist jedoch auch ohne diese Einflußmöglichkeit der richtige Beklagte für die vorbeugende Unterlassungsklage, wenn er die Zuwiderhandlung nach ihrer Kenntnisnahme billigt und ein Recht zu künftigen gleichlautenden Veröffentlichungen für sich in Anspruch nimmt.
2. Ein "Handeln zu Zwecken des Wettbewerbs" erfordert eine auf Wettbewerb gerichtete Absicht.
3. Festzuhalten ist an der reichsrechtlichen Rechtsprechung (RGZ 50, 108 [110]; RG JW 1917, 713; RG HRR 1935, 921), daß die Normen der §§ 11, 20 PresseG für die zivilrechtliche Haftung ohne Bedeutung sind. Für diese sind allein die einschlägigen Rechtsgrundsätze des Zivilrechts maßgebend.
4. Geschäftsschädigende Werturteile können, auch wenn sie nicht zu Wettbewerbszwecken erfolgen, einen unmittelbaren Eingriff in das nach § 823 Abs 1 BGB geschützte Recht an der ungestörten Ausübung eines eingerichteten Gewerbebetriebes darstellen.
Der Rechtsgedanke des § 193 StGB, der auf dem Gebiet des Ehrenschutzes einen Rechtfertigungsgrund gewährt, muß bei Prüfung der Widerrechtlichkeit des Eingriffs sinngemäß auch auf gewerbestörende Werturteile zur Anwendung kommen.
Nach dem für alle Fälle des Interessenwiderstreits geltenden Grundsatz der Güterund Pflichtenabwägung sind rechtsverletzende Äußerungen nur dann durch die Wahrung berechtigter Interessen gerechtfertigt, wenn sie nach Inhalt, Form und Begleitumständen zur Erreichung eines rechtlich gebilligten Zweckes objektiv erforderlich sind. Ein Irrtum über die Notwendigkeit der Schwere und des Ausmaßes des Eingriffs in ein geschütztes Rechtsgut schließt, wenn er entschuldbar ist, nur die Schuld des Verletzers, nicht aber die Widerrechtlichkeit des objektiv übermäßigen Eingriffs aus.
Tatbestand:
In jeder Ausgabe der wöchentlich erscheinenden Zeitschrift "Kirche und Leben, Kirchenblatt für das Bistum M." der bekl. Verlegerin ist eine in den einzelnen Dekanaten erstellte Dekanatsbeilage enthalten. In diesen Beilagen werden kirchliche Nachrichten verbreitet, sowie Anzeigen und die Gottesdienstordnung aufgeführt. Mit der Überschrift "Die Lesemappe des P.-Ringes in jede Familie" erschien in der Dekanatsbeilage für O. ein Artikel, der die sittliche Haltung der nach dem Krieg erschienenen Zeitschriften kritisierte. Es wurde ohne Angabe des Verfassers u.a. aufgeführt: man mache "mit dem scheinbaren Zusammenbruch von Anstand und Würde" Geschäfte; die Verleger vertauschten die kaufmännische Werbung und Absatzkalkulation mit der "gewissenlosen Spekulation auf die Instinkte eines müde gewordenen Volkes"; die Zeitschrift "C" sei "eine Blüte aus dem Sumpf der fragwürdigen Kulturerzeugnisse nach Art der Magazine"; "der christliche Leser der Zeitschrift vergesse mit dem Empfang der Zeitschrift, was er der Ehre seiner Frau und Tochter, und was er der Erziehung seiner heranwachsenden Kinder schuldig sei". Weiter wurde aufgeführt, es erscheine auf bischöflichen Wunsch hin jede Woche die Lesemappe des P.-Ringes. Aus dieser aktuellen und umfangreichen Lesemappe könne sich der Leser mindestens genauso gut sein Weltbild machen, wie aus der Lektüre anderer Zeitschriften, die allerdings nicht so preisgünstig seien wie die Mappe des P.-Ringes. Folgend wurden in dem Artikel einige Zeitschriften genannt, die geeignet seien, dem Christen Freude und Entspannung zu bieten. Die Lesemappe wurde von dem "Katholischen L. e. V." in M. verkauft. Dieser Verein und der "P.-Ring" sind von der Bekl. nicht wirtschaftlich abhängig. Die kl. Verlegerin macht die Bekl. für die Ausführungen in dem Artikel der Dekanatsbeilage bezüglich der Frauenzeitschrift "C" verantwortlich. Es liege ein Verstoß gegen §§ 1, 14 UnlWG und Art. V Nr 9 lit. c. Ziff 4 BritMilRegVO Nr 78 und gegen §§ 823, 824, 826 BGB und § 11 des Pressegesetzes vor. Die Bekl. wusste vor dem Erscheinen des Artikels nichts von seiner Existenz. Sie erklärte jedoch, sie teile die Kritik an der Zeitschrift "C", und sie werde die Kritik nicht zurücknehmen. Die Kl. begehrte, die Bekl. zum Widerruf der Äußerungen und zur Unterlassung zu verurteilen. Außerdem beantragte sie, die Schadensersatzpflicht der Bekl. festzustellen und die Erlaubnis, das Urteil veröffentlichen zu dürfen.
Sowohl die Klage als auch die anschließende Berufung hatte keinen Erfolg. Die Revision der Kl. war dagegen erfolgreich.
Entscheidungsgründe:
I.
Es kann von der Revision nicht mit Erfolg beanstandet werden, daß das Berufungsgericht in den strittigen Äußerungen Werturteile und nicht Tatsachenbehauptungen im Sinn von § 14 UnlWG, § 824 BGB, § 186, 187 StGB erblickt hat. Das Berufungsgericht hat nicht verkannt, daß sich unter der Form eines Urteils die Behauptung einer Tatsache verbergen kann. Wenn es auch der vom Gesetzgeber beabsichtigte Ehrenschutz gebietet, die fließende Grenze zwischen Tatsachenbehauptungen und Werturteilen oder bloßen Meinungsäußerungen zugunsten der Tatsachenbehauptungen möglichst weit zu ziehen, weil sich letztlich jedes Urteil auf äußere oder innere Tatsachen stützt, so bleibt doch Voraussetzung, daß das abfällige Urteil greifbare, dem Beweis zugängliche Geschehnisse zum Ausgang nimmt, da andernfalls ein Wahrheits- oder Unwahrheitsbeweis, wie ihn § 186 StGB, § 824 BGB und § 14 UnlWG vorgesehen, begrifflich ausgeschlossen ist. Die Revision geht nun selbst davon aus, daß für die von ihr beanstandeten Äußerungen ein Wahrheitsbeweis überhaupt nicht erbracht werden kann. Dem Wahrheitsbeweis nicht zugängliche Bewertungen, die nicht auf bestimmte nachprüfbare Handlungen Bezug nehmen, fallen aber gerade nicht unter die Tatsachenbehauptungen im Sinne der genannten Gesetzesvorschriften. Es ist der Revision zwar zuzugeben, daß der Vorwurf übler Geschäftemacherei eine Tatsachenbehauptung enthalten kann. Im vorliegenden Fall stützt sich dieser Vorwurf aber nicht auf bestimmte Einzelvorgänge, sondern wird damit begründet, daß die fraglichen Geschäfte "mit dem scheinbaren Zusammenbruch von Anstand und Würde" gemacht würden. Hält man diese Äußerung mit den weiteren Vorwürfen zusammen, wonach die hinter der Klägerin stehenden Persönlichkeiten der "gewissenlosen Spekulation auf die Instinkte eines müde gewordenen Volkes" bezichtigt werden, so muß der vom Berufungsgericht vertretenen Auffassung beigepflichtet werden, daß sich in den fraglichen Äußerungen nicht etwa der Vorwurf nachweisbarer geschäftlicher Unredlichkeit verbirgt, es sich vielmehr um eine moralische Beurteilung der allgemeinen Haltung und geschäftlichen Betätigung der in Betracht kommenden Personen handelt, also um generelle, durch nachprüfbare Tatsachen nicht konkretisierte Werturteile.
Das gleiche gilt für die weiteren Äußerungen, die Zeitschrift "C." der Klägerin sei "eine Blüte aus dem Sumpf der fragwürdigen Kulturerzeugnisse nach Art der Magazine", und "der christliche Leser der Zeitschrift vergesse mit dem Empfang der Zeitschrift, was er der Ehre seiner Frau und Tochter, und was er der Erziehung seiner heranwachsenden Kinder schuldig sei". Das Berufungsgericht hat diese Äußerungen durchaus zutreffend im Einklang mit den vom Reichsgericht in ständiger zivil- und strafrechtlicher Rechtsprechung für die Abgrenzung von Werturteilen und Tatsachenbehauptungen aufgestellten Grundsätzen als allgemein abfällige Wertkundgebungen gewürdigt, die nachprüfbare Handlungen der Beteiligten nicht zum Gegenstand haben (RGSt 41, 193; 55, 129 [131]; 64, 10 [12]; 68, 120; RGZ 101, 335 [338]; RG JW 1928, 1745; OGHSt 2, 291 [310]; HESt 1, 42 [45]).
II.
Das Berufungsgericht hat auch ohne Rechtsverstoß eine Zuwiderhandlung gegen die Verordnung Nr 78 der britischen Militärregierung verneint (wird ausgeführt).
III.
Bei Prüfung der Passivlegitimation läßt sich jedoch das Berufungsgericht von rechtsirrigen Erwägungen leiten, die sich auf seine weitere rechtliche Würdigung des Sachverhalts auswirken. Weder die presserechtliche Verantwortung der Beklagten, noch ihre Erklärung, für den ohne ihre Kenntnis veröffentlichten Artikel eintreten zu wollen, rechtfertigt die Annahme des Berufungsgerichts, daß die Beklagte sich so behandeln lassen müsse, als habe sie den Artikel selbst verfaßt oder veranlaßt. Das Berufungsgericht hat offenbar verkannt, daß den Haftungsvorschriften des Pressegesetzes nur strafrechtliche, nicht zivilrechtliche Bedeutung zukommt. Die zivilrechtliche Haftung des Verlages für Zuwiderhandlungen, die durch Druckschriften seines Verlages begangen werden, bestimmt sich nach allgemeinen Grundsätzen (RGZ 50, 108 [110], RG JW 1917, 713). Hierbei ist davon auszugehen, daß der Verleger von periodischen Druckschriften zumeist nicht in der Lage und im allgemeinen auch nicht verpflichtet ist, den Inhalt der Druckschrift vor ihrem Erscheinen zu überprüfen. Im Regelfall trägt die Verantwortung für den Inhalt der Druckschrift der Schriftleiter, dessen Namensangabe auf jeder Nummer der Druckschrift durch § 7 PresseG zwingend vorgeschrieben ist. Der Verleger hat jedoch für ein Verschulden des Schriftleiters einzustehen, wenn dieser von seinen Weisungen abhängig ist, es sich also um seinen Verrichtungsgehilfen handelt. Es steht ihm dann der Entlastungsbeweis nach § 831 BGB offen (RGZ 148, 154 [161]). Der Verleger, der eine rechtsverletzende Äußerung, die durch eine von ihm vervielfältigte periodische Druckschrift verbreitet wird, vor ihrer Veröffentlichung nicht kannte, haftet hiernach auf Schadensersatz in der Regel nur, soweit er nach allgemeinen Vorschriften für das Verschulden Dritter einzustehen hat. Unabhängig von der Schuldfrage ist aber der Verleger für den Abwehranspruch nach § 1004 EGB als Störer der richtige Beklagte, wenn eine Druckschrift, die seinem Verlagsobjekt beigefügt wird, einen Dritten widerrechtlich beeinträchtigt und diese Beeinträchtigung wenigstens mittelbar auf seinen Willen zurückzuführen ist, weil er die Möglichkeit hat, auf den Inhalt oder den Vertrieb der beigefügten Druckschrift Einfluß zu nehmen (RGZ 155, 316 [319]; RG MuW 1933, 208; RG HRR 1935, 921).
Die Erklärung der Beklagten, daß sie die beanstandeten Äußerungen zu ihren eigenen mache, und zwar unter Billigung der Gesamtumstände, unter denen der strittige Artikel erschienen ist, ist für die Entscheidung über den Unterlassungsanspruch nicht ohne Bedeutung. Die Beklagte hat es abgelehnt, die an der Zeitschrift der Klägerin in der Dekanatsbeilage geübte Kritik abzuschwächen, und die Auffassung vertreten, daß diese Kritik auch in der vorliegenden Schärfe für ihren Abwehrkampf gegen die Zeitschrift der Klägerin erforderlich und durch die Wahrnehmung berechtigter Interessen gedeckt sei. Damit hat sie kundgetan, daß sie sich auch zur künftigen Verbreitung ähnlich- oder gleichlautender Äußerungen für berechtigt halte. Das macht sie aber zum Störer im Sinn des § 1004 BGB, weil sie diese Erklärungen in Kenntnis der bereits stattgefundenen - hier als widerrechtlich zu unterstellenden - Eingriffe abgegeben hat und die Machtbefugnis, die Beifügung von Dekanatsbeilagen mit einem von ihr nicht gebilligten Inhalt überhaupt zu verhindern, nicht leugnet. Aus dieser Einstellung der Beklagten folgt zugleich die Gefahr weiterer Beeinträchtigungen und damit ihre Passivlegitimation für die vorbeugende Unterlassungsklage, ohne daß es insoweit noch einer Prüfung ihrer Verantwortung für die bereits vorliegende Veröffentlichung bedurfte.
IV.
Das Berufungsgericht hat einen Verstoß gegen wettbewerbliche Schutzvorschriften mit der Begründung verneint, daß diese Vorschriften ein Handeln zum Zwecke des Wettbewerbs voraussetzen, die Beklagte aber bei ihrem der Klage zugrunde liegenden Verhalten nicht mit einer auf Wettbewerb gerichteten Absicht, sondern ausschließlich aus religiös-weltanschaulichen Gründen mit einer ideellen Zielsetzung vorgegangen sei.
Der Angriff der Revision, das Berufungsgericht habe den Begriff des Handelns zu Zwecken des Wettbewerbs verkannt, ist unbegründet. Unter Berufung auf eine Entscheidung des Reichsgerichts (GRUR 1930, 977) vertritt die Revision die Auffassung, daß bei Gewerbetreibenden, die im Wettbewerbskampf stehen, jede Handlung, die objektiv geeignet sei, fremden oder eigenen Wettbewerb zu fördern, genüge, das Tatbestandsmerkmal eines Handelns zu Wettbewerbszwecken zu erfüllen, ohne daß es einer Prüfung der subjektiven Einstellung des Handelnden bedürfe. Die Revision verkennt hierbei, daß das Reichsgericht in der angezogenen Entscheidung das Bewußtsein der Förderung fremden Wettbewerbs nur als Beweisanzeichen für seine Annahme gewertet hat, die damalige Beklagte verfolge neben anderen Zielen mit ihrem Vorgehen auch Wettbewerbszwecke. Diese weitergehende Voraussetzung aber war erforderlich, weil der Begriff "zu Zwecken des Wettbewerbs" nach feststehender Rechtsprechung in subjektiver Beziehung eine auf Wettbewerb gerichtete Absicht erfordert (RG MuW 1927, 53 [55]; RG MuW 1929, 121 [122]). Der von Reimer (Warenzeichen- und Wettbewerbsrecht 2. Aufl. Kap. 67 Anm. 5) vertretenen abweichenden Ansicht vermag sich der Senat schon in Rücksicht auf den Gesetzeswortlaut nicht anzuschließen. Wenn auch die auf Förderung des eigenen oder fremden Wettbewerbs gerichtete Absicht nicht die einzige oder wesentliche Zielsetzung für die Handlung zu sein braucht, so darf doch dieser Wettbewerbszweck nicht als völlig nebensächlich hinter die eigentlichen Beweggründe zurücktreten (RG MuW 1930, 68 [69]; RGZ 118, 133 [138]; 149, 224 [227]). Es mag nun zwar im allgemeinen richtig sein, erfahrungsgemäß auf eine Wettbewerbsabsicht zu schließen, wenn Mitbewerber im geschäftlichen Verkehr Äußerungen tun, die objektiv geeignet sind, eigenen oder fremden Wettbewerb zu fördern. Es stellt aber keinen Rechtsverstoß dar, wenn das Berufungsgericht diese Beweisregel, die nicht zwingend ist und nur auf Grund von Erfahrungssätzen im Regelfall der inneren Wahrscheinlichkeit entspricht, in dem zur Entscheidung stehenden Sonderfall, in dem es sich um Kundgebungen in einem Kirchenblatt handelt, nicht für durchschlagend hält.
Ob das Tatbestandsmerkmal des Handelns "zu Zwecken des Wettbewerbs" erfüllt ist, unterliegt der freien Beweiswürdigung des Tatsachenrichters. Ohne Rechtsverstoß hat das Berufungsgericht den Umstand, daß in dem fraglichen Artikel kein Hinweis auf das von der Beklagten verlegte Kirchenblatt enthalten ist und keine finanzielle Abhängigkeit zwischen der Beklagten und dem P.-Ring oder dem dessen Lesemappe vertreibenden Katholischen L. e. V. besteht, das Fehlen einer inneren Wahrscheinlichkeit für eine Wettbewerbsabsicht, die von der Beklagten auszuräumen wäre, entnommen. Wenn das Berufungsgericht sodann - ausgehend von den seelsorgerischen Aufgaben des Bischofs, in dessen Auftrag die Beklagte als Verlegerin des Kirchenblattes gehandelt hat - zu dem Ergebnis gelangt, daß der beanstandete Artikel nach der redlichen Überzeugung der Beklagten lediglich ihrem Kampf gegen das ihrer Auffassung nach außerordentlich verderbliche und gefährliche Zeitschriften- und Magazinunwesen dienen sollte, so verstoßen diese Erwägungen nicht gegen die Rechtsgrundsätze, die vom Reichsgericht für das subjektive Erfordernis des Handelns zu Zwecken des Wettbewerbs aufgestellt worden sind (RG GRUR 1932, 468).
Begründet ist dagegen die Rüge der Revision, das Berufungsgericht habe den unter Zeugenbenennung angebotenen Beweis nicht übergehen dürfen, daß der beanstandete Artikel im Auftrage der Beklagten von dem Werbeleiter des "P.-Ringes" zu Werbungszwecken verfaßt und für die Dekanatsbeilage zur Verfügung gestellt worden sei (wird ausgeführt).
V.
Auch die Erwägungen, mit denen das Berufungsgericht die §§ 823 Abs 1 und 2, 826 in Verbindung mit § 1004 BGB als Anspruchsgrundlage ausscheidet, halten einer rechtlichen Nachprüfung nicht stand.
Zunächst ist zu beanstanden, daß das Berufungsgericht entscheidend darauf abstellt, ob die Beklagte in Beleidigungsabsicht gehandelt habe - eine Frage, die nur im Rahmen des Ehrenschutzes bedeutsam werden kann -, ohne zu prüfen, ob ein unmittelbarer Eingriff in den Gewerbebetrieb der Klägerin durch widerrechtliche Beeinträchtigung ihres gewerblichen Tätigkeitskreises vorliegt, der unter § 823 Abs 1 BGB fällt. Auch Äußerungen, die nicht einen Beleidigungstatbestand erfüllen, aber die Verhältnisse eines gewerblichen Unternehmens, seine Erzeugnisse oder sonstigen Leistungen herabsetzen und damit störend in die freie gewerbliche Entfaltung des Unternehmens eingreifen, können einen unmittelbaren Eingriff in das nach § 823 Abs 1 BGB geschützte Recht an der Ausübung eines eingerichteten Gewerbebetriebs darstellen. Da § 14 UnlWG und § 824 BGB Ansprüche nur bei unrichtigen Tatsachenbehauptungen gewähren, wäre der Rechtsschutz bei schädigenden Werturteilen, die nicht den Makel der Sittenwidrigkeit tragen und deshalb nicht unter die Generalklausel des § 1 UnlWG, § 826 BGB fallen, unvollkommen, wenn sie nicht als Verletzungshandlungen gegenüber dem Recht am Gewerbebetrieb gewertet werden könnten.
Das Reichsgericht bejahte zwar eine Verletzung des Rechtes am Gewerbebetrieb in seinen früheren Entscheidungen nur dann, wenn sich der Eingriff unmittelbar gegen den Bestand des Gewerbebetriebes richtete. Eine Schmälerung des wirtschaftlichen Gewinnes, der Aussicht auf Erwerb, wurde nicht als ausreichend angesehen (RGZ 101, 335 [337]; 102, 223 [225]; 126, 93, [96]). In späteren Entscheidungen ist das Reichsgericht jedoch auf dem Gebiet des Warenzeichen- und Wettbewerbsrechtes weiter gegangen und hat für den Unterlassungsanspruch jede widerrechtliche Beeinträchtigung der gewerblichen Betätigung für ausreichend erachtet, wenn sie einen unmittelbaren Eingriff in den Bereich des Gewerbebetriebs darstellt (RGZ 158, 377, [379]; 163, 21 [32]; RG MuW 1931, 276 [277]; 1935, 26 [30]; RG GRUR 1940, 375 [378]; GRUR 1942, 54 und 365). Es besteht jedoch kein sachlicher Grund, diesen Gedanken des Schutzes der gewerblichen Betätigung auf das Gebiet des Wettbewerbs und der gewerblichen Schutzrechte zu beschränken. Wie das Eigentum nicht nur in seinem Bestand, sondern auch in seinen einzelnen Ausstrahlungen - beispielsweise der Beeinträchtigung der unbeschränkten Verfügungsmacht (RGZ 156, 400) - durch § 823 Abs 1 BGB vor unmittelbaren Eingriffen geschützt ist, muß nach dieser Schutzvorschrift auch das Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb nicht nur in seinem eigentlichen Bestand, sondern auch in seinen einzelnen Erscheinungsformen, wozu der gesamte gewerbliche Tätigkeitskreis zu rechnen ist, vor unmittelbaren Störungen bewahrt bleiben.
Der strittige Artikel, der getragen von höchster kirchlicher Autorität jedermann, insbesondere aber den christlichen Leser, eindringlich vor der Zeitschrift der Klägerin warnt und diese Warnung mit einer achtungverletzenden Herabsetzung der hinter der Klägerin stehenden Personen verbindet, ist geeignet, die gewerbliche Betätigung der Klägerin empfindlich zu beeinträchtigen. Er stellt einen unmittelbaren Eingriff in das der Klägerin geschützte Recht einer störungsfreien Entfaltung ihres gewerblichen Tätigkeitskreises dar. Dieser Eingriff in den geschützten Rechtskreis der Klägerin, der den von der Rechtsordnung gewährten Schutz der gewerblichen Betätigung verletzt, wäre nur dann nicht widerrechtlich, wenn der Beklagten für diesen Eingriff ein besonderer Rechtfertigungsgrund zur Seite stehen würde (RG JW 1926, 364; Enneccerus-Lehmann 13. Aufl., Recht der Schuldverhältnisse, § 229 Anm. II, § 234 II 1). Hierbei kommt es entgegen der vom Berufungsgericht vertretenen Auffassung nicht entscheidend darauf an, ob der Tatbestand einer strafbaren Beleidigung vorliegt, da nicht der Ehrenschutz, sondern das Recht der Klägerin auf ungehinderte gewerbliche Betätigung in Frage steht. Wenn unlautere wettbewerbliche Momente, wie sie dem kritischen Vergleich von gewerblichen Erzeugnissen zu Werbungszwecken im Regelfall anhaften, ausscheiden, so wäre eine sachliche Kritik an der Zeitschrift der Klägerin selbst dann nicht widerrechtlich, wenn sie nachteilige Folgen für die Klägerin hätte, da eine solche Kritik nach Art. 5 GrundG jedem auf Grund seines Rechtes zur freien Meinungsäußerung offen steht. Gewerbestörende Werturteile aber, die den Boden der sachlichen Kritik verlassen, sind nur dann der Widerrechtlichkeit entkleidet, wenn sie nach Inhalt, Form und Begleitumständen zur Wahrnehmung rechtlich gebilligter Interessen objektiv erforderlich sind.
Der § 193 StGB gewährt zwar einen Rechtfertigungsgrund nur bei Ehrverletzungen. Diese Rechtsnorm regelt jedoch den Sonderfall von Interessenkollisionen, die auf dem Gebiet des Ehrenschutzes auftreten können, nach einem übergeordneten Rechtsgedanken, der in allen Fällen Bedeutung gewinnt, wo im Widerstreit verschiedener Belange die Verletzung eines Rechtsgutes in Kauf gekommen werden muß. Auch gewerbestörende Werturteile, die tatbestandsmäßig unter § 823 Abs 1 BGB fallen, können durch die Wahrnehmung berechtigter Interessen gerechtfertigt sein, wenn sich die Interessenwahrung in den vom Gesetz gebilligten Grenzen hält. Diese Grenzen sind nach dem für alle Fälle des Interessenwiderstreits geltenden Grundsatz der Güterund Pflichtenabwägung zu ziehen (RGSt 62, 83 [93]; 63, 202 [204]; 64, 10 [13]; 65, 422 [427]; 66, 1). Der Widerstreit zwischen dem verfolgten Interesse und dem Rechtsgut, das diesem Interesse aufgeopfert werden soll, ist unter Berücksichtigung der Grundsätze, die das Reichsgericht für den übergesetzlichen Notstand entwickelt hat, auszugleichen. Der Wertkonflikt darf lediglich in der gewählten Art zu lösen sein, wobei derjenige, der berechtigte Interessen nur durch den Eingriff in ein fremdes Rechtsgut wirksam wahrzunehmen vermag, das kleinste Rechtsübel, das schonendste Mittel, zu wählen hat. Rechtsverletzende Äußerungen sind daher nur dann durch die Wahrnehmung berechtigter Interessen gedeckt, wenn sie objektiv nach Inhalt, Form und Begleitumständen das gebotene und notwendige Mittel zur Erreichung des rechtlich gebilligten Zweckes bilden (Ebermayer 1951 Anm. III zu § 185 und 193 StGB, Frank StGB § 193 II 2 a; RGSt 42, 441 [443]; 61, 242 [254]). Ein Irrtum über die Notwendigkeit der Schwere und des Ausmaßes des Eingriffs in ein geschütztes Rechtsgut schließt, wenn er entschuldbar ist, nur die Schuld und damit die Schadenshaftung, nicht aber die gegenständliche Widerrechtlichkeit des Eingriffs aus (Schwarz 1941 Anm. 3c zu § 59 StGB; Baumbach-Hefermehl, Wettbewerbs- und Warenzeichenrecht, 6. Aufl. Allg. IV Anm. 6 C). Hierbei ist zu beachten, daß derjenige, der in einen fremden Rechtskreis zugunsten eigener oder ihm besonders nahestehender Belange störend eingreifen will, besonders sorgfältig zu prüfen hat, ob die Rechtsverletzung, die er begehen will, zur sachgemäßen Interessenwahrung nach Schwere und Ausmaß erforderlich ist. Unterbleibt diese Prüfung, bei der auch der Schutzwert des angegriffenen Rechtsgutes zu berücksichtigen ist, so ist das stets rechtswidrige Übermaß der Rechtsverletzung auch bei einem Irrtum über seine Erforderlichkeit nicht entschuldbar.
Diese Rechtsgrundsätze sind vom Berufungsgericht verkannt worden. Das Berufungsgericht geht zwar zutreffend davon aus, daß die Beklagte als Verlegerin einer von einem hohen kirchlichen Würdenträger herausgegebenen Druckschrift keine rechtliche Sonderstellung einnimmt, sondern ihr Verhalten nach den für alle geltenden gesetzlichen Bestimmungen zu beurteilen ist. Dem Berufungsgericht ist auch darin beizupflichten, daß die Belange, die im Abwehrkampf der Kirche gegen das von ihr mißbilligte Zeitschriftenunwesen auf dem Spiel standen, die Beklagte als Verlegerin des Kirchenblattes so nahe angehen, daß ihr ein besonderes Recht zur Wahrung dieser Interessen zuzubilligen ist (RGSt 63, 229 [231]; RGZ 115, 77 [80]). Das Berufungsgericht verkennt jedoch die Grenzen der Wahrnehmung berechtigter Interessen, wenn es einen Rechtfertigungsgrund auch für das von ihr unterstellte Übermaß der Rechtsverletzung deshalb für gegeben erachtet, weil die Beklagte ausschließlich mit einer ethisch einwandfreien Zielsetzung und nicht mit der Absicht, zu beleidigen, gehandelt habe. Auch sittliche Beweggründe gewähren kein Recht, die geschützten Interessen eines anderen über das erforderliche Maß aufzuopfern. Die vom Berufungsgericht vertretene Rechtsansicht, die die Widerrechtlichkeit der strittigen Äußerungen von der persönlichen Überzeugung und Willensrichtung des Verletzers abhängig machen will, würde das Rechtsgut der Ehre wie auch das Recht am eingerichteten Gewerbebetrieb selbst gegen gröbste Angriffe schutzlos stellen, wenn der Täter nicht aus verwerflichen Gründen, sondern nur mit dem Ziel handelt, durch das objektiv nicht gebotene Übermaß seiner Angriffe das von ihm verfolgte Interesse wirksamer durchzusetzen. Das Berufungsgericht übersieht, daß die Entscheidungen des Reichsgerichts, auf die es sich für seine gegenteilige Auffassung stützt (RG JW 1914, 368, 371; RGSt 40, 317), sich nur mit der Strafbarkeit - die stets ein Verschulden voraussetzt -, nicht aber der objektiven Widerrechtlichkeit von über Gebühr kränkenden Äußerungen befassen.
Es ist auch zu beanstanden, wenn das Berufungsgericht in Widerspruch zu seiner Auffassung, daß die Beklagte sich so behandeln lassen müsse, als habe sie den Artikel selbst verfaßt oder veranlaßt, das Verhalten der Beklagten im Rahmen des § 193 StGB aus der gewissen Konfliktslage rechtfertigen will, in der sie sich nach der Veröffentlichung des Artikels befunden habe. Stand der Beklagten ein Recht zu den Unwertkundgebungen in der vorliegenden Form bei dem Erscheinen des Artikels nicht zu, so kann dieses Recht, das die Beklagte auch für künftige Veröffentlichungen in Anspruch nimmt, nicht aus ihrer Lage nach Veröffentlichung des Artikels hergeleitet werden. Die Beklagte konnte, als die Klägerin an sie mit der Bitte um Zurücknahme des Artikels herantrat, in Ruhe überlegen, ob die beanstandeten Äußerungen über das zur Interessenwahrung gebotene Maß hinausgingen, wobei es gerade ihr als Verfechterin kirchlicher Belange ein besonderes Anliegen sein mußte, sorgfältig zu prüfen, ob die Zeitschrift der Klägerin nach ihrem Gesamtcharakter eine derart schwerwiegende Verächtlichmachung verbunden mit einer allgemein gehaltenen Ehrabschneidung ihrer Verleger und Lizenzträger rechtfertige. Liegt objektiv ein Übermaß des Eingriffs vor, so entschuldigt es die Beklagte, die dieses Übermaß gebilligt hat, keinesfalls, wie das Berufungsgericht rechtsirrig annimmt, daß auch bei Abschwächung der Ausdrucksform noch eine sachlich gebotene Rechtsverletzung verbleibe; denn nur der sachlich gebotene Eingriff in fremde Interessen, nicht aber der unnötige sogenannte Exzeß wird durch die Wahrung berechtigter Interessen gedeckt.
Ob ein rechtsverletzender Angriff über das zur Interessenwahrung sachlich gebotene Maß hinausgeht, ist Tatfrage. Das Berufungsgericht hat hierzu keine Feststellung getroffen. Ausgehend von seiner rechtsirrigen Auffassung, daß auch für die objektive Widerrechtlichkeit der strittigen Äußerungen allein die subjektive Überzeugung der Beklagten von ihrer Notwendigkeit maßgebend sei, hat das Berufungsgericht die Frage, ob ein sachlich nicht gebotenes Übermaß des Angriffs vorliegt, nicht für entscheidungserheblich erachtet. Das Berufungsgericht vertritt in diesem Zusammenhang die Ansicht, daß es nicht seine Aufgabe sein könne, "Stellung zu nehmen in dem Kampf der miteinander ringenden Weltanschauungen, wie sie hier in den fraglichen Kundgebungen (der Zeitschrift der Klägerin und dem Artikel, für den die Beklagten einzustehen haben) zutage treten, oder die Richtigkeit der in diesen Kundgebungen gefällten Werturteile nachzuprüfen". Dies ist nur insoweit richtig, als es dem Berufungsgericht nicht obliegt, über den Wert oder Unwert der von den Parteien verfolgten weltanschaulichen Ziele, soweit sie in Gegensatz zueinander treten, zu urteilen. Muß aber auch der Zeitschrift der Klägerin zugebilligt werden, wie aus der Begründung des angefochtenen Urteils zu entnehmen ist, daß sie sich mit weltanschaulichen Fragen auseinandersetzt, so kann sich das Berufungsgericht einer Feststellung darüber, ob der gegen diese Zeitschrift gerichtete Angriff der Beklagten nach Inhalt, Form und Begleitumständen bei objektiver Betrachtungsweise noch in den Grenzen rechtlich gebilligter Interessenwahrung liegt, nicht entziehen. Hierbei ist zu beachten, daß das zulässige Maß des Angriffs anders zu beurteilen ist, wenn er sich gegen eine Zeitschrift mit allgemein zuchtlosem Inhalt richtet, als wenn er auf eine Zeitschrift trifft, der die Verfolgung ernsthafter Bestrebungen - ganz oder teilweise - nicht abzusprechen ist. Entscheidend sind bei dieser Beurteilung nicht einzelne Beiträge der Zeitschrift, sondern ihr Gesamtcharakter. Das Berufungsgericht wird somit bei einer erneuten Verhandlung des Rechtsstreits, falls wettbewerbliche Bestimmungen auch nach einer weiteren tatsächlichen Klärung als Anspruchsgrundlage entfallen sollten, prüfen müssen, ob es das sachlich erforderliche und nicht zu mildernde Mittel für einen wirksamen Abwehrkampf gegen die Zeitschrift der Klägerin darstellt, wenn diese Zeitschrift mit Magazinen allgemein als anstößig empfundener Prägung gleichgestellt und den Verlegern und Lizenzträgern der Klägerin vorgeworfen wird, mit der Herausgabe dieser Zeitschrift in gewissenloser, ethisch verwerflicher Weise den moralischen Verfall des Volkes zu eigennützigen, gewinnsüchtigen Zwecken auszunützen. Hierbei wird das Berufungsgericht auch berücksichtigen müssen, daß die weitgehende moralische Verfemung der hinter der Klägerin stehenden Personen und ihres Verlagsobjektes in einer periodischen Druckschrift der Beklagten veröffentlicht worden ist. Bei Presseangriffen aber sind wegen ihrer unberechenbaren und tiefgreifenden Wirkung die Grenzen für das durch Interessenwahrung noch gedeckte Maß der Rechtsgutverletzung besonders eng zu ziehen (RGSt 63, 92 [94])...
Unentschieden kann bei Zugrundelegung dieser Rechtsauffassung bleiben, ob die Klägerin als Kapitalgesellschaft als beleidigungsfähig anzusehen ist. Zwar können die vom Landgericht in dieser Hinsicht erörterten Bedenken nicht durch die Abtretungserklärung als ausgeräumt angesehen werden, weil der Anspruch auf Unterlassung ehrverletzender Äußerungen auf Grund seiner höchstpersönlichen Natur nicht abtretbar ist (RG HRR 1933, 919). Wird jedoch die Widerrechtlichkeit der strittigen Äußerungen festgestellt, so ist als Klaggrundlage § 823 Abs 1 BGB gegeben, so daß es keiner Erörterung bedarf, ob die Beklagte auch ein den Schutz der Klägerin dienendes Gesetz im Sinn von § 823 Abs 2 BGB verletzt habe, weil sich aus dieser Schutzvorschrift keine weitergehenden Ansprüche ergeben würden.
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung vom 4. Mai 2000 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Erdmann und die Richter Starck, Prof. Dr. Bornkamm, Dr. Büscher und Raebel
für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil des Hanseatischen Oberlandesgerichts Hamburg, 3. Zivilsenat, vom 25. September 1997 wird auf Kosten der Klägerin zurückgewiesen.
Von
Rechts wegen
Tatbestand:
Die Klägerin ist Herstellerin hochwertiger Parfums - u.a. der Marke "Poison" -, die sie über ein ausgewähltes Händlernetz vertreibt. Die Beklagte, die nicht zu den Vertragshändlern der Klägerin gehört, bietet in ihren Kaffee-Filialgeschäften ebenfalls das Parfum "Poison" an, das sie auf der Klägerin im einzelnen nicht bekannten Wegen bezieht. Ihr Nebensortiment bewirbt sie mit einem Prospekt, dem "T. Magazin". Dort fand sich im Herbst 1994 die nachstehend wiedergegebene Abbildung einer Flasche des Parfums "Poison":
Die Klägerin sieht hierin eine Verletzung des Urheberrechts an dem Parfumflakon. Sie ist der Ansicht, es handele sich bei diesem von der französischen Glaskünstlerin V‚ronique Monod geschaffenen Flakon um ein Werk der angewandten Kunst. Frau Monod habe ihr, der Klägerin, umfassende ausschließliche Nutzungsrechte an diesem Werk eingeräumt.
Die Klägerin hat die Beklagte - soweit in der Revisionsinstanz noch von Bedeutung - wegen der Abbildung des Flakons auf Unterlassung in Anspruch genommen.
Die Beklagte ist der Klage entgegengetreten. Sie hat die Schutzfähigkeit des Flakons in Abrede gestellt und die Ansicht vertreten, die beanstandete Abbildung stelle eine aufgrund der eingetretenen Erschöpfung zulässige Weiterverbreitung dar. Im übrigen sei es rechtsmißbräuchlich, daß die Klägerin mit Hilfe des Urheberrechts legale Parallelimporte zu unterbinden versuche.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Die Berufung der Klägerin hatte keinen Erfolg (OLG Hamburg ZUM-RD 1998, 2).
Hiergegen richtet sich die Revision der Klägerin, mit der sie ihr Klagebegehren weiterverfolgt. Die Beklagte beantragt, die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe:
I. Das Berufungsgericht hat einen Unterlassungsanspruch der Klägerin aus § 97 Abs. 1 UrhG verneint und zur Begründung ausgeführt:
Es sei zweifelhaft, könne aber letztlich offenbleiben, ob der fragliche Flakon als Werk der angewandten Kunst urheberrechtlichen Schutz genieße. Denn im Streitfall bestünden keine Bedenken, die Bestimmung des § 58 UrhG über die Vervielfältigung und Verbreitung von Katalogbildern entsprechend anzuwenden und dabei auch den Rechtsgedanken aus § 59 Abs. 1 UrhG über die Zulässigkeit der Vervielfältigung und Verbreitung von Abbildungen von Werken, die sich bleibend an öffentlichen Straßen und Plätzen befinden, fruchtbar zu machen. Dies habe zur Folge, daß die Abbildung des Flakons auch ohne Zustimmung der Klägerin habe hergestellt und verbreitet werden dürfen. Dem könne nicht entgegengehalten werden, daß Ausnahmevorschriften wie die urheberrechtlichen Schrankenbestimmungen einer analogen erweiternden Auslegung nicht zugänglich seien. Einen allgemeinen Grundsatz, wonach Ausnahmebestimmungen stets eng auszulegen seien, gebe es nicht. Auch eine Ausnahmevorschrift sei der Analogie zugänglich, soweit das ihr zugrundeliegende Prinzip auf einen nicht ausdrücklich geregelten Fall Anwendung finden könne. Die Berufung der Klägerin auf das ihr ausschließlich zustehende Vervielfältigungsrecht sei in der gegebenen Konstellation nicht typisch. Das Interesse der Klägerin sei nicht auf den Handel mit urheberrechtlich geschützten Gegenständen gerichtet. Vielmehr solle das visuelle Erscheinungsbild ihrer Produktlinie Allgemeingut werden. Daher sei die Abbildung des Produkts im Rahmen des Vertriebs ein Vorgang, der den Vertriebspartnern selbstverständlich gestattet sei.
II. Die gegen diese Beurteilung gerichteten Angriffe der Revision haben keinen Erfolg. Das Berufungsgericht hat im Ergebnis zu Recht angenommen, daß der Klägerin gegenüber der Beklagten wegen der beanstandeten Vervielfältigung und Verbreitung der Abbildungen des Flakons kein Anspruch aus § 97 Abs. 1 UrhG zusteht.
1. Das Berufungsgericht hat es offengelassen, ob der in Rede stehende Flakon als Werk der angewandten Kunst urheberrechtlichen Schutz genießt (§ 2 Abs. 1 Nr. 4, Abs. 2 UrhG) oder nicht. Dementsprechend hat es auch keine weiteren tatsächlichen Feststellungen dazu getroffen, ob und gegebenenfalls in welcher Hinsicht sich die Formgestaltung der Flasche von dem vorbekannten Formenschatz abhebt. Unter diesen Umständen muß für das Revisionsverfahren davon ausgegangen werden, daß der Flakon als Werk der angewandten Kunst eine persönliche geistige Schöpfung der mit der Formgestaltung beauftragten Künstlerin darstellt.
2. Mit der Herstellung und dem Vertrieb des fraglichen Prospekts hat die Beklagte, soweit darin der Flakon abgebildet ist, grundsätzlich in das Vervielfältigungs- und Verbreitungsrecht eingegriffen (§ 16 Abs. 1, § 17 Abs. 1 UrhG). An dem Flakon stehen der Klägerin - auch dies ist in Ermangelung entsprechender Feststellungen im Berufungsurteil zu unterstellen - ausschließliche Nutzungsrechte zu. Dem steht der Umstand nicht entgegen, daß das Werk nicht in seiner plastischen Körperform, sondern als Flächenabbildung vervielfältigt worden ist. Jede körperliche Festlegung eines Werkes, die geeignet ist, das Werk den menschlichen Sinnen auf irgendeine Art mittelbar oder unmittelbar wahrnehmbar zu machen, stellt eine Vervielfältigung i.S. des § 16 Abs. 1 UrhG dar (BGH, Urt. v. 1.7.1982 - I ZR 119/80, GRUR 1983, 28, 29 - Presseberichterstattung und Kunstwerkwiedergabe II, m.w.N.). Dazu gehört auch die Vervielfältigung von körperlichen Kunstwerken durch bildhafte Wiedergabe.
3. Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts läßt sich die Rechtmäßigkeit des Verhaltens der Beklagten nicht aus einer entsprechenden Anwendung der §§ 58, 59 UrhG herleiten.
a) Die Revision weist zunächst mit Recht darauf hin, daß die §§ 58, 59 UrhG wie alle auf der Sozialbindung des geistigen Eigentums beruhenden Schrankenbestimmungen der §§ 45 ff. UrhG grundsätzlich eng auszulegen und einer analogen Anwendung nur in seltenen Ausnahmefällen zugänglich sind (vgl. BGHZ 50, 147, 152 - Kandinsky I; 58, 262, 265 - Landesversicherungsanstalt; BGH, Urt. v. 1.7.1982 - I ZR 118/80, GRUR 1983, 25, 27 - Presseberichterstattung und Kunstwerkwiedergabe I; GRUR 1983, 28, 29 - Presseberichterstattung und Kunstwerkwiedergabe II; BGHZ 87, 126, 129 - Zoll- und Finanzschulen; BGH, Urt. v. 18.4.1985 - I ZR 24/83, GRUR 1985, 874, 875, 876 - Schulfunksendung; BGHZ 99, 162, 164 f. - Filmzitat; 114, 368, 371 - Liedersammlung; BGH, Urt. v. 12.11.1992 - I ZR 194/90, GRUR 1993, 822, 823 - Katalogbild; BGHZ 123, 149, 155 f. - Verteileranlagen; 134, 250, 263 f. - CB-infobank I; 140, 183, 191 - Elektronische Pressearchive). Dies hat seinen Grund weniger darin, daß Ausnahmevorschriften generell eng auszulegen wären, sondern beruht darauf, daß mit den Schrankenbestimmungen das Ausschließlichkeitsrecht begrenzt wird, das dem Urheber hinsichtlich der Verwertung seiner Werke an sich, und zwar dem Grundsatz gemäß, daß der Urheber an der wirtschaftlichen Nutzung seiner Werke tunlichst angemessen zu beteiligen ist, möglichst uneingeschränkt zusteht.
b) Nach § 58 UrhG ist es zulässig, öffentlich ausgestellte sowie zur öffentlichen Ausstellung oder zur Versteigerung bestimmte Werke der bildenden Künste in Verzeichnissen, die zur Durchführung der Ausstellung oder Versteigerung vom Veranstalter herausgegeben werden, zu vervielfältigen und zu verbreiten. Auf diese Regelung kann sich die Beklagte nicht mit Erfolg berufen.
Ob die unmittelbare oder entsprechende Anwendung des § 58 UrhG schon daran scheitert, daß diese Bestimmung - wie im Schrifttum vertreten wird (v. Gamm, Urheberrechtsgesetz, § 58 Rdn. 2; Schricker/Vogel, Urheberrecht, 2. Aufl., § 58 UrhG Rdn. 10; a.A. Nordemann in Fromm/Nordemann, Urheberrecht, 9. Aufl., § 58 UrhG Rdn. 1) - nur auf Werke der bildenden Kunst im engeren Sinne, dagegen nicht auf Werke der angewandten Kunst Anwendung findet, erscheint zweifelhaft. Werke der angewandten Kunst zählen grundsätzlich ebenso wie etwa Bilder, Skulpturen und Graphiken zu den Werken der bildenden Kunst (vgl. § 2 Abs. 1 Nr. 4 UrhG); bei ihnen kann ebenso wie bei Werken der reinen Kunst das Bedürfnis bestehen, sie in einem Ausstellungs- oder Versteigerungskatalog abzubilden.
Die Frage bedarf aber vorliegend keiner Entscheidung. Denn § 58 UrhG ist schon deswegen nicht anwendbar, weil es sich bei dem Flakon der Klägerin nicht um ein öffentlich ausgestelltes oder versteigertes Werk und bei dem Werbeprospekt nicht um ein Verzeichnis handelt, das zur Durchführung einer Ausstellung oder Versteigerung herausgegeben worden ist. Auch eine entsprechende Anwendung dieser Bestimmung kommt nicht in Betracht. Die gesetzliche Regelung verfolgt das Ziel, allen Beteiligten zu dienen: dem Veranstalter, dem in der Regel keine Nutzungsrechte an den Ausstellungsstücken zustehen, dem Informationsbedürfnis des Publikums und nicht zuletzt dem Interesse des Urhebers, die Publizität und den Absatz der ausgestellten Werke zu fördern (vgl. Begründung zu § 59 des Regierungsentwurfs eines UrhG, BT-Drucks. IV/270, S. 76; BGH GRUR 1993, 822, 823 - Katalogbild, mit Anm. Jacobs; Schricker/Vogel aaO § 58 UrhG Rdn. 3). Bei der Abbildung des Flakons in dem Werbeprospekt geht es dagegen allein um das Absatzinteresse der Beklagten; an einer illustrierten Information über das Werkschaffen des Urhebers ist ihr anders als dem Aussteller, der Ausstellungsstücke in einem Katalog zeigt, nicht gelegen. Damit fehlt eine Vergleichbarkeit der Interessenlage, die neben einer bestehenden Regelungslücke Voraussetzung für eine analoge Anwendung des § 58 UrhG wäre. Dementsprechend hat der Senat die Katalogbildfreiheit nur auf den Katalog, nicht dagegen auf einen Werbeprospekt erstreckt, auf dem ein zur Versteigerung stehendes Bild ebenfalls abgedruckt war (BGH GRUR 1993, 822, 823 f. - Katalogbild).
c) Aus der Regelung des § 59 UrhG, nach der es zulässig ist, Abbildungen von Werken, die sich bleibend an öffentlichen Wegen, Straßen und Plätzen befinden, zu vervielfältigen und zu verbreiten, lassen sich keine Erkenntnisse für die Beurteilung des Streitfalls gewinnen. Zwar geht es in dieser Bestimmung darum, Gestaltungsformen, die - wie das Landgericht zutreffend bemerkt - für jedermann ohne weiteres zugänglicher Bestandteil des öffentlichen Umfeldes sind, zur Wiedergabe mit bildlichen Mitteln freizugeben. Doch läßt sich der - einen ganz speziellen Tatbestand regelnden - gesetzlichen Bestimmung des § 59 UrhG kein derart weitreichender, allgemeine Geltung beanspruchender Rechtsgedanke entnehmen, wonach an allgemein zugänglichen Gestaltungen durchweg ein den Belangen des Urhebers vorzugswürdiges Freihalteinteresse der ™ffentlichkeit anzuerkennen sei.
4. Auch wenn die (entsprechende) Anwendung der Schrankenbestimmungen der §§ 58, 59 UrhG nicht in Betracht kommt, erweist sich das angefochtene Urteil doch aus anderen Gründen als zutreffend (§ 563 ZPO).
a) Die beanstandete Wiedergabe des Flakons in dem Verkaufsprospekt der Beklagten stellt keine Urheberrechtsverletzung dar, weil die Zustimmung des Berechtigten zum Vertrieb der Flakons nicht nur den Weitervertrieb (§ 17 Abs. 2 UrhG), sondern auch eine werbliche Ankündigung mit umfaßt, die im Zusammenhang mit dem (zulässigen) Weitervertrieb steht und sich im Rahmen dessen hält, was für einen solchen Vertrieb üblich ist.
Mit Recht weist die Revision allerdings darauf hin, daß sich die Beklagte ohne Erfolg auf den Erschöpfungseinwand nach § 17 Abs. 2 UrhG beruft. Denn eine Erschöpfung kann im Urheberrecht grundsätzlich nur hinsichtlich des Verbreitungsrechts, nicht dagegen hinsichtlich des hier ebenfalls in Rede stehenden Vervielfältigungsrechts eintreten (vgl. zu der Erwägung, auch das Recht der öffentlichen Wiedergabe unterliege der Erschöpfung, BGH, Urt. v. 17.2.2000 - I ZR 194/97, Umdr. S. 11 ff. - Kabelweitersendung, m.w.N.). Die gesetzliche Regelung in § 17 Abs. 2 UrhG ist jedoch Ausdruck des allgemeinen Grundsatzes, daß das Urheberrecht ebenso wie andere Schutzrechte gegenüber dem Interesse an der Verkehrsfähigkeit der mit Zustimmung des Berechtigten in Verkehr gesetzten Waren zurücktreten muß (vgl. BGH, Urt. v. 6.3.1986 - I ZR 208/83, GRUR 1986, 736, 737 f. - Schallplattenvermietung). Innerhalb eines einheitlichen Wirtschaftsraums soll das mit Zustimmung des Berechtigten in Verkehr gesetzte Werkstück ungeachtet des urheberrechtlichen Schutzes frei zirkulieren dürfen. Dem Berechtigten ist es unbenommen, die Erstverbreitung des Werkstücks zu untersagen oder von einer angemessenen, auch diese Nutzung seines Werks berücksichtigenden Vergütung abhängig zu machen. Hat er diese Zustimmung aber erst einmal erteilt, soll es ihm verwehrt sein, mit Hilfe des Urheberrechts die weiteren Absatzwege dieser Ware zu kontrollieren.
Der mit der Erschöpfung verfolgte Zweck, die Verkehrsfähigkeit der Waren sicherzustellen, betrifft im allgemeinen allein das Verbreitungsrecht. Der Verkehrsfähigkeit dienen darüber hinaus aber auch Angebote und andere Werbehinweise auf die angebotene Ware. Durch sie wird allerdings unter Umständen nicht nur in das Verbreitungsrecht, sondern auch in andere urheberrechtliche Verwertungsrechte eingegriffen. So liegt im Streitfall in der Abbildung der Ware in einem Werbeprospekt eine Vervielfältigung des Flakons. Zeigt beispielsweise eine Buchhandlung in einem Prospekt oder einer Zeitungsanzeige die angebotenen Bücher, liegt darin ebenfalls eine Vervielfältigung der auf dem Buchdeckel zu erkennenden Lichtbilder oder Lichtbildwerke; entsprechendes gilt für den in der Anzeige eines Möbelgeschäfts zu erkennenden Designerstuhl oder den ausgefallenen (urheberrechtlich geschützten) Vorhangstoff. In derartigen Fällen ist mit der Ausübung des Verbreitungsrechts üblicherweise ein derartiger Eingriff in das Vervielfältigungsrecht verbunden, der auch sonst nicht als eine gesondert zustimmungsbedürftige Nutzung angesehen wird. Vielmehr wird derjenige, der urheberrechtlich berechtigt ist, die Ware zu vertreiben, auch hinsichtlich der darüber hinausgehenden, sich jedoch im Rahmen üblicher Absatzmaßnahmen haltenden Nutzung ohne weiteres als berechtigt angesehen, ohne daß es der Konstruktion einer - möglicherweise über mehrere Absatzstufen hinweg konkludent erteilten - zusätzlichen Nutzungsrechtseinräumung bedürfte (vgl. hierzu Kur, GRUR Int. 1999, 24, 26 ff., die allerdings eine Gesetzesänderung für erforderlich hält).
Mit Recht weist die Revisionserwiderung auf eine insofern bestehende Parallele zum Markenrecht hin, wo allerdings der Erschöpfungseinwand nach neuem anders als nach altem Recht (BGH, Urt. v. 10.4.1997 - I ZR 65/92, GRUR 1997, 629, 632 = WRP 1997, 742 - Sermion II) nicht mehr grundsätzlich auf das Verbreitungsrecht beschränkt ist und daher unmittelbar herangezogen wird. Aber bereits in der Rechtsprechung zum Warenzeichengesetz war anerkannt, daß nicht nur das Recht, die markierte Ware weiterzuvertreiben, Gegenstand des zeichenrechtlichen Verbrauchs ist, sondern auch das Recht, die Marke in der Werbung oder anderen Ankündigungen zu benutzen. Durch das Inverkehrbringen der mit der Marke versehenen Waren werde, so hat der Bundesgerichtshof in den Entscheidungen "Ankündigungsrecht I und II" ausgeführt, nicht nur das Erstvertriebsrecht erschöpft, sondern auch das den Weitervertrieb durch entsprechende Ankündigungen erst ermöglichende Ankündigungsrecht; ohne Nennung der Originalware, also ohne Anbringung der Marke auf Ankündigungen, Preislisten, Geschäftsbriefen, Empfehlungen, Rechnungen oder dergleichen, sei der bestimmungsgemäße Weitervertrieb praktisch nicht möglich (BGH, Urt. v. 30.4.1987 - I ZR 39/85, GRUR 1987, 707, 708; Urt. v. 30.4.1987 - I ZR 237/85, GRUR 1987, 823, 824; vgl. auch Ingerl/Rohnke, Markengesetz, § 24 Rdn. 5).
Ebenso hat der Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften zu Art. 7 MarkenRL entschieden, daß es dem Markeninhaber als eine Folge der Erschöpfung unmöglich gemacht werden solle, die nationalen Märkte abzuschotten und dadurch die Beibehaltung eventueller Preisunterschiede zwischen den Mitgliedstaaten zu fördern. Wäre - so hat der Gerichtshof ausgeführt - das Recht, die Benutzung der Marke zur Ankündigung des weiteren Vertriebs zu verbieten, nicht ebenso erschöpft wie das Recht, den Wiederverkauf zu verbieten, so würde dieser Wiederverkauf erheblich erschwert und der mit dem Erschöpfungsgrundsatz verfolgte Zweck verfehlt. Daher könne der Markeninhaber den Wiederverkäufer, der gewöhnlich Artikel gleicher Art (nicht notwendig gleicher Qualität) wie die mit der Marke versehenen Waren vertreibt, nicht daran hindern, die Marke im Rahmen der für seine Branche üblichen, den Ruf der Marke nicht erheblich beeinträchtigenden Werbeformen zu benutzen, um der ™ffentlichkeit den weiteren Vertrieb dieser Waren anzukündigen (EuGH, Urt. v. 4.11.1997 - Rs. C-337/95, Slg. 1997, I-6013 = GRUR Int. 1998, 140, 143 = WRP 1998, 150 Tz. 37 f. - Parfums Christian Dior/Evora; vgl. auch EuGH, Urt. v. 11.7.1996 - Rs. C-427/93, C-429/93 und C-436/93, Slg. 1996, I-3457 = GRUR Int. 1996, 1144, 1146 f. = WRP 1996, 880 Tz. 26 ff. - Bristol-Myers Squibb). Darüber hinaus hat der Gerichtshof in einem ebenfalls die Klägerin des vorliegenden Verfahrens betreffenden Fall klargestellt, daß der Hersteller auch einen eventuell bestehenden urheberrechtlichen Schutz der Produktausstattung nicht einsetzen könne, um die Vertriebswege zu kontrollieren: Der durch das Urheberrecht hinsichtlich der Abbildung von geschützten Werken im Werbematerial des Wiederverkäufers gewährte Schutz könne jedenfalls nicht weitergehen als der Schutz, den ein Markenrecht seinem Inhaber unter denselben Umständen gewährt (EuGH Slg. 1997, I-6013 = GRUR Int. 1998, 140, 144 = WRP 1998, 150 Tz. 58 - Parfums Christian Dior/Evora; hierzu eingehend Kur, GRUR Int. 1999, 24 ff.).
Ohne Erfolg weist die Revision in diesem Zusammenhang darauf hin, daß im Gemeinschaftsrecht nur dann von einer Erschöpfung der marken- und urheberrechtlichen Befugnisse ausgegangen werde, wenn der Wiederverkäufer gewöhnlich Artikel der gleichen Art vertreibe. Dem unstreitigen Sachvortrag läßt sich nämlich entnehmen, daß die Beklagte neben Kaffee ein weitgefächertes, wechselndes Nebensortiment führt, das in nicht unerheblichem Umfang auch Parfums umfaßt.
Diese Grundsätze sind auch für das nationale Urheberrecht von Bedeutung. Denn das nationale Urheberrecht möchte die Verkehrsfähigkeit der einmal mit Zustimmung des Berechtigten in Verkehr gebrachten Waren ebenso sichern, wie die Bestimmungen des EG-Vertrages die Verkehrsfähigkeit der Güter innerhalb des Binnenmarktes gewährleisten sollen. Die dargestellten Grundsätze sind daher dort heranzuziehen, wo die Gestaltung eines Produkts urheberrechtlichen Schutz genießt und insofern in seinen Wirkungen mit einem markenrechtlichen Schutz der Ausstattung verglichen werden kann. Könnte hier der Hersteller mit Hilfe des Urheberrechts eine übliche werbende Ankündigung des Produkts unterbinden, wäre ihm ein Instrument zur Kontrolle des Weitervertriebs an die Hand gegeben, über das er im Interesse der Verkehrsfähigkeit der mit seiner Zustimmung in Verkehr gebrachten Waren gerade nicht verfügen soll. Insofern ist der vorliegende Fall dem Sachverhalt nicht vergleichbar, der der Senatsentscheidung "Bedienungsanweisung" zugrunde lag (BGH, Urt. v. 10.10.1991 - I ZR 147/89, GRUR 1993, 34). Dort hatte ein Händler, der - lediglich mit einer Bedienungsanweisung in englischer Sprache ausgestattete - reimportierte Motorsägen vertrieb, die deutschsprachige Bedienungsanweisung des Herstellers kopiert, um sie den reimportierten Sägen beizulegen. Sein Einwand, der Hersteller setze das Urheberrecht mißbräuchlich ein, um die Vertriebswege zu kontrollieren, fand in jenem Verfahren - mit Recht - kein Gehör. Denn dort betraf der Eingriff in das Urheberrecht nicht die weiterzuvertreibende Ware.
b) Findet der von der Klägerin geltend gemachte Unterlassungsanspruch schon im nationalen Urheberrecht keine Grundlage, kommt es nicht darauf an, ob im Streitfall - was die Revision in Abrede stellen möchte - ein grenzüberschreitender Warenverkehr berührt ist, was zweifelhaft sein könnte, wenn die Beklagte das Parfum der Marke Dior im Inland erwirbt. Damit kann auch offenbleiben, ob durch die mit der Klage beanspruchten weitergehenden Rechte die Freiheit des Warenverkehrs in der Europäischen Union in unzulässiger Weise beschränkt würde (Art. 28, 30 EG).
III. Danach ist die Revision der Klägerin mit der Kostenfolge aus § 97 Abs. 1 ZPO zurückzuweisen.
Erdmann Starck Bornkamm
Büscher RiBGH Raebel ist infolge Urlaubs an der Unterschriftsleistung verhindert.