Detektionseinrichtung I
ZPO §§ 256, 343
LG Mannheim, Entscheidung vom 17.11.2000 - 7 O 164/00 -
OLG Karlsruhe, Entscheidung vom 08.01.2003 - 6 U 5/01 -
Leitsätze
a) Das Feststellungsinteresse für eine negative
Feststellungsklage besteht nach Erhebung einer Leistungsklage
umgekehrten Rubrums jedenfalls nicht mehr weiter, wenn im Verfahren
über die Leistungsklage eine Sachentscheidung ergangen ist.
b) Das Verfahren über eine negative Feststellungsklage, in dem
in der Instanz bereits ein die begehrte Feststellung aussprechendes
Versäumnisurteil ergangen ist, gegen das ein
zulässiger Einspruch eingelegt wurde, wird infolge Wegfalls
des Feststellungsinteresses unzulässig, sofern vor einer
Entscheidung nach § 343 ZPO eine Entscheidung über
die anhängige parallele Leistungsklage des Beklagten, und sei
es auch nur eine Entscheidung dem Grunde nach, ergeht.
c) Die auf einen Mindestbetrag gerichtete Klage steht von dem Zeitpunkt
an, zu dem sie nicht mehr einseitig zurückgenommen werden
kann, grundsätzlich auch der negativen Feststellungsklage
entgegen, soweit mit dieser eine über den Mindestbetrag
hinausgehende Feststellung dahin begehrt wird, dass die Forderung nicht
besteht.
BGH, Urt. v. 21. Dezember 2005 - X ZR 17/03 - OLG Karlsruhe, LG Mannheim
Der X. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche
Verhandlung vom 18. Oktober 2005 durch die Richter Scharen,
Keukenschrijver, die Richterin Mühlens, die Richter Asendorf
und Dr. Kirchhoff
für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten wird das am 8. Januar 2003
verkündete Urteil des 6. Zivilsenats des Oberlandesgerichts
Karlsruhe im Kostenausspruch teilweise aufgehoben und im
Übrigen abgeändert und insgesamt wie folgt neu
gefasst:
Der Rechtsstreit ist, soweit die Beklagte das Versäumnisurteil
des Oberlandesgerichts Karlsruhe vom 8. Januar 2003 mit dem Einspruch
angegriffen hat, wegen des Feststellungsbegehrens in Höhe von
599.847,12 EUR (entsprechend 1.173.199 DM) in der Hauptsache erledigt.
Wegen des Feststellungsbegehrens in Höhe von weiteren
64.832,33 EUR (entsprechend 126.801 DM) wird die Klage als
unzulässig abgewiesen.
Bei der Entscheidung über die durch die Säumnis der
Beklagten im Berufungsrechtszug veranlassten Kosten verbleibt es. Im
Übrigen tragen die Klägerin 83/200 und die Beklagte
117/200 der Kosten erster und zweiter Instanz; von den Kosten des
Revisionsverfahrens tragen die Klägerin 11/20 und die Beklagte
9/20.
Von Rechts wegen
Tatbestand:
Der Beklagte lieferte im Jahr 1996 in C. gefertigte, über die
E. Ltd., ... (nachfolgend: ESL) nach Deutschland importierte
Funkwanduhren an Unternehmen der Handelsgruppe L. . Die
Klägerin hat darin eine Verletzung des deutschen Patents 35 10
861 (Streitpatent) gesehen, das eine Anzeigen-Detektionseinrichtung zur
vollautomatischen Erkennung und Korrektur der Anzeige analog
anzeigender Funkuhren mittels Lichtschranken betrifft und dessen
Inhaberin ein Schwesterunternehmen der Beklagten, die G. GmbH
(nachfolgend: Patentinhaberin) war. ESL hat Klage auf
Nichtigerklärung des Streitpatents erhoben, die
zunächst zur Teilnichtigerklärung durch das
Bundespatentgericht führte; Patentanspruch 2 blieb dabei
bestehen. Daraufhin verwarnte die Klägerin, die befugt ist,
Rechte am Streitpatent geltend zu machen, zwei Unternehmen der L.
-Gruppe (Antragsgegnerinnen) als Abnehmer und Anbieter
patentverletzender Uhren und erwirkte am 13. Dezember 1996 im
Beschlussweg ergangene einstweilige Verfügungen des
Landgerichts Düsseldorf. Die Antragsgegnerinnen legten dagegen
keinen Widerspruch ein, sondern gaben eine Abschlusserklärung
ab und schlossen zusammen mit anderen Unternehmen der L. -Gruppe mit
der Klägerin am 21. Februar 1997 eine Vereinbarung, mit der
sie sich den Ansprüchen der Beklagten aus dem Streitpatent
unterwarfen.
Nach Einreichung der Berufung gegen das Urteil des Bundespatentgerichts
erwirkte die Klägerin am 3. Juni 1997 eine einstweilige
Verfügung des Landgerichts Düsseldorf gegen die
Beklagte (abgedruckt in Entscheidungen der 4. Zivilkammer des
Landgerichts Düsseldorf 1997, 58) und erhob auch in der
Hauptsache Klage. Im Verfügungs-Berufungsverfahren nahm die
Klägerin den Antrag auf Erlass der Verfügung
zurück; auch die Hauptsacheklage wurde
zurückgenommen. Das Nichtigkeitsberufungsverfahren
führte zur weitergehenden Teilnichtigerklärung des
Streitpatents im Umfang seines vom Bundespatentgericht noch als
schutzfähig angesehenen nebengeordneten Patentanspruchs 2
(Sen.Urt. v. 23.09.1999 - X ZR 50/97, abgedruckt bei Bausch,
Nichtigkeitsrechtsprechung in Patentsachen Bd. 3, 129). Alsbald darauf
teilte die Beklagte der Klägerin mit, dass ihr auf Grund des
unberechtigten Vorgehens der Klägerin ein vorläufig
mit 1.718.965 DM bezifferter Schaden entstanden sei. Daraufhin erhob
die Klägerin vor dem Landgericht Mannheim negative
Feststellungsklage mit dem Antrag zu erkennen, dass der Beklagten ein
Schadensersatzanspruch über diesen Betrag nicht zustehe.
Insbesondere leugnete sie ein Verschulden ihrerseits. Das Landgericht
hat dem Klagebegehren entsprochen, weil der Klägerin ein
Verschulden hinsichtlich der Beurteilung der Schutzrechtslage nicht zur
Last falle. Die Beklagte hat daraufhin beim Landgericht
Düsseldorf Leistungsklage auf angemessenen Schadensersatz,
mindestens 1.173.199 DM, anhängig gemacht (Az. 4a O 344/01).
Hierüber ist am 20. Dezember 2001 erstmals mündlich
verhandelt worden. Das Berufungsverfahren über die negative
Feststellungsklage verzögerte sich, weil die Beklagte
zunächst ein Versäumnisurteil über sich
ergehen ließ, das sie, soweit es die gerichtliche
Feststellung das Nichtbestehen eines Anspruchs über mehr als
1.300.000 DM betraf, nicht angegriffen hat, und weil die Beklagte in
der Folgezeit die Richter des Oberlandesgerichts Karlsruhe erfolglos
ablehnte.
Das Landgericht Düsseldorf hat am 17. September 2002, d.h. vor
Erlass des angefochtenen, am 8. Januar 2003 verkündeten
Berufungsurteils in der vorliegenden Sache, ein der Leistungsklage dem
Grunde nach stattgebendes Grundurteil erlassen. Auf die Berufung der
Beklagten hat das Oberlandesgericht Düsseldorf die
Leistungsklage abgewiesen. Über die Revision der
Klägerin in jenem Verfahren hat der erkennende Senat ebenfalls
am 18. Oktober 2005 mündlich verhandelt; er hat die Sache mit
gleichzeitig mit dem Urteil in der vorliegenden Sache
verkündetem Urteil im Hinblick auf den Beschluss des
Großen Senats in Zivilsachen des Bundesgerichtshofs vom 15.
Juli 2005 (GSZ 1/04, ZIP 2005, 1690 = GRUR 2005, 882) an das
Berufungsgericht zurückverwiesen (Sen.Urt. v. 21.12.2005 - X
ZR 72/04 - Detektionseinrichtung II, zur Veröffentlichung
vorgesehen). Die Berufung der Beklagten im vorliegenden Verfahren ist,
soweit die Beklagte das Versäumnisurteil angegriffen hat,
erfolglos geblieben (Berufungsurteil veröffentlicht in GRUR-RR
2003, 330). Die Klägerin hat im Berufungsverfahren hilfsweise
die Erledigung der Hauptsache in Höhe eines Betrags von
1.173.199 DM erklärt, der sich die Beklagte hilfsweise
angeschlossen hat. Mit ihrer vom Bundesgerichtshof zugelassenen
Revision verfolgt die Beklagte ihren im Berufungsverfahren gestellten
Antrag weiter. Die Klägerin tritt dem Rechtsmittel unter
Wiederholung der im Berufungsverfahren zuletzt gestellten
Anträge entgegen.
Entscheidungsgründe:
I. Das Berufungsgericht hat die Klage auch nach der Erhebung der
Leistungsklage durch die hiesige Beklagte vor dem Landgericht
Düsseldorf, der bereits erfolgten mündlichen
Verhandlung in diesem Verfahren sowie dem dort bereits ergangenen
Grundurteil in vollem Umfang weiter als zulässig angesehen. Es
hat dazu ausgeführt, dass das zunächst vorliegende
Rechtsschutzbedürfnis (Feststellungsinteresse) für
die negative Feststellungsklage zwar nur so lange fortbestehe, bis
über die Leistungsklage zweiseitig verhandelt worden sei. Zum
Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht
Düsseldorf sei jedoch die negative Feststellungsklage im
Berufungsverfahren seit geraumer Zeit entscheidungsreif gewesen,
während im Verfahren über die Leistungsklage
Haupttermin erst auf den 8. August 2002 bestimmt worden sei.
Ausnahmsweise bestehe deshalb entsprechend den in der Rechtsprechung
des Bundesgerichtshofs herausgearbeiteten Grundsätzen ein
schutzwürdiges Interesse an der parallelen Weiterverfolgung
der Feststellungsklage fort. Hinsichtlich des vor dem Landgericht
Düsseldorf nicht geltend gemachten Differenzbetrags bestehe
das Feststellungsinteresse zudem uneingeschränkt fort.
II. 1. Die Revision setzt dem entgegen, nach der Rechtsprechung des
Bundesgerichtshofs gehe die Leistungsklage der negativen
Feststellungsklage jedenfalls dann vor, wenn im Verfahren über
die Feststellungsklage keine Unterbrechung der Verjährung der
Leistungsklage erreicht werden könne. Auch wegen der
Änderung der Regeln zum Recht der Verjährung
könne der negativen Feststellungsklage gegenüber der
Leistungsklage kein Vorrang mehr zukommen. Am 18. Dezember 2002, dem
Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung über die
Feststellungsklage, habe bereits ein Grundurteil über die
Leistungsklage vorgelegen. Ob bei der ersten mündlichen
Verhandlung über die Feststellungsklage, dem 13. März
2002, bereits Entscheidungsreife für die Feststellungsklage
vorgelegen habe, entziehe sich der objektiven Beurteilung, weil auf
diese Verhandlung eine Entscheidung nicht ergangen sei. Soweit
überhaupt auf Entscheidungsreife abzustellen sei,
könne es nur auf Entscheidungsreife im Verfahren vor dem
letztinstanzlichen Gericht ankommen. Werde in jenem Verfahren die
Entscheidung über die negative Feststellungsklage nicht
abschließend getroffen, könne die Leistungsklage die
Feststellungsklage noch einholen.
Verkannt habe das Berufungsgericht zudem, dass in Höhe von
126.801 DM das Rechtsschutzbedürfnis für die
Feststellungsklage entfallen sei. In der Rechtsprechung sei anerkannt,
dass der Streitgegenstand der negativen Feststellungsklage teilbar sei.
Ergebe aber die Prüfung auf Grund der erhobenen
Feststellungsklage, dass die Forderung tatsächlich nur in
geringerer Höhe bestehe, sei die negative Feststellungsklage
in der Höhe abzuweisen, in der die Forderung bestehe. Die
Konkretisierung des Streitgegenstands sei durch den Vortrag der
Beklagten erfolgt, sie berühme sich nur noch eines Betrags von
1.173.199 DM und der durch diesen Betrag repräsentierten
Schadensposition. Damit sei aber in Höhe des Differenzbetrags
zu den 1,3 Millionen DM, die nach Erlass des Versäumnisurteils
auf Grund des eingeschränkten Einspruchs noch im Streit
gewesen seien, das Rechtsschutzbedürfnis entfallen; die Klage
sei insoweit infolge des Fehlens einer Erledigungserklärung
durch die Klägerin abzuweisen.
Die Revision greift weiter die Erwägungen des
Berufungsgerichts zum fehlenden Verschulden der Klägerin an.
2. Die Klägerin setzt dem entgegen, dass nach der
Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs wie auch nach einhelliger
Auffassung in der Literatur das Feststellungsinteresse weiterbestehe,
wenn die Feststellungsklage in dem Zeitpunkt entscheidungsreif sei, zu
dem die Leistungsklage nicht mehr einseitig zurückgenommen
werden könne. Die Rechtshängigkeit der negativen
Feststellungsklage stehe einer Leistungsklage nicht entgegen.
Entscheidungsreife der negativen Feststellungsklage habe bereits zum
Zeitpunkt der ersten mündlichen Verhandlung vor dem
Landgericht Düsseldorf vorgelegen. Das Feststellungsinteresse
sei nicht durch das Grundurteil über die Leistungsklage
entfallen. Die Beklagte habe ihre Berühmung auch nicht
teilweise aufgegeben.
Die Klägerin verteidigt die Auffassung des Berufungsgerichts,
dass ihr ein Verschulden nicht zur Last falle.
III. Der Angriff der Revision hat im Ergebnis Erfolg. Er führt
unter Aufhebung des angefochtenen Urteils im Umfang der hier
zulässigen und beachtlichen (einseitigen) hilfsweisen
Erledigungserklärung im Hilfsantrag der Klägerin zur
Feststellung der Erledigung der Hauptsache, nachdem die Klage
jedenfalls spätestens durch das Grundurteil des Landgerichts
Düsseldorf wegen Wegfalls des Feststellungsinteresses
unzulässig geworden ist (vgl. BGH, Urt. v. 19.03.1998 - I ZR
264/95, GRUR 1998, 1045 - Brennwertkessel, in Abgrenzung zu BGHZ 106,
359, 368 f.; Melullis, Hdb. des Wettbewerbsprozesses, 3. Aufl. 2000
Rdn. 1166), und, soweit eine hilfsweise Erledigungserklärung
nicht erfolgt ist, zur Abweisung der Klage als unzulässig. Das
nachträgliche Unzulässigwerden der Klage - hier
infolge des Wegfalls des Feststellungsinteresses - ist dabei nicht
anders zu behandeln als das nachträgliche
Unbegründetwerden (Sen.Beschl. v. 12.07.1983 - X ZR 62/81,
GRUR 1983, 560 - Brückenlegepanzer II).
1. Wie der Große Senat für Zivilsachen des
Bundesgerichtshofs in Bestätigung der bisherigen
Rechtsprechung kürzlich entschieden hat (Beschl. v. 15.07.2005
- GSZ 1/04, ZIP 2005, 1690 = GRUR 2005, 882), kann die unberechtigte
Schutzrechtsverwarnung unter dem Gesichtspunkt eines rechtswidrigen und
schuldhaften Eingriffs in das Recht am eingerichteten und
ausgeübten Gewerbebetrieb zum Schadensersatz verpflichten.
Insoweit ist auf das zwischen den Streitparteien gleichzeitig ergangene
Senatsurteil X ZR 72/04 - Detektionseinrichtung II zu verweisen.
2. a) Nach gefestigter Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, von der
abzugehen kein Anlass besteht, genießt die Leistungsklage
gegenüber der negativen Feststellungsklage
grundsätzlich Vorrang (vgl. nur BGHZ 99, 340, 342 f. -
Parallelverfahren I; BGH, Urt. v. 09.06.1983 - III ZR 74/82, NJW 1984,
1118 m.w.N.; v. 04.12.1986 - III ZR 205/85, NVwZ 1987, 733; v.
21.12.1989 - IX ZR 234/88, WM 1990, 695; Teplitzky,
Wettbewerbsrechtliche Ansprüche, 8. Aufl. Kap. 52 Rdn. 20
ff.). Sinn des grundsätzlichen Vorrangs der Leistungsklage ist
es, widerstreitende Entscheidungen der Gerichte wie auch mehrere
parallele Verfahren über denselben Streitgegenstand zu
vermeiden (BGHZ aaO - Parallelverfahren I; BGH aaO WM 1990, 695). Die
Leistungsklage lässt, soweit sich die
Streitgegenstände decken (BGH aaO WM 1990, 695), die
Sachurteilsvoraussetzung des Feststellungsinteresses (§ 256
ZPO) grundsätzlich entfallen, sobald die Leistungsklage nicht
mehr einseitig zurückgenommen werden kann (vgl. BGHZ 91, 37,
41; BGHZ 99, 340, 341 f. - Parallelverfahren I; BGH, Urt. v. 20.06.1984
- I ZR 61/82, GRUR 1985, 41, 44 - REHAB; v. 13.05.1987 - I ZR 75/85,
GRUR 1987, 938 - Videorechte; BGH aaO WM 1990, 695; Urt. v. 07.07.1994
- I ZR 30/92, GRUR 1994, 846, 847 - Parallelverfahren II). Das war mit
der mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht
Düsseldorf am 20. Dezember 2001 der Fall. Etwas anderes gilt
nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs nur dann, wenn der
Feststellungsrechtsstreit entscheidungsreif oder im Wesentlichen zur
Entscheidungsreife fortgeschritten und die Leistungsklage noch nicht
entscheidungsreif ist (BGHZ aaO - Parallelverfahren I; BGHZ 134, 201,
209; zuvor schon BGHZ 18, 22, 41 f. m.w.N. in einem Fall, bei dem
bereits eine umfangreiche Beweisaufnahme stattgefunden hatte, und
öfter; BGH aaO WM 1990, 695). Hierauf hat sich das
Berufungsgericht zu Unrecht gestützt. Das
Feststellungsinteresse kann nämlich nach dem der
Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zugrunde liegenden Gedanken vom
grundsätzlichen Vorrang der Leistungsklage jedenfalls dann
nicht mehr bestehen, wenn eine Entscheidung über die
Leistungsklage bereits ergangen ist, eine Entscheidung der Instanz
über die negative Feststellungsklage aber noch aussteht.
Insoweit ist eine Ausnahme von der Regel, dass die Leistungsklage
gegenüber der negativen Feststellungsklage
grundsätzlich vorrangig ist, nicht veranlasst. So hat auch der
Bundesgerichtshof die von der Rechtsprechung entwickelte Ausnahme dann
nicht greifen lassen, wenn Klage und Widerklage gleichzeitig
entscheidungsreif sind (Urt. v. 25.03.1999 - IX ZR 223/97, ZIP 1999,
621, 624). Dabei kann im vorliegenden Fall offen bleiben, ob das
Feststellungsinteresse bereits grundsätzlich mit
Entscheidungsreife im Verfahren über die Leistungsklage
entfällt, wenn zu diesem Zeitpunkt über die negative
Feststellungsklage in der Instanz noch nicht entschieden ist. Dass die
Beklagte hier durch "Flucht in die Säumnis" und weitere
Verfahrensverzögerungen Vorteile zu erringen gesucht hat,
wirkt sich auf dieses Ergebnis nicht aus. Von einem prozessual
arglistigen Verhalten der Beklagten kann angesichts der
Ausgangssituation nicht ausgegangen werden.
b) Ohne Belang ist auch, dass über die Feststellungsklage
bereits erstinstanzlich sowie zweitinstanzlich durch
Versäumnisurteil entschieden worden ist, weil gegen dieses
Einspruch eingelegt war. Denn mit dem Einspruch können die
Wirkungen der Säumnis und bei Erfolg des Einspruchs im
Wesentlichen auch die des Versäumnisurteils, soweit dieses
aufgehoben wird, beseitigt werden (§§ 342, 343 ZPO).
Auch das Verfahren über eine negative Feststellungsklage, in
dem bereits ein Versäumnisurteil ergangen ist, gegen das ein
zulässiger Einspruch eingelegt wurde, wird daher infolge
Wegfalls des Feststellungsinteresses unzulässig, sofern vor
einer Entscheidung nach § 343 ZPO eine Entscheidung
über die Leistungsklage, und sei es auch nur dem Grunde nach,
wie im vorliegenden Fall, ergeht.
c) Dass das Grundurteil durch das nicht rechtskräftig
gewordene Berufungsurteil des Oberlandesgerichts Düsseldorf
aufgehoben worden ist, hat nicht zu einem Wiederaufleben des
Feststellungsinteresses geführt (vgl. BGHZ 99, 340, 343 f. -
Parallelverfahren I). Der Bundesgerichtshof hat dort in einer
vergleichbaren Situation sinngemäß
ausgeführt, es reiche für das Fortbestehen des
Feststellungsinteresses nicht aus, dass das Feststellungsverfahren
einen Zeitvorsprung behalte. Der Zweck der Vermeidung paralleler
Prozessführungen wäre in diesem Fall nicht
erreichbar. Dies muss auch dann gelten, wenn sich aus dem weiteren
Verfahrensfortgang in den beiden parallel geführten Verfahren
wiederum ein Vorsprung für das Feststellungsverfahren ergibt.
3. Die negative Feststellungsklage ist demnach mit dem Grundurteil im
Verfahren über die Leistungsklage unzulässig
geworden, soweit die Leistungsklage der Feststellungsklage entspricht
(vgl. BGH, Urt. v. 25.03.1999 - IX ZR 223/97, ZIP 1999, 621, 624
m.w.N., insoweit nicht in BGHZ 141, 173).
a) Das ist zunächst jedenfalls in Höhe des mit der
Leistungsklage geltend gemachten Mindestbetrags von 599.847,12 EUR
(1.173.199 DM) der Fall.
b) Jedoch ergibt sich dasselbe Ergebnis auch für den Betrag,
der den Mindestbetrag der Klageforderung übersteigt und der
noch bis zur Höhe des Gegenwerts in Euro von 1.300.000 DM im
Streit ist (64.832,33 EUR), nachdem die Beklagte das
Versäumnisurteil in übersteigender Höhe
nicht angegriffen hat. Bei einer unbezifferten Leistungsklage, die
zugleich auf die Zuerkennung eines Mindestbetrags gerichtet ist, wird
nicht nur der Mindestbetrag rechtshängig, sondern der
streitige Anspruch insgesamt. Dies wird auch daran deutlich, dass mehr
als der Mindestbetrag zuerkannt werden kann (für den Fall der
Festsetzung des für angemessen erachteten
Schmerzensgeldbetrags BGHZ 132, 341, 351 f.; allgemein für die
unbezifferte Leistungsklage BGHZ 101, 369, 372). Ergeht eine
Entscheidung in der Sache, erfasst sie deshalb den gesamten Anspruch.
Mit der Zuerkennung des Mindestbetrags oder eines
übersteigenden Betrags steht dann zugleich fest, dass der
Kläger keinen weitergehenden Anspruch hat. Dies hat zur Folge,
dass die unter Angabe eines Mindestbetrags auf Zahlung angemessenen
Schadensersatzes gerichtete Klage von dem Zeitpunkt an, zu dem sie
nicht mehr einseitig zurückgenommen werden kann (vgl. oben
unter III 2 a), grundsätzlich auch der negativen
Feststellungsklage entgegen steht, soweit mit dieser eine über
den Mindestbetrag hinausgehende Feststellung dahin begehrt wird, dass
die Forderung nicht besteht.
4. Auf die von der Revision aufgeworfene Frage, ob das
Feststellungsinteresse durch den Vortrag der hiesigen Beklagten in
Höhe eines Betrags von 126.801 DM weggefallen ist, kommt es
auf dieser Grundlage nicht an.
IV. Die Kostenentscheidung, beruht - soweit nicht die Beklagte nach den
Entscheidungen der Vorinstanz die Kosten ihrer Säumnis zu
tragen hat, wobei es verbleibt - auf §§ 91, 92 ZPO.
Scharen
Keukenschrijver
Mühlens
Asendorf
Kirchhoff