Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
Bundesgerichtshof
IM
NAMEN DES VOLKES
URTEIL
Tatbestand
Die
Klägerin verlangt von der Beklagten den Ersatz für
Schäden, die ihr im Zusammenhang mit der Herstellung und
Lieferung
eines Kessels für eine Verzinkungsanlage an die Firma S. AG
(SAG)
entstanden sind.
Anfang
1977
verhandelte die Klägerin mit der Firma SAG über die
Herstellung eines Verzinkungskessels. Die Firma SAG legte Wert darauf,
daß die Innenwandung des Kessels eine sogenannte
Aufpanzerungsschweißung erhielt, wobei ein bestimmtes
Schweißmaterial der Beklagten verwendet werden sollte. Da die
Klägerin die von der Firma SAG gewünschte Art und den
Umfang
der Aufpanzerung bislang noch nicht durchgeführt hatte, zog
sie
einen fachkundigen Angestellten der Beklagten zur Beratung hinzu.
Nachdem die Beklagte der Klägerin Zusagen hinsichtlich der
Haltbarkeit und Eignung des Materials für die geplante
Verarbeitung gemacht und sich bereit erklärt hatte, einen
Mitarbeiter zur Anleitung abzustellen, nahm die Klägerin den
Auftrag der Firma SAG an. Die Beklagte belieferte die Klägerin
im
April 1977 mit dem zur Aufpanzerung erforderlichen Material. Im
September 1977 lieferte die Klägerin den Verzinkungskessel an
die
Firma SAG aus.
Am
17. Oktober
1977 trat ein Querriss in der Kesselwand auf, der dazu führte,
daß größere Mengen flüssigen
Zinks ausliefen.
Eine Reparatur des Kessels war nicht möglich.
Die
Firma SAG
nahm die Klägerin daraufhin auf Kaufpreisrückzahlung
und
Schadensersatz in Anspruch. Die Klägerin zahlte an die Firma
SAG
den Kaufpreis mit den angefallenen Zinsen in Höhe von
176.000,--
DM zurück. Eine weitere Zahlung in Höhe von 47.099,30
DM
erfolgte auf den von der Firma SAG geltend gemachten Sachschaden.
Nachdem
die
Klägerin aufgrund von Sachverständigengutachten
erfahren
hatte, daß als Ursache für den Riss im
Verzinkungskessel das
von der Beklagten gelieferte Schweißdrahtmaterial in Betracht
käme, zeigte sie dies der Beklagten mit Schreiben vom 1.
Februar
1978 unverzüglich an. Die Beklagte lehnte jede Ersatzpflicht
ab.
Daraufhin
erwirkte die Klägerin am 2. Juni 1978 einen Mahnbescheid
über
200.000,-- DM nebst Zinsen. Mit der Behauptung, daß sich der
eingetretene Schaden auf mindestens 369.987,84 DM belaufe, hat die
Klägerin von der Beklagten zunächst Schadensersatz in
Höhe von 200.000,-- DM nebst Zinsen verlangt.
Die
Beklagte
bestreitet den Anspruch und macht die Einrede der Verjährung
geltend. Mit der Widerklage begehrt sie die Feststellung, daß
der
Klägerin über den mit der Klage geltend gemachten
Anspruch
hinaus wegen des Schadens an dem für die Firma SAG
hergestellten
Verzinkungskessel kein Schadensersatzanspruch zustehe.
Das
Landgericht
hat die Klage abgewiesen und der Widerklage stattgegeben. Das
Berufungsgericht hat dagegen dem Klagebegehren entsprochen und die
Widerklage abgewiesen. Mit der Revision, deren Zurückweisung
die
Klägerin beantragt, erstrebt die Beklagte die
Wiederherstellung
des erstinstanzlichen Urteils. Die Revision ist nur insoweit angenommen
worden, als die Widerklage abgewiesen worden ist.
Entscheidungsgründe
Die
Revision ist hinsichtlich der Widerklage begründet.
I.
Das
Berufungsgericht hat die Widerklage der Beklagten mit der
Begründung abgewiesen, es habe nicht festgestellt werden
können, daß der Klägerin wegen des Schadens
an dem
für die Firma SAG hergestellten Verzinkungskessel
über den
mit der Klage geltend gemachten Anspruch hinaus kein weiterer
Schadensersatzanspruch gegen die Beklagte zustehe.
II.
Die Abweisung der negativen Feststellungswiderklage beanstandet die
Revision mit Recht.
1.
Allerdings
stehen der Klägerin aufgrund des Fehlens zugesicherter
Eigenschaften des von der Beklagten gelieferten Materials über
die
eingeklagte Forderung hinaus weitere Schadensersatzansprüche
zu,
weil der Schadensumfang 200.000,-- DM übersteigt. Das
Berufungsgericht hat festgestellt, daß die Klägerin
der
Firma SAG den Kaufpreis mit den angefallenen Zinsen in Höhe
von
176.000,-- DM zurückerstattet hat und daß auf den
eingetretenen Schaden eine weitere Zahlung in Höhe von
47.099,30
DM an die Firma SAG geleistet worden ist. Ob der Klägerin
darüber hinaus Schäden entstanden sind, ist in den
Tatsacheninstanzen offengeblieben. Aufgrund des im Berufungsurteil
festgestellten Sachverhalts steht jedoch fest, daß die
Schadensersatzansprüche der Klägerin die eingeklagten
200.000,-- DM übersteigen. Der Feststellungswiderklage kann
daher
nicht antragsgemäß stattgegeben werden.
2.
Auch die von
der Beklagten gegenüber den weitergehenden
Schadensersatzansprüchen der Klägerin erhobene
Einrede der
Verjährung kann nicht dazu führen, daß der
Widerklage
in vollem Umfang stattzugeben ist, weil die Verjährung die
Schadensersatzansprüche der Klägerin nicht beseitigt,
sondern
nur zur Folge hat, daß die Beklagte die Leistung verweigern
kann
(§ 222 Abs. 1 BGB).
a)
Wie die
Revision mit Recht beanstandet, hat das Berufungsgericht
übersehen, daß die weitergehenden
Schadensersatzansprüche, deren sich die Klägerin
berühmt, verjährt sind. Die Verjährung der
vertraglichen
Ansprüche der Klägerin richtet sich nach §
477 BGB und
nicht nach § 195 BGB, weil der von ihr behauptete Schaden auf
das
Fehlen von zugesicherten Eigenschaften des gelieferten Materials und
möglicherweise auf die Verletzung von kaufvertraglichen
Nebenpflichten zurückzuführen ist, die mit dem
Sachmangel in
engem Zusammenhang stehen.
Nach
den
Feststellungen des Berufungsgerichts war das von der Beklagten
gelieferte Material für den nach dem Vertrag vorausgesetzten
Gebrauch, nämlich die Aufpanzerung größerer
Stahlplatten für Verzinkungskessel, nicht geeignet, weil es
die
erforderliche Dehnungsfähigkeit nicht besaß und
deshalb
reißen mußte.
Die
aus dem
Fehlen der zugesicherten Eigenschaften entstandenen Schäden
hat
die Beklagte nach Gewährleistungsrecht zu ersetzen,
für das
die Verjährungsvorschrift des § 477 BGB gilt. Soweit
die
Beklagte nicht nur das Material geliefert, sondern
vereinbarungsgemäß einen ihrer Ingenieure abgestellt
hat,
der das Personal der Klägerin bei der Handhabung der
Schweißgeräte und des Materials anleiten sollte und
diese
Anleitung unvollständig oder fehlerhaft war, folgen daraus
keine
Ansprüche, für die eine andere als die kurze
Verjährung
nach § 477 BGB eingreifen kann. Das Berufungsgericht hat
insoweit
festgestellt, daß die Klägerin den Auftrag der Firma
SAG
erst angenommen und die Beklagte mit der Lieferung des
Schweißdrahtmaterials beauftragt hat, nachdem die Beklagte
entsprechende Zusicherungen über die Haltbarkeit und Eignung
des
Materials gemacht und darüberhinaus zugesagt hatte, einen
ihrer
Ingenieure zur Beratung der Klägerin abzustellen. Die
Anleitung
der Arbeiter der Klägerin durch einen Angestellten der
Beklagten
stellt danach nur eine von der Beklagten im Rahmen ihrer Zusicherung
übernommene Nebenpflicht dar, bei der Verarbeitung des
gelieferten
Materials für die praktische Bewährung der
zugesicherten
Eigenschaften Sorge zu tragen. Wie das Berufungsgericht zutreffend
angenommen hat, bezog sich die Zusicherung der Beklagten sowohl darauf,
daß das Material allgemein zur Aufpanzerung geeignet war, als
auch darauf, daß bei Befolgung ihrer "Gebrauchsanweisung" der
von
der Firma SAG bestellte Kessel mit dem Material
ordnungsgemäß aufgepanzert werden konnte. Bei dieser
Sachlage gilt auch für etwaige Ansprüche der
Klägerin,
die sich aus falscher Beratung durch einen Angestellten der Beklagten
ergeben könnten, die kurze Verjährung des §
477 BGB
(vgl. Senatsurteile vom 19. Oktober 1964 - VIII ZR 20/63 = LM BGB
§ 477 Nr. 7 = NJW 1965, 148; vom 29. Juni 1977 - VIII ZR
309/75 =
WM 1977, 1027 unter Nr. II 4 d). Jedenfalls scheidet bei dem vom
Berufungsgericht rechtsfehlerfrei festgestellten Sachverhalt die
Annahme eines Beratungsvertrages und eine sich daraus ergebende Haftung
nach den allgemeinen Vorschriften und mit anderer
Verjährungsregelung aus (dazu Senatsurteil vom 16. November
1970 -
VIII ZR 227/68 = LM BGB § 276 (Hb) Nr. 15 = WM 1971, 74).
b)
Zutreffend
ist das Berufungsgericht davon ausgegangen, daß die
gesetzliche
Verjährungsfrist des § 477 BGB aufgrund der von der
Beklagten
gegebenen unselbständigen Garantiezusage erst mit der
Entdeckung
des Mangels begann, d.h. zu dem Zeitpunkt, als die Klägerin
die
von ihr behaupteten Mängel im vollen Umfang erkannt hatte
(Senatsurteil vom 20. Dezember 1978 - VIII ZR 246/77 = LM BGB
§
477 Nr. 29 = NJW 1979, 645 = WM 1979, 302). Da es nach den
Feststellungen des Berufungsgerichts zumindest bis zum 1. Februar 1978
an der Kenntnis der Klägerin fehlte, daß als Ursache
für den Riss in der Kesselwand ein Mangel des von der
Beklagten
gelieferten Materials in Frage kam, begann die
Verjährungsfrist
für die Schadensersatzansprüche der Klägerin
am 1.
Februar 1978.
c)
Durch den am
2. Juni 1978 bei Gericht eingegangenen Antrag auf Erlaß eines
Mahnbescheides ist die Verjährung nur in Höhe der
Klageforderung unterbrochen worden (Senatsurteil vom 22. Februar 1978 -
VIII ZR 24/77 unter Nr. III = LM ZPO § 261 b Nr. 22 = NJW
1978,
1058 = WM 1978, 1021). Für den die Klageforderung
übersteigenden Teil des Anspruchs der Klägerin lief
die
Verjährungsfrist weiter. Ein Fall des § 477 Abs. 3
BGB liegt
nicht vor.
Auch
die
Verteidigung der Klägerin gegen die negative
Feststellungswiderklage hat die Verjährung des die
Klageforderung
übersteigenden Anspruchs nicht unterbrochen (ständige
Rechtsprechung; RGZ 153, 375, 380 m.w.N.; BGHZ 72, 23 m.w.N.). Die
Schadensersatzansprüche der Klägerin sind damit -
soweit sie
nicht Gegenstand der Klage sind - mit Ablauf des 1. August 1978
verjährt gewesen.
3.
Die
Verjährung führt nicht zu einem Erlöschen
der
Ansprüche der Klägerin, sie gibt aber der Beklagten
ein
Leistungsverweigerungsrecht (§ 222 Abs. 1 BGB). Der Anspruch
bleibt erfüllbar (§ 222 Abs. 2 BGB) und unter
Umständen
zur Aufrechnung geeignet (§ 390 Satz 2 BGB). Die
Verjährung
rechtfertigt daher nur die Feststellung, der Schuldner sei berechtigt,
die Leistung zu verweigern (BGH Urteil vom 23. September 1968 - II ZR
67/66 = LM BGB § 222 Nr. 8 = WM 1968, 1253). Sie
enthält ein
Weniger gegenüber der von der Beklagten begehrten
Feststellung,
der Klägerin stehe ein weitergehender Anspruch nicht zu. Da in
der
Feststellung, die Beklagte sei berechtigt, die Leistung zu verweigern,
weder eine Veränderung des Streitgegenstandes noch eine
Änderung der Art der beantragten Entscheidung (Feststellung)
liegt, kann sie das Gericht in Einklang mit § 308 ZPO treffen,
ohne daß es einer Auslegung des Klageantrages
bedürfte.
Der
Senat kann
in der Sache selbst entscheiden, weil es weiterer
tatsächlicher
Feststellungen nicht bedarf. Unter Abänderung des
Berufungsurteils
war der Widerklage mit der aus dem Tenor ersichtlichen
Einschränkung stattzugeben.