BGH
e-Mail Urteil Werbezweck Werbung UWG Wettbewerb Wettbewerbsrecht gute
Sitten Einverständnis
zurück
Aktenzeichen: I ZR 81/01 |
Verkündet
am:
11.03.2004
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle |
Bundesgerichtshof
URTEIL
Im Namen des Volkes
Tenor:
Auf
die Revision des Klägers wird das Urteil des 29. Zivilsenats
des Oberlandesgerichts München vom 21. Dezember 2000
aufgehoben.
Die
Sache wird zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch
über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht
zurückverwiesen.
Tatbestand
Die
Parteien erbringen Dienstleistungen für den Internet-Bereich.
Der
Kläger
ist Inhaber der Domain-Namen "i.de" und "s.de", unter denen er eine
Reihe von E-Mail-Adressen eingerichtet hat. Im Jahre 1998 benutzte der
Kläger bei der Absendung von E-Mails die Bezeichnung
"mail@s.de",
während empfangene E-Mails unter verschiedenen mit den
Domain-Namen gebildeten Adressen eingingen.
Die
Beklagte
verschickt per E-Mail ein wöchentlich erscheinendes, als
"Newsletter" bezeichnetes Rundschreiben, das Sachinformationen und
Werbung enthält. Sie vertreibt das kostenlose Rundschreiben an
Abonnenten, die es per E-Mail bestellen und jederzeit wieder
abbestellen können.
In
der Zeit von
Anfang Mai bis 11. Dezember 1998 erhielt der Kläger eine
Vielzahl
der Rundschreiben der Beklagten. Die wöchentlichen Sendungen
der
Beklagten gingen beim Kläger zunächst unter der
E-Mail-Adresse "s...@i.de" ein. Dies nahm der Kläger zum
Anlaß, die Beklagte wiederholt aufzufordern, den Versand
einzustellen, ohne zunächst allerdings die E-Mail-Adresse
anzugeben, unter der er die Rundschreiben erhalten hatte. Nachdem die
Beklagte den Kläger darauf hingewiesen hatte, daß
sie ohne
genaue Angabe dieser E-Mail-Adresse den Eintrag nicht entfernen
könne, teilte ihr der Kläger die Adresse "s...@i.de"
mit und
wies darauf hin, alle E-Mails an "@s.de" und "@i.de" gehörten
"direkt zu s...". Die Beklagte entfernte daraufhin die Adresse
"s...@i.de" aus ihrem Verteiler.
Am
5. September
1998 nahm die Beklagte die wöchentliche Versendung des
Rundschreibens an den Kläger unter der E-Mail-Adresse
"d...@i.de"
auf. Der Kläger kündigte darauf Mitte Oktober 1998
für
den Fall, daß er weiter von der Beklagten belästigt
werde,
rechtliche Schritte an und ließ die Beklagte mit Schreiben
vom 6.
Dezember 1998 abmahnen. Die Beklagte wies die Abmahnung
zurück
und
nahm - ihren Angaben im Schreiben vom 22. Dezember 1998 zufolge nach
Recherchen - die E-Mail-Anschrift "d...@i.de" aus ihrem Verteiler. Sie
richtete zudem einen Filter ein, um Bestellungen unter den Domain-Namen
"s.de" und "i.de" auszusondern.
In
der Zeit vom
5. September bis 11. Dezember 1998 erhielt der Kläger
insgesamt 15
Sendungen des Rundschreibens der Beklagten.
Der
Kläger
hat vorgetragen, die Beklagte habe ihm auch unter der E-Mail-Anschrift
"d...@s.de" ihr Rundschreiben zugesandt. Dieses schicke die Beklagte
offensichtlich an erfundene E-Mail-Adressen.
Der
Kläger
hat gegen die Beklagte im wesentlichen einen Unterlassungsanspruch
gegen die unaufgeforderte Versendung von E-Mails mit Werbung,
hilfsweise mit dem Rundschreiben der Beklagten, an beliebige
Empfänger, weiter hilfsweise an den Kläger, geltend
gemacht.
Die
Beklagte ist
dem entgegengetreten und hat die Einrede der Verjährung
erhoben.
Sie hat vorgetragen, der Versendung der Rundschreiben an den
Kläger lägen jeweils Bestellungen zugrunde, die
mittels
E-Mail erfolgt seien. So sei es zu der Versendung an die Anschrift
"d...@i.de" dadurch gekommen, daß sich der Inhaber der
E-Mail-Adresse "d...@in.de" verschrieben habe, als er den Rundbrief der
Beklagten abonniert habe.
Das
Landgericht
hat der Beklagten unter Abweisung der weitergehenden Klage verboten,
E-Mails, nämlich sogenannte "Newsletter", ohne vorherige
Zustimmung des Klägers an diesen zu senden.
Gegen
dieses
Urteil hat die Beklagte Berufung eingelegt. Im Berufungsverfahren hat
sie sich strafbewehrt zur Unterlassung verpflichtet, im
geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs den von ihr
herausgegebenen Newsletter ohne Einverständnis des
Klägers an
dessen Domain "s.de" oder "i.de" zu versenden. In diesem Umfang haben
die Parteien den Rechtsstreit für erledigt erklärt.
Der
Kläger hat - zu Protokoll und schriftsätzlich
nachgereicht - beantragt,
die
Berufung
zurückzuweisen mit der Maßgabe, daß die
Beklagte
verurteilt wird, es zu unterlassen, die von ihr versandten Newsletter -
Beispiele: Anlagen K4 und K16 - per E-Mail zu versenden, ohne
daß
das Einverständnis der Empfänger vorliegt, wobei
hiervon
Sendungen an den Kläger nicht umfaßt sind.
Das
Berufungsgericht hat die Berufung des Klägers
zurückgewiesen
und auf die Berufung der Beklagten die Klage abgewiesen.
Mit
der Revision
verfolgt der Kläger seinen in der Berufungsinstanz gestellten
Antrag weiter. Die Beklagte beantragt, die Revision
zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
I.
Das
Berufungsgericht hat die Klage weder aus § 1 UWG noch aus
§
823 Abs. 1 BGB für begründet erachtet und hierzu
ausgeführt:
Das
vom
Landgericht ausgesprochene Verbot erfasse den Versand von E-Mails an
beliebige E-Mail-Adressen des Klägers ohne dessen vorherige
Zustimmung. Die von der Beklagten abgegebene
Unterlassungserklärung erledige den Rechtsstreit nicht
vollständig. Sie erfasse nur mit den Domain-Namen "i.de" und
"s.de" gebildete Anschriften.
Durch
den in der
mündlichen Berufungsverhandlung verlesenen Antrag habe der
Kläger zu erkennen gegeben, daß er das Urteil des
Landgerichts anfechten wolle. Die für eine
Anschlußberufung
erforderliche Form sei durch den Schriftsatz vom 30. November 2000
eingehalten, der eine zulässige Anschlußberufung des
Klägers darstelle.
Die
unbestellte
Versendung des von der Beklagten herausgegebenen Rundschreibens
verstoße unter dem Gesichtspunkt der Belästigung
gegen
§ 1 UWG und auch gegen § 823 Abs. 1 BGB. Erst recht
gelte
dies, wenn die Beklagte gegen den ausdrücklichen Widerspruch
des
Empfängers mit dem Versand fortfahre. Allerdings setze
§ 1
UWG die Kenntnis der die Sittenwidrigkeit des Verhaltens
begründenden Umstände und § 823 Abs. 1 BGB
ein
Verschulden voraus. Daran fehle es vorliegend. Der Kläger habe
den
Beweis nicht geführt, daß die Beklagte ihren
"Newsletter"
unverlangt versende. Es sei nicht auszuschließen,
daß der
Zusendung des Rundschreibens unter der Anschrift "s...@i.de" eine
Bestellung aus dem Kreis derjenigen Personen zugrunde gelegen habe, die
Zugang zum Computer des Klägers hätten. Die Beklagte
habe,
nachdem ihr die fragliche Internet-Adresse mitgeteilt worden sei, die
Zusendung des Rundschreibens eingestellt. Zum Versand an den
Kläger unter der E-Mail-Anschrift "d...@s.de" sei der Vortrag
der
Parteien wenig substantiiert und teilweise widersprüchlich.
Wie
die Adresse "d...@i.de" in den Verteiler der Beklagten für das
Rundschreiben geraten sei, habe der Kläger nicht dargelegt.
Den
Vortrag der Beklagten, es habe ein Schreibversehen eines Dritten bei
der Bestellung des Rundschreibens vorgelegen, habe der für die
fehlende Zustimmung zur Versendung beweispflichtige Kläger
nicht
widerlegt. Aufgrund der Mitteilung des Klägers vom 7. Juli
1998,
alle E-Mails an "@s.de" und "@i.de" beträfen den
Kläger, sei
die Beklagte nur verpflichtet gewesen, mit diesen Domain-Namen
gebildete Anschriften zu löschen, nicht aber neu eingehende
Bestellungen auf eine entsprechende E-Mail-Adresse zu
überprüfen.
II.
Die gegen
diese Beurteilung gerichteten Angriffe der Revision haben Erfolg. Sie
führen zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur
Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
1.
a) Gegenstand
des Revisionsverfahrens ist das von dem Kläger beantragte
Verbot
der Versendung von E-Mails mit dem Newsletter der Beklagten ohne
Einverständnis der Empfänger. Ausgenommen von dem vom
Kläger im Revisionsverfahren weiterverfolgten
Unterlassungsanspruch ist nur die Versendung des Newsletter der
Beklagten an E-Mail-Adressen, die die Domain-Namen "s.de" und "i.de"
des Klägers enthalten, weil die Parteien nach Abgabe der
strafbewehrten Unterlassungserklärung der Beklagten im
Berufungsrechtszug den Rechtsstreit in diesem Umfang in der Hauptsache
für erledigt erklärt haben.
b)
Den
Unterlassungsanspruch hat der Kläger in diesem Umfang zum
einen
durch den Antrag auf Zurückweisung der Berufung der Beklagten
mit
Ausnahme des in der Hauptsache für erledigt erklärten
Teils
des Rechtsstreits und zum anderen durch den in der Berufungsinstanz
gestellten Antrag geltend gemacht, mit dem der Kläger ein
Verbot
der Versendung von E-Mails mit dem Newsletter durch die Beklagte an
andere Empfänger als den Kläger ohne deren
Einverständnis erstrebt. Daß über den in
der
Berufungsinstanz gestellten Unterlassungsantrag des Klägers zu
befinden ist, ergibt sich allerdings nicht bereits daraus,
daß
der Kläger diesen Antrag in der mündlichen
Verhandlung vor
dem Berufungsgericht verlesen hat. Der Kläger konnte den
Anspruch,
mit dem er eine über das erstinstanzlich zuerkannte Verbot der
Versendung von E-Mails an den Kläger hinausgehende Untersagung
der
unerbetenen Versendung von E-Mails an beliebige Empfänger
erstrebte, nur mit der (Anschluß-)Berufung in der
Berufungsinstanz zur Entscheidung stellen. Dazu gehört nach
§
522a Abs. 1 ZPO a.F. die Anschlußschrift, die bei
Antragstellung
in der mündlichen Verhandlung vom 9. November 2000 fehlte und
ohne
die eine wirksame Anschlußberufung nicht vorliegt (vgl. BGH,
Urt.
v. 12.12.1988 - II ZR 129/88, NJW-RR 1989, 441).
Eine
wirksame
Anschlußberufung des Klägers hat das
Berufungsgericht aber
mit Recht in dem am 30. November 2000 eingegangenen Schriftsatz des
Klägers vom selben Tage gesehen (§ 521 Abs. 1,
§ 522a
Abs. 1, 3, § 519 Abs. 3 ZPO a.F.).
aa)
Ohne Erfolg
macht die Revisionserwiderung geltend, dem Schriftsatz des
Klägers
könne nicht mit hinreichender Deutlichkeit entnommen werden,
daß dieser sich der Berufung der Beklagten
anschließen
wollte. Ein Anschlußrechtsmittel braucht nicht als solches
bezeichnet zu werden. In dem Schriftsatz muß nur klar und
eindeutig der Wille zum Ausdruck kommen, eine Änderung des
vorinstanzlichen Urteils zugunsten des Rechtsmittelbeklagten zu
erreichen (vgl. BGHZ 109, 179, 187). Das ist vorliegend der Fall. In
dem Schriftsatz vom 30. November 2000 nahm der Kläger Bezug
auf
den in der mündlichen Verhandlung im Berufungsverfahren
gestellten
Antrag. Dieser richtete sich gegen die Zurückweisung des vom
Kläger bereits in erster Instanz verfolgten, vom Landgericht
im
angefochtenen Urteil jedoch nicht zuerkannten Verbots der Versendung
des "Newsletter" der Beklagten an beliebige Empfänger ohne
deren
Einverständnis. Dieses Rechtsschutzziel ist dem Schriftsatz
vom
30. November 2000 auch unzweideutig zu entnehmen, weil der
Kläger
auf den in der mündlichen Verhandlung gestellten Antrag Bezug
genommen und um antragsgemäße Entscheidung
nachgesucht hat.
Danach verbleiben keine vernünftigen Zweifel, daß
der
Kläger sich dem Rechtsmittel der Beklagten
anschließen und
in welchem Umfang er die erstinstanzliche Entscheidung anfechten
wollte.
bb)
Die
Anschlußberufung hat der Kläger auch im
übrigen form-
und fristgerecht eingelegt. Sie läßt entgegen der
Meinung
der Revisionserwiderung erkennen, aus welchen Gründen er das
erstinstanzliche Urteil für unrichtig hält
(§ 522a Abs.
3, § 519 Abs. 3 Nr. 2 ZPO a.F.). Nach dem Gesamtzusammenhang
des
Schriftsatzes vom 30. November 2000 hat der Kläger die
Anschlußberufung darauf gestützt, daß die
Voraussetzungen eines Anspruchs aus § 1 UWG gegen die Beklagte
vorlagen und das begehrte Verbot rechtfertigten.
Die
Anschlußberufung des Klägers ist fristgerecht
eingelegt
worden. Zwar kann eine Anschlußberufung nicht mehr nach
Schluß der mündlichen Verhandlung erhoben werden
(vgl. BGH
NJW-RR 1989, 441). Das Berufungsgericht hatte jedoch in der
mündlichen Verhandlung vom 9. November 2000 mit Zustimmung der
Parteien das schriftliche Verfahren angeordnet und den Termin, bis zu
dem Schriftsätze eingereicht werden durften, auf den 30.
November
2000 bestimmt (§ 128 Abs. 2 ZPO). Dieser Zeitpunkt entspricht
dem
Schluß der mündlichen Verhandlung. Bis zu diesem
Zeitpunkt
konnte daher eine Anschlußberufung nach § 522a ZPO
a.F.
zulässigerweise eingelegt werden.
2.
Das
Berufungsgericht hat die gegen die Versendung von E-Mails an den
Kläger und an Dritte ohne Zustimmung des Empfängers
gerichteten Unterlassungsansprüche für nicht
begründet
erachtet. Dies rügt die Revision mit Erfolg.
a)
Der
Kläger ist nach § 1 UWG befugt, Ansprüche
wegen des
beanstandeten Wettbewerbsverstoßes geltend zu machen. Nach
den
Feststellungen des Berufungsgerichts stehen die Parteien bei dem
Angebot von Internet-Dienstleistungen (Serviceleistungen rund um die
elektronische Datenverarbeitung, insbesondere
Consulting-Dienstleistungen) in Wettbewerb. Danach ist davon
auszugehen, daß die Parteien gewerbliche Leistungen gleicher
oder
verwandter Art vertreiben, so daß der Absatz der
Dienstleistungen
des Klägers durch den Absatz der Dienstleistungen der
Beklagten
beeinträchtigt werden kann (vgl. BGH, Urt. v. 29.6.2000 - I ZR
29/98, GRUR 2000, 907, 909 = WRP 2000, 1258 - Filialleiterfehler).
b)
aa) Das
Berufungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, daß eine
unerbetene Zusendung des Werbung enthaltenden Rundschreibens der
Beklagten mittels E-Mail gegen die guten Sitten im Wettbewerb
verstößt. Die Versendung von Werbung per E-Mail
stellt eine
unzumutbare Belästigung der angesprochenen Verkehrskreise dar.
Nach
der
Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist unerbetene Telefonwerbung
gegenüber Privatpersonen grundsätzlich
unzulässig (BGH,
Urt. v. 27.1.2000 - I ZR 241/97, GRUR 2000, 818, 819 = WRP 2000, 722 -
Telefonwerbung VI). Auch im geschäftlichen Verkehr hat der
Bundesgerichtshof Telefonwerbung als unzulässig angesehen,
solange
der Anzurufende weder ausdrücklich noch konkludent sein
Einverständnis mit derartigen Anrufen erklärt hat und
ein
solches vom Anrufer aufgrund konkreter tatsächlicher
Umstände
auch nicht vermutet werden kann (vgl. BGH, Urt. v. 25.1.2001 - I ZR
53/99, GRUR 2001, 1181, 1182 = WRP 2001, 1068 - Telefonwerbung
für
Blindenwaren). Entsprechende Grundsätze gelten für
die
Werbung durch Telefaxschreiben (vgl. BGH, Urt. v. 25.10.1995 - I ZR
255/93, GRUR 1996, 208, 209 = WRP 1996, 100 - Telefax-Werbung).
Allerdings
sind
die Gründe für das regelmäßige
Verbot unerbetener
Telefon- und Telefaxwerbung nicht ohne weiteres auf die E-Mail-Werbung
übertragbar. Denn anders als der Telefonteilnehmer kann der
E-Mail-Empfänger selbst bestimmen, wann er an ihn gesandte
E-Mails
abrufen will, so daß die unverlangte Zusendung von E-Mails
nicht
mit der Beeinträchtigung der Privatsphäre
vergleichbar ist,
wie sie bei der unerbetenen Telefonwerbung eintritt. Und die Kosten,
die mit dem Abruf einer einzelnen E-Mail verbunden sind, sind ebenfalls
nur gering (vgl. Bräutigam/Leupold, Online-Handel, S. 1029
Rdn.
296).
Gleichwohl
entsteht durch die Zusendung von E-Mails zu Werbezwecken eine
Belästigung für den Empfänger, die dieser
nicht
hinzunehmen braucht, wenn er nicht ausdrücklich oder
konkludent
sein Einverständnis erklärt oder wenn - bei der
Werbung
gegenüber Gewerbetreibenden - nicht aufgrund konkreter
tatsächlicher Umstände ein sachliches Interesse des
Empfängers vermutet werden kann.
Das
Berufungsgericht hat zum Ausmaß der mit unerbetener
E-Mail-Werbung einhergehenden Belästigungen für den
Empfänger keine näheren Feststellungen getroffen.
Dies ist
indes unschädlich.
Bei
der
wettbewerbsrechtlichen Beurteilung der E-Mail-Werbung ist
maßgeblich darauf abzustellen, daß das Internet
eine weite
Verbreitung gefunden hat und durch die Übermittlung per E-Mail
eine billige, schnelle und durch Automatisierung arbeitssparende
Versendungsmöglichkeit besteht. Diese Werbeart ist daher,
soweit
sie nicht ohnehin schon einen erheblichen Umfang erreicht hat, auf ein
immer weiteres Umsichgreifen angelegt. Denn ohne
Einschränkungen
der E-Mail-Werbung ist aufgrund ihrer Vorteilhaftigkeit für
den
Werbenden mit einem Nachahmungseffekt bei denjenigen Mitbewerbern zu
rechnen, die bislang nicht mittels E-Mail geworben haben, sich aus
Wettbewerbsgründen jedoch hierzu gezwungen sehen (vgl. zu
diesem
Gesichtspunkt auch: BGHZ 103, 203, 208 f. - Btx-Werbung). Eine Werbeart
ist aber auch dann als unlauter anzusehen, wenn sie den Keim zu einem
immer weiteren Umsichgreifen in sich trägt und zu einer daraus
folgenden unzumutbaren Belästigung führt (vgl. BGH
GRUR 1996,
208, 209 - Telefax-Werbung).
Für
den
Empfang der E-Mail muß eine Online-Verbindung zum Provider
hergestellt werden, für die Telefongebühren und,
falls nicht
ein festes Entgelt vereinbart ist, eine Nutzungsgebühr
für
den Provider anfallen. Hinzu kommt der Arbeitsaufwand, der mit dem
Sichten und Aussortieren unerbetener E-Mails verbunden ist. Zwar sind
die Kosten für den Bezug einer einzelnen E-Mail gering.
Gleiches
gilt für den mit dem Löschen einer E-Mail verbundenen
Zeitaufwand, wenn bereits aus der Angabe im "Betreff" der E-Mail
ersichtlich ist, daß es sich um Werbung handelt und deshalb
eine
nähere Befassung mit der E-Mail nicht erforderlich ist. Diese
Beurteilung fällt jedoch bei einer größeren
Anzahl
unerbetener E-Mails ganz anders aus.
In
der
Rechtsprechung ist die unverlangte Zusendung von E-Mails mit Werbung
daher ganz überwiegend unter dem Gesichtspunkt
belästigender
Werbung zu Recht als unzulässig angesehen worden (vgl. zu
§ 1
UWG: LG Traunstein NJW 1998, 1648; LG Hamburg WRP 1999, 250; LG
Ellwangen MMR 1999, 675, 676; vgl. auch KG MMR 2002, 685 = CR 2002,
759; LG Berlin MMR 1999, 43; MMR 2000, 704).
Art.
13 Abs. 1,
Abs. 5 Satz 1 der Richtlinie 2002/58/EG des Europäischen
Parlaments und des Rates vom 12. Juli 2002 über die
Verarbeitung
personenbezogener Daten und den Schutz der Privatsphäre in der
elektronischen Kommunikation (Datenschutzrichtlinie für
elektronische Kommunikation, ABl. Nr. L 201 v. 31.7.2002, S. 37) sieht
vor, daß von den Fällen des Art. 13 Abs. 2
abgesehen, die im
Streitfall keine Rolle spielen, E-Mails für Zwecke der
Direktwerbung nur bei vorheriger Zustimmung des Teilnehmers gestattet
sind, wenn dieser eine natürliche Person ist. Für die
übrigen Teilnehmer haben die Mitgliedstaaten nach Art. 13 Abs.
5
Satz 2 der Richtlinie für einen ausreichenden Schutz vor
unerbetenen Nachrichten zu sorgen.
bb)
Zu Unrecht
ist das Berufungsgericht aber davon ausgegangen, den Kläger
treffe
die Darlegungs- und Beweislast dafür, daß die
Zusendung des
Rundschreibens unverlangt erfolgt sei.
Die
unerbetene
E-Mail-Werbung ist regelmäßig
gemäß § 1 UWG
unzulässig (vgl. vorstehend II 2 b aa). Deshalb hat die
Beklagte
(als Verletzer) diejenigen Umstände darzulegen und zu
beweisen,
die den rechtsbegründenden Tatsachen ihre Bedeutung nehmen
(vgl.
BGH, Urt. v. 19.9.1996 - I ZR 124/94, GRUR 1997, 229, 230 = WRP 1997,
183 - Beratungskompetenz; Baumbach/Hefermehl, Wettbewerbsrecht, 22.
Aufl., Einl. Rdn. 472). Zu diesen gehört bei E-Mail-Werbung
das
die Wettbewerbswidrigkeit ausschließende
Einverständnis
(vgl. zur Telefonwerbung: BGH GRUR 2000, 818, 819 - Telefonwerbung VI:
zur E-Mail-Werbung: KG MMR 2002, 685; zum Einverständnis bei
der
Telefaxwerbung: OLG Koblenz WRP 1995, 1069 = CR 1996, 207; OLG
Oldenburg NJW 1998, 3208).
cc)
Nicht
entscheidend ist dagegen, daß die Beklagte nach ihrer
Darstellung
im allgemeinen ihren Rundbrief nicht unverlangt versendet. Denn die
Beklagte darf den Rundbrief mittels E-Mail nur dann verschicken, wenn
die Voraussetzungen hierfür in der Person des jeweiligen
Empfängers vorliegen. Dabei hat sie durch geeignete
Maßnahmen sicherzustellen, daß es nicht zu
fehlerhaften
Zusendungen kommt, etwa aufgrund unrichtiger Eingabe oder Speicherung
von E-Mail-Adressen.
(1)
Den Versand
des Rundschreibens unter der E-Mail-Adresse "s...@i.de" hat das
Berufungsgericht zur Begründung eines Anspruchs aus §
1 UWG
nicht ausreichen lassen. Das erweist sich im Ergebnis deshalb als
zutreffend, weil ein auf § 1 UWG gestützter
Unterlassungsanspruch nach § 21 UWG verjährt ist
(dazu
nachfolgend unter II 3).
(2)
Zu der
Versendung von E-Mails durch die Beklagte mit dem Rundschreiben an die
E-Mail-Anschrift "d...@s.de" hat das Berufungsgericht keine
abschließenden Feststellungen getroffen. Es hat es als
wahrscheinlich angesehen, daß im Frühjahr 1998 an
den
Kläger unter dieser Adresse Rundschreiben der Beklagten
versandt
worden sind. In diesem Fall wäre ein daraus abgeleiteter
Unterlassungsanspruch des Klägers aus § 1 UWG
ebenfalls
verjährt (vgl. Abschnitt II 3). Soweit es auf die Zusendung
von
Rundschreiben unter dieser E-Mail-Adresse noch ankommen sollte, wird
das Berufungsgericht der Behauptung des Klägers nachzugehen
haben,
noch im November/Dezember 1998 unter dieser Anschrift Rundschreiben
erhalten zu haben (Schriftsatz vom 18. September 2000 S. 5).
(3)
Dagegen ist
nach dem Vortrag der Parteien zur Versendung des Rundschreibens an die
E-Mail-Adresse "d...@i.de" in der Zeit zwischen dem 5. September und
dem 11. Dezember 1998 unstreitig, daß ein
Einverständnis des
Klägers hierzu nicht vorlag. Nach der Darstellung der
Beklagten
handelte es sich um ein Schreibversehen eines Dritten bei der Angabe
der E-Mail-Adresse für die Versendung des Rundschreibens. Da
die
Beklagte durch geeignete Maßnahmen - beispielsweise durch die
Prüfung der Identität der angegebenen E-Mail-Adresse
mit der
den Newsletter anfordernden Stelle - sicherzustellen hat, daß
es
aufgrund derartiger Versehen nicht zu einer Versendung der
E-Mail-Werbung kommt, vermag dies die Wettbewerbswidrigkeit nicht
auszuschließen.
3.
Zur
Verjährung des Unterlassungsanspruchs des Klägers hat
das
Berufungsgericht von seinem Standpunkt folgerichtig keine
Feststellungen getroffen. Der Senat kann auf der Grundlage des
unstreitigen Sachverhalts und des Vortrags der Parteien die Frage der
Verjährung der an die E-Mail-Adressen "s...@i.de" und
"d...@i.de"
versandten Rundschreiben selbst beurteilen.
Ein
auf die
Versendung der Rundschreiben bis zum 7. September 1998
gestützter
Unterlassungsanspruch des Klägers ist nach § 21 UWG
verjährt. Nicht verjährt ist dagegen der
Unterlassungsanspruch nach § 1 UWG, soweit er auf die zwischen
dem
8. September und 11. Dezember 1998 versandten Rundschreiben an die
E-Mail-Adresse "d...@i.de" gestützt wird.
Die
Verjährungsfrist beträgt nach § 21 UWG sechs
Monate von
dem Zeitpunkt, in welchem der Anspruchsberechtigte von der Handlung und
der Person des Verpflichteten Kenntnis erlangte. Sie begann mit der
jeweiligen Zusendung des Rundschreibens der Beklagten mittels E-Mail zu
laufen (vgl. BGH, Urt. v. 26.1.1984 - I ZR 195/81, GRUR 1984, 820, 822
= WRP 1984, 678 - Intermarkt II; Baumbach/Hefermehl aaO § 21
Rdn.
11; Köhler/Piper, UWG, 3. Aufl., § 21 Rdn. 22). Sie
wurde
durch die Einreichung der Klage am 8. März 1999 nach
§ 209
Abs. 1, § 217 BGB a.F., § 270 Abs. 3 ZPO a.F.
unterbrochen.
Dies gilt unabhängig von der zwischen den Parteien
unterschiedlich
beurteilten Bestimmtheit des Antrags in der Klageschrift vom 5.
März 1999. Denn aufgrund dieses Antrags war jedenfalls klar,
daß sich der Kläger gegen die Zusendung des
Rundschreibens
der Beklagten durch E-Mail an Empfänger wandte, die hierzu
kein
Einverständnis erklärt hatten. Dies reicht zur
Verjährungsunterbrechung aus (vgl. BGH, Urt. v. 23.10.1997 - I
ZR
123/95, GRUR 1998, 481, 483 = WRP 1998, 169 - Auto '94).
Die
Unterbrechung der Verjährung ist auch nicht nach §
211 Abs. 2
Satz 1 BGB a.F. entfallen. Nach § 211 Abs. 1 BGB a.F. dauert
die
Unterbrechung der Verjährung durch Klageerhebung fort, bis der
Prozeß rechtskräftig entschieden oder anderweitig
erledigt
ist. Gerät der Prozeß infolge einer Vereinbarung
oder
dadurch in Stillstand, daß er nicht betrieben wird, so endet
die
Unterbrechung mit der letzten Prozeßhandlung der Parteien
oder
des Gerichts (§ 211 Abs. 2 Satz 1 BGB a.F.). Allerdings hatte
der
Kläger nach Zustellung
des landgerichtlichen Urteils vom 6.
April
2000 bis zur wirksamen Einlegung der Anschlußberufung am 30.
November 2000 mehr als sechs Monate zugewartet. Die Anwendung des
§ 211 Abs. 2 Satz 1 BGB a.F. ist jedoch grundsätzlich
auf
Fallgestaltungen beschränkt, in denen es auf eine Umgehung des
§ 225 BGB hinauslaufen würde, wenn das Nichtbetreiben
eines
anhängig gemachten Prozesses durch die Parteien die
Unterbrechungswirkung der Klageerhebung unberührt
ließe. Die
Verjährungsunterbrechung endet deshalb
gemäß § 211
Abs. 2 Satz 1 BGB a.F., wenn ein Kläger sein Klagebegehren
ohne
triftigen Grund nicht mehr weiterbetreibt (BGH, Urt. v. 28.9.1999 - VI
ZR 195/98, NJW 1999, 3774, 3775, m.w.N.). Davon kann vorliegend nicht
ausgegangen werden. Denn der Kläger hat in der
Berufungsentgegnung
vom 18. September 2000 zu erkennen gegeben, daß er an der
Geltendmachung eines Anspruchs gegen die Beklagte, den Newsletter
unaufgefordert zu versenden, festhält. Dies reichte aus, um
einen
Prozeßstillstand seitens des Klägers zu verneinen
(vgl. BGH
NJW 1999, 3774, 3776).
4.
Nach § 1
UWG kann der Kläger von der Beklagten beanspruchen,
daß
diese es unterläßt, das Rundschreibens mittels
E-Mail unter
beliebigen E-Mail-Adressen an dritte Empfänger oder an den
Kläger ohne Einverständnis der Adressaten zu
versenden. Der
Unterlassungsanspruch des Klägers ist nicht auf ein Verbot der
Versendung von E-Mails mit dem Rundschreiben an diejenigen
E-Mail-Adressen beschränkt, an die die Beklagte bislang
bereits
E-Mails versandt hat (E-Mail-Adressen unter Verwendung der Domains
"s.de" und "i.de"). Denn der Anspruch umfaßt nicht nur die
konkrete Verletzungshandlung, sondern auch im Kern gleichartige
Handlungen (vgl. BGH GRUR 2000, 907, 909 - Filialleiterfehler).
Neben
dem Verbot
der Versendung unverlangter E-Mails an den Kläger
umfaßt der
Unterlassungsanspruch aus § 1 UWG auch als eine im Kern
gleichartige Verletzungshandlung das Versenden des Rundschreibens
mittels E-Mail an andere Empfänger ohne deren Zustimmung.
III.
Dem Senat
ist eine eigene Sachentscheidung verwehrt, weil die Beklagte zu der
Anschlußberufung des Klägers in der Tatsacheninstanz
bisher
kein rechtliches Gehör erhalten hat. Danach war das
angefochtene
Urteil auf die Revision des Klägers aufzuheben und die Sache
zur
anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten
der
Revision, an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.