Bundesgerichtshof,
Formwirksamkeit Beurkundung in Bezug genommene notarielle
Niederschriften
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Aktenzeichen: V ZR 431/02 |
Verkündet
am:
18.07.2003
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle |
Bundesgerichtshof
URTEIL
Tenor:
Auf die Revision des Streithelfers der Beklagten wird das Urteil des 6.
Zivilsenats des Oberlandesgerichts Stuttgart vom 2. Dezember 2002
aufgehoben.
Die
Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über
die
Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht
zurückverwiesen.
Tatbestand
Mit
Vertrag vom
18. August 1999, der von dem Streithelfer der Beklagten beurkundet
wurde, kauften die Klägerin und ihr Ehemann von der Beklagten
eine
Teileigentumseinheit in einem Geschäftshaus in U. zum Preis
von
575.000 DM. Das Geschäftshaus bedurfte zunächst der
Sanierung
und teilweisen Neuerrichtung. Die Beklagte verpflichtete sich, die dazu
erforderlichen Arbeiten gemäß einer von dem
Streithelfer
zuvor anderweit beurkundeten Baubeschreibung zu erstellen. Die
Begründung von Wohn- und Teileigentum sollte auf der Grundlage
einer ebenfalls bereits beurkundeten Teilungserklärung nebst
Nachträgen erfolgen.
In
dem Kaufvertrag heißt es u.a.:
"Auf
Baubeschreibung und Teilungserklärung samt Nachträgen
hierzu
wird unter Verzicht auf nochmaliges Vorlesen und Beifügen zur
heutigen Niederschrift verwiesen. Diese Urkunden werden also zum Inhalt
der heutigen Niederschrift gemacht."
Die
Klägerin, die sich etwaige Ansprüche ihres Ehemannes
hat
abtreten lassen, verlangt die Rückabwicklung des
Kaufvertrages.
Sie hat dazu u.a. behauptet, daß sie und ihr Mann bei der
Beurkundung nicht erklärt hätten, daß ihnen
der Inhalt
der in Bezug genommenen notariellen Urkunden über die
Baubeschreibung und die Teilungserklärungen bekannt seien.
Infolgedessen fehle es an einer wirksamen Beurkundung. Ferner hat sie
Mängel des Kaufgegenstands geltend gemacht. Ihrer auf
Rückzahlung des Teilkaufpreises von 512.047,41 DM nebst
Zinsen,
Zug um Zug gegen Erteilung von Löschungsbewilligungen
hinsichtlich
Auflassungsvormerkung und eingetragener Grundschuld, gerichteten Klage
haben Land- und Oberlandesgericht stattgegeben. Mit der - zugelassenen
- Revision erstrebt der Streithelfer der Beklagten weiterhin die
Klageabweisung. Die Klägerin beantragt die
Zurückweisung des
Rechtsmittels.
Entscheidungsgründe
I.
Das
Berufungsgericht hält den notariellen Vertrag für
formunwirksam, da er nicht entsprechend den Vorschriften des
Beurkundungsgesetzes beurkundet worden sei. Die schlichte Bezugnahme
auf die Baubeschreibung und die Teilungserklärung
genügten
nicht den Anforderungen des § 13a Abs. 1 BeurkG. Eine, im
konkreten Fall unterbliebene, Verlesung dieser früheren
notariellen Urkunden sei nur entbehrlich gewesen, wenn die Beteiligten
erklärt hätten, daß ihnen deren Inhalt
bekannt sei und
sie auf das Vorlesen verzichteten. Ob eine solche Erklärung
abgegeben worden sei, sei nicht festzustellen. Dies gehe zu Lasten der
Beklagten. Zwar müsse an sich die Klägerin die
Tatbestandsvoraussetzungen für den bereicherungsrechtlichen
Rückforderungsanspruch, mithin auch das Fehlen des
Rechtsgrundes,
darlegen und beweisen. Bei einem hier vorliegenden Verstoß
gegen
die Sollvorschrift des § 13a Abs. 1 Satz 2 BeurkG komme der
Klägerin aber eine Beweislastumkehr zugute. Wegen der
Schutzfunktion des Beurkundungsverfahrens könne aus dem
Schweigen
der Niederschrift darüber, ob die Parteien erklärt
haben, den
Inhalt der in Bezug genommenen notariellen Urkunden zu kennen, darauf
geschlossen werden, daß solche Erklärungen auch
nicht
abgegeben worden seien. Das Gegenteil müsse der beweisen, der
behaupte, die Erklärungen seien gleichwohl erfolgt.
II.
Dies
hält einer rechtlichen Prüfung nicht stand.
Der
auf §
812 Abs. 1 Satz 1 BGB gestützte Rückzahlungsanspruch
ist
nicht begründet, da die Klägerin nicht den ihr
obliegenden
Beweis dafür erbracht hat, daß der Zahlung auf den
Kaufpreis
der Rechtsgrund fehlt, weil der Vertrag vom 18. August 1999
formunwirksam und damit nichtig ist.
1.
Bei
Grundstücksgeschäften wie hier unterliegen dem
Beurkundungserfordernis nach § 313 Satz 1 BGB a.F. alle
Vereinbarungen, aus denen sich nach dem Willen der Vertragsparteien das
schuldrechtliche Veräußerungsgeschäft
zusammensetzt
(Senat, BGHZ 63, 359; BGH, Urt. v. 12. Februar 1981, VII ZR 230/80, WM
1981, 491; st. Rspr.). Da die Parteien im vorliegenden Fall die
Baubeschreibung und die Teilungserklärungen zum Inhalt ihrer
vertraglichen Vereinbarungen gemacht haben, ist das Berufungsgericht
daher zu Recht davon ausgegangen, daß diese Bestandteile des
Rechtsgeschäfts mitzubeurkunden waren.
2.
Zutreffend
ist auch die Annahme des Berufungsgerichts, daß von einer
wirksamen Beurkundung dieser Vertragsbestandteile nur ausgegangen
werden kann, wenn die Voraussetzungen des § 13a Abs. 1 Satz 1
BeurkG erfüllt sind, wenn also die bereits vorher beurkundeten
Erklärungen, nämlich die Baubeschreibung und die
Teilungserklärung mit Nachträgen, zwar nicht
vorgelesen
worden sind, die Beteiligten aber erklärt haben, daß
ihnen
der Inhalt der anderen Niederschriften bekannt sei und daß
sie
auf das Vorlesen verzichteten. Daß die Urkunde entgegen
§
13a Abs. 1 Satz 2 BeurkG keine Feststellungen hinsichtlich der nach
Satz 1 der Norm erforderlichen Erklärungen enthält,
stünde einer wirksamen Beurkundung nicht entgegen. Es handelt
sich
insoweit um eine Sollvorschrift. Entscheidend ist, ob die Parteien die
Erklärungen abgegeben haben (Winkler, BeurkG, 15. Aufl.,
§
13a Rdn. 48, 75 m.w.N.). Haben sie dies nicht, so ist die Beurkundung
unwirksam, und der Vertrag mangelt der vorgeschriebenen Form mit der
Nichtigkeitsfolge des § 125 BGB (BGH, Beschl. v. 29. Januar
1992,
VIII ZR 95/91, WM 1992, 670).
3.
Nach dem von
dem Revisionsgericht zugrundezulegenden Beweisergebnis steht weder
fest, daß die Parteien die nach § 13a Abs. 1 Satz 1
BeurkG
erforderlichen Erklärungen abgegeben haben, noch daß
sie sie
nicht abgegeben haben. Soweit die Revisionserwiderung
demgegenüber
meint, es sei im Laufe des Prozesses unstreitig geworden, daß
jedenfalls die Klägerin im Beurkundungstermin nicht
erklärt
hat, die in Bezug genommenen Urkunden zu kennen, stehen dem die
für den Senat bindenden tatbestandlichen Feststellungen des
Berufungsgerichts entgegen (§§ 559 Abs. 1, 314 ZPO).
Die
Entscheidung des Rechtsstreits hängt daher hinsichtlich des
geltend gemachten Bereicherungsanspruchs davon ab, wer die Beweislast
für das Vorliegen bzw. Nichtvorliegen der Erklärungen
trägt. Dies ist entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts
nicht die Beklagte, sondern die Klägerin.
a)
Das
Berufungsgericht verkennt an sich nicht, daß
grundsätzlich
der Kläger, der eine Leistung unter dem Gesichtspunkt der
ungerechtfertigten Bereicherung zurückfordert, den Beweis
dafür zu führen hat, daß der Rechtsgrund
fehlt (BGHZ
128, 167, 171; BGH, Urt. v. 9. Juni 1992, VI ZR 215/91, BGHR BGB
§
812 Abs. 1 Satz 1 Beweislast 3 m.w.N.). Danach obliegt vorliegend der
Klägerin der Beweis dafür, daß der
Kaufvertrag der
erforderlichen Form mangelt, weil er nicht
ordnungsgemäß
beurkundet worden ist.
An
diesem
Grundsatz sind - entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts - auch
nicht deswegen Zweifel angebracht, weil diese Beweislastverteilung zu
unterschiedlichen Ergebnissen führe, je nachdem, ob die eine
erbrachte Leistung zurückfordernde Partei die Unwirksamkeit
des
Vertrages geltend mache oder die die Leistung fordernde Partei die
Wirksamkeit. Denn dies ist keine Besonderheit, die sich nur im
Zusammenhang mit der Frage stellt, ob eine Beurkundung den
Anforderungen des § 13a Abs. 1 Satz 1 BeurkG genügt.
Vielmehr
ergeben sich diese Unterschiede bei der Beweislast stets, wenn um die
Wirksamkeit eines Vertrages gestritten wird und die eine Seite eine
bereits erbrachte Leistung zurückfordert und die andere Seite
den
noch ausstehenden Teil einklagt. Es ist unbestritten und sachlich auch
gerechtfertigt, daß die Bereicherungsklage nur Erfolg hat,
wenn
der Kläger das Fehlen des Rechtsgrunds, also die Unwirksamkeit
des
Vertrags, beweist, und der Vertragserfüllungsklage nur
stattgegeben werden kann, wenn das Bestehen des Vertrags erwiesen ist.
b) Für die Klägerin streitet auch nicht die Vermutung
der
Vollständigkeit und Richtigkeit einer über ein
Rechtsgeschäft aufgenommenen notariellen Urkunde. Diese
Vermutung
steht im Zusammenhang mit dem gesetzlichen Beurkundungserfordernis und
dessen Reichweite (Senat, Urt. v. 1. Februar 1985, V ZR 180/83, WM
1985, 699). Sie erstreckt sich auf alle Vereinbarungen, aus denen sich
nach dem Willen der Vertragspartner das schuldrechtliche
Veräußerungsgeschäft zusammensetzt und die
daher auch
dem Beurkundungserfordernis unterliegen. Sie erfaßt damit
nicht
solche Erklärungen der Parteien, die nicht zu den
Vereinbarungen
zählen und folglich auch nicht der Beurkundung
bedürfen
(Senat, aaO). So verhält es sich hier. Die Erklärung
der
Parteien, den Inhalt in Bezug genommener Urkunden zu kennen und auf
deren Vorlesung zu verzichten, ist nicht Bestandteil der Einigung im
Sinne des Veräußerungsgeschäftes. Sie
bedurfte daher
nicht der Beurkundung nach § 313 Satz 1 BGB a.F. Auch das
Beurkundungsgesetz hat den Vermerk über die Abgabe dieser
Erklärungen nicht zum Wirksamkeitserfordernis erhoben und die
Aufnahme in die Niederschrift nur als Sollvorschrift ausgestaltet
(§ 13a Abs. 1 Satz 2 BeurkG).
c) Nicht weiterführend für den konkreten Fall sind
auch die
Überlegungen, die das Berufungsgericht im Zusammenhang mit der
Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zu Beweiserleichterungen bei
unvollständiger ärztlicher Dokumentation angestellt
hat. Es
mag sein, daß die hinter dieser Rechtsprechung stehenden
Erwägungen in gleicher Weise für einen
Prozeß gegen
einen Notar gelten, der wegen nicht wirksamer Beurkundung (Fehlen der
Erklärungen nach § 13a Abs. 1 BeurkG) in Anspruch
genommen
wird. Macht der Notar demgegenüber geltend, die
Erklärungen
seien abgegeben worden, er habe dies nur entgegen § 13a Abs. 1
Satz 2 BeurkG nicht in die Niederschrift aufgenommen, so kann es
gerechtfertigt sein, ihm im Hinblick auf die ihm als Amtspflicht
obliegende (Winkler, aaO, § 13a Rdn. 75; Senat, Urt. v. 25.
Mai
1984, V ZR 13/83, NJW 1985, 2077), von ihm aber unterlassene
Dokumentation die Beweislast für das Vorliegen der
beurkundungsrechtlichen Wirksamkeitsvoraussetzungen aufzuerlegen (so im
Ergebnis Winkler, aaO § 13a Rdn. 75).
Solche
Erwägungen tragen aber entgegen der Auffassung des
Berufungsgerichts keine Umkehrung der Beweislast auch im
Verhältnis zu der an sich nicht beweisbelasteten Partei. Diese
hat
auf die Beachtung der Wirksamkeitserfordernisse und deren Niederlegung
in der Urkunde nicht mehr Einfluß als die andere
Vertragspartei.
Es liegt daher fern, sie deswegen mit beweisrechtlichen Nachteilen zu
belasten, weil der Notar Sollvorschriften verletzt hat, bei deren
Beachtung der Nachweis der Wirksamkeit oder Unwirksamkeit der
Beurkundung ohne Schwierigkeiten möglich gewesen
wäre. Etwas
anderes folgt auch nicht aus der von dem Berufungsgericht für
seine Auffassung herangezogenen Senatsentscheidung BGHZ 142, 84, die -
worauf die Revision zu Recht hinweist - zu dem vorliegenden Sachproblem
keine Aussage enthält.
d) Soweit das Beurkundungsgesetz in § 13 Abs. 1 Satz 3 selbst
eine
Vermutung aufstellt, wonach aus der eigenhändigen Unterschrift
der
Beteiligten der Schluß darauf gerechtfertigt ist,
daß die
Niederschrift ordnungsgemäß vorgelesen,
gegebenenfalls zur
Durchsicht vorgelegt und genehmigt wurde, so lassen sich daraus
für den vorliegenden Fall ebenfalls keine Folgerungen
herleiten.
Die Norm ist auf ihren unmittelbaren Anwendungsbereich
beschränkt
(zur erweiternden Auslegung vgl. Senat, Urt. v. 28. Januar 1994, V ZR
131/92, NJW 1994, 1288) und scheidet als Grundlage für eine
Vermutung dahin, daß eine nicht vermerkte Erklärung
nach
§ 13a Abs. 1 Satz 1 BeurkG auch nicht abgegeben wurde, aus,
läßt im übrigen auch nicht den
gegenteiligen
Schluß zu, daß die Bezugsurkunde vorgelesen oder
zur
Durchsicht vorgelegt wurde (Winkler, aaO § 13a Rdn. 51).
e)
Entgegen der Auffassung der Revisionserwiderung rechtfertigt das
"Regel-Ausnahme-Prinzip" keine Umkehr der Beweislast.
Zweifelhaft
ist
schon, ob die Vorlesungspflicht nach § 13 Abs. 1 Satz 1 BeurkG
inhaltlich die Regel und das Absehen hiervon unter den Voraussetzungen
des § 13a Abs. 1 Satz 1 BeurkG die Ausnahme darstellt (so
allerdings Eylmann/Vaasen/Limmer, BNotO/BeurkG, § 13a BeurkG
Rdn.
1). Zwar ist es grundsätzlich so, daß die
Niederschrift
über das Vereinbarte zu verlesen ist und daß dies -
bis zu
der Einfügung des § 13a BeurkG durch das
Beurkundungs-Änderungsgesetz vom 20. Februar 1980 (BGBl. I S.
157)
- nach der seinerzeit geänderten Rechtsprechung des Senats
auch
für in Bezug genommene notarielle Urkunden galt (Urt. v. 23.
Februar 1979, V ZR 99/77, NJW 1979, 1495; Urt. v. 27. April 1979, V ZR
175/77, NJW 1979, 1498). Daher könnte § 13a Abs. 1
Satz 1
BeurkG als Ausnahme von diesem Grundsatz begriffen werden. Andererseits
kann die Vorschrift auch als eigenständige Regelung
aufgefaßt werden, die den Besonderheiten des typisierten
Grundstücksverkehrs mit seinen aufeinander aufbauenden
Vertragswerken (Bauträgerverträge,
WEG-Teilungserklärungen, Hausverwalterverträge u.a.)
Rechnung
trägt und eine Verweisung auf andere notarielle Urkunden unter
bestimmten Voraussetzungen gerade auch im Interesse der
Vertragsparteien zuläßt, die durch eine ansonsten
die
Grenzen der Aufnahmefähigkeit überschreitende und vom
Wesentlichen ablenkende langandauernde Verlesung überfordert
werden könnten (vgl. Huhn/von Schuckmann, BeurkG, 3. Aufl.,
§
13a Rdn. 2).
Jedenfalls
kann
aber von einem die Beweislast verteilenden
Regel-Ausnahme-Verhältnis nur ausgegangen werden, wenn dies im
Gesetz, ausdrücklich oder durch Auslegung gewonnen (vgl.
Rosenberg/Schwab/Gottwald, Zivilprozeßrecht, 15. Aufl., S.
671),
zum Ausdruck gekommen ist, wenn - wie zum Teil auch formuliert wird -
die beiden Tatbestände als Norm und Gegennorm erscheinen (vgl.
Rosenberg, Die Beweislast, 5. Aufl., S. 119 ff., 124 ff.; Leipold,
Beweislastregeln und gesetzliche Vermutungen, 1966, S. 53 ff.;
MünchKomm-ZPO/Prütting, 2. Aufl., § 286 Rdn.
112, 113).
Daran fehlt es im vorliegenden Fall. Die sprachliche Fassung des
§
13a Abs. 1 Satz 1 BeurkG läßt nicht erkennen,
daß der
Gesetzgeber diese Regelung als Ausnahme von der in § 13 Abs. 1
BeurkG statuierten Vorlesungspflicht verstanden wissen wollte. Es
fehlen die hierfür typischen Wendungen wie "dies gilt nicht",
"die
Vorschrift ist nicht anzuwenden, wenn", "es sei denn" oder
ähnl.
(vgl. MünchKomm-ZPO/Prütting, aaO Rdn. 112). Ein
solches
Verständnis drängt sich auch nicht aus
Sachgründen auf.
Die Norm regelt, wie zu verfahren ist, wenn auf notarielle Urkunden
verwiesen wird und deren Verlesung erspart werden soll. Dabei gibt es
keine Sachgründe, unabhängig von Anspruchsnormen, bei
denen
es auf die Wirksamkeit der Beurkundung ankommt, die Beweislast zu
verteilen. Weder spricht die Wahrscheinlichkeit als Grundlage
für
ein Regel-Ausnahme-Verhältnis (vgl. Leipold aaO S. 56)
dafür,
daß alles zu verlesen ist, die Bezugnahme
demgegenüber der
Ausnahmefall ist, noch steht einer der Beteiligten der zu beweisenden
Tatsache näher. Daß der Notar die
Förmlichkeiten
beachtet hat, ist für beide Vertragspartner gleich
wahrscheinlich
oder zufällig und von dem einen nicht eher
beeinflußbar als
von dem anderen.
Soweit
das
Berufungsgericht auf ein Regel-Ausnahme-Verhältnis
hinsichtlich
der Beachtung der Sollvorschrift des § 13a Abs. 1 Satz 2
BeurkG
durch den Notar abstellt, verkennt es, daß der Gesetzgeber
hier
kein Verhältnis von Regel und Ausnahme begründet hat,
sondern
lediglich dem Notar aufgegeben hat, in jedem Fall in der Niederschrift
festzuhalten, daß die Parteien die Erklärungen nach
Abs. 1
Satz 1 der Norm abgegeben haben. Was dem Berufungsgericht
möglicherweise vorgeschwebt hat und worauf auch die
Revisionserwiderung die Entscheidung stützen möchte,
ist die
Überlegung, daß der Notar im Regelfall die
Sollvorschrift
beachten wird, so daß bei einem Fehlen des Vermerks
angenommen
werden könne, die Parteien hätten auch nichts
erklärt.
Dieser Schluß ist aber ebenfalls nicht gerechtfertigt. Da der
Gesichtspunkt der Vermutung der Richtigkeit und
Vollständigkeit
der Urkunde nicht trägt (s.o.), ließe er sich nur
auf einen
Lebenserfahrungssatz stützen, daß nämlich
Notare im
allgemeinen die ihnen auferlegten Pflichten beachten. Abgesehen davon,
daß dies nicht zu einer Umkehr der Beweislast, sondern nur zu
einem im Rahmen der Beweiswürdigung zu
berücksichtigenden
Anscheinsbeweis führte (vgl. nur
MünchKomm-ZPO/Prütting
aaO Rdn. 51 ff.), gibt es aber auch keinen Erfahrungssatz dieses
Inhalts, wie wiederum das Berufungsgericht selbst nicht verkannt hat.
Es ist wahrscheinlicher, daß ein Notar das Gesetz beachtet,
als
daß er dagegen verstößt. Es besteht aber
nicht ein
solcher Grad der Wahrscheinlichkeit, daß hierauf eine
richterliche Überzeugung gegründet werden
könnte.
f)
Schließlich lassen sich entgegen der Auffassung des
Berufungsgerichts auch aus der Schutzfunktion des
Beurkundungsverfahrens keine Gründe für eine
Beweislastumkehr
herleiten. Die Sollvorschrift des § 13a Abs. 1 Satz 2 BeurkG
bezweckt den Schutz aller am Beurkundungsverfahren Beteiligten. Aus dem
Schweigen der Niederschrift über eine Abgabe der
Erklärungen
nach Abs. 1 Satz 1 der Vorschrift können vor dem Hintergrund
des
Schutzgedankens keine Schlußfolgerungen für die
Beweislast
gezogen werden. Es ist nicht gerechtfertigt, wegen des Schutzzwecks,
den Beteiligten die Bedeutung der Bezugnahme vor Augen zu
führen,
demjenigen eine Umkehr der Beweislast zugute kommen zu lassen, der sich
auf das Fehlen der nach § 13a Abs. 1 Satz 1 BeurkG
erforderlichen
Erklärung beruft. Er ist nicht schutzwürdiger als
sein
Vertragspartner, der behauptet, die Erklärung sei abgegeben
worden. Eine angemessene Beweislastverteilung ist nur unter
Berücksichtigung des jeweils geltend gemachten Anspruchs oder
Gegenrechts möglich. Nur als Tatbestandsvoraussetzung
für den
Anspruch oder den ihm entgegengesetzten Einwand gewinnt die Behauptung,
das Wirksamkeitserfordernis für die Inbezugnahme einer fremden
notariellen Urkunde fehle, Konturen, an denen sich Beweislastregeln
orientieren können. Danach trägt die
Klägerin als
diejenige, die das Fehlen des Rechtsgrundes für die erbrachte
Leistung zu beweisen hat, die Nachteile des non liquet im Hinblick auf
die Frage, ob der Vertrag ordnungsgemäß beurkundet
worden
ist oder nicht.
III.
Der
Rechtsstreit
ist nicht zur Entscheidung reif, da sich das Berufungsgericht mit dem
von der Klägerin im übrigen vorgebrachten Klagegrund
der
Rückabwicklung des Kaufvertrages unter dem Gesichtspunkt der
Mängelhaftung oder des Rücktritts nicht
auseinandergesetzt
und dazu keine Feststellungen getroffen hat. Die Sache ist daher an das
Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 ZPO).