Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
Bundesgerichtshof
IM
NAMEN DES VOLKES
URTEIL
Tatbestand
Die
Klägerin stellt den Weinbrand "ATTACHE" her und vertreibt ihn.
Dieser Weinbrand wurde bis zum 1. Mai 1992 im Sortiment der
P.-Märkte der R.-Gruppe geführt. Seitdem vertreiben
diese den Weinbrand der Beklagten "TISSERAND".
Bis
zum Jahr 1993 benutzte die Klägerin für "ATTACHE"
eine Aufmachung, die dem farbigen Warenzeichen Nr. 1 093 017 (im
folgenden: Klagemarke I, Anl. 3 u. 4) entsprach, das am 26. Juni 1986
für die "Waren/Dienstleistungen: Weinbrand" eingetragen worden
ist. Danach verwendete sie eine sehr ähnliche Aufmachung, die
mit ihrem farbigen, nachstehend schwarz/weiß abgebildeten
Warenzeichen Nr. 2 081 870 (im folgenden: Klagemarke II, vgl. Anl. 6 u.
7), das am 21. Oktober 1994 für die "Waren/Dienstleistungen:
Alkoholische Getränke, nämlich Weinbrand" eingetragen
worden ist, und dem für sie eingetragenen Geschmacksmuster M
93 09 732.8 übereinstimmte.
[Anmerkung
der Dokumentationsstelle des Bundesgerichtshofs: Es folgt die Abbildung
einer Weinbrandflasche.]
Etwa
Ende 1993 änderte die Beklagte die früher
für ihren Weinbrand "TISSERAND" benutzte Aufmachung ab und
benutzte nacheinander die beiden Aufmachungen, die im nachstehend
angeführten Urteilsausspruch des Landgerichts
(schwarz/weiß) abgebildet sind.
Die
Klägerin ist der Ansicht, die Beklagte verletze mit diesen
beiden Flaschenaufmachungen ihre Klagemarken. Die Aufmachungen seien
zudem unzulässige Nachbildungen ihres Geschmacksmusters. Die
Beklagte handele auch wettbewerbswidrig, weil sie sich mit den im
Klageantrag abgebildeten Ausstattungen ihres Weinbrands
unzulässig an die Klagemarken angenähert habe; sie
habe damit bezweckt, durch Ausnutzung des vertrauten Erscheinungsbilds
des Weinbrands "ATTACHE" in den P.-Märkten den Austausch
dieses Produkts durch einen anderen Weinbrand derselben Preisklasse zu
verdecken, um so Werbekosten für die Einführung des
neuen Produkts zu sparen und den Umsatz zu halten.
Die
Beklagte ist dem entgegengetreten.
Das
Landgericht hat den Klageanträgen stattgegeben und wie folgt
entschieden:
I.
Die Beklagte wird verurteilt,
1.
es bei Meidung eines vom Gericht für jeden Fall der
Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes
bis zu 500.000,-- DM,
ersatzweise Ordnungshaft, oder einer Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, im
Falle mehrfacher Zuwiderhandlung bis zu insgesamt 2 Jahren, zu
unterlassen,
in
der Bundesrepublik Deutschland Weinbrand mit einer der nachstehend als
Front- und Rückenansicht wiedergegebenen Ausstattungen zu
versehen und/oder in den Verkehr zu bringen und/oder zum Zweck des
Inverkehrbringens zu besitzen, die im wesentlichen gekennzeichnet sind
durch folgende Merkmale der Frontansicht:
a)
einen Flaschenkörper aus lichtgrünem,
annähernd weißem Glas, der
(1)
vom Flaschenboden zylindrisch aufsteigt,
(2)
eine Höhe von etwa 30 cm besitzt und
(3)
sich etwa im letzten Drittel der Gesamthöhe mit bauchig
ausgebildeter Schulter zur Flaschenkapsel hin verjüngt,
b)
einen goldfarbenen Schraubverschluß,
c)
ein rechteckiges Hauptetikett
(1)
mit der Grundfarbe schwarz,
(2)
mit der in schattierten Versalien mit vergrößertem
Anfangsbuchstaben aufgeführten Aufschrift "TISSERAND" in der
Farbe
Gold,
(3)
mit der Kontur des Hauptetiketts folgendem Randstreifen in der Farbe
Gold
(3a)
und gegebenenfalls zusätzlich in den oberen und unteren
Eckbereichen angeordneten, im Umriß etwa dreieckigen
Strichornamenten in gleicher Farbe,
(4)
wobei im oberen Bereich des Hauptetiketts ein Wappenfeld in goldener
Farbe mit rotfarbigem Wappenschild und
(5)
unterhalb des Wappenschildes die Bezeichnung "TISSERAND" angeordnet ist
und
(6)
unterhalb des Namens "TISSERAND" in nach rechts geneigter
Schreibschrift und in goldener Farbe die Aufschrift
"Weinbrand" steht,
d)
mit einem geschweiftem Schulteretikett, das
(1)
auf schwarzem Grund
(2)
innerhalb goldfarbener Umrandung
(3)
in goldfarbener, nach rechts geneigter Schreibschrift die Bezeichnung
"Weinbrand" trägt,
e)
mit einem Halsetikett von
(1)
schwarzer Grundfarbe,
(2)
mit unterem in Goldfarbe ausgeführten Randstreifen und
(3)
oberhalb des Randstreifens befindlichem heraldischem Wappenfeld und
Wappenschild in mit dem Wappen des
Hauptetiketts
identischer Gestaltung
und Farbausführung, wobei unterhalb des Wappenschildes der
Produktname
"TISSERAND" in gleicher Schrift
ausgeführt ist wie
auf dem Hauptetikett;
(3a)
gegebenenfalls mit oberem in Goldfarbe ausgeführtem
Randstreifen in derselben Farbe, wobei unterer und oberer
Randstreifen
aus parallel übereinander in geringem Abstand angeordneten
Linien bestehen und auf der Schauseite durch das
vorstehend bezeichnete
Wappenfeld und Wappenschild unterbrochen sind;
[Anmerkung
der Dokumentationsstelle des Bundesgerichtshofs: Es folgen vier
Abbildungen von Weinbrandflaschen.]
2.
der Klägerin unter Angabe der nach Kalendervierteljahren
aufgegliederten Liefermengen und Verkaufserlöse Auskunft
darüber zu erteilen, in welchem Umfang die Beklagte die
vorstehend zu I 1 bezeichneten Handlungen begangen hat.
II.
Es wird festgestellt, daß die Beklagte verpflichtet ist, der
Klägerin allen Schaden zu ersetzen, der ihr durch die
vorstehend zu I 1 bezeichneten Handlungen der Beklagten entstanden ist
und noch entstehen wird.
Gegen
dieses Urteil hat die Beklagte Berufung eingelegt.
Die
Klägerin hat beantragt, die Berufung mit der Maßgabe
zurückzuweisen, daß der Urteilsausspruch zu I 1 e
wie folgt gefaßt wird:
e)
mit einem Halsetikett
(1)
von schwarzer Grundfarbe,
(2)
mit unterem in Goldfarbe ausgeführtem Randstreifen und
oberhalb des Randstreifens befindlichem heraldischem Wappenfeld
und
Wappenschild in mit dem Wappen des Hauptetiketts identischer Gestaltung
und Farbausführung, wobei unterhalb des
Wappenschildes der
Produktname "TISSERAND" in gleicher Schrift ausgeführt ist wie
auf dem Hauptetikett;
(2a)
gegebenenfalls mit oberem in Goldfarbe ausgeführtem
Randstreifen in derselben Farbe, der aus parallel übereinander
in
geringem Abstand angeordneten
Linien besteht und auf der Schauseite
durch ein Wappenfeld und Wappenschild in mit dem
Wappen
des
Hauptetikettes identischer Gestaltung und Farbausführung
unterbrochen ist.
Das
Berufungsgericht hat die Berufung mit dieser Maßgabe
zurückgewiesen.
Mit
ihrer Revision, deren Zurückweisung die Klägerin
beantragt, verfolgt die Beklagte ihren Klageabweisungsantrag weiter.
Entscheidungsgründe
Das
Berufungsgericht hat der Klage - entsprechend den geänderten
Berufungsanträgen - allein auf der Grundlage der
markenrechtlichen Ansprüche, die auf die Klagemarke II
gestützt sind, stattgegeben. Die dagegen gerichtete Revision
hat Erfolg; das Berufungsurteil kann mit der gegebenen
Begründung nicht aufrechterhalten werden.
I.
Die in die Zukunft gerichteten Unterlassungsanträge sind,
soweit sie auf Markenrecht gestützt sind, zunächst
gemäß § 152 MarkenG nach den Bestimmungen
des am 1. Januar 1995 in Kraft getretenen Markengesetzes zu beurteilen.
Ein markenrechtlicher Unterlassungsanspruch gegen eine Aufmachung, die
schon vor dem 1. Januar 1995 benutzt worden ist, setzt zudem voraus,
daß ihre Verwendung auch schon nach altem Recht
(§§ 24, 31 WZG) eine Warenzeichenverletzung
darstellte (§ 153 Abs. 1 MarkenG; vgl. BGH, Urt. v. 10.4.1997
- I ZR 65/92, GRUR 1997, 629, 631 = WRP 1997, 742 - Sermion II; Urt. v.
18.6.1998 - I ZR 25/96, GRUR 1999, 238, 239 = WRP 1999, 189 - Tour de
culture, jeweils m.w.N.).
II.
Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts fehlt es hier bereits an der
erforderlichen Verwechslungsgefahr für einen markenrechtlichen
Anspruch der Klägerin gegen die Beklagte, es zu unterlassen,
für Weinbrand die im Berufungsantrag wiedergegebenen (und im
Sinne einer Merkmalsanalyse näher beschriebenen) beiden
Aufmachungen zu verwenden (§ 14 Abs. 2 Nr. 2, Abs. 5 MarkenG).
1.
Das Berufungsgericht hat angenommen, daß zwischen der
Klagemarke II, einem zweidimensionalen Wort-/Bildzeichen, und den
beiden angegriffenen Aufmachungen Verwechslungsgefahr bestehe. Es ist
dabei davon ausgegangen, daß für diese
Prüfung im vorliegenden Fall bei der Anwendung der
§§ 24, 31 WZG und des § 14 Abs. 2 Nr. 2,
Abs. 5 MarkenG die gleichen Maßstäbe anwendbar
seien.
Für
den Gesamteindruck der Klagemarke II seien neben dem Umriß
und der Farbe des Flaschenkörpers und dessen goldfarbenem
Schraubverschluß folgende Merkmale besonders
prägend: Die schwarzgrundigen Etiketten seien goldfarben
bedruckt und eingefaßt. Das rechteckige Hauptetikett sei in
zwei Bereiche unterteilt, einen oberen Bereich (mit dem Produktnamen
"ATTACHE" und der darüberstehenden Bezeichnung "Weinbrand"
sowie einem den Rahmen überragenden Wappen) und einen unteren
durch eine Trennlinie unterteilten Bereich, in dem sich eine
mehrzeilige Aufschrift befinde. Auf dem Schulteretikett würden
der Produktname "ATTACHE" und die Angabe "Weinbrand" in jeweils
gleicher Schrift und in gleicher Anordnung wie auf dem Hauptetikett
wiederholt und auf einem Halsetikett darüber - entsprechend
der Anordnung auf dem Hauptetikett - das Wappen mit dem roten
Wappenschild. Diese Merkmale seien für den angesprochenen
Endverbraucher auch aus weiterer Entfernung sofort sichtbar und deshalb
in besonderer Weise geeignet, sich ihm einzuprägen.
In
diesen für den Gesamteindruck besonders charakteristischen
Merkmalen bestehe Übereinstimmung zwischen der Klagemarke II
und den angegriffenen Flaschenaufmachungen. Bei beiden weise der
Flaschenkörper die gleiche Gestaltung und Farbe auf wie auf
dem Bild der Klagemarke II. Unterschiede gegenüber der
Klagemarke II bestünden nur in folgenden Merkmalen: Bei den
angegriffenen Aufmachungen "TISSERAND" liege die Schattierung der
Druckbuchstaben bei dem Produktnamen auf der linken statt auf der
rechten Seite. Auf dem Hauptetikett stehe der Produktname zwischen dem
Wappen und der Gattungsangabe "Weinbrand" statt unter diesen. Die
Aufschrift im unteren Bereich des Hauptetiketts sei
übersichtlicher und - anders als bei einer Aufmachung
entsprechend der Klagemarke II - auch aus einer gewissen Entfernung
noch lesbar. Der Produktname werde nicht auf dem Schulteretikett,
sondern auf dem Halsetikett unterhalb des Wappens wiederholt,
während das - geschweift statt oval ausgebildete -
Schulteretikett nur die Gattungsbezeichnung "Weinbrand" trage.
Gegenüber den Gemeinsamkeiten träten diese
Unterschiede jedoch zurück.
Die
spätere, ebenfalls angegriffene Aufmachung unterscheide sich
von der Klagemarke II zusätzlich dadurch, daß der
das Hauptetikett einfassende Rahmen nicht mehr schraffiert und mit
Abstand vom Etikettrand geführt sei, sondern einen einfachen,
breit gehaltenen Streifen darstelle, der zugleich den Rand des Etiketts
bilde. In allen vier Eckbereichen des Hauptetiketts befänden
sich zudem - im Umriß etwa dreieckige - Strichornamente in
goldener Farbgebung. Dem Halsetikett fehle der untere Randstreifen. Die
Beschriftung sei vor allem auf dem Halsetikett
vergrößert worden. Auch diese Unterschiede fielen
jedoch bei der im Verkehr üblichen flüchtigen
Betrachtungsweise nicht auf.
Die
Klagemarke II sei in ihrer konkreten Merkmalskombination
kennzeichnungskräftig. Dem stehe nicht entgegen, daß
für "ATTACHE" Ausstattungselemente gewählt worden
seien, die bei Weinbrand und anderen Spirituosen weitgehend
üblich und deshalb jeweils für sich genommen wenig
kennzeichnungskräftig seien, wie etwa die Kombination der
Farben schwarz und gold - als Hinweis auf Tradition und gehobene
Qualität - oder die Beifügung von (Phantasie-)Wappen,
die auf (gesellschaftliche) Vornehmheit hindeuten sollten.
Der
Unterschied in den Wortbestandteilen der Kennzeichnungen ("ATTACHE"
bzw. "TISSERAND") werde dabei nicht zu gering eingeschätzt.
Auch wenn der Grundsatz der Rechtsprechung nicht verkannt werde,
daß der Verkehr bei zusammengesetzten Zeichen dem
Wortbestandteil regelmäßig besondere Bedeutung
beimesse, sei hier die Flüchtigkeit des Verkehrs zu
berücksichtigen. Für die Verwechslungsgefahr sei das
Erinnerungsbild maßgebend, das durch die
übereinstimmenden optischen Merkmale der Flaschenaufmachungen
geprägt werde, unter die sich die Schriftzüge der
Produktnamen - goldfarbig auf schwarzem Grund - als weiteres, eher
optisches Element einreihten. Dabei sei auch zu
berücksichtigen, daß der Produktname jeweils der
französischen Sprache entstamme oder zumindest an sie
angelehnt sei. Ein großer Teil des Publikums werde mit der
(korrekten) Aussprache der Namen Schwierigkeiten haben und deshalb nur
behalten, daß da in gold und schwarz ein Schriftzug mit
französisch klingendem Namen stehe. Dieses Merkmal sei aber
allen einander gegenüberstehenden Aufmachungen gemeinsam.
2.
Diese Beurteilung hält der revisionsrechtlichen
Nachprüfung nicht stand. Das Berufungsgericht hat seiner
Prüfung der Verwechslungsgefahr teilweise unzutreffende
rechtliche Maßstäbe zugrunde gelegt.
a)
Das Berufungsgericht ist allerdings zutreffend davon ausgegangen,
daß aus der Klagemarke II, die als farbige Wort-/Bildmarke
eingetragen ist, auch Ansprüche gegen dreidimensionale
Warenaufmachungen hergeleitet werden können. Der
markenrechtliche Schutz hat zwar von der eingetragenen Gestaltung der
Marke auszugehen (vgl. BGH, Beschl. v. 4.2.1999 - I ZB 38/96, GRUR
1999, 583, 584 = WRP 1999, 662 - LORA DI RECOARO ), dies
schließt aber eine Verwechslungsgefahr zwischen einer
(flächenhaften) Wort-/Bildmarke und einer dreidimensionalen
Gestaltung nicht aus (vgl. - zum Warenzeichengesetz - BGH, Urt. v.
18.11.1955 - I ZR 208/53, GRUR 1956, 179, 180 = WRP 1956, 135 -
Ettaler-Klosterliqueur; Urt. v. 18.9.1981 - I ZR 11/80, GRUR 1982, 111,
112 = WRP 1982, 214 - Original-Maraschino; vgl. weiter Fezer, MarkenR,
2. Aufl., § 14 Rdn. 197; Althammer/Ströbele, MarkenG,
5. Aufl., § 9 Rdn. 107; Ingerl/Rohnke, Markengesetz,
§ 14 Rdn. 72). Die - vom Berufungsgericht nicht
geprüfte - Frage, ob die angegriffenen Aufmachungen
markenmäßig benutzt worden sind (vgl. dazu EuGH,
Urt. v. 23.2.1999 - Rs. C-63/97, GRUR Int. 1999, 438, 440 Tz. 31 ff. =
WRP 1999, 407 - BMW), ist hier ohne weiteres zu bejahen, zumal nach
§ 3 Abs. 1 MarkenG nunmehr auch dreidimensionale Gestaltungen
als Marke eintragungsfähig sind (vgl. Fezer aaO § 14
Rdn. 197; Althammer/Ströbele aaO § 9 Rdn. 107;
Ingerl/Rohnke aaO § 14 Rdn. 72).
b)
Die Frage der Verwechslungsgefahr im Sinne des § 14 Abs. 2 Nr.
2 MarkenG ist unter Berücksichtigung aller Umstände
des Einzelfalls zu beurteilen (vgl. EuGH, Urt. v. 11.11.1997 - Rs.
C-251/95, GRUR 1998, 387, 389 Tz. 22 = WRP 1998, 39 - Sabel/Puma; Urt.
v. 29.9.1998 - Rs. C-39/97, GRUR 1998, 922, 923 Tz. 16 f. = WRP 1998,
1165 - Canon; Urt. v. 22.6.1999 - Rs. C-342/97, GRUR Int. 1999, 734,
736 Tz. 18 = WRP 1999, 806 - Lloyd). Dabei besteht eine
Wechselbeziehung zwischen den in Betracht kommenden Faktoren,
insbesondere der Ähnlichkeit der Marken und der
Ähnlichkeit der damit gekennzeichneten Waren sowie der
Kennzeichnungskraft der prioritätsälteren Marke. So
kann insbesondere ein geringerer Grad der Ähnlichkeit der
Zeichen durch einen höheren Grad der Ähnlichkeit der
Waren ausgeglichen werden und umgekehrt (vgl. EuGH GRUR 1998, 922, 923
Tz. 17 - Canon; GRUR Int. 1999, 734, 736 - Tz. 19 - Lloyd; BGH, Beschl.
v. 25.3.1999 - I ZB 32/96, GRUR 1999, 735, 736 = WRP 1999, 855 -
MONOFLAM/ POLYFLAM; Beschl. v. 6.5.1999 - I ZB 54/96, GRUR 1999, 995,
997 = WRP 1999, 936 - HONKA, jeweils m.w.N.).
c)
Angesichts der bestehenden Warenidentität und normaler
Kennzeichnungskraft ist bei der Prüfung, ob durch eine
markenrechtliche Ähnlichkeit der angegriffenen Aufmachungen
mit der Klagemarke II eine Verwechslungsgefahr begründet wird,
ein strenger Maßstab anzulegen. Abweichend von der Ansicht
des Landgerichts, die sich das Berufungsgericht durch Bezugnahme zu
eigen gemacht hat, verschärft sich dieser Maßstab
aber nicht deshalb, weil die Beklagte die angegriffenen Aufmachungen
für einen Weinbrand benutzt, der in derselben Preisklasse wie
der Weinbrand der Klägerin vertrieben wird. Für den
Schutzumfang der Klagemarke ist ohne Bedeutung, wie die Waren, die mit
ihr versehen sind, vertrieben werden (vgl. BGH, Urt. v. 19.2.1998 - I
ZR 138/95, GRUR 1998, 1034, 1036 = WRP 1998, 978 - Makalu; Beschl. v.
16.7.1998 - I ZB 5/96, GRUR 1999, 164, 166 = WRP 1998, 1078 - JOHN
LOBB).
d)
Das Berufungsgericht hat seiner Beurteilung weiter zutreffend zugrunde
gelegt, daß bei der Prüfung der markenrechtlichen
Verwechslungsgefahr auf den jeweiligen Gesamteindruck der sich
gegenüberstehenden Zeichen abzustellen ist (vgl. EuGH GRUR
1998, 387, 390 Tz. 23 - Sabel/Puma; GRUR Int. 1999, 734, 736 Tz. 25 -
Lloyd; BGH GRUR 1999, 583, 584 - LORA DI RECOARO ; Beschl. v. 8.7.1999
- I ZB 49/96, Umdr. S. 6 f. - RAUSCH /ELFI RAUCH, m.w.N.). Das
Berufungsgericht hat auch nicht verkannt, daß bei Zeichen,
die - wie hier - aus mehreren Bestandteilen bestehen, die
Kennzeichnungskraft der den Gesamteindruck bestimmenden Bestandteile zu
prüfen ist (vgl. dazu - zum Warenzeichengesetz - BGH, Urt. v.
31.1.1991 - I ZR 71/89, GRUR 1992, 48, 50 - frei öl, m.w.N.).
Die Beurteilung dieser Frage liegt zwar im wesentlichen auf
tatrichterlichem Gebiet, sie ist aber im Revisionsverfahren darauf zu
überprüfen, ob der Tatrichter einen richtigen
Rechtsbegriff zugrunde gelegt, bestehende Erfahrungssätze
angewandt und den Sachvortrag umfassend berücksichtigt hat
(vgl. BGH GRUR 1999, 995, 997 - HONKA).
Das
Berufungsgericht hat hier die Frage des Gesamteindrucks anhand eines
unzutreffenden rechtlichen Maßstabs geprüft. Es hat
maßgeblich darauf abgestellt, welchen Gesamteindruck gerade
der flüchtige Verkehr von den einander
gegenüberstehenden Kennzeichnungen gewinnt. Aus diesem Grund
kam es zu der Ansicht, daß die Produktnamen den
angesprochenen Verbrauchern jeweils nur als ein Schriftzug in gold und
schwarz mit einem französisch klingenden Namen in Erinnerung
bleiben würden.
Demgegenüber
kommt es entscheidend darauf an, wie die Marke auf den
Durchschnittsverbraucher der betreffenden Art von Waren oder
Dienstleistungen wirkt. Dabei ist auf einen durchschnittlich
informierten, aufmerksamen und verständigen
Durchschnittsverbraucher abzustellen (vgl. EuGH GRUR Int. 1999, 734,
736 Tz. 26 - Lloyd), dessen Aufmerksamkeit allerdings je nach der Art
der betreffenden Waren oder Dienstleistungen unterschiedlich hoch sein
kann. Der Gesamteindruck der Marke bei Verbrauchern, die sich nur
flüchtig mit der Ware befassen, kann schon deshalb nicht
maßgebend sein, weil für die Beurteilung der
kennzeichenrechtlichen Verwechslungsgefahr auf die Marke in ihrer den
Schutz begründenden eingetragenen Form abzustellen ist. Der
registerrechtliche Schutz darf nicht durch die Art der Betrachtung des
Zeichens durch den flüchtigen Verkehr, d.h. den
oberflächlichen und unaufmerksamen Verbraucher, erweitert
verstanden werden (vgl. BGH, Urt. v. 18.6.1998 - I ZR 15/96, GRUR 1998,
942, 943 = WRP 1998, 990 - ALKA-SELTZER; anders noch BGH GRUR 1982,
111, 113 - Original-Maraschino). Bei Spirituosen wie Weinbrand kann
auch deshalb nicht auf den Gesamteindruck abgestellt werden, den gerade
der flüchtige Verkehr von den sich gegenüberstehenden
Kennzeichnungen gewinnt, weil bei diesen nicht geringwertigen Waren
erfahrungsgemäß der Marke Bedeutung als Hinweis auf
die Qualität beigemessen wird. Zu berücksichtigen
bleibt allerdings, daß der Durchschnittsverbraucher nur
selten die Möglichkeit hat, verschiedene Marken unmittelbar zu
vergleichen, und er sich sonst auf das unvollkommene Bild verlassen
muß, das er von ihnen im Gedächtnis behalten hat
(vgl. EuGH GRUR Int. 1999, 734, 736 Tz. 26 - Lloyd; BGHZ 126, 287, 293
- Rotes Kreuz).
3.
Die Beurteilung des Berufungsgerichts kann danach keinen Bestand haben.
Der Senat kann jedoch über die Frage der Verwechslungsgefahr
auf der Grundlage des feststehenden Sachverhalts selbst entscheiden,
weil es sich dabei um eine Rechtsfrage handelt, deren Beurteilung auch
dem Revisionsgericht offensteht (vgl. BGHZ 138, 143, 156 -
Les-Paul-Gitarren, m.w.N.).
a)
Bei der Beurteilung des Gesamteindrucks der Klagemarke II ist der
Erfahrungssatz zu berücksichtigen, daß der
Durchschnittsverbraucher eine Marke regelmäßig als
Ganzes wahrnimmt und nicht auf die verschiedenen Einzelheiten achtet
(vgl. EuGH GRUR Int. 1999, 734, 736 Tz. 25 - Lloyd; BGH, Beschl. v.
5.3.1998 - I ZB 28/95, GRUR 1998, 932, 933 = WRP 1998, 868 -
MEISTERBRAND ; Beschl. v. 2.4.1998 - I ZB 25/96, GRUR 1998, 927, 929 =
WRP 1998, 872 - COMPO-SANA). Dementsprechend kann nicht angenommen
werden, daß der in der Klagemarke II deutlich herausgestellte
Produktname "ATTACHE" im Gesamteindruck derart zurücktritt,
wie dies das Berufungsgericht angenommen hat.
Dies
kann allerdings nicht schon dem Erfahrungssatz entnommen werden,
daß sich der Verkehr bei kombinierten Wort-/Bildzeichen
jedenfalls bei - wie vorliegend - normaler Kennzeichnungskraft des
Wortbestandteils eher an dem Wort als an den Bildbestandteilen
orientiert, weil das Kennwort in der Regel die einfachste Form ist, die
Ware zu bezeichnen (BGH, Beschl. v. 29.6.1995 - I ZB 22/93, GRUR 1996,
198, 200 = WRP 1997, 443 - Springende Raubkatze; BGHZ 139, 59, 64 -
Fläminger; BGH, Beschl. v. 2.7.1998 - I ZB 6/96, GRUR 1999,
52, 53 = WRP 1998, 986 - EKKO BLEIFREI ; Beschl. v. 2.7.1998 - I ZB
36/95, GRUR 1998, 1014, 1015 = WRP 1998, 988 - ECCO II). Dieser
Grundsatz entfaltet seine Wirkung im Regelfall, sofern es sich bei dem
Bildbestandteil nicht lediglich um eine nichtssagende oder
geläufige und nicht ins Gewicht fallende graphische Gestaltung
(Verzierung) handelt, lediglich bei der Prüfung der
klanglichen Verwechslungsgefahr, weil eine bildliche Gestaltung nicht
die akustische, sondern allein die visuelle Wahrnehmung anspricht. Denn
es ist kein Erfahrungssatz ersichtlich, nach dem der Verkehr (auch) bei
der rein visuellen Wahrnehmung einer Wort-/Bildmarke, um die es im
gegebenen Zusammenhang allein geht, in erster Linie die Wörter
(gegebenenfalls in ihrer inhaltlichen Bedeutung), nicht jedoch den
Bildbestandteil in sein Erinnerungsbild aufnimmt (vgl. BGHZ 139, 340,
348 - Lions; BGH, Beschl. v. 11.2.1999 - I ZB 33/96, GRUR 1999, 733,
735 - LION DRIVER ).
Im
Streitfall ist die Klagemarke II gleichwohl auch bildlich
maßgeblich durch den Produktnamen als solchen
geprägt. Der bildliche Gesamteindruck der Klagemarke II ist
allerdings aus der Sicht der Durchschnittsverbraucher trotz der
zweifachen blickfangartigen Herausstellung des Produktnamens "ATTACHE"
- auf dem Haupt- und auf dem Schulteretikett - nicht nur durch diesen
Produktnamen, sondern wesentlich auch durch die sonstige Gestaltung der
Marke bestimmt. Dies hat seinen Grund darin, daß der
Produktname in die graphische Gesamtgestaltung der - eine
Weinbrandflasche darstellenden - Marke derart einbezogen ist,
daß die Schriftzüge des Produktnamens zugleich
tragende graphische Elemente der Marke bilden. Dies führt
jedoch nicht dazu, daß der Produktname den Gesamteindruck der
Marke nicht maßgeblich prägt, sondern darin
zurücktritt. Denn dem Wortbestandteil "ATTACHE" kommt als
solchem eine normale Kennzeichnungskraft zu. Dagegen besitzen die bei
der graphischen Gestaltung verwendeten Einzelelemente, wie das
Berufungsgericht (unter Bezugnahme auf das landgerichtliche Urteil)
festgestellt hat, jeweils für sich nur eine geringe
Kennzeichnungskraft. Das gilt für den dargestellten
Flaschenkörper ebenso wie für die Kombination der
Farben schwarz und gold, die - wie die Verwendung von Hals- und
Schulteretiketten - als äußere Merkmale einer
gehobenen Ausstattung jedermann zugänglich sind (vgl. auch
BGH, Urt. v. 29.9.1994 - I ZR 76/92, GRUR 1995, 60, 62 = WRP 1995, 9 -
Napoleon IV; vgl. dazu auch BGH GRUR 1992, 48, 50 - frei öl;
Althammer/Ströbele aaO § 9 Rdn. 129) und die
Verwendung eines (Phantasie-)Wappens (vgl. auch - zu Wappen als
Bildbestandteil einer Marke für alkoholische Getränke
- BGHZ 139, 59, 66 - Fläminger; BGH, Urt. v. 26.5.1961 - I ZR
74/60, GRUR 1961, 628, 630 - Umberto Rosso). Nur in ihrer
Gesamtkombination erreichen die graphischen Elemente, wie das
Berufungsgericht festgestellt hat, eine normale Kennzeichnungskraft;
sie prägen deshalb den Gesamteindruck neben dem Produktnamen
nicht maßgebend.
b)
Die angegriffenen Aufmachungen sind in gleicher Weise wie die
Klagemarke II maßgeblich durch den Produktnamen "TISSERAND"
geprägt.
c)
Zwischen den einander gegenüberstehenden Kennzeichnungen, die
im Gesamteindruck jeweils maßgeblich durch die Produktnamen
geprägt sind, bestehen keine Übereinstimmungen, die
ausreichend sind, um eine Verwechslungsgefahr zu begründen; es
fehlt bereits an einer Markenähnlichkeit im Rechtssinn. Diese
Beurteilung gilt für beide aus der Klagemarke II angegriffenen
Aufmachungen, da sich diese untereinander nur wenig unterscheiden.
Bei
der Prüfung der markenrechtlichen Ähnlichkeit der
sich gegenüberstehenden Kennzeichnungen sind insbesondere die
sie unterscheidenden und dominierenden Elemente zu
berücksichtigen (vgl. EuGH GRUR Int. 1999, 734, 736 Tz. 25 -
Lloyd). Da der Verkehr derartige Bezeichnungen
regelmäßig nicht gleichzeitig wahrnimmt und
miteinander vergleicht, sondern seine Auffassung aufgrund eines
Erinnerungseindrucks gewinnt, ist dabei maßgeblich nicht so
sehr auf die Unterschiede als auf die Übereinstimmungen
abzustellen. Denn im Erinnerungsbild treten
regelmäßig die übereinstimmenden Merkmale
stärker hervor als die Unterschiede (vgl. BGHZ 126, 287, 293 -
Rotes Kreuz; vgl. weiter Fezer aaO § 14 Rdn. 157;
Althammer/Ströbele aaO § 9 Rdn. 72, jeweils m.w.N.).
Trotz dieses Grundsatzes kann hier - bei Beurteilung aus der Sicht
eines durchschnittlich informierten, aufmerksamen und
verständigen Durchschnittsverbrauchers - keine
Markenähnlichkeit im Rechtssinn angenommen werden. Dem steht
entgegen, daß die jeweils zweifach blickfangartig
herausgestellten Produktnamen "ATTACHE" und "TISSERAND"
gänzlich voneinander abweichen. Dazu kommt, daß den
Übereinstimmungen in der graphischen Gesamtgestaltung der
Kennzeichnungen, die nur in ihrer Gesamtkombination
kennzeichnungskräftig sind, auch die vom Berufungsgericht
dargelegten Unterschiede in der graphischen Gestaltung
gegenüberstehen, die in ihrer Summe letztlich nicht
unerheblich sind.
III.
Aus dem Vorstehenden folgt bereits, daß die geltend gemachten
Ansprüche auf Auskunftserteilung und Feststellung der
Schadensersatzpflicht nicht mit der Verletzung der Klagemarke II
begründet werden können, soweit es um behauptete
Verletzungshandlungen nach Inkrafttreten des Markengesetzes am 1.
Januar 1995 geht. Aber auch durch Handlungen der Beklagten zur Zeit der
Geltung des Warenzeichengesetzes sind derartige Ansprüche
nicht entstanden. Die Frage einer Verwechslungsgefahr zwischen den
Marken der Klägerin und den angegriffenen Aufmachungen ist im
vorliegenden Fall in Anwendung des Warenzeichengesetzes nicht anders
als nach den Vorschriften des Markengesetzes zu beurteilen (vgl. dazu
auch BGH GRUR 1998, 942, 943 - ALKA-SELTZER; BGH, Urt. v. 4.12.1997 - I
ZR 111/95, GRUR 1998, 815, 816 = WRP 1998, 755 - Nitrangin; BGHZ 139,
340, 344 - Lions).
IV.
Ansprüche aus der Klagemarke I, die den angegriffenen
Aufmachungen noch ferner steht als die Klagemarke II, werden aus den
dargelegten Gründen nicht in Betracht kommen. Das
Berufungsgericht wird daher nunmehr zu prüfen haben, ob die
Klage auf der Grundlage der anderen von der Klägerin geltend
gemachten Ansprüche begründet ist.
Auf
die Revision der Beklagten war danach das Berufungsurteil aufzuheben
und die Sache zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch
über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht
zurückzuverweisen.