Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
Bundesgerichtshof
IM
NAMEN DES VOLKES
URTEIL
Tatbestand
Die
Parteien
sind Wettbewerber beim Handel mit Mobiltelefonen. In einer
Zeitungsanzeige warb die Beklagte für ein
D-Netz-Mobilfunktelefon
zum Preis von 0,00 DM. Dieser Preis sollte nur in Verbindung mit der
Freischaltung eines "12monatigen Debitel-D1-Netzkartenvertrags" gelten,
der - von der Beklagten vermittelt - mit dem sogenannten Service
Provider (Debitel) abgeschlossen werden sollte. Die Notwendigkeit des
Abschlusses des Kartenvertrags konnte einem Kästchen entnommen
werden, das sich in der Anzeige neben dem abgebildeten Mobiltelefon
befindet und auf das ein Stern bei der Preisangabe verweist. In dem
Kasten findet sich auch eine Tabelle, aus der sich die (einmaligen)
Anschlußgebühren, die monatliche
Grundgebühr und die
Gesprächsgebühren einschließlich des
Mindestumsatzes an
Gesprächsgebühren je Monat entnehmen lassen. Ein
Ausschnitt
des Inserats ist nachstehend - verkleinert - wiedergegeben:
[Anmerkung
der
Dokumentationsstelle des Bundesgerichtshofes: An dieser Stelle ist im
Original die oben beschriebene Anzeige abgebildet.]
Die
Klägerin hat die Anzeige unter dem Gesichtspunkt einer
irreführenden Werbung sowie eines Verstoßes gegen
die
Zugabeverordnung und gegen das Verbot eines übertriebenen
Anlockens als wettbewerbswidrig beanstandet.
Sie
hat beantragt, die Beklagte unter Androhung von Ordnungsmitteln zu
verurteilen, es zu unterlassen,
im
geschäftlichen Verkehr zu Wettbewerbszwecken mit einem Angebot
von
Telefonnetzkarten ein Telefon-Handy ohne Entgelt anzukündigen,
anzubieten oder zu gewähren, wie dies aus der ...
(vorstehenden
Kopie) ersichtlich ist.
Die
Beklagte ist
der Klage entgegengetreten. Sie hat die beanstandete Werbung u.a. damit
verteidigt, daß die Netzkartenanbieter dem Handel
großzügige Provisionen einräumten, die
durch eine auch
aus kaufmännischer Sicht vernünftige Subventionierung
des
Mobiltelefons an den Verbraucher weitergegeben werden könnten.
Im
übrigen hat sie die Ansicht vertreten, Netzkartenvertrag und
Mobiltelefon stünden nicht im Verhältnis von Haupt-
und
Nebenware. Ein übertriebenes Anlocken liege nicht vor, weil
der
Verkehr sich inzwischen an die Angebote für Mobiltelefone mit
Preisen, die gegen Null tendierten, gewöhnt habe.
Das
Landgericht hat der Klage stattgegeben. Das Oberlandesgericht hat die
Berufung der Beklagten zurückgewiesen.
Mit
der Revision
verfolgt die Beklagte ihren Klageabweisungsantrag weiter. Die
Klägerin beantragt, die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
I.
Das
Berufungsgericht hat in der angegriffenen Werbung einen
Verstoß
gegen § 1 Abs. 1 ZugabeVO gesehen. Die Beklagte biete dort
neben
der kostenpflichtigen Leistung des Netzkartenvertrages mit Debitel die
kostenlose Zugabe eines Mobiltelefons an. Dem informierten
Interessenten sei bekannt, daß beim Erwerb eines
Mobiltelefons
zum Zwecke des Gebrauchs wirtschaftlich nicht der Kauf des Telefons,
sondern der Abschluß des zum Gebrauch des Telefons
unverzichtbaren Netzkartenvertrages im Vordergrund stehe. Für
diesen informierten Teil des Publikums stelle sich die Werbung folglich
so dar, daß die Beklagte neben der Hauptleistung
"Kartenvertrag"
die kostenlose Nebenware "Mobiltelefon" anbiete. Das konkrete Angebot
der Beklagten werde aber auch vom weniger gut informierten Leser nicht
als Leistungspaket verstanden. Einem solchen Verständnis stehe
bereits entgegen, daß kein Gesamtpreis für
Mobiltelefon und
Kartenvertrag gebildet worden sei, die Anzeige vielmehr durch die
markante Trennung der Preise für Telefon und Kartenvertrag
geprägt sei. Dem könne nicht entgegengehalten werden,
daß sich ein Gesamtpreis nicht ohne weiteres bilden lasse.
Das
Mobiltelefon könne auch nicht als eine handelsübliche
Nebenleistung angesehen werden; aber selbst wenn dies so wäre,
verstoße die Beklagte mit dem angegriffenen Angebot gegen
§
1 Abs. 3 ZugabeVO.
Darüber
hinaus liege in dem beanstandeten Verhalten auch ein
Wettbewerbsverstoß nach § 1 UWG unter dem
Gesichtspunkt
eines übermäßigen Anlockens. Die "laute
Anpreisung"
eines zum Preis von "0,00" abzugebenden Mobiltelefons, das sonst zu
einem Preis von mehreren Hundert Mark verkauft werde, sei geeignet,
potentielle Kunden von der Befassung mit den weiteren Einzelheiten des
Angebots der Beklagten wie etwa den Folgekosten abzuhalten.
II.
Die gegen
diese Beurteilung gerichteten Angriffe der Revision haben Erfolg. Sie
führen zur Aufhebung und Zurückverweisung.
1.
In dem
beanstandeten Verhalten der Beklagten liegt entgegen der Ansicht des
Berufungsgerichts kein Verstoß gegen das Zugabeverbot nach
§
1 Abs. 1 ZugabeVO.
a)
Das
Berufungsgericht ist allerdings mit Recht davon ausgegangen,
daß
für das Vorliegen einer Zugabe i.S. von § 1 Abs. 1
ZugabeVO
der Umstand ohne Bedeutung ist, daß der Kartenvertrag mit dem
"Service Provider" zustande kommen, das Mobiltelefon dagegen von der
Beklagten erworben werden sollte. Denn derjenige, der die Zugabe
gewährt, muß nicht mit dem Anbieter der
Hauptleistung
identisch sein (BGH, Urt. v. 7.12.1962 - I ZR 68/61, GRUR 1963, 322,
324 = WRP 1963, 140 - Mal- und Zeichenschule; Urt. v. 6.10.1992 - KZR
21/91, GRUR 1993, 137, 141 - Zinssubvention).
b)
Eine Zugabe
liegt vor, wenn eine Leistung ohne besondere Berechnung neben einer
entgeltlich angebotenen Hauptware gewährt wird, der Erwerb der
Nebenleistung vom Abschluß des Geschäfts
über die
Hauptware abhängig ist und dabei in der Weise ein innerer
Zusammenhang besteht, daß die Nebenleistung mit
Rücksicht
auf den Erwerb der Hauptware gewährt wird und das Angebot
wegen
dieser Abhängigkeit objektiv geeignet ist, den Kunden in
seiner
Entschließung zum Erwerb der Hauptware zu beeinflussen (st.
Rspr.; vgl. BGH, Urt. v. 10.3.1994 - I ZR 166/92, GRUR 1994, 656, 657 =
WRP 1994, 540 - Stofftragetasche; Urt. v. 25.9.1997 - I ZR 84/95, GRUR
1998, 500, 501 = WRP 1998, 388 - Skibindungsmontage). Eine Zugabe kann
danach immer nur eine von der Hauptware verschiedene,
zusätzlich
in Aussicht gestellte oder gewährte Nebenleistung sein. Werden
dagegen die beiden in Rede stehenden Waren oder Leistungen vom Verkehr
als eine Einheit angesehen, ist eine Zugabe begrifflich ausgeschlossen
(vgl. BGH, Urt. v. 7.3.1979 - I ZR 89/77, GRUR 1979, 482, 483 = WRP
1979, 456 - Briefmarken-Auktion; Urt. v. 11.5.1989 - I ZR 132/87, GRUR
1989, 697, 698 = WRP 1989, 654 - Vertrauensgarantie; Urt. v. 28.4.1994
- I ZR 68/92, GRUR 1994, 743, 744 = WRP 1994, 610 -
Zinsgünstige
Kfz-Finanzierung durch Herstellerbank; BGH GRUR 1998, 500, 501 -
Skibindungsmontage; Baumbach/Hefermehl, Wettbewerbsrecht, 20. Aufl.,
§ 1 ZugabeVO Rdn. 2).
c)
Das
Berufungsgericht hat angenommen, das Angebot der Beklagten stelle sich
sowohl für den informierten als auch für den
Verbraucher, der
sich weniger gut auskenne, so dar, daß er bei
Abschluß des
entgeltlichen Kartenvertrages als Hauptleistung kostenlos eine
wertvolle Nebenware als unentgeltliche Zugabe erhalte. Dabei hat das
Berufungsgericht zwar zutreffend auf die Verkehrsauffassung abgestellt,
die wiederum durch die Art und Weise beeinflußt wird, wie das
fragliche Angebot in der Werbung präsentiert wird. Es hat
jedoch
dabei zwei Gesichtspunkten nicht genügend Beachtung geschenkt,
die
nach der Lebenserfahrung den Eindruck des Publikums ebenfalls
maßgebend prägen und im Streitfall zu einer anderen
Bewertung führen.
Zum
einen
spricht die Funktionseinheit von Telefon und Netzzugang dagegen, das
eine als Hauptleistung und das andere als Nebenware anzusehen. Auch
wenn es möglich ist, Mobiltelefone ohne Kartenvertrag zu
erwerben
und Kartenverträge ohne gleichzeitigen Erwerb eines
Mobiltelefons
abzuschließen, müssen doch die meisten Erwerber
eines
Mobiltelefons einen Netzkartenvertrag abschließen, um das
Telefon
überhaupt in der beabsichtigten Weise einsetzen zu
können.
Dies hat in der Praxis dazu geführt, daß in der
Regel das
eine nicht ohne das andere angeboten wird. Unter diesen
Umständen
liegt die Annahme einer Gesamtleistung bestehend aus dem Mobiltelefon
und dem für den Betrieb notwendigen Netzzugang nahe.
Allerdings
ist
insofern die Verkehrsauffassung maßgeblich, die wiederum
durch
das Geschäftsgebaren des Werbenden beeinflußt und
bestimmt
werden kann (vgl. BGH, Urt. v. 23.5.1991 - I ZR 172/89, GRUR 1991, 933,
934 = WRP 1991, 648 - One for Two; Urt. v. 29.4.1993 - I ZR 92/91, GRUR
1993, 774, 775 = WRP 1993, 758 - Hotelgutschein). Ohne Bedeutung ist
dabei die Aufspaltung in zwei Rechtsgeschäfte; denn mit
rechtlichen Erwägungen hält sich der Verkehr nicht
auf. Das
Berufungsgericht hat sich davon leiten lassen, daß die
Beklagte
selbst durch ihr Werbeverhalten den Eindruck einer Gesamtleistung
zerstört habe. Die beanstandete Werbung, die den Preis des
Mobiltelefons gesondert herausstelle, stehe der Annahme entgegen, der
Verbraucher werde erkennen, daß er mit den Zahlungen auf den
Netzkartenvertrag auch die Gegenleistung für das Mobiltelefon
erbringe. Doch wird auch durch diese in der Werbung vorgenommene
Aufspaltung die für den Verbraucher im Vordergrund stehende
Funktionseinheit von Mobiltelefon und Netzzugang letztlich nicht in
Frage gestellt.
Maßgebend
hierfür ist der zweite Gesichtspunkt, dem das Berufungsgericht
nicht das nötige Gewicht beigemessen hat: Da dem Publikum
geläufig ist, daß Mobiltelefone einen nicht
unerheblichen
Wert haben und ein Kaufmann ein solches Gerät nicht ohne
weiteres
verschenkt, erkennt es auch, daß der Erwerb des Mobiltelefons
letztlich mit den Gegenleistungen finanziert werden muß, die
im
Rahmen des Netzkartenvertrags zu erbringen sind. Dabei ist zu
berücksichtigen, daß der Verkehr in der Werbung seit
Jahren
Angeboten begegnet, mit denen für den Abschluß eines
Netzkartenvertrages bei gleichzeitigem Erwerb eines Mobiltelefons zu
einem besonders günstig erscheinenden Preis geworben wird. Die
Fülle derartiger Angebote macht dem Publikum deutlich,
daß
es nicht um das Verteilen von Geschenken, sondern nur um einen Anreiz
zum Abschluß eines langfristigen Netzkartenvertrags geht.
2.
Entgegen der
Annahme des Berufungsgerichts stellt sich die beanstandete Werbung auch
nicht als ein übertriebenes Anlocken nach § 1 UWG
dar.
Handelt
es sich
bei dem mit dem Abschluß eines Netzkartenvertrages
gekoppelten
Erwerb eines Mobiltelefons aus der Sicht des Verkehrs ungeachtet der
Gestaltung der beanstandeten Werbeanzeige um ein Gesamtangebot, kann in
der Ankündigung der Kostenlosigkeit oder eines besonders
günstigen Preises für einen Teil der zu erbringenden
Gesamtleistung kein unsachliches Mittel erblickt werden. Denn die
Werbung mit der kostenlosen oder besonders günstigen Abgabe
des
Mobiltelefons stellt sich als ein legitimer Hinweis auf den
günstigen, durch verschiedene Bestandteile geprägten
Preis
der angebotenen Gesamtleistung und damit als ein Hinweis auf die eigene
Leistungsfähigkeit dar. Die Anlockwirkung, die von einem
attraktiven Angebot ausgeht, ist nicht wettbewerbswidrig, sondern
gewollte Folge des Leistungswettbewerbs (BGH GRUR 1994, 743, 744 -
Zinsgünstige Kfz-Finanzierung durch Herstellerbank; BGH GRUR
1998,
500, 501 - Skibindungsmontage).
Dem
kann nicht
mit Erfolg entgegengehalten werden, die Beklagte stelle mit dem Angebot
eines kostenlosen Mobiltelefons nicht ihre Leistungsfähigkeit
unter Beweis, sondern verschleiere nur den Umstand, daß im
Rahmen
der Netzkartenverträge überhöhte Entgelte
verlangt
würden. Ist die Beklagte, die keinen unmittelbaren
Einfluß
auf die Tarife der "Service Provider" hat, verstärktem
Wettbewerb
ausgesetzt, kann sie lediglich durch eine Herabsetzung des Preises
für das Mobiltelefon reagieren, nicht dagegen durch eine
Änderung der Tarifstruktur bei den
Netzkartenverträgen.
Werden ihr auf der anderen Seite für jede Vermittlung eines
Netzkartenvertrages hohe Provisionen gezahlt, so kann sie mit Hilfe
dieser Provisionen die Anschaffung des Mobiltelefons "subventionieren".
Würde der Beklagten die unentgeltliche Abgabe von
Mobiltelefonen
untersagt, würde mit Hilfe des § 1 UWG in diesen
Marktmechanismus, dem durchaus vernünftige wirtschaftliche
Erwägungen zugrunde liegen, eingegriffen.
Das
Berufungsgericht weist zwar zutreffend darauf hin, daß
Gegenstand
des vorliegenden Rechtsstreits nicht die kostenlose Abgabe von
Mobiltelefonen, sondern allein die beanstandete Werbung sei. Fehlt aber
bei der kostenlosen Abgabe von Mobiltelefonen der wettbewerbswidrige
Anlockeffekt, weil es sich nicht um eine leistungsfremde
Vergünstigung handelt, so kann es der Beklagten nicht versagt
werden, ein solches Marktverhalten auch werbend herauszustellen.
3.
Das
Berufungsgericht hat - von seinem Standpunkt aus folgerichtig -
ungeprüft gelassen, ob die fragliche Werbung hinsichtlich der
Darstellung der Preise gegen das Irreführungsverbot oder gegen
die
Gebote der Preisangabenverordnung verstößt. Da
Gegenstand
des Unterlassungsbegehrens die konkrete, von der Klägerin
angegriffene Werbeanzeige ist, bedarf diese Frage der Prüfung
(§ 563 ZPO). Der Senat ist jedoch insofern an einer
abschließenden Sachentscheidung gehindert, da weitere
tatrichterliche Feststellungen erforderlich sind.
a)
Nicht zu
beanstanden ist allerdings, daß die Beklagte die
verschiedenen
Preisbestandteile des Angebots nicht zu einem Endpreis
zusammengefaßt hat (§ 1 Abs. 1 Satz 1 PAngV).
aa)
Da die
Beklagte als Anbieterin von Waren und Leistungen gegenüber
Letztverbrauchern unter Angabe von Preisen wirbt, ist sie
grundsätzlich auch zur Angabe von Endpreisen verpflichtet
(§
1 Abs. 1 Satz 1 PAngV). Dabei ist zunächst ohne Belang,
daß
sie hinsichtlich des Netzkartenvertrages lediglich als Vermittlerin
tätig wird; denn die Preisangabenverordnung wendet sich auch
an
den als Anbieter auftretenden Vermittler oder Vertreter (vgl.
Köhler/Piper, UWG, § 1 PAngV Rdn. 7; Völker,
Preisangabenrecht, § 1 PAngV Rdn. 28; BGH, Urt. v. 6.6.1991 -
I ZR
291/89, GRUR 1991, 845, 846 = WRP 1991, 652 - Nebenkosten).
bb)
Die in Rede
stehenden Preisbestandteile können nicht zu einem Endpreis
zusammengerechnet werden, weil sie teilweise - wie die monatliche
Grundgebühr und die Gesprächsgebühren -
laufzeit- oder
verbrauchsabhängig sind. Eine Verpflichtung, die für
eine
Addition geeigneten Preisbestandteile sowie die während der
Mindestdauer des Vertrages in jedem Fall anfallenden Gebühren
zu
einem Teilgesamtpreis zusammenzurechnen, kann der
Preisangabenverordnung nicht entnommen werden (vgl. Senatsurteil vom
heutigen Tage - I ZR 7/97, Umdruck S. 7 f. - Handy-Endpreis, zur
Veröffentlichung bestimmt). Eine solche Verpflichtung
wäre
auch nicht sinnvoll; denn ein auf diese Weise gebildeter
Teilgesamtpreis wäre wenig aussagekräftig und diente
nicht
der Vergleichbarkeit der Preise, weil hohe Grundgebühren mit
niedrigen verbrauchsabhängigen Gebühren einhergehen
können und umgekehrt.
b)
Aber auch
wenn ein Endpreis nicht gebildet werden kann, ist die - mit Preisen
werbende - Beklagte nach § 3 UWG sowie nach § 1 Abs.
2 und 6
PAngV verpflichtet, die für den Verbraucher mit dem
Abschluß
eines Netzkartenvertrags verbundenen Kosten hinreichend deutlich
kenntlich zu machen. Die Beklagte stellt in ihrer Werbung
blickfangmäßig heraus, daß ein Teil des
einheitlichen,
aus Mobiltelefon und Netzzugang bestehenden Angebots umsonst abgegeben
wird. Eine solche Angabe ist jedoch unvollständig, wenn nicht
gleichzeitig die Preisbestandteile, die auf den Netzkartenvertrag
entfallen und mit denen das besonders günstige Angebot
für
das Mobiltelefon - unmittelbar oder mittelbar über die vom
"Service Provider" gezahlte Provision - finanziert wird, in der Werbung
so dargestellt werden, daß sie dem
blickfangmäßig
herausgestellten Preis für das Mobiltelefon eindeutig
zugeordnet
sowie leicht erkennbar und deutlich lesbar sind.
Diese
Verpflichtung ergibt sich zum einen aus dem Irreführungsverbot
des
§ 3 UWG. Zwar trifft den Werbenden keine allgemeine
Aufklärungspflicht; denn der Verkehr erwartet nicht ohne
weiteres
die Offenlegung aller - auch der weniger vorteilhaften - Eigenschaften
einer Ware oder Leistung (vgl. BGH, Urt. v. 20.6.1996 - I ZR 113/94,
GRUR 1996, 793, 795 = WRP 1996, 1027 - Fertiglesebrillen, m.w.N.). Wird
aber bei einer Koppelung zweier Angebote mit der besonderen
Preiswürdigkeit des einen Angebots geworben, darf der Preis
des
anderen Angebots nicht verschwiegen werden oder in der Darstellung
untergehen, weil damit ein unzutreffender Eindruck über die
Preiswürdigkeit des gekoppelten Angebots vermittelt
würde.
Die
Verpflichtung zur Angabe der anderen Preisbestandteile ergibt sich aber
auch aus § 1 Abs. 2 PAngV, und zwar - soweit es um die Angabe
der
Mindestlaufzeit geht - i.V. mit § 1 Abs. 6 Satz 1 PAngV.
§ 1
Abs. 2 PAngV bezieht sich auf die Angabe von
Verrechnungssätzen
bei Leistungen und damit auf die Angabe von Preisbestandteilen, die
sich zur Bildung eines Endpreises nach § 1 Abs. 1 Satz 1 PAngV
nicht eignen, weil der Leistungsumfang im einzelnen noch nicht
feststeht (vgl. Köhler/Piper aaO § 1 PAngV Rdn. 49).
Auch
insoweit gilt, daß der Kaufmann - wenn er unter Angabe von
Preisen wirbt - grundsätzlich vollständige Angaben zu
machen
gehalten ist.
c)
Für die
Frage, in welcher Weise auf die im Rahmen des Netzkartenvertrages
geschuldeten Entgelte hinzuweisen ist, ist auf die Grundsätze
des
§ 1 Abs. 6 Satz 2 PAngV zurückzugreifen. Danach ist
es
notwendig, daß die Angaben über die Kosten des
Netzzugangs
räumlich eindeutig dem blickfangmäßig
herausgestellten
Preis für das Mobiltelefon zugeordnet sind. Dies kann auch
durch
einen klaren und unmißverständlichen
Sternchenhinweis
geschehen, wenn dadurch die Zuordnung der Angaben zu dem
herausgestellten Preis für das Mobiltelefon gewahrt bleibt
(vgl.
BGH, Urt. v. 23.6.1983 - I ZR 109/81, GRUR 1983, 661, 663 = WRP 1983,
559 - Sie sparen 4.000 DM; Urt. v. 22.2.1990 - I ZR 146/88, GRUR 1990,
1027, 1028 = WRP 1990, 818 - incl. MwSt. I). Die Angaben
müssen
gut lesbar und grundsätzlich vollständig sein.
Insbesondere
der Hinweis auf die nicht verbrauchsabhängigen festen Entgelte
(einmalige Zahlungen, Mindestumsätze, monatliche
Grundgebühren) sowie die Mindestlaufzeit darf in der
Fülle
anderer Informationen nicht untergehen. Dabei ist einerseits zu
berücksichtigen, daß die "Service Provider"
grundsätzlich keiner Verpflichtung unterliegen, ihr
Tarifsystem
einfach und übersichtlich zu gestalten. Es kann daher nicht in
jedem Fall eine vollständige Auflistung sämtlicher
Inlands-
und Auslandstarife verlangt werden. Verwendet der "Service Provider"
ein stark differenzierendes Tarifsystem, muß es dem Werbenden
auch im Interesse der Wahrnehmbarkeit und Übersichtlichkeit
der
wesentlichen Informationen und damit im Interesse der Preisklarheit
freistehen, die verbrauchsabhängigen (variablen) Preise durch
Hinweis auf die Vergütungssätze vereinfacht
darzustellen.
Dabei kann es bei einem komplexen Tarifsystem genügen, die
Grenzen
aufzuzeigen, in denen sich die Gebühren bewegen (z.B. "von ...
bis
..." oder "max. ..."; vgl. zur Angabe von Preismargen Völker
aaO
§ 1 Rdn. 40; Köhler/Piper aaO § 1 PAngV Rdn.
23 m.w.N.).
Andererseits dürfen Informationen, die für die
Einschätzung der mit dem Netzkartenvertrag einhergehenden
wirtschaftlichen Belastungen von Bedeutung sind, auf keinen Fall
fehlen; hierzu zählen insbesondere die Mindestlaufzeit,
einmalige
Anschlußgebühren und Mindestumsätze.
d)
Ob die
Angaben, mit denen die Beklagte in der beanstandeten Anzeige die Kosten
des Netzkartenvertrags aufgelistet hat, diesen
Maßstäben
genügen, kann nicht abschließend beurteilt werden.
Das
Berufungsgericht hat zu der Gestaltung der Anzeige, die sich nur in
einer verhältnismäßig schlecht lesbaren,
möglicherweise verkleinerten Kopie bei den Akten befindet,
keine
Feststellungen getroffen. Dem Senat ist es unter diesen
Umständen
verwehrt, abschließend in der Sache zu entscheiden.
III.
Danach ist
das angefochtene Urteil aufzuheben. Die Sache ist zur anderweiten
Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht
zurückzuverweisen.