Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
Bundesgerichtshof
IM
NAMEN DES VOLKES
URTEIL
Tatbestand
Im
Verlag der
Beklagten erscheint unter anderem die Zeitschrift "T.". In der Ausgabe
vom 15. Mai 1991 waren Rätsel abgedruckt, die die Leser
lösen
sollten. Eines der Rätsel war wie nachstehend in
Schwarzweißphotokopie wiedergegeben, jedoch im Original
farbig,
gestaltet:
[An
dieser Stelle ist im Original das Kreuzworträtsel im Kontext
der beanstandeten Preis(produkt)vorstellung abgebildet.]
Der
Kläger,
ein rechtsfähiger Verband, der
satzungsgemäß die
Einhaltung der Regeln des lauteren Wettbewerbs überwacht, hat
den
Abdruck beanstandet, weil die Beklagte für das abgebildete
Erzeugnis in redaktioneller Form werbe, wodurch die Leser
irregeführt würden. Außerdem
mißbrauche die
Beklagte den redaktionellen Teil der Zeitschrift zu Werbezwecken. Die
Vertreiberin der Kräuterbäder habe nicht nur die
Preise der
Beklagten zur Verfügung gestellt, sondern darüber
hinaus auch
ein Entgelt an die Beklagte gezahlt, das sich in dem Bereich dessen
bewege, was üblicherweise für eine Anzeige zu zahlen
sei.
Die
Beklagte ist
dem entgegengetreten. Sie hat eine Irreführungsgefahr in
Abrede
gestellt, weil es sich bei den Preisrätseln für die
Leser
erkennbar weder um eine sachliche Information noch um eine Anzeige,
sondern um eine eigene Kategorie handele. Die Herstellerin des
Badeöls stelle ihr die Erzeugnisse zur Verfügung,
während sie selbst die Rätsel
veröffentliche; beide
verfolgten gemeinsam das Ziel, die Leser zu unterhalten, wobei eine
gewisse Werbung für das Erzeugnis eine unwesentliche
Nebenfolge
sei.
Das
Landgericht
hat dem auf Unterlassung der Veranstaltung von Preisrätseln,
bei
der die Preise anders als durch Nennung ihrer Bezeichnung im Vertrieb,
ihres Herstellers oder ihrer objektiven Beschaffenheit sowie ihrer
Abbildung ausgelobt werden, gerichteten Begehren stattgegeben.
Auf
die Berufung
der Beklagten hat das Berufungsgericht die Beklagte entsprechend einem
geänderten Antrag unter Androhung gesetzlicher Ordnungsmittel
verurteilt, es zu unterlassen,
im
geschäftlichen Verkehr in periodisch erscheinenden Druckwerken
ein
Preisrätsel in der Weise zu veranstalten, daß die
Preise
unter Nennung ihres Namens und der Darlegung ihrer Qualität
ausgelobt werden, wenn dies so geschieht, wie in dem nachfolgend
wiedergegebenen Preisrätsel. (Es folgt die Abbildung, die
vorstehend im Tatbestand wiedergegeben ist.)
Mit
der Revision
verfolgt die Beklagte weiterhin Abweisung der Klage. Der
Kläger
beantragt, die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
I.
Das
Berufungsgericht hat in der Veranstaltung des Kreuzworträtsels
unter Auslobung der Preise für die richtige Lösung
einen
Verstoß gegen § 3 UWG gesehen. Die Auslobung des
Preises in
einem Kreuzworträtsel, einem Gewinnspiel, könne unter
dem
Gesichtspunkt des § 1 oder § 3 UWG
unzulässig sein, wenn
die Gesamtwürdigung ergebe, daß nicht die sachliche
Unterrichtung der Leser, also die Vorstellung des Preises, im
Vordergrund stehe und die damit unvermeidlich verbundene Werbewirkung
nur eine in Kauf zu nehmende Nebenfolge sei, mithin nicht Sachlichkeit,
sondern die Sprache der Werbung herrsche. Die Trennung von Werbung und
redaktionellem Text sei deshalb gerechtfertigt, weil Leser der
Zeitschrift annähmen, im redaktionellen Teil der Zeitung die
objektive Meinung der Redaktion zu erfahren. Vorliegend stehe die
Werbung im Vordergrund, wie die farbig aufgemachte
Veröffentlichung nach ihrer Überschrift und der
weiteren
Wortwahl zeige. Die Beklagte könne sich demgegenüber
nicht
mit Erfolg darauf berufen, die Leser sähen in
Kreuzworträtseln keinen redaktionellen Beitrag, sondern eine
Unterhaltung ohne Informationswert, die einen zusätzlichen
Anreiz
zum Erwerb der Zeitschrift bieten solle. Es sei vielmehr
möglich,
daß nicht völlig unbeachtliche Teile der
interessierten
Leser der Ansicht seien, die anpreisenden Aussagen, die sich auf das
ausgelobte Produkt bezögen, seien das Ergebnis einer
Begutachtung
durch die Redaktion der Zeitschrift. Es liege nahe, daß Leser
aufgrund der Anpreisung unabhängig von der Lösung des
Kreuzworträtsels versuchen würden, das angegebene
Erzeugnis
im Handel zu kaufen. In einer Zeitung oder Zeitschrift werde alles, was
nicht - wie insbesondere Anzeigen - eindeutig der Werbung zuzurechnen
sei, als redaktioneller Teil angesehen. Es sei einem Verlag nicht
verwehrt, Eigenwerbung zu betreiben und dazu auch die Mittel der
Unterhaltung der Leser durch ein Preisrätsel zu nutzen.
Sachliche
Beschreibungen der ausgelobten Preise seien daher nicht zu beanstanden.
Soweit diese Angaben jedoch in übertriebener werblicher
Herausstellung erfolgten, sei keine zulässige Eigenwerbung
mehr
gegeben. Es komme danach nicht mehr darauf an, ob der
Unterlassungsanspruch auch deshalb begründet sei, weil die
Beklagte von der Herstellerin ein Entgelt erhalten und weil sie die
Aufwendungen für den Kauf der ausgelobten Preise erspart habe.
II.
Die gegen diese Beurteilung gerichteten Angriffe der Revision haben
keinen Erfolg.
1.
Das
Berufungsgericht hat rechtsfehlerfrei angenommen, daß die
Beklagte bei der Abbildung des Preisrätsels in
Wettbewerbsabsicht
gehandelt hat. Sie hat selbst eingeräumt, daß sie
mit dem
ausgelobten Preis nicht nur das Interesse der Leser an ihrer
Zeitschrift verstärken, also für diese selbst werben
wollte,
sondern auch den Zweck einer - jedenfalls "mitschwingenden" - Werbung
für das ausgelobte Erzeugnis verfolgt hat.
2.
Eine solche
Produktwerbung in der hier vorliegenden konkreten Form hat das
Berufungsgericht auch ohne Rechtsverstoß als
wettbewerbswidrig
beurteilt.
a)
Nach der
Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs kann in der
Veröffentlichung
eines redaktionellen Beitrags, welcher ein Produkt über das
durch
eine sachliche Information bedingte Maß hinaus werbend
darstellt,
schlechthin eine sittenwidrige Förderung fremden Wettbewerbs
zu
sehen sein. Der Verstoß gegen die guten Sitten des
Wettbewerbs
liegt in einem solchen Fall - auch ohne daß der Beitrag gegen
Entgelt geschaltet ist oder in Zusammenhang mit einer Anzeigenwerbung
für das genannte Produkt stehen muß - darin
begründet,
daß der Verkehr dem redaktionell gestalteten Beitrag als
einer
Information eines am Wettbewerb nicht beteiligten Dritten
regelmäßig größere Bedeutung und
Beachtung
beimißt als entsprechenden, ohne weiteres als Werbung
erkennbaren
Angaben des Werbenden selbst (vgl. BGH, Urt. v. 18.2.1993 - I ZR 14/91,
GRUR 1993, 561, 562 = WRP 1993, 476 - Produktinformation I; Urt. v.
30.6.1994 - I ZR 167/92 - Produktinformation II, zur
Veröffentlichung bestimmt, jeweils m.w.N.).
b)
Diese
Grundsätze sind vorliegend jedoch nicht ohne weiteres und
jedenfalls nicht ohne gewisse Modifikationen anwendbar, weil
Preisrätsel zwar auch dem redaktionell gestalteten und zu
verantwortenden Bereich einer Zeitschrift im weiteren Sinne zuzuordnen
sind, für sie jedoch andere Maßstäbe zu
gelten haben
als für den der Unterrichtung des Leserkreises und der
Meinungsbildung dienenden engeren redaktionellen Bereich; denn anders
als bei den dem letzteren zuzuordnenden Meldungen, Berichten,
Leitartikeln o.ä. erwartet der Leser bei Preisrätseln
in
erster Linie spielerische Unterhaltung und Gewinnchancen. Er wird
regelmäßig auch erkennen, daß beides ihm
als Anreiz
für den Kauf gerade der Zeitschrift geboten wird, die das
Preisrätsel veranstaltet, und daß ihm damit also
auch eine
Form der Werbung für diese Zeitschrift entgegentritt. Eine
solche
aber wird regelmäßig mit anderen Augen gesehen und
in ihrem
Aussagegehalt anders beurteilt als ein redaktioneller Beitrag im
engeren Sinne. Daher kann nicht ohne weiteres jede positiv gehaltene
Vorstellung der ausgelobten Preise als verdeckte redaktionelle Werbung
für den (namentlich genannten) Hersteller beurteilt und als
solche
untersagt werden; denn in den Grenzen des Normalen und
seriöserweise Üblichen gehört sie zum Anreiz
für
die Beteiligung am Rätselspiel und der davon erhofften
Werbewirkung für den Absatz der Zeitschrift, was der Verkehr
im
allgemeinen auch erkennen wird.
Jedoch
tritt
dieser Charakter einer erkennbaren Eigenwerbung dann in den
Hintergrund, wenn das ausgelobte Erzeugnis sowohl optisch als auch nach
dem Inhalt der begleitenden Aussagen in einer Weise in den Mittelpunkt
der Aufmerksamkeit gerückt und lobend herausgestellt wird,
daß sich beim Leser der Eindruck einstellen muß,
hier sei
von der Rätselredaktion - in einem vermeintlich objektiven
Auswahlverfahren - ein Erzeugnis als Preis ausgesucht worden, das nicht
nur die im Regelfall erwähnte (positive) Eignung eines
solchen,
sondern so außerordentliche Qualitäten aufweise,
daß
es jedenfalls ein lohnendes, vergleichbaren Produkten
überlegenes
Objekt für einen käuflichen Erwerb darstelle.
c)
So liegt der
Fall hier. Bei der angegriffenen Gestaltung des Preisrätsels
springt optisch die Produktabbildung mit dem deutlich erkennbaren
Herstellernamen beherrschend ins Auge. Mit der gleichfalls erkennbaren
Produktbezeichnung "Melissenölbad" korrespondiert die daneben
-
ebenfalls blickfangmäßig - angebrachte
Textüberschrift
"Schön durch Kräuter-Ölbad", durch die eine
Eigenschaft
des abgebildeten Produkts nicht nur sachlich, sondern durch
Sinnübertragung überhöht ("Schön
durch ...")
bezeichnet wird. Der gleiche preisende Tonfall setzt sich im Text
selbst fort, und durch die ebenfalls ins Auge springende Abbildung der
Schalen für die Essenzen wird der angebliche Heilzusammenhang
des
Bades noch mehr verstärkt. Dies ist - wie das Berufungsgericht
zutreffend festgestellt hat - keine im Rahmen einer
Preisrätselveranstaltung zu erwartende Produktvorstellung
mehr,
sondern die Darstellungsweise und der Tonfall von Werbung, die hier
jedoch, weil nicht vom Hersteller, sondern von der Redaktion ausgehend,
nicht ohne weiteres als solche erkennbar und daher geeignet ist, den
Leser in unsachlicher und wettbewerbsrechtlich
anstößiger
Weise zu beeinflussen.
III.
Danach ist die Revision der Beklagten mit der Kostenfolge des
§ 97 Abs. 1 ZPO zurückzuweisen.