Rechtsanwalt Hannover Amtsgericht Hannover Deutsche Bahn Fahrradtransport Fahrrad Transport Diebstahl - Berufung erfolgreich: Urteil Landgericht Hannover 3 S 1238/00 - 71 - 

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Amtsgericht Hannover

-510 C 4031 / 00-

 

Urteil

Im Namen des Volkes!

 

In dem Rechtsstreit

des Herrn .................................., Trageweg 7, 30163 Hannover,

Klägers,

-Prozeßbevollmächtigter: Rechtsanwalt Möbius, Hannover-

gegen

 

die DB- Reise & Touristik AG, Koppenstr. 3, 10243 Berlin, vertreten durch den Vorstand Dr. C. F., H. G. K., K.-D. R., Dr. R. K. und J.-U. B.

Beklagte,

 

-Prozeßbevoffmächtigte:Rechtsanwälte Jaxy pp, Frankfurt am Main - b - r -

 

wegen Schadensersatz wegen Schadensersatz

hat das Amtsgericht Hannover -Abteilung 510-
auf die mündliche Verhandlung vom 19.05.2000
durch den Richter Thyen

für Recht erkannt.

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits hat der Kläger zu tragen.

Das Urteil ist für die Beklagte wegen der Kosten vorläufig

vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. DM 450,- abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der VoUstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

Der Kläger begehrt Schadensersatz für den Verlust seines Fahrrades und der Beschädigung seines Fahrradschlosses. Das Fahrrad wurde dem Kläger auf einer Fahrt von Offenburg nach Hannover am 01.09.1999 in einem Interregio der Beklagten gestohlen. Der Kläger hatte es mit einem Spiralschloß an der Halterung des dafür reservierten Fahrradplatzes angeschlossen. Während der Fahrt befand sich der Kläger in einem nächstgelegenen Abteil.

Die Parteien gehen hinsichtlich der Beförderung des Fahrrades unstreitig von einem Gepäckbeförderungsvertrag gem. §§ 25,31 Eisenbahnverkehrsordnung (EVO) aus. 


Der Kläger ist der Meinung, die Beklagte habe als Frachtführerin nicht im Rahmen der äußersten unter den Umständen möglichen Sorgfalt gehandelt, um den Diebstahl zu verhindern. Sie habe daher gem. § 25 Abs. 1 EVO i.V.m. § 425 HGB für den Verlust des Fahrrades nebst Schlosses aufzukommen.


Der Kläger beantragt,

die Beklagte zu verurteilen an ihn DM 2.199,- nebst
4% Zinsen seit dem 24.10.1999 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt, 

die Klage abzuweisen.
 

Die Beklagte ist der Meinung, sie könne sich auf den Haftungsausschluß nach § 426 HGB berufen. Ihr sei es nicht zuzumuten, weitere Sicherungsmaßnahmen durchzuführen, die über die Möglichkeit, das Fahrrad an einer Halterung anzuschließen, hinausgehen. Auch die Bereitstellung eines Schlosses ihrerseits hätte einen Diebstahl nicht verhindern können. Dies wäre nur durch den Einsatz von Wachpersonal zu verhindern gewesen. Der Einsatz eines gesonderten Mitarbeiters für den Fahrradgepäckwagen hätte jedoch eine erhebliche Erhöhung der Kosten für die Gepäckförderung zur Folge. 

Wegen weiterer Einzelheiten wird Bezug genommen auf die wechselseitigen Schriftsätze nebst Anlagen.



Entscheidungsgründe

Die Klage ist unbegründet. Dem Kläger stehen keine Schadensersatzansprüche im Zusammenhang mit dem Diebstahl des Fahrrades aus einem Interregio der Beklagten zu. 

Der Kläger hat keinen Anspruch auf Schadensersatz für den Verlust des Fahrrades und der Beschädigung des Fahrradschlosses gem. § 25 Abs. 1 Eisenbahnverkehrsordnung (EVO) i.V.m. § 425 Abs. 1 HGB. Zwar handelt es sich bei der Beförderung des Fahrrades um einen Gepäckbeförderungsvertrag gem. §§ 25, 31 EVO und es kommt damit gem. § 25 1 EVO der § 425 Abs. 1 HGB zur Anwendung. Die Beklagte kann sich aber gem. § 426 HGB exkulpieren. Der Verlust des Fahrrades beruht auf Umständen, die die Beklagte auch bei größter Sorgfalt nicht vermeiden und deren Folgen sie nicht abwenden konnte. Die Beklagte stellte dem Kläger im Fahrradwagen eine besondere Halterung zur Verfügung, an der er sein Fahrrad anschließen konnte. 

Der Beklagten ist es nicht zuzumuten, Vorkehrungen zu treffen, die über diese Sicherungsmöglichkeit hinausgehen. Weder eine optische Überwachung durch einen Mitarbeiter noch gesonderte Schutzvorrichtungen, die nur durch Bahnpersonal beseitigt werden könnten, sind als Anforderungen für eine größte Sorgfalt' noch verhältnismäßig. Damit werden an die Beklagte als ein Unternehmen, das Massengeschäfte des täglichen Lebens abzuwickeln hat, zu hohe Anforderungen gestellt. Dies würde zu einer Erhöhung der Kosten führen, die der gewöhnliche Benutzer nicht aufbringen will. 

,Größte Sorgfalt' ist dabei nicht absolut zu sehen, vielmehr ist auf die Zumutbarkeit und Verhältnismäßigkeit in der konkreten Situation abzustellen (vgl. Heidelberger Kommentar - Ruß, HGB, 5. Auflg., § 426 Rn. 1). Dabei ist auch zu berücksichtigen, daß es sich bei dem Transport von Fahrrädern in den in Zügen zur Verfügung stehenden Fahrradwagen nicht um einen typischen Frachtvertrag handelt, bei dem der Absender dem Frachtführer das Frachtgut übergibt. So findet § 425 HGB grundsätzlich erst dann Anwendung, wenn der Schaden nach Übernahme, also nach Besitzerwerb aufgrund des Frachtvertrages, entstanden ist, die Fracht sich also allein im Verantwortungsbereich des Frachtführers befindet. In einem solchen Fall sind an den Frachtführer höhere Sorgfaltsanforderungen zu stellen. 

Etwas anderes muß jedoch für die Fälle gelten, in denen eine Übernahme des Frachtgutes nicht stattgefunden hat. Dabei ist zu berücksichtigen, daß sich das Frachtgut, wie hier das Fahrrad, noch im Einwirkungsbereich des "Absenders" befindet. Der Absender"" kann vorab selbst beurteilen, ob ihm die Vorrichtung zum Abschließen des Fahrrades sicher genug ist oder nicht.

Weitere Maßnahmen hätten nur dann in Betracht kommen können, wenn eine bestimmte Art von Mißbrauch oder Schäden sich häuft; eine solche Häufung hat der Kläger jedoch nicht vorgetragen. 

 

Nach alledem ist die Klage unbegründet.

 

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO. Die Nebenentscheidung zur  vorläufigen Vollstreckbarkeit hat ihre Rechtsgrundlage in §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.  

T h y e n

Richter